Die Gewinner der Flücht­lings­krise: Caritas und Diakonie

Wer sich wundert, warum sich Kar­dinal Marx und Bischof Bedford-Strohm vehement für „Flücht­linge“, aber wenig für ihre ver­folgten, mit dem Tod bedrohten Glau­bens­brüder ein­setzen, dem ist viel­leicht nicht bewußt, dass sich Caritas und Dia­konie seit Beginn der Flücht­lings­krise im Jahre 2015 eine goldene Nase ver­dienen. Dürfen Wohl­fahrts­ver­bände solchen Profit machen?

Von Gast­autor Wolfgang Schimank

Caritas und Dia­konie setzen sich aus tau­senden Orts­ver­einen zusammen und sind mit ins­gesamt 1.070.000 haupt­amt­lichen und mit ins­gesamt 1.200.000 ehren­amt­lichen Mit­ar­beitern die größten pri­vat­recht­lichen Unter­nehmen Deutsch­lands. Sie sind zwei­fellos eine tra­gende Säule des deut­schen Sozi­al­staates. Beide Vereine genießen steu­er­liche Vor­teile. In der Bevöl­kerung wird all­gemein ange­nommen, Caritas und Dia­konie seien ein­ge­tragene Vereine (e. V.) und dürften daher keine Gewinne erwirt­schaften. Dieser Ein­druck wird mög­li­cher­weise noch ver­stärkt, wenn beide Vereine bei jeder Gele­genheit darauf ver­weisen, sie seien „Non-Profit-Unter­nehmen“. Dem ist nicht so! Wie die FAZ darauf ver­weist, ist in Wirk­lichkeit bei dieser Orga­ni­sa­ti­onsform lediglich eine Gewinn­aus­schüttung ver­boten. [1] Ansonsten obliegt es diesen Unter­nehmen, zu ent­scheiden, was sie mit dem erwirt­schaf­teten Gewinn anfangen. Da sich Caritas und Dia­konie Barm­her­zigkeit und christ­liche Nächs­ten­liebe auf ihre Fahnen geschrieben haben, stehen sie in der Öffent­lichkeit unter besonders kri­ti­scher Beob­achtung. Für negative Schlag­zeilen sorgte die Caritas, als ihr Geschäfts­führer Rainer Fink im Februar 2014 seine Geburts­tags­feier als „dienst­liche Ver­an­staltung“ dekla­rierte, sein neues Büro luxeriös aus­statten ließ und sein Gehalt sich innerhalb von drei Jahren von 102.319 Euro auf 162.319 Euro, also um 60.000 Euro, erhöhte. [2] Die Dia­konie fiel unan­genehm auf, als sie 2012 in Berlin ein 65 Mil­lionen teures Ver­wal­tungs­ge­bäude errichten ließ. [3] Pikant an diesen „Aus­rut­schern“ ist, dass die an Caritas und Dia­konie gezahlten Zuschüsse, die vom Staat, also vom Steu­er­zahler kommen, ungefähr 70 bis 80% aus­machen. Hierbei geht es nicht um „Peanuts“, sondern um zwei­stellige Mili­o­nen­be­träge! Darauf gehe ich etwas später ein.

„Mit keiner Lobby ist die Politik so eng ver­bandelt wie mit den Wohl­fahrts­un­ter­nehmen. Rund ein Drittel aller Bun­des­tags­ab­ge­ord­neten hat zugleich eine Lei­tungs­funktion bei der Dia­konie oder Caritas inne, auf kom­mu­naler Ebene sind die Ver­bin­dungen noch frap­pie­render, man­cherorts betreiben Staat und Wohl­fahrt sogar gemeinsame Tochtergesellschaften.“

schrieb die „Wirt­schafts­woche“ am 20. November 2012. [3] Die Inter­es­sens­ver­qui­ckung ist unüber­sehbar. Daher kann ruhigen Gewissens von einem bestens ein­ge­spielten „Kartell“ die Rede sein. Aus diesem Grund ist auch seitens Caritas und Dia­konie keine Kritik an Merkels Flücht­lings­po­litik zu erwarten. „Wessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe!“ heißt die Devise.

Die finan­zielle Intrans­parenz beider Wohl­fahrts­un­ter­nehmen war lange Zeit Gegen­stand hef­tiger Kritik. Mit der Erar­beitung eines „Trans­pa­renz­stan­dards für Caritas und Dia­konie“ vom 11. Oktober 2010 kamen diese Vereine den Kri­tikern weit­gehend ent­gegen. Aller­dings werden die Gewinn- und Ver­lust­rech­nungen für ein Geschäftsjahr mit großer zeit­licher Ver­zö­gerung der Öffent­lichkeit zugänglich gemacht. Bei der Bun­des­re­gierung herrscht betreffs der Zah­lungen an Caritas und Dia­konie eisernes Schweigen. Meine Anfragen dazu sind immer ins Leere gelaufen. Um dem Leser eine Vor­stellung zu geben, um welche Geld­summen es hier geht, möchte ich aus­zugs­weise die Zuschüsse an die Caritas für das Geschäftsjahr 2015 stell­ver­tretend auch für die Dia­konie angeben:

1.1 Kirch­liche Zuschüsse 11.841.528,39 Euro ent­spricht 13,29%

1.2 Zuschüsse der EU 1.631.956,47 Euro ent­spricht 1,83%

1.3 Bun­des­zu­schüsse 67.253.328,47 Euro ent­spricht 75,48%

1.4 Sonstige Zuschüsse 8.369.017,51 €uro ent­spricht 9,39%

89.095.830,84 Euro

Hinzu kommen Spenden, Erb­schaften, Mit­glieds­bei­träge, Erträge aus Ver­mögen, Ver­trieb, Ver­an­stal­tungen und durch Auf­lösung von Pas­siv­posten. Es ergibt sich somit auf der Haben­seite eine stolze Summe von 158.373.480,13 Euro. [4]

Wie wir es ins­be­sondere von den Kon­zernen kennen, träumen auch Caritas und Dia­konie vom ewigen Wachstum. Beide sind sehr erfin­de­risch, wenn es um die Ent­de­ckung von Kri­sen­phä­no­menen geht, zu der sie gleich die Lösung anbieten. Seit 1960 hat sich die Mit­ar­bei­terzahl beider Unter­nehmen ver­drei­facht. Manche Orts­ver­bände haben eine auf­ge­blähte Ver­waltung, bespickt mit Refe­renten, Unter­re­fe­renten und Sach­ar­beitern. [1] Der pro­tes­tan­tische Theologe und Pro­fessor Friedrich Wilhelm Graf, Autor des kri­ti­schen Buches „Kir­chen­däm­merung“, sieht diese Ent­wicklung mit Sorge. Auf die Frage der „Wirt­schafts­woche“, ob den Kirchen die Expansion in die Sozi­al­be­reiche gut bekomme, ant­wortete er: „Ich glaube nicht. Zu viel Geld macht müde, denkfaul und bequem. Wer sich um alles kümmern will, droht seine zen­trale Aufgabe, die Kom­mu­ni­kation des Evan­ge­liums, zu ver­nach­läs­sigen. Es ist jeden­falls nicht erkennbar, dass der Zuwachs an Per­sonal den Kirchen auch eine reli­giöse Kom­petenz beschert. Warum sonst laufen den Kirchen die Men­schen in Scharen davon? Allein 2008 haben 280.000 Deutsche ihren Aus­tritt aus den Kirchen erklärt. Ins­gesamt haben Pro­tes­tanten und Katho­liken seit 1990 rund 6,5 Mil­lionen Mit­glieder ver­loren.“ [5]

Inzwi­schen ver­mitteln Aldi und Bild-Zeitung mehr das Evan­gelium als die satten Kirchen, beklagt sich auch der ehe­malige ZDF-Mode­rator und Autor ver­schie­dener Bücher Peter Hahne. Auch die Ablegung der Amts­kreuze durch die Ver­treter der evan­ge­li­schen und der katho­li­schen Kirche in Deutschland, des EKD-Rats­vor­sit­zenden Bedford-Strohm und des Kar­dinals Marx, am 20. Oktober 2016 in Jeru­salem auf dem Tem­pelberg haben viele Christen als Tief­punkt in der jün­geren Kir­chen­ge­schichte emp­funden. [6]

Bei Caritas und Dia­konie scheinen die Worte „Barm­her­zigkeit“ und „Gnade“ nicht für die eigenen Mit­ar­beiter zu gelten. Dort herrscht nicht das uns bekannte Arbeits­recht, sondern Kir­chen­recht mit all seinen Kon­se­quenzen. Hierzu gab es im April 2011 im Deut­schen Bun­destag einen Antrag der Linken mit der Über­schrift „Grund­rechte der Beschäf­tigten von Kirchen und kirch­lichen Ein­rich­tungen stärken“ (Bun­des­druck­sache 17/5523). [7]

Im Interview mit Friedrich Wilhelm Graf, das die Redaktion der „Wirt­schafts­woche“ bereits im April 2011 führte, sprach er weise Worte über die Ver­fasstheit der Kirche, genauer gesagt über ihre Elite. Seine Aus­sagen lassen sich ohne wei­teres auch auf die des Staates und ihrer Elite über­tragen. Der Zustand von Staat und Kirche beein­flusst, auch wenn es viele nicht wahr haben wollen, in unter­schied­lichem Maße unser Denken und Handeln. Die jet­zigen Kirchen- und Staats­eliten erkennen die Anzeichen des Glaub­wür­dig­keits­schwundes nur in Ansätzen. Es geht der Kirche und dem Staat noch zu gut. Statt­dessen ver­steigern sich diese in Sozi­al­pa­ter­na­lismus (Nur die Elite weiß, was für das Volk gut ist. Die Inter­essen der Elite werden teils offen, teils ver­steckt, zum Bei­spiel durch „Nudging“, durch­ge­setzt.) und dog­ma­ti­scher Ver­pan­zerung (Die Elite ist gut, hat hehre Ziele. Kri­tiker werden ver­teufelt und oftmals in die rechte Ecke gestellt. Das macht die Welt über­sicht­licher. Die Elite teilt die Per­sonen ein, welche dazu­ge­hören und welche, die nicht dazu­ge­hören.) Trotz Glaub­wür­dig­keits­verlust und mas­siver Kir­chen­aus­tritte ist in beiden Kirchen eine „ver­stärkte Hin­wendung zu auto­ri­tärem Kle­ri­ka­lismus und Hier­ar­chiekult“ zu beob­achten. [5] Anders­den­kende Kir­chen­mit­glieder stehen unter enormen Druck.

Die Kirchen in Latein­amerika haben sich seit Ende des Zweiten Welt­krieges zuweilen gegen faschis­tische Dik­ta­turen und Repres­sionen gegen die india­nische Bevöl­kerung auf­ge­lehnt. Erinnert sei an den ermor­deten Erz­bi­schof Óscar Arnulfo Romero y Gal­dámez von El Sal­vador. In Deutschland, Öster­reich und Süd­tirol halten sich die Kirchen hin­gegen an die Macht­ha­benden. Sie nehmen die ihnen vom Staat zuge­dachte Rolle wahr und sorgen dafür, dass sich der gläubige Teil der Bevöl­kerung mit den Zuständen, die von der Staats­elite ver­ur­sacht worden sind, abfindet und im Ide­alfall diese sogar gut findet. Auf­fallend ist die gleich­lau­tende Aussage von Poli­tikern und Kirche, dass sich die Ursachen für Armut, Not, Flucht und Ver­treibung nicht mit ein­fachen Worten erklären lassen und dass es keine Isla­mi­sierung in Deutschland und in Öster­reich gebe. Dass das Wort „Isla­mi­sierung“ nicht ein Begriff für die Beschreibung eines Zustandes, sondern eines Pro­zesses steht, sei nur am Rande bemerkt. Damit liegen die Kirchen ganz auf der Linie Martin Luthers, der die vor­herr­schenden Macht­ver­hält­nisse als gott­ge­geben pre­digte. Die Main­stream-Medien sind nebenbei gesagt mitt­ler­weile auch dabei, diese Aufgabe zu übernehmen.

Ich kann mich des Ein­drucks nicht erwehren, dass sich jeder mehr oder weniger christlich geprägter Deut­scher und Öster­reicher mehr Sorge um den Fort­be­stand der Kirche macht als die Kir­chen­elite, die sich anmaßt, die Deu­tungs­hoheit für sich gepachtet zu haben. Wie der Staat, so die Kirche… Ich denke, die Kirche wird nur dann eine Zukunft haben, wenn sie nicht nur die Folgen der Fehler der Poli­tiker mildert, sondern Ross und Reiter nennt, die dafür ver­ant­wortlich sind, wenn sie sozi­al­kri­ti­scher und volks­naher wird und sich um den Erhalt der Iden­tität des eigenen Volkes kümmert. Hierzu müsste die Kirche sich vom Staat lösen. Dann würde es sicherlich weniger in der Kasse klingeln. Die Kirche hätte dann aber mehr Zuspruch von der Bevöl­kerung und mög­li­cher­weise auch wieder stei­gende Mit­glie­der­zahlen. Die jetzige Kir­chen­elite nimmt eher schwin­dende Mit­glie­der­zahlen und eine immer größer wer­dende Abhän­gigkeit vom Staat in Kauf. Die innige Ver­ban­delung mit den Macht­ha­benden scheint der kurz­sichtig agie­renden Kir­chen­elite das lukra­tivere Geschäfts­modell zu sein. Die Frage ist nur, wie lange diese Politik gut geht… Merkels Flücht­lings­po­litik hatte Caritas und Dia­konie einen Kon­junk­tur­schub ver­liehen und Begehr­lich­keiten geweckt. [8] So ist es auch nicht ver­wun­derlich, wenn Stimmen aus der Ecke dieser Wohl­fahrts­un­ter­nehmen zu ver­nehmen sind, die am liebsten alle Flücht­linge ins Land her­ein­lassen möchten. Dann könnten beide Wohl­fahrts­ver­bände auf Jahre expan­dieren. Das erinnert mich an den Spruch des Ablass­pre­digers Johann Tetzel: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt!“

[1] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/caritas-co-die-heimlichen-geschaefte-der-wohltaeter-1382329.html

[2] http://www.focus.de/finanzen/news/gehaltserhoehung-und-geburtstagsfeier-caritas-chef-laesst-feier-vom-arbeitgeber-zahlen_id_4911830.html

[3] http://www.wiwo.de/politik/deutschland/wohlfahrtsverbaende-caritas-und-diakonie-bedienen-sich-beim-staat/7397380.html

[4] https://www.caritas.de/diecaritas/deutschercaritasverband/verbandszentrale/geschaeftsbericht/2015/geschaeftsbericht-des-deutschen-caritasverbandes-2015

[5] http://www.wiwo.de/technologie/theologe-graf-ein-tauschgeschaeft-zwischen-staat-und-kirche/5260628.html

[6] http://www.kath.net/news/59401

[7]http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/055/1705523.pdf

[8] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/das-geschaeft-mit-den-fluechtlingen-boomt-14076977.html

 

Via Vera-Lengsfeld.de