Kultur und Sexualität

Die Kraft der Sexua­lität ist neben dem Selbst­er­hal­tungs­trieb einer der stärksten Ein­fluss­fak­toren für das mensch­liche Ver­halten. Kein Wunder, geht es dabei doch um das Wich­tigste über­haupt: Nämlich um die Wei­tergabe des Lebens und den Fort­be­stand der Generationen.

Im Tier­reich ist die Sexua­lität allein den unbe­wussten Instinkten und den bio­lo­gi­schen Zwängen unter­worfen. Nach Geoffrey Miller, einem welt­be­kannten Evo­lu­ti­ons­bio­logen, besteht eines der Grund­prin­zipien der Sexua­lität aus dem simplen Satz: Männer buhlen, Frauen wählen. Im gesamten Säu­ge­tier­reich funk­tio­niert dieses Prinzip mehr oder weniger ähnlich: Die Männchen kämpfen um die Weibchen und nur der Alpha-Mann kommt zum Zug — weil er vom Weibchen aus­ge­wählt wird. Die Weibchen müssen bei ihrer Wahl genau auf­passen, denn sie haben das größte “Risiko” beim Investment in die Zukunft: Sie tragen den Nach­wuchs aus und müssen ihn dann auf­ziehen und pflegen. Daher werden nur die jeweils besten Männchen aus­ge­wählt, weil sie der Garant für den gene­tisch besten Nach­wuchs sind.

Vom Tier zum Menschen

Bei uns Men­schen ist das anders. Der Mensch als das “noch nicht fest­ge­stellte Tier” (Nietzsche) hebt sich seit der Erkenntnis seines Ichs und seit der Ent­wicklung der Scham von den anderen Säu­ge­tieren grund­legend ab: Der Mensch weiß, dass er ein sexu­elles Wesen ist und er weiß, dass er diese Kraft und diesen Trieb besitzt. Sein Ver­halten rund um die Sexua­lität ist im Laufe der Evo­lution des­wegen in vielen Belangen ganz anders geworden als bei seinen bio­lo­gi­schen Klas­sen­ge­nossen, den Säu­ge­tieren. Auch die ganz­jährige Emp­fäng­nis­be­reit­schaft der Frau und der soge­nannte ver­deckte Eisprung hatten bei der Ent­wicklung der mensch­lichen Sexua­lität und dem Umgang mit ihr einen ganz ent­schei­denden Einfluss.

Jede Kraft kann aber auch zer­stö­re­risch wirken und jeder Trieb kann zur Gefahr für andere werden. Alle höheren Kul­turen waren und sind daher immer bestrebt, die Sexua­lität ent­spre­chend ein­zu­hegen und sie durch Rituale, Tabus und fest­ge­setzte Mecha­nismen zu ordnen und zu kon­trol­lieren. Zunächst geschah das in prak­tisch allen erforschten Kul­turen durch Maß­nahmen, welche die sexuelle Treue und die Über­wa­chung der Frau zum Ziel hatten. Es ging immer darum, die Vater­schaft mög­lichst sicher zu gestalten. Der Mann musste maximale Gewissheit haben, der wirk­liche Erzeuger seines Nach­wuchses zu sein: Das Patri­archat war geboren. Das in der Steinzeit ver­mutlich häufig vor­kom­mende Matri­archat konnte sich nicht bewähren, weil es ganz offen­sichtlich nicht die Stärke der patri­ar­chalen Kul­turen aufbrachte.

Die Ehe als erfolg­reichste Einrichtung

Vor allem aus öko­no­mi­schen und sicher­heits­be­zo­genen Gründen hat sich fast überall die monogame Zwei­er­be­ziehung als gesell­schaftlich akzep­tiertes “Best Practice Modell” durch­ge­setzt. In dieser Kon­stel­lation war und ist der Nach­wuchs am besten zuor­denbar und die Familie wirt­schaftlich am leich­testen zu ver­sorgen. Es waren und sind die Kul­turen, in denen die hete­ro­se­xuelle Mono­gamie das prä­gende Kenn­zeichen der Gesell­schaft dar­stellt, auch poli­tisch, öko­no­misch und kul­turell weltweit am erfolg­reichsten. Die hete­ro­se­xuelle Ehe stellt daher nach­weislich jene Kon­struktion dar, von der die Men­schen am meisten profitieren.

Außer­ehe­liche sexuelle Akti­vi­täten “(Ehe­bruch”) und Lieb­schaften bedeu­teten immer große Gefahr für den Bestand der Ehe und Familie, sie standen sogar oftmals unter Strafe. Para­do­xer­weise wirkte das “älteste Gewerbe der Welt” stützend für die Ehe, denn wenn ein Mann seinem Trieb folgt und außer­ehe­liche Aben­teuer anstrebt, ist das am gefahr­lo­sesten im Freu­denhaus möglich. Dort drohen kei­nerlei Konsequenzen.

Die Sicherheit und ihr Preis

Für die Frauen war die Sexua­lität die längste Zeit an die Sicherheit einer Ehe gebunden, da durch die schon erwähnte ganz­jährige Emp­fäng­nis­be­reit­schaft immer die Mög­lichkeit besteht, schwanger zu werden. Das Risiko einer außer­ehe­lichen intimen Bekannt­schaft war daher ent­spre­chend groß. Trotzdem gab und gibt es natürlich auch bei den ver­hei­ra­teten Frauen Befruch­tungen, die nicht vom Ehemann stammen. Wir wissen aus breit ange­legten gerichts­me­di­zi­ni­schen Studien, dass bei ca. 10 % der ehe­lichen Kinder der ver­meint­liche Vater gar nicht der wirk­liche ist.

Auf­grund der geschil­derten bio­lo­gi­schen und sozialen Gege­ben­heiten ent­wi­ckelte sich überall auf der Welt eine je nach Kultur mehr oder weniger strenge Sexu­al­moral, die meistens von den jewei­ligen Reli­gi­ons­be­auf­tragten über­wacht wurde. Neben den öko­no­mi­schen Sach­zwängen war die Moral eine weitere Hürde, welche die Urkraft namens Sexua­lität zähmen sollte. Das alles hat über Jahr­tau­sende funk­tio­niert — bis die Sexuelle Revo­lution in der west­lichen Welt sämt­liche kul­tu­rellen Fun­da­mente der Sexua­lität über den Haufen warf.

Die Pille der Pandora

Die Frau als das Wesen mit dem höchsten Einsatz im ewigen Spiel der sexu­ellen Kräfte bekam durch die Pille plötzlich ein mäch­tiges Instrument in die Hand: Sie wurde mit einem Schlag die Herrin über die Emp­fängnis. Diese plötzlich erlangte und enorme Macht der Emp­fäng­nis­ver­hütung war das wesent­liche Momentum, die Gleich­stellung der Frau vor­an­zu­treiben. Poli­tisch wurden die Frauen dabei von allen Links­ideo­logen dieser Welt massiv unterstützt.

Die linken Tech­no­kraten haben immer schon gewusst, dass die Frau ein grund­le­gendes Manko besitzt, das es aus­zu­merzen gilt: Die Schwan­ger­schaft ist neben der Familie der schlimmste Feind jeder linken Ideo­logie. Des­wegen sind Linke auch stets für die Abtreibung, für die totale Emp­fäng­nis­ver­hütung und für den Zwang, dass auch die Männer alle häus­lichen Funk­tionen (Kinder ver­sorgen, Kochen etc) über­nehmen sollen. Die Linken wollen Gleichheit und das geht nur über die dras­tische Ver­rin­gerung der Gebur­tenrate und über eine strikte Kon­trolle der Empfängnis.

Weg mit dem Uterus

Zu Ende gedacht geht es bei der abso­luten Kon­trolle über die Emp­fängnis auch um eine Ent­se­xua­li­sierung der Frau: Die besten Die­ne­rinnen der Linken sind kin­derlose Frauen ohne Uterus. Ist diese wort­wört­liche Neu­tra­li­sierung der Frau einmal gewähr­leistet, kann man die Frauen pro­blemlos in den Arbeits­prozess ein­gliedern, sie dort zu steu­er­baren und abhän­gigen Wesen machen und damit die stärkste Kraft von rechts, nämlich die Familie, suk­zessive zer­stören. Die linke Ideo­logie spielt mit der so geschaf­fenen Bereit­stellung von neuen Arbeit­nehmern dem Kapi­ta­lismus auf eine paradoxe und haar­sträu­bende Art in die Hände — und die Frau ver­liert einen fun­da­men­talen Teil ihres Wesens.

Absur­di­täten inbegriffen

Die Sexuelle Revo­lution trieb in den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahr­tau­sends pit­to­reske Blüten. Man ver­suchte die soge­nannte freie Liebe, verwarf höh­nisch das alt­ge­diente Konzept Ehe, fand sich in Kom­munen und Wohn­ge­mein­schaften zusammen, die im Grunde nur Swinger-Clubs waren und ver­suchte von allen Seiten, die angeblich ver­staubte und repressive bür­ger­liche Sexu­al­moral zu zer­stören. Eine Zwei­er­be­ziehung zu führen oder gar ver­hei­ratet zu sein, galt damals in pro­gres­siven Kreisen als total reak­tionär. “Wer zweimal mit der­selben pennt, gehört schon zum Estab­lishment” — so lautete der Sinn­spruch der 68er-Revoluzzer.

Ein tek­to­ni­sches Ereignis

Diese wie ein Erd­beben durch die west­lichen Gesell­schaften lau­fenden Ver­än­de­rungen wirken bis heute nach. Das Pendel hat zwar ein Stück zurück­ge­schlagen und das Kom­munen-Unwesen, die gren­zenlose freie Liebe und die Ächtung der Ehe werden nur noch von ret­tungs­losen Ultra­linken favo­ri­siert. (Man will die Ehe ja nun sogar “für alle”). Eine gra­vie­rende Erosion der sozio­kul­tu­rellen bzw. sexu­ellen Tabus, der gesell­schaft­lichen Mecha­nismen und vor allem eine Schwä­chung des Prinzips “Ehe und Familie” ist aber geblieben. Die west­liche Kultur hat ihren großen Sprung nach vorne (so er denn einer war) noch nicht wirklich voll­endet, denn es gibt keine neuen Struk­turen, die gesell­schafts­si­chernd, sinn­gebend und klar wirksam wären.

Die Trans­for­mation läuft

Was wir erleben, ist eine durch die geän­derte Sexua­lität bedingte Trans­for­mation der gesamten abend­län­di­schen Gesell­schaft. Wir beob­achten eine Segre­gation der sozialen Gruppen und ein überall sicht­bares Aus­ein­an­der­fallen von Familien, das längst zu einer dra­ma­ti­schen Ver­ein­zelung geführt hat. Wir sehen eine ständige und gar nicht mehr ver­heim­lichte Por­no­gra­phi­sierung der Sexua­lität, die im Internet ihre Höhe­punkte abfeiert. Wenn die Sexua­lität ihres fort­pflan­zungs­be­zo­genen Sinns beraubt wird und die Geschlecht­lichkeit a priori nur mehr eine Spass­funktion des Körpers zu sein hat, ist der Porno-Effekt immanent, wenn nicht sogar gewünscht. Wer aber unter die mitt­ler­weile dau­er­geile Ober­fläche schaut, sieht immer mehr frus­trierte und einsame Men­schen, die in so einer Gesell­schaft eigentlich nicht leben möchten, weil das wirklich Soziale, nämlich die fami­liären Bin­dungen zwi­schen den Gene­ra­tionen, abhanden kommen.

Männer buhlen…

Para­do­xer­weise schob sich durch die Kon­trolle über die Emp­fängnis das eigentlich nur bei Säu­ge­tieren eta­blierte Miller‘sche Prinzip “Männer buhlen, Frauen wählen” beim Men­schen in den Vor­der­grund. Heute ent­scheiden die Frauen, mit wem sie wann intim werden und wann und ob sie Kinder bekommen. Und gar nicht selten lautet die Ent­scheidung “Nein zum Kind” und nein zur fixen Beziehung. Man ist als junge Frau offenbar nur allzu oft geneigt, den Trug­bildern der Linken auf den Leim zu gehen und die Trias “Kar­riere, spätes/gar kein Kind, Unab­hän­gigkeit” zu glauben. Der Frust kommt ja erst mit 40 oder 50. Die Männer dürfen inzwi­schen nach dem Hase-Igel-Prinzip ihre Runden drehen, bittend buhlen und auf Erhörung hoffen. Dabei müssen sie aber stets gewahr sein, wegen “sexu­eller Beläs­tigung” eine vor den Latz geknallt zu bekommen.

Die zer­stö­re­rische Kraft des Feminismus

Der Femi­nismus hat bei dieser nega­tiven Ent­wicklung ganze Arbeit geleistet. Femi­nis­tinnen haben immer vor­ge­geben, für die Rechte der Frau zu kämpfen und in den frühen Jahren war das sogar noch authen­tisch. Mitt­ler­weile hat sich dieser Kampf aber längst in einen Dau­er­sturm gegen die Familie und gegen das Geschlecht “Mann” ver­wandelt. Der Femi­nismus ist heute zur per­ma­nenten Bestrebung ent­artet, die Unter­schiede zwi­schen den Geschlechtern ein­zu­ebnen und schließlich aufzuheben.

Genau aus diesem Grund wurde das Gendern ein­ge­führt und genau aus diesem Grund will man heute in der Gesell­schaft Dut­zenden (selbst­ge­wählten) Geschlechtern ihren Platz geben. “Das Geschlecht ist ein soziales Kon­strukt” sagte die Ikone der Femi­nis­tinnen, Judith Butler. Also kann man es sozial ver­ändern — aber bitte ohne Männer. Die sind nämlich grund­sätzlich aggressiv, böse, sexis­tisch und über­haupt. Besser ist es, sich seine Geschlech­ter­rolle z.B. bei Facebook aus­zu­wählen, dort gibt es ein Pot­pourri von 60 Mög­lich­keiten und der Mann ist nur eine (unwichtige) davon.

Der Mann von heute steht unter femi­nis­ti­schen Dau­er­feuer und hat stän­digen Recht­fer­ti­gungs­bedarf, den ihm die dau­er­em­pörten und schäu­menden Suf­ra­getten der Main­stream-Medien abpressen. Die Medien-Kam­pagne #MeToo beweist bei­spielhaft, wie aus einem berech­tigten Anliegen (man will nicht sexuell belästigt werden) ein Furor gegen die gesamten männ­lichen Hand­lungs­weisen kon­struiert wird: Poli­tiker müssen zurück­treten, weil sie vor Jahr­zehnten einer Frau aufs Knie gegriffen haben. Hol­lywood-Pro­du­zenten werden vom Shit­storm ver­blasen, weil die viel­zi­tierte Bewer­bungs-Couch, auf die sich diverse Starlets ver­mutlich sehr oft sehr frei­willig gesetzt haben,  plötzlich zum Ort der sexu­ellen Beläs­tigung geworden sind. Nur komisch, dass dieses “plötzlich” viele Jahre her ist und bis zur aktu­ellen Kam­pagne keine der mitt­ler­weile Mil­lionen ver­die­nenden Damen etwas dabei gefunden hat, mit dem nam­haften Pro­du­zenten näher befreundet gewesen zu sein.

Im Laby­rinth gefangen

Vollends absurd wird der sozio­kul­tu­relle Irr­garten, in dem sich die Sexua­lität heute befindet, wenn hie­sigen Qua­li­täts­zei­tungen, in denen Femi­nis­tinnen ihre har­schen Kri­tiken absondern, Werbe-Folder von Dessous-Firmen bei­gelegt werden, wo spärlich bekleidete Mädels die neu­esten und ver­füh­re­rischsten Slips und Bras prä­sen­tieren. In den Hoch­glanz-Maga­zinen das­selbe Spiel: Im Edi­torial schäumen die Chef­re­dak­teu­rinnen gegen den Sexismus und die böse Män­nerwelt, im Blatt­in­neren jagt dafür eine sexuell kon­no­tierte Wer­be­an­zeige die andere. Sex sells — und Geld stinkt nicht, da ist auch den haupt­be­ruf­lichen Frau­en­kämp­fe­rinnen ihr Anliegen plötzlich wurscht.

Die frü­heren Rat­geber der Gesell­schaft wie Phi­lo­sophen, ver­diente Auto­ri­täten, Alt­vordere und Kir­chen­leute stehen heute ratlos im Laby­rinth der sexu­al­po­li­ti­schen Kor­rektheit, in dem ein vir­tu­eller Kampf der Geschlechter in Form einer nie enden wol­lenden Medien-Show abge­halten wird. Und sie wissen nicht mehr weiter.

Finale furioso?

Auf der einen Seite dröhnt uns die Hyper­se­xua­li­sierung und Por­no­gra­fi­sierung von allem und jeden ent­gegen, auf der anderen Seite kreischt die weib­liche Empö­rungs­mafia, die stets von ein paar erbärm­lichen männ­lichen Femi­nisten unter­stützt wird, eine neue Prü­derie herbei, die am liebsten den geschlechts- und trie­b­losen Ein­heits­men­schen her­an­züchten möchte. Der neue Typus soll lieb drein­schauen, nur ja kein viriler Mann sein, er darf aber auch keine Gebär­mutter besitzen. Das neue Wesen muss dem Konsum frönen, darf nicht nach­denken und soll fleissig im Main­stream surfen, um auf den Social Media gegen die Dis­kri­mi­nierung auf­zu­treten. Mit anderen Worten: Die Kultur und die Sexua­lität kommen auf diese Weise glei­cher­maßen und gleich­zeitig zu ihrem unver­dienten, aber umso lau­teren Ende.

Dr. Marcus Franz / www.thedailyfranz.at