Der „Tatort“ als Gehirnwäsche

Als ich das erste Mal die Sowjet­union besuchte, das war 1968, war ich ent­setzt über die Fülle der Pro­pa­ganda-Plakate und Trans­pa­rente, die jedes Haus, jede Mauer in Moskau zu bedecken schienen. Zusätzlich wurde die Stadt ständig mit Nach­richten und Parolen beschallt, die nur von Musik­stücken unter­brochen wurden. Meistens waren es Lieder zum Lobe der Revo­lution, manchmal aber auch Klassik, vor­zugs­weise Beet­hoven, der angeblich Lenins Lieb­lings­kom­ponist gewesen sein soll. Die Plakate und Trans­pa­rente waren so schäbig, wie das Stadtbild ins­gesamt. Eine Werbung für den Sozia­lismus waren sie bestimmt nicht.
Auch in der DDR gab es Gehirn­wäsche, aber die war längst nicht so dau­er­präsent. Die Parolen, die anlässlich des 1.Mai oder des Repu­blik­ge­burtstags auf­ge­hängt wurden, ver­schwanden bald wieder nach dem Ereignis.
Im bunten Deutschland sind wir mitt­ler­weile fast bei sowje­ti­schen Ver­hält­nissen ange­langt. Nur sind die Pro­pa­gan­da­poster heute schicker und viel bunter als im grauen Sozia­lismus. Unun­ter­brochen werden wir von den Herr­schenden per Poster ermahnt. Wir sollen AIDS-Kranken freundlich begegnen, unseren far­bigen Nachbarn lieben, uns über knut­schende Schwule freuen und die tra­di­tio­nelle Familie als Aus­lauf­modell emp­finden. Es wird uns per Poster nahe­gelegt, die Ener­gie­wende für alter­na­tivlos zu halten und Tier­rechte höher als Men­schen­rechte zu stellen.
Während man in der DDR Theater besuchte, um ent­spannt regime­kri­ti­schen Bot­schaften zu lau­schen, wird man heute in jedem noch so poli­tik­fernen Stück über die richtige bunte Welt­sicht belehrt. Was das Fern­sehen betrifft, konnte man sich in der DDR auf den Mon­tag­abend freuen. Da wurden alte, unideo­lo­gische Filme gezeigt.
Heute gibt es den Tatort. Die Macher diese Formats sehen es schon lange als ihre Aufgabe, nicht nur einfach Krimis zu zeigen, sondern poli­tisch-kor­rekte Bot­schaften zu ver­mitteln. Das wurde schließlich so pene­trant, dass ich nie wieder Tatort sehen wollte.
Gestern Abend habe ich es mir doch noch einmal angetan. Nach den vielen Vorab-Rezen­sionen, mit denen die Zuschauer ange­lockt und schon mal ein­ge­stimmt werden sollten, worum es sich handelt, wollte ich sehen, wie weit die Fil­me­macher bereit waren, sich zum Pro­pa­gan­disten zu erniedrigen.
Aber der gestrige Tatort war nicht einfach nur Pro­pa­ganda, er knüpfte an die schlimmsten Hass­pro­duk­tionen diese Genres an.
Zuschauern, die viel­leicht nicht gleich kapiert hätten, dass es sich bei den „Neuen Patrioten“ im Film kei­neswegs um eine fiktive Partei handelt, sondern um die AfD, wurden schon in den Vorab-Rezen­sionen darauf hingewiesen.
Gleich am Anfang wurde kein Zweifel daran gelassen, was mit diesem Film beab­sichtigt ist: Es wurde die Pro­duktion eines Freizeit-Anti­fanten gezeigt, die von den „Neuen Patrioten“ zu den schlimmsten Nazi­ver­brechen eine direkte Linie zog. Diesmal wolle man aber recht­zeitig wider­stehen, damit sich die Nazi­gräuel nicht wie­der­holen könnten. Bot­schaft: Wer die AfD wählt, votiert für die Gas­kammer. Damit sagen die Fil­me­macher nichts anderes als einige Poli­tiker, die eben­falls zwi­schen AfD und Nazis Ver­gleiche gezogen haben. Die Kul­tur­schaf­fenden in unserer bunten Republik stehen ebenso schamlos wie unver­brüchlich an der Seite der Herr­schenden. Klar, von denen kommt ja auch das Geld.
Den Filmplot zu erzählen ist müßig. Die Handlung diente nur dazu, immer wieder den Zuschauern ein­zu­hämmern, dass die eigent­liche Gefahr für die Gesell­schaft von der AfD kommt. Das besonders Perfide war, dass die AfD-Poli­tiker klar zu iden­ti­fi­zieren waren: Ein Ver­schnitt aus Alice Weidel und Frauke Petry, sowie Marcus Pretzell und Jörg Meuthen. Letz­terer wurde sogar mit einem Schau­spieler von hoher Ähn­lichkeit besetzt.
Es gab auch Szenen, wo die Antifa eine Ver­an­staltung der Partei blo­ckierte. Dafür wurde aber schnell klar gemacht, dass die mör­de­rischste Anti­fantin, die ein unschul­diges Anti­fanten-Jün­gelchen sexuell gefügig und zum Beinahe-Mörder machte, gar keine war, sondern in Wirk­lichkeit ein Mit­glied der AfD. Sie war es auch, die den töd­lichen Anschlag auf ein AfD-Mit­glied verübte. Ihr Kom­pagnon war, auch das wurde nicht aus­ge­lassen, ein Russe. Der Mas­termind hinter den Morden war natürlich der der Kam­pagnen-Man­anger der Partei, der Par­tei­freunde, die dem inten­dierten Rechtsruck im Wege standen, weg­bomben und die Schuld dafür der Antifa in die Schuhe schieben wollte.
Als ob das alles nicht Ver­leumdung genug wäre, wurde dem Staats­schutz nebenbei bescheinigt, auf dem rechten Auge blind zu sein. Nur Kom­missar Falke sah von Anfang an durch. Ihm sagte sein untrüg­liches Bauch­gefühl, dass dies alles nur ein Kom­plott eines „Wes­ten­ta­schen-Goebbels“ sein könnte und er bekam recht. Nebenbei gelang es ihm noch, die AfD-Akti­vistin zu erschießen. Nur der Russe konnte recht­zeitig die Fähre nach St. Petersburg zu besteigen. Viel­leicht ist ja eine Fort­setzung dieses ideo­lo­gisch wert­vollen, fern­seh­preis­ver­däch­tigen Pro­pa­gan­da­schinkens geplant – mit Putin als Fern­di­rigent der AfD. Damit wäre der Rus­senhass auch wieder auf­er­standen. Aus­schließen kann man in dieser grell­bunten, skru­pel­losen und kom­plett durch­ge­knallten Republik leider nichts mehr.
Ein Freund schrieb mir, dass selbst seine Frau, alles andere als eine AfD-Anhän­gerin, diesen Film ver­leum­de­risch fand. Wenn es sich nicht um „Kunst“ han­delte, wäre ein Großteil dieses Films wegen Ver­leumdung und übler Nachrede justiziabel.
Wenn es in der bunten Republik noch so etwas wie Ver­ant­wort­lich­keiten gebe, müssten die Ver­ant­wort­lichen für diesen Skandal gefeuert werden. Leider ist das ein Wunschtraum.
Die Zwangs­ge­büh­ren­zahler werden weiter genötigt werden, solchen Schmutz auch noch bezahlen zu müssen.