Jamaika geplatzt, Zoff mit Lindner, weil er ausgestiegen ist, SPD will ganz oder gar nicht regieren, kann sich aber mit CDU nicht einigen, alle zusammen können und wollen nicht mit der AfD. Oder den Linken.
Aber in einem sind sie jetzt alle brüderlich einig: Eine Diätenerhöhung für die Bundestagsabgeordneten ist das, was das Land jetzt dringend braucht. Man bekommt sogar einen gemeinsamen Antrag von Union, SPD und FDP hin, ohne zähe Verhandlungen. Wetten, dass diesmal sogar die Linke und die AfD diesen Antrag einhellig unterstützen?
Dabei sind die Abgeordneten ja gar nicht unverschämt, denn die Erhöhungen der Diäten richten sich ja nach dem „Normallohnindex“. Will sagen: Was der Bauarbeiter Erwin Müller an Lohnzuwachs bekommt, das wird man ja wohl einem hart arbeitenden Bundestagsabgeordneten nicht verwehren. Also Erwin, du hast sicher auch, wie die Bundestagsabgeordneten, einen Lohnzuwachs zwischen 2014 und heute von einem mickrigen Monatsgehalt von 8.667 Euro auf 9.542 Euro Monatsgehalt gehabt, oder? Also, Erwin, pack die Schaufel und die Schubkarre und halt die Klappe.
Denn Neid ist kein schöner Charakterzug. Zum Beispiel der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel ist so ein ein missgünstiger Mensch. „Es spricht Bände“, nörgelt er herum, „dass die Politik seit Monaten nicht handlungsfähig ist, sich aber bei Diätenerhöhung im Handumdrehen einigt.“
Solche Kritik schmerzt. Daher ist man sich im Bundestag auch gleich zusätzlich darüber einig geworden, dass es die übliche, jährliche Debatte und Abstimmung über ebenjene Diätenerhöhung in Zukunft nicht mehr gibt – und damit auch keine Berichte darüber und keine bösartige Kritik von Neidhammeln. Die Erhöhung wird ab jetzt einfach vom Bundestagspräsidenten veröffentlicht. Fertig.
Recht so, sag ich! Wozu das Debattieren und Abstimmen, wenn sich sowieso von vorneherein alle einig sind, dass sie mehr Geld bekommen? Das alberne Schauspiel kann man sich dann auch sparen.
Das Schiff „Deutschland“ schlingert zur Zeit führerlos dahin. Bald haben wir an möglichen Koalitions-Konstellationen alle Fahnen von Drittweltländern durchdekliniert und die politische Kultur ist auch nicht mehr weit von den Heimatländern dieser lustig-bunten Flaggen entfernt.
Der deutsche Michel fragt sich beklommen, was schlimmer ist: Eine handlungsunfähige Nichtregierung oder ein beliebig zusammengewürfelte Horde Streithanseln. Auch Neuwahlen würden daran wahrscheinlich wenig ändern. Die Probleme des Landes würden unter keiner Konstellation gelöst.
Irgendwie macht sich das Gefühl breit, dass das einzige, parteienübergreifende und mehrheitsfähige Einigungspotential der Damen und Herren Volksvertreter in der Ausbeutung der Steuer zahlenden Bürger liegt.