Jamaika geplatz, Lindner beleidigt, SPD taumelt — aber Diä­ten­er­höhung geht immer!

Jamaika geplatzt, Zoff mit Lindner, weil er aus­ge­stiegen ist, SPD will ganz oder gar nicht regieren, kann sich aber mit CDU nicht einigen, alle zusammen können und wollen nicht mit der AfD. Oder den Linken.

Das Parlament. Symphonische Satiren Für Grosses Orchester, Op. 31a: VIII. Var. VI. Diätenerhöhung. Einstimmig, Allegro Moderato
Das Par­lament. Sym­pho­nische Satiren Für Großes Orchester, Op. 31a: VIII. Var. VI. Diä­ten­er­höhung. Ein­stimmig, Allegro Moderato Nürn­berger Sym­pho­niker, Klaus­peter Seibel 1,29 €

Aber in einem sind sie jetzt alle brü­derlich einig: Eine Diä­ten­er­höhung für die Bun­des­tags­ab­ge­ord­neten ist das, was das Land jetzt dringend braucht. Man bekommt sogar einen gemein­samen Antrag von Union, SPD und FDP hin, ohne zähe Ver­hand­lungen. Wetten, dass diesmal sogar die Linke und die AfD diesen Antrag ein­hellig unterstützen?
Dabei sind die Abge­ord­neten ja gar nicht unver­schämt, denn die Erhö­hungen der Diäten richten sich ja nach dem „Nor­mal­lohn­index“. Will sagen: Was der Bau­ar­beiter Erwin Müller an Lohn­zu­wachs bekommt, das wird man ja wohl einem hart arbei­tenden Bun­des­tags­ab­ge­ord­neten nicht ver­wehren. Also Erwin, du hast sicher auch, wie die Bun­des­tags­ab­ge­ord­neten, einen Lohn­zu­wachs zwi­schen 2014 und heute von einem mick­rigen Monats­gehalt von 8.667 Euro auf 9.542 Euro Monats­gehalt gehabt, oder? Also, Erwin, pack die Schaufel und die Schub­karre und halt die Klappe.
Denn Neid ist kein schöner Cha­rak­terzug. Zum Bei­spiel der Prä­sident des Bundes der Steu­er­zahler, Reiner Holz­nagel ist so ein ein miss­güns­tiger Mensch. „Es spricht Bände“, nörgelt er herum, „dass die Politik seit Monaten nicht hand­lungs­fähig ist, sich aber bei Diä­ten­er­höhung im Hand­um­drehen einigt.“
Solche Kritik schmerzt. Daher ist man sich im Bun­destag auch gleich zusätzlich darüber einig geworden, dass es die übliche, jähr­liche Debatte und Abstimmung über ebenjene Diä­ten­er­höhung in Zukunft nicht mehr gibt – und damit auch keine Berichte darüber und keine bös­artige Kritik von Neid­hammeln. Die Erhöhung wird ab jetzt einfach vom Bun­des­tags­prä­si­denten ver­öf­fent­licht. Fertig.
Recht so, sag ich! Wozu das Debat­tieren und Abstimmen, wenn sich sowieso von vor­ne­herein alle einig sind, dass sie mehr Geld bekommen? Das alberne Schau­spiel kann man sich dann auch sparen.
Das Schiff „Deutschland“ schlingert zur Zeit füh­rerlos dahin. Bald haben wir an mög­lichen Koali­tions-Kon­stel­la­tionen alle Fahnen von Dritt­welt­ländern durch­de­kli­niert und die poli­tische Kultur ist auch nicht mehr weit von den Hei­mat­ländern dieser lustig-bunten Flaggen entfernt.
Der deutsche Michel fragt sich beklommen, was schlimmer ist: Eine hand­lungs­un­fähige Nicht­re­gierung oder ein beliebig zusam­men­ge­wür­felte Horde Streit­hanseln. Auch Neu­wahlen würden daran wahr­scheinlich wenig ändern. Die Pro­bleme des Landes würden unter keiner Kon­stel­lation gelöst.
Irgendwie macht sich das Gefühl breit, dass das einzige, par­tei­en­über­grei­fende und mehr­heits­fähige Eini­gungs­po­tential der Damen und Herren Volks­ver­treter in der Aus­beutung der Steuer zah­lenden Bürger liegt.