Jugendamt-Horror: Die Stadt Bonn, das Recht und die Mei­nungs­freiheit — der Fall Weiberg

Schlechte Erfah­rungen mit Jugend­ämtern haben schon viele gemacht. Da die wenigsten aller­dings jedes Detail schriftlich fest­halten oder belegen können, ziehen betroffene Eltern vor Gericht gegen die Jugend­ämter immer den Kür­zeren. Dies soll nicht bedeuten, dass Jugend­ämter per se unrecht handeln, kei­nes­falls. Aber FALLS sie es tun, sind betroffene Familien so gut wie machtlos gegen die prall­ge­füllte Kriegs­kasse der Ämter, die überdies alle Zeit der Welt und die Gerichte auf ihrer Seite haben.
Eine Beweis­führung in Bezug auf Ver­feh­lungen des Amtes ist im Nor­malfall so gut wie unmöglich. Ein­sicht in die Akten des Jugend­amtes erhält die betroffene Familie nicht. Überdies sind gerade solche Fälle, in denen es um Entzug der Kinder, Weg­bringen in Heime, Ver­hin­derung des Kon­taktes zum Kind und ähnlich tra­gische Dinge geht, emo­tional für Eltern und Kinder sehr belastend. Nicht selten führt die emo­tionale Über­lastung zum „Aus­rasten“ eines Eltern­teils, dem dann auch noch sein Ver­halten als psy­cho­tisch oder gewalt­affin zur Last gelegt werden kann … mög­li­cher­weise nicht unbe­dingt zu Unrecht.
In einem Jugend­hil­fefall, in dem ein Vater nach vielen Ver­wick­lungen durch das unan­ge­messene Ver­halten des Jugend­amtes tra­gi­scher­weise kom­plett den Zugang zu seiner Tochter verlor, sieht das ein wenig anders aus.
Horst Weiberg, jener Vater, beschwerte sich über das Vor­gehen des Jugend­amtes und des Sub­un­ter­nehmers des Amtes, den Verein „der kleine Muck“. Er legte detail­liert und mit unan­greif­barer Beweis­kette dar, dass falsche Tat­sa­chen­be­haup­tungen und klar beweisbare Unwahr­heiten in einem Fami­li­en­ge­richts­prozess vor­ge­tragen worden waren – zu seinem Nachteil. Er ist – soweit ihm bekannt – der einzige, der wirklich jedes Detail belegen und beweisen kann, und das durch eine Unzahl von Klagen und Pro­zessen, die das Jugendamt Bonn ihm auf­bürdete. Jedesmal hatte Weiberg Erfolg. Und jedesmal fand das Jugendamt Bonn einen neuen Anlass, ihn mit einem neuen Prozess in Kosten und zeit­auf­wendige Arbeit zu treiben.
Das Problem: Auf­grund der krassen Unwahr­heiten und eines fal­schen Berichtes erhielt der Sub­un­ter­nehmer „Kleiner Muck E.V.“ jah­relang einen sehr lukra­tiven Auftrag, sich um die Weiberg ent­zogene Tochter zu kümmern. Es geht also um ziemlich viel Geld. Die krassen Falsch­dar­stel­lungen, die der „Muck“ abgab, wurden vor einer Kölner Spe­zi­al­kammer ver­handelt und als Lügen ent­larvt, belegt und auch so vom Gericht klas­si­fi­ziert. Das Jugendamt hat eben­falls ver­schiedene falsche Tat­sachen vor Gericht behauptet. Es wird noch gerichtlich zu ent­schieden sein, ob diese fal­schen Behaup­tungen explizit als „Lüge“ benannt werden dürfen.
Horst Weiberg wehrte sich in vielen Ver­fahren. Ins­gesamt wurde er vom Jugendamt Bonn und seinem Sub­un­ter­nehmer „kleiner Muck“ in 28 Punkten ver­klagt: Auf ins­gesamt bis zu 7 Mil­lionen Unter­las­sungs­summe, zusätzlich soll er alle Gerichts- und Anwalts­kosten zahlen. In 20 Punkten hat Weiberg bisher gewonnen. 5 Punkte werden gegen­wärtig verhandelt.
Horst Weiberg drohen aber, falls er unter­liegen sollte, nicht nur hohe Unter­las­sungs­gelder. Es wird mit Orgien von Straf­an­zeigen gedroht. Weiberg muss immer wieder in neuen Ver­hand­lungs­runden Aber­tau­sende an Anwalts- und Gerichts­kosten zahlen, weil er es wagte, eine staat­liche Stelle zu kri­ti­sieren. Bei einem kleinem Fehler, irgend­einer Win­zigkeit kann es pas­sieren, dass Weiberg sogar lange Haft­strafen antreten muss.
Auf seine eigent­liche Arbeit kann sich Weiberg kaum kon­zen­trieren. Er ist seit Jahren haupt­sächlich damit beschäftigt sich zu ver­tei­digen, um eine völlige Ver­nichtung seiner Person zu ver­hindern. Das alles nur, weil er sich gegen Falsch­dar­stel­lungen und Lügen wehrte.
Der Fall ist aber über seine per­sön­liche Geschichte hinaus von all­ge­meinem Interesse. Und zwar nicht nur für Familien, die einen ähn­lichen Lei­densweg gehen müssen. Es geht hier um Grund­sätz­liches: Die Mei­nungs­freiheit, Grund­rechte und bür­ger­liche Rechte gegenüber dem Staat.
Am 24.07.2013 beschäf­tigte sich das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt im Ver­fahren 1BvR 444/14 und 1 BvR 527/13 mit der Frage, welche Grund­sätze bei der Beur­teilung von Kritik an öffent­lichen Stellen zu beachten sind.
Hierbei äußerte sich das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt klar dahin­gehend, dass ins­be­sondere das Recht des Bürgers berück­sichtigt werden müsse, Maß­nahmen der öffent­lichen Gewalt ohne Furcht vor staat­lichen Sank­tionen auch scharf kri­ti­sieren zu können. Dies gehöre zum Kern­be­reich der Mei­nungs­freiheit und sei bei einer Abwägung besonders zu berücksichtigen.
Hier stellt sich die Frage, ob die sys­te­ma­tische Zer­störung der Erwerbs­fä­higkeit, der wirt­schaft­lichen Lebens­grund­lagen, die Ver­nichtung aller finan­zi­ellen Rück­lagen und eine jah­re­lange, unver­hält­nis­mäßig grausame Zer­mürbung eines Kri­tikers mit dem Urteil des Bun­des­ver­fas­sungs­fe­richtes in Ein­klang zu bringen ist: ohne Furcht vor staat­lichen Sank­tionen, staat­liche Stellen (fest­ge­stell­ter­maßen zu Recht!) kri­ti­sieren zu dürfen.
Ein völlig anderer und grund­legend wich­tiger Aspekt in dieser Causa ist, dass der Staat selbst kein Grund­rechts­träger ist. Nur Men­schen haben Grund­rechte, die ja gerade des­wegen fest­ge­schrieben wurden, um den Men­schen gegen staat­liche Macht zu schützen. Der Staat kann daher nie­manden auf Unter­lassung ver­klagen, denn eine Unter­las­sungs­klage beruht auf Grund­rechten. Dieser Sach­verhalt wurde vom BGH dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt und wei­teren Gerichten aus­ge­ur­teilt. Die Klagen des Jugend­amtes gegen Horst Weiberg auf Unter­lassung hätten niemals ange­nommen und ver­handelt werden dürfen.
Es handelt sich also nach der Defi­nition der höchst­rich­ter­lichen Urteile um schweren Rechts­miss­brauch der aber seit Jahren statt­findet. Man kann gespannt darauf warten wie das OLG Köln darüber ent­scheiden wird. Das OLG hat selber 2012 ent­schieden, OLG Köln, Urt. V. 31.7.2012 – 15 U 13/12 dass die Vor­aus­setzung einer solchen Klage eine schwere Funk­ti­ons­be­ein­träch­tigung bei jedem ein­zelnen kri­ti­schen Punkt nach­ge­wiesen sein muss.
 
Weitere Infor­ma­tionen zum Fall Weiberg:
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/vater-kaempft-um-tochter-gegen-ex-frau-und-jugendamt-13415754.html
http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/stadt-bonn/Vater-Das-Jugendamt-hat-mir-nie-eine-Chance-gegeben-article1644656.html
http://www.nachrichten-regional.de/index.php/%C3%BCberregional/4934-eilmeldung-jugendamt-bonn-unterliegt-vor-dem-olg‑k%C3%B6ln.html
http://jugendamtwatch.blogspot.ch/2015/10/kritik-am-jugendamt-bonn-eilmeldung.html
http://bonner-presseblog.de/medien_und_presse/83239
 
 
https://www.activinews.com/politik/horst-weiberg-wie-rechtstheorie-und-praxis-auseinanderklaffen-koennen-277.html