Verdirbt uns der Butterpreis noch die Weihnachten?
Kurz vor den Feiertagen merkt der verdutzte Leser, wie stark der Preis für das süße Gebäck angezogen ist. Wer weiter im Internet forscht, liest, schuld daran sei der extrem gestiegene Butterpreis. Jetzt wird es spannend, standen doch Jahrzehnte lang die Begriffe “Butterberge” und “Milchseen” für permanente EU-Überschüsse. Was ist passiert?
Die EU-Agrarpolitik rudert zurück, die Überproduktion in der Landwirtschaft bleibt
Die früheren “Interventionspreise” für verschiedenste Landwirtschaftsprodukte, heißen heute Referenzpreise. Damals produzierten die Bauern immer mehr Milch und Butter, weil Brüssel die Mengen, die sie nicht auf dem Markt verkaufte, zum Garantiepreis aufkaufte und lagerte. Heute sind die Preise nicht nur stark gesunken sondern es gelten ab 2004 Obergrenzen beim Ankauf. Die Folge sind Bilder von klagenden und protestierende Bauern, die finanziell nicht über die Runden kommen. So lange es Wirtschaft gibt, führte die Überproduktion jedoch immer zu Preissenkungen — warum nicht dieses Mal? Zunächst steht nur fest, dass unter dem Auftrieb nicht nur die Deutschen und ihre Nachbarn leiden. Bei der Butterverteuerung handelt es sich vielmehr um ein internationales Phänomen, wie der Rapport der FAO (UN Food and Agricultural Organization) feststellt, der vom weltweitem Allzeithoch des Butterpreise berichtet.
Buntes Sammelsurium als Erklärung für steigende Butterpreise
Das Stichwort heißt Butterknappheit. Die hierfür genannten Gründe werden viele erstaunen.
- weitere Liberalisierung der europäischen Milchmärkte in 2015. Mit dem Wegfall der Milchquoten steigt weiter das Angebot und die Preise rutschen. Das zwingt viele Milchbauern zur Aufgabe.
- es gibt zu wenig junge Kühe (!), mit denen Produktionskapazitäten ausbaut werden könnten: Auch Viehbestände wurden in der Preisbaisse dezimiert — Jungtiere heranzuziehen braucht Zeit.
- auch die Exportrückgänge wegen der Russland-Sanktionen haben die Situation der Milchbauern in den letzten Jahren beeinträchtigt. Na da ist doch einmal wieder der böse Putin schuld!
- auch das Wetter hat weltweit einen negativen Einfluss ausgeübt
- andererseits stieg die Nachfrage nach Butter rasant. In der Wohlstandsgesellschaft verarbeiten Leute Butter verstärkt in industriellen Lebensmittelprodukten. Studien zufolge sei der Einfluss des Butter-Konsums auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen geringer als vorher gedacht.
- die Butterproduktion ist unflexibel und die Milchbauern und Molkereien können bei gestiegenen Preisen kaum mit ihrer Produktion nachkommen. Sie müssen zudem ihre Abnehmer weiterhin mit einem Mix verschiedener Milchprodukte beliefern, der dem Butterangebots weiter Grenzen setzt.
- Es gibt für Butter keine Lagermöglichkeit, auf die bei Lieferengpässen zurückgegriffen werden könnte. Die anhaltend hohe Nachfrage hat dazu geführt, dass die Lager leer sind.
Wie geht es weiter?
Für die Zukunft erwarten Experten einen weiteren Preisanstieg. Der EU-Bürger hat also genug Zeit um nachzudenken, warum Brüssel in dieser alten Königsdisziplin einmal wieder versagt hat. Für eine neue “Krise” reicht das Thema jedoch nicht aus. Anders als seine Bauern, — die seit Jahrzehnten Existenzsorgen plagen — wird der deutsche Michel sich erneut mächtig aufregen, aber sonst nichts unternehmen. Denn “inflationsrelevant” ist auch eine Preisverdoppelung des edlen Aufstrichs nicht.
Wir sollten es trotzdem das süße Gebäck gut schmecken lassen! Der Autor wünscht den Lesern Frohe Weihnachten.
Dr. Viktor Heese - Fachbuchautor und Dozent; www.börsenwissen-für-anfänger.de