Ideo­logie statt Infor­mation: Wenn Schmä­hungen zu Nach­richten werden

Es war nur eine Rand­notiz. Eine, die für gewöhnlich untergeht im schnell­le­bigen Nach­rich­ten­ge­schäft. Und gerade deshalb sollte man ihr besondere Auf­merk­samkeit schenken, wirft sie doch einmal mehr ein Schlag­licht auf das Selbst­ver­ständnis einer Jour­na­lis­ten­ge­ne­ration, die immer wieder daran erinnert werden muss, was die eigent­liche Aufgabe des Nach­rich­ten­jour­na­lismus ist. Nicht zum ersten Mal war es die Videotext-Redaktion der ARD, die sich mit einer Meldung her­vortat, deren Nach­rich­tenwert aus zwei Zeilen bestand, die aber als Alibi dafür diente, einen bei der links-grünen Jour­naille ver­hassten US-Prä­si­denten her­ab­zu­wür­digen. Fast auf den Tag genau ein Jahr nach dessen Amts­ein­führung berichtete man darüber, dass der rou­ti­ne­mäßige Gesund­heits­check Donald Trump bescheinigt habe, sich “bester Gesundheit” zu erfreuen. Der Videotext-Redaktion war dies aller­dings zu wenig. Nur ungern wollte man eine Meldung einfach so stehen lassen, die das eigene Feindbild in einem guten Licht erscheinen lassen würde – und sei es auch nur in Bezug auf dessen Gesund­heits­zu­stand. So nahm man die Steil­vorlage zum will­kom­menen Anlass, dem Staats­ober­haupt der USA unter­schwellig zu attes­tieren, nicht alle auf der Reihe zu haben. “Die geistige Ver­fassung des 71-Jäh­rigen war nicht Teil der Unter­su­chung”, hieß es  süf­fisant in dem als “Nach­richt” ver­brei­teten Schmähtext, der mit dem unmiss­ver­ständ­lichen Hinweis schloss, ein “Ent­hül­lungsbuch” habe die Debatte über “Trumps Fähig­keiten für das Amt” neu entfacht.

Es scheint den Diven in den Redak­ti­ons­büros unmöglich, ihr auf­dring­liches Sen­dungs­be­wusstsein unter Kon­trolle zu bekommen

Noch gut in Erin­nerung ist die lei­den­schaft­liche Dis­kussion darüber, was Satire darf. Sie fand ihren Weg sei­nerzeit bis in höchste diplo­ma­tische Kreise, nachdem ein deut­scher Fern­seh­schaf­fender vor knapp zwei Jahren das tür­kische Staats­ober­haupt öffentlich geschmäht hatte. Die “Staats­affäre Böh­mermann” führte dazu, dass die Bun­des­re­gierung beschloss, den Straf­tat­be­stand der “Belei­digung von Organen und Ver­tretern aus­län­di­scher Staaten” abzu­schaffen. Anfang 2018 trat die Strei­chung des soge­nannten Majes­täts­be­lei­di­gungs­pa­ra­graphen in Kraft. Wei­terhin gültig sind selbst­ver­ständlich jene Para­graphen des Straf­ge­setz­buches, welche die grund­sätz­liche Straf­barkeit von Belei­digung, übler Nachrede und Ver­leumdung betreffen. Man muss sich aber gar nicht erst in die Nie­de­rungen des Straf­ge­setz­buches ver­irren. Denn für den Jour­na­lismus gelten Selbst­ver­pflich­tungs­grund­sätze, die in einem Pres­se­kodex nie­der­gelegt sind. Als “oberstes Gebot der Presse” defi­niert dieser die Wahrung der Men­schen­würde. “Es wider­spricht jour­na­lis­ti­scher Ethik, mit unan­ge­mes­senen Dar­stel­lungen in Wort und Bild Men­schen in ihrer Ehre zu ver­letzen”, liest man dort. Auch einige andere Grund­sätze aus dem Kodex könnte man in diesem Fall anführen, doch bleibt vor allem der Befund, dass Jour­na­listen kaum noch Nach­richten über­mitteln, die nicht auch Kom­men­tie­rungen ent­halten. Es scheint den Diven in den Redak­ti­ons­büros unmöglich, ihr auf­dring­liches Sen­dungs­be­wusstsein unter Kon­trolle zu bekommen.

Durch eine gezielte Begriffs­ver­wendung, geschicktes Weg­lassen oder das Erzeugen ver­meint­licher Kau­sa­li­täten wird Stimmung gemacht

So wird besonders wohl­wollend über genehme Ereig­nisse berichtet, begleitet von Moral­ap­pellen und Ver­hal­tens­maß­regeln. Umge­kehrt lassen die meisten Jour­na­listen gerne ihr Miss­fallen in die “Nach­richt” ein­fließen, wenn das, worüber sie berichten müssen, ihrem Weltbild zuwi­der­läuft. Natürlich pas­siert dies selten so offen­sichtlich, wie im Fall des ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­denten. Vielmehr wird durch eine gezielte Begriffs­ver­wendung, geschicktes Weg­lassen oder das Erzeugen ver­meint­licher Kau­sa­li­täten Stimmung gemacht. Für die Bericht­erstattung über Trump scheint der eigene Kodex jeden­falls schon lange nicht mehr zu gelten. Über die großen innen­po­li­ti­schen Erfolge seines ersten Amts­jahres berichtet man hier­zu­lande ohnehin höchst wider­willig. Sehr viel lieber füllt man Seiten und Sen­de­zeiten mit Jubel­arien über jene Poli­tiker, die unsere Welt in die von der Jour­naille gewünschte Richtung ver­ändern, etwa durch die Absage an jede natio­nal­staat­liche Iden­tität oder die Instal­lierung zen­tra­lis­tisch geführter Umver­tei­lungs­ap­parate anstelle demo­kra­tisch gewählter Par­la­mente. Wer sich derlei Ver­rückt­heiten ent­ge­gen­stellt, wird gna­denlos ver­folgt – auch wenn er Prä­sident der Ver­ei­nigten Staaten ist. Welcher Jour­nalist würde es hin­gegen wagen, Bun­des­kanz­lerin Merkels geistige Eignung infrage zu stellen? Oder die von EU-Chef Juncker? Let­zerer wirft mit seinen jel­zinesken Auf­tritten in der Tat Fragen auf. Seine amts­ärzt­lichen Unter­su­chungs­er­geb­nisse sind indes nicht Gegen­stand der Bericht­erstattung. Viel­leicht würde ein Teil dieser Ant­worten die Bevöl­kerung ja verunsichern.

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