NetzDG, Sprach­pan­scher und Gesin­nungs­block­warte treffen auch die Wirtschaft

Das seit erst einigen Tagen in Kraft befind­liche Netzwerk-Durch­set­zungs­gesetz ent­faltet seine ver­hee­rende Wirkung schneller als gedacht – und wenn die Ent­wicklung so wei­tergeht, wird auch die deutsche Wirt­schaft unter diesem Bruch aller rechts­staat­lichen Tra­di­tionen zu leiden haben.
(Von Reinhard Schlieker)
Angeblich gedacht, um Hass­aus­brüche in den soge­nannten Sozialen Netz­werken aus­zu­schalten, erfüllt das zusam­men­ge­schlu­derte Gesetz des Jus­tiz­mi­nisters Heiko Maas alle Befürch­tungen, die man schon lange vor der Ver­ab­schiedung von kom­pe­ten­terer Seite hören konnte – wenn man denn wollte.
Maas wollte nicht. Denn „rechte Hetze“, und nur um die ging es wohl dem Mann vom linken SPD-Flügel, lässt sich natürlich unter Straf­an­drohung an die Platt­form­be­treiber recht gut aus­merzen – und mit ihr auch gleich andere unliebsame Mei­nungs­äu­ße­rungen, die nicht ins links­grüne Welt­schema passen und vor­aus­eilend gleich mit­ge­löscht werden. Betriebs­un­fälle wie die Sperrung sati­ri­scher Ein­las­sungen etwa des Magazins „Titanic“ kommen halt vor, haben aber immerhin einen Publicity-Effekt. Hun­derte von Ama­teuren sitzen also bei Twitter und Facebook vor den Bild­schirmen und löschen und löschen – das geht natürlich schneller als vor Gericht erörtern zu lassen, ob etwa Straf­tat­be­stände erfüllt sind oder wie weit die Mei­nungs­freiheit nach Artikel 5 des Grund­ge­setzes reichen kann. Erra­tische Pri­vat­justiz langt jetzt hin, wo Minister Maas die saloppe Defi­nition des „offen­sichtlich Rechts­wid­rigen“ ins Inter­net­leben ein­führte, Grund­gesetz hin, Gewal­ten­teilung her.
Lus­ti­ger­weise hatte der jetzige Minister in einem frü­heren Leben selbst get­wittert und seinen Par­tei­freund Sar­razin, dessen Namen er nicht korrekt schreiben kann, ihn jedoch zwei­felsfrei ein­ordnen möchte, als „Idioten“ bezeichnet. Das ist nun ein­wandfrei als straf­be­wehrte Belei­digung zu erkennen. Der pein­liche Beitrag ist natürlich gelöscht, geistert aber als Fak­simile durchs Netz. Kaum einen bes­seren Beleg kann es für die furcht­baren Folgen des Gesetzes geben als den, dass gerade bekannte Kräfte des linken Spek­trums, etwa die Stiftung der frü­heren Stasi-Kraft Kahane und andere Akti­visten der selbst­er­nannten Moral­füh­rer­schaft sich über die durch­schla­genden „Erfolge“ beim Löschen „rechter“ Ein­las­sungen freuen und dies wie vir­tuelle Kerben in ihre Revol­ver­läufe schnitzen.
Das alles kann man als Pri­vat­mensch natürlich auch einfach igno­rieren. Die Folgen aller­dings der Aus­läufer dieses Zeit-Ungeistes treffen irgendwann die wirt­schaft­liche Basis des Landes. Gerade die liberal ver­fasste Markt­wirt­schaft basiert auf dem unge­hin­derten Aus­tausch von Tat­sachen, Infor­ma­tionen und Mei­nungen. Sorgsam ver­klau­su­lierte Kom­mu­ni­kation, damit etwa ein Unter­nehmen nicht unan­genehm auf­fällt, ist Gift für den Zusam­menhalt von Gesell­schaft und Wirt­schaft – beides zusammen sind wir alle. Die Hys­terie ange­sichts einer durchaus ver­fehlten Werbung des Mode­un­ter­nehmens H&M gibt einen Vor­ge­schmack: Die gern auch verbal-gewalt­tätig vor­ge­tragene Kritik an einem Wirt­schafts­be­trieb mit selbst­ver­ständlich ent­hal­tenen Boy­kott­auf­rufen kann nicht nur einen unan­ge­mes­senen und der Sachlage Hohn spre­chenden Schaden ver­ur­sachen, sondern auch ein Signal aus­senden: Wer sich äußern möchte, ohne vorher eine linke Sprach­po­lizei zu kon­sul­tieren, wird sich dies dem­nächst zweimal überlegen.
Schon in den ver­gan­genen Jahren hat sich, dies aller­dings eher durch die Tätigkeit ordent­licher Gerichte, die Anfor­derung an die Sprache und die Inhalte der Mit­tei­lungen bör­sen­no­tierter Gesell­schaften in ein teils uner­träg­liches Geschwurbel über­setzt. Wenn die Sprach­pan­scher und Gesin­nungs­block­warte der linken Den­kungsart sich durch­setzen, werden bestimmte Mei­nungen und Spektren des realen Lebens in eine Par­al­lelwelt abge­drängt werden, um dort dem Diskurs erst recht ent­zogen zu sein. Unter­nehmen werden in Teilen ver­stummen oder belanglose Wer­be­bot­schaften unters Volk bringen – für eine Aktio­närs­de­mo­kratie denkbar schlechte Vor­aus­set­zungen. Die Ein­heitssoße der Gut­men­schen und Vor­reiter des zen­sierten Denkens haben dann gewonnen. Das wird die deutsche Volks­wirt­schaft und allen voran die im DAX, MDAX und TecDAX notierten Kon­zerne teuer zu stehen kommen, denn deren welt­weiter Erfolg war zu bedeu­tenden Teilen der freien Gehirn­tä­tigkeit ihrer Tüftler, For­scher und Debat­tierer zu ver­danken. Bis jetzt.
Reinhard Schlieker für TheEuropean.de und Börse am Sonntag