Der geprellte Bei­trags­zahler — Rund 25% der Bei­träge zur Ren­ten­ver­si­cherung werden zweckentfremdet

Die Mär die zur Legi­ti­mation von Umver­teilung erzählt wird, sie lautet: soziale Gerech­tigkeit. Was soziale Gerech­tigkeit ist, ent­zieht sich weit­gehend allen Ver­suchen es zu defi­nieren, weshalb z.B. Friedrich von Hayek der Ansicht ist, soziale Gerech­tigkeit sei ein unsin­niger Begriff nur geschaffen, um Men­schen zu mani­pu­lieren, denn wer wäre schon gegen soziale Gerechtigkeit?
Zwi­schen den vielen Fehl­ver­suchen, soziale Gerech­tigkeit zu defi­nieren, haben wir einen brauch­baren Versuch von Karl Josef Laumann gefunden, der soziale Gerech­tigkeit als die Her­stellung von Chancen- und Betei­li­gungs­gleichheit defi­niert, also den Zugang zu Bildung, unab­hängig von der sozialen Her­kunft und damit zur Chance, ein eigen­stän­diges Leben zu führen. Man könnte soziale Gerech­tigkeit also als Her­stellung gleicher Start­chancen defi­nieren, wenn man denn an dem Begriff fest­halten will.
Das führt jedoch zu einer eng umgrenzten Menge von Maß­nahmen, die auf Basis der Umver­teilung von z.B. Steu­er­mitteln aus­ge­führt werden können, und alle haben sie gemeinsam, dass sie auf die Her­stellung eines gleichen Zugangs zu den Insti­tu­tionen gerichtet sind, die die Grund­lagen einer erfolg­reichen Erwerbs­bio­graphie legen, also zu Schulen, Hoch­schulen, zu Aus­bil­dungs- und Arbeitsmarkt.
Die Umver­teilung von Ein­kommen mit dem Ziel, soziale Gerech­tigkeit her­zu­stellen, kann somit einzig dem Zweck dienen, gleiche Start­be­din­gungen zu schaffen, so dass jeder in der Lage ist, ein eigen­stän­diges Leben auf Basis eigener Erwerbs­tä­tigkeit zu führen.
Um Risiken abzu­federn, die die Erwerbs­fä­higkeit betreffen, die not­wendig ist, um eine Erwerbs­tä­tigkeit auf­zu­führen, die wie­derum not­wendig ist, um ein eigen­stän­diges Leben führen zu können, kann man sich zudem darauf einigen, eine Ver­si­cherung gegen diese Risiken ein­zu­führen. Ob diese Ver­si­cherung staatlich oder privat orga­ni­siert ist, ist so lange irrelevant, so lange zwei Prin­zipien gewahrt sind:

  1. Nur Bei­trags­zahler können Leis­tungen aus der Ver­si­cherung erhalten.
  2. Die Höhe der Leis­tungen, die ein Bei­trags­zahler erhält, stehen in Relation zur Höhe seiner Beiträge.

Das sind klare Kri­terien, die Miss­brauch von Bei­trags­zah­lungen durch die­je­nigen, die mit der Ver­waltung der Bei­träge betraut sind, zu ver­meiden. Es sind zudem Kri­terien, die jeg­liche Form der Umver­teilung z.B. unter der fal­schen Behauptung, sie diente der Her­stellung von sozialer Gerech­tigkeit, aus­schließen. Um so erstaun­licher ist es, dass aus­ge­rechnet Bei­träge aus der Gesetz­lichen Ren­ten­ver­si­cherung zweck­ent­fremdet und als ver­si­che­rungs­fremde Leis­tungen, die man auch als Dieb­stahl an den Bei­trags­zahlern bezeichnen kann, ver­wendet werden.
raffelhuschen-2In einer Arbeit aus dem Jahr 2011 haben sich Bernd Raf­fel­hü­schen, Stefan Moog und Johannes Vatter die Mühe gemacht, die Höhe der ver­si­che­rungs­fremden Leis­tungen zu erfassen. Was sie fest­ge­stellt haben, ist nach­gerade irre: Rund 24% der Bei­trags­zah­lungen der Ver­si­cherten kommen ihnen nicht zu gute, rechnet man die Hin­ter­blie­be­nen­rente mit ein, dann gehen 38% der Bei­träge, die in die Ren­ten­ver­si­cherung ein­ge­zahlt wurden, nicht in die Taschen der Bei­trags­zahler. Sie werden umver­teilt, aus poli­ti­schen Motiven und poli­tische Motive dienen immer der Kli­en­tel­po­litik und somit der Berei­cherung bestimmter gesell­schaft­licher Gruppen auf Kosten anderer gesell­schaft­licher Gruppen, wobei auch vor Dieb­stahl nicht Halt gemacht wird.
Rechnet man die Ergeb­nisse von Raf­fel­hü­schen, Moog und Vatter auf die aktu­ellen Zahlen der deut­schen Ren­ten­ver­si­cherung hoch, dann ergeben sich für 2015 66,7 Mil­li­arden Euro, die aus der Ren­ten­ver­si­cherung in die Taschen von Leuten fließen, die keinen der ihren zuflie­ßenden Aus­zahlung ent­spre­chenden Beitrag in die Ren­ten­ver­si­cherung erbracht haben bzw. 107,5 Mil­li­arden Euro, wenn die Hin­ter­blie­be­nen­rente hin­zu­ge­rechnet wird.
Im großen Stil werden somit die Bei­trags­zahler zur Gesetz­lichen Ren­ten­ver­si­cherung um ihre Bei­träge geprellt, die ent­spre­chenden Bei­träge in Mil­li­ar­denhöhe für die poli­ti­schen Marotten derer aus­ge­geben, die noch eine Kli­entel zu ver­sorgen haben.
Die fol­gende Tabelle zeigt, worum es sich bei ver­si­che­rungs­fremden Leis­tungen handelt, in welche Taschen die Bei­träge der Ren­ten­ver­si­cherten umver­teilt werden.
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Wir stellen fest: Die Gesetz­liche Ren­ten­ver­si­cherung kann nicht Gegen­stand von Umver­teilung sein, denn sie ist eine Lebens­leis­tungs­ver­si­cherung, die den Bei­trags­zahlern zusteht, und zwar in Relation zu den geleis­teten Beiträgen.
Diese beiden Prin­zipien werden aus poli­ti­schen Gründen gebrochen, die Bei­trags­zahler werden ent­spre­chend geprellt und mit der Behauptung, es handle sich um eine Frage der sozialen Gerech­tigkeit, die durch die Umver­teilung her­ge­stellt werden soll, belogen, denn, wie wir oben dar­gelegt haben, kann sich soziale Gerech­tigkeit bes­ten­falls auf die Her­stellung von Chan­cen­gleichheit im Zugang zu Insti­tu­tionen, die für die nach­folge Führung eines eigen­ver­ant­wort­lichen Lebens durch Erwerbs­tä­tigkeit von Wich­tigkeit sind, beziehen.
Damit scheidet die Ren­ten­ver­si­cherung als Instrument der Her­stellung von sozialer Gerech­tigkeit aus, was sich auch daran zeigt, dass rund 16 Mil­li­arden Euro aus Bei­trags­zah­lungen zur Sub­ven­tio­nierung der pri­vaten Ent­scheidung, Kinder in die Welt zu setzen, zweck­ent­fremdet werden. Dass es sich um eine die Mit­tel­schicht favo­ri­sie­rende Ver­si­cherung handelt, die sich auf Kosten der Arbei­ter­schicht berei­chert, zeigt sich an der „Höher­be­wertung der Berufs­aus­bildung“, also der Anrechnung von z.B. uni­ver­si­tären Aus­bil­dungs­zeiten, für die rund 3 Mil­li­arden Euro umver­teilt werden. Wenn höhere Aus­bildung zu höheren Ein­kommen führt, dann sollte sich die längere Aus­bil­dungszeit über die Jahre amor­ti­sieren, wenn die längere Aus­bil­dungszeit denen gegenüber, die eine kürzere Aus­bil­dungszeit haben und ent­spre­chend früher Bei­träge in die Ren­ten­ver­si­cherung zahlen, ange­rechnet wird, dann folgt daraus, dass sich die Ange­hö­rigen der Mit­tel­schicht einen Vorteil auf Kosten der Arbei­ter­schicht ver­schaffen wollen, denn die Bei­träge, die sie sich geneh­migen, haben nicht sie, sondern die Arbeiter eingezahlt.
Kurz: Das Gebäude der Gesetz­lichen Ren­ten­ver­si­cherung ist darauf aus­gelegt, Bei­trags­zahler zu prellen, um mit dem Erprellten poli­tische Moden und Vor­lieben finan­zieren und gesell­schaft­liche Gruppen rela­tional zu anderen und in einem ekla­tanten Miss­ver­hältnis zu den von ihnen geleis­teten Bei­trägen besser zu stellen. Inter­es­santer Weise sind die­je­nigen, die bei all dem am schlech­testen Abschneiden, Männer, die von ihren 16. Lebensjahr an erwerbs­tätig sind. Sie schuften quasi für sich, für Kin­der­be­sitzer, für Mit­tel­schichts­kinder mit langer Aus­bil­dungszeit, die ihnen dann erzählen, dass sie recht­extrem sind und für die Hin­ter­blie­benen von Bei­trags­zahlern, die ver­storben sind.
Und all das wird mit sozialer Gerech­tigkeit zu legi­ti­mieren versucht.
Raf­fel­hü­schen, Bernd, Moog, Stefan & Vatter, Johannes (2011). Fehl­fi­nan­zierung in der deut­schen Sozi­al­ver­si­cherung.
Quelle: sciencefiles.org