Die blu­tigen Schrecken des Kom­mu­nismus in China

Es ist ein Skandal, dass sich in den west­lichen Ländern fast niemand der blu­tigen Schrecken bewusst ist – und falls doch, nichts Genaues weiß -, die in China von 1949 bis 1976 unter der kom­mu­nis­ti­schen Herr­schaft Mao Zedongs statt­ge­funden haben.
(Von Lle­wellyn H. Rockwell Jr. — Ludwig von Mises Institut Deutschland)
Wie viele Men­schen sind durch Ver­folgung und durch Maos Politik umge­kommen? Möchten Sie viel­leicht einmal raten? Viele haben dies über die Jahre ver­sucht. Sie lagen stets zu niedrig. Weil während der 1980er und der 1990er mehr und mehr Daten ver­fügbar wurden und Spe­zia­listen viel Zeit in Ermitt­lungen und Schät­zungen inves­tiert haben, wurden die Zahlen immer zuver­läs­siger. Und doch sind sie immer noch unpräzise. Wie groß sind die Unge­nau­ig­keiten, von denen wir sprechen? Die nied­rigste Zahl lautet 40 Mil­lionen. Es könnte sich um bis zu 100 Mil­lionen oder mehr handeln. Alleine für die Zeit des „Großen Sprung nach vorne“ von 1959 bis 1961 liefern die Sta­tis­tiken Werte zwi­schen 20 und 75 Mil­lionen. In der Zeit davor sind es 20 Mil­lionen. In der Zeit danach weitere zig Millionen.
Fach­leute auf dem Gebiet des Mas­sen­sterbens weisen darauf hin, dass die meisten von uns sich keine 100 oder 1000 Tote vor­stellen können. Noch höhere Zahlen werden zur reinen Sta­tistik: Wir können sie uns nicht vor­stellen, und die Zahlen lenken uns nur von den Schrecken ab. Es gibt nur so viel ent­setz­liche Infor­mation, die unser Gehirn ver­ar­beiten kann, nur so viel Blut, das wir uns vor­stellen können. Und doch steckt noch mehr hinter der Tat­sache, warum Chinas kom­mu­nis­ti­sches Expe­riment im Ver­bor­genen bleibt: Es liefert schla­gende Argu­mente gegen Macht für den Staat, die sogar noch über­zeu­gender sind als die Fälle Russ­lands oder Deutsch­lands des 20. Jahrhunderts.
Der Alb­traum warf seine Schatten während des Bür­ger­krieges nach dem Zweiten Welt­krieg voraus. Nach dem Tod von schät­zungs­weise 9 Mil­lionen Men­schen siegten die Kom­mu­nisten 1949, unter Mao als ihrem Herr­scher. Das Land des Lao-Tzu (Reim, Rhythmus, Frieden), des Tao­ismus (Mit­gefühl, Mäßigung, Beschei­denheit) und des Kon­fu­zia­nismus (Reli­gio­sität, soziale Har­monie, Ent­wicklung des Indi­vi­duums) fiel dem wohl selt­samsten Import aller Zeiten nach China zum Opfer: Mar­xismus aus Deutschland, mit Umweg über Russland. Dabei handelt es sich um eine Ideo­logie, die jeder Logik, Erfahrung, öko­no­mi­schen Gesetzen, Eigen­tums­rechten und Beschrän­kungen der Staats­macht wider­spricht, alleine auf­grund der Behauptung, bei all dem handele es sich nur um bour­geoise Vor­ur­teile, und die behauptet, um die Gesell­schaft zu trans­for­mieren, bräuchte es Funk­tionäre mit der Macht über wirklich alles und jeden.
Es ist wirklich bizarr, wenn man darüber nach­denkt: Poster von Marx und Lenin in China, von allen Orten auf der Welt, und Herr­schaft einer Ideo­logie des Raubes, der Dik­tatur und des Todes, die bis 1976 anhalten sollte. Die Ver­än­de­rungen der letzten 25 Jahre waren so spek­ta­kulär, dass man sich kaum vor­stellen kann, dass all dies davor wirklich statt­ge­funden hat, wäre da nicht die Tat­sache, dass die kom­mu­nis­tische Partei immer noch an der Macht ist, die sich aller­dings vom Kom­mu­nismus selbst ver­ab­schiedet hat.
Das Expe­riment begann nach dem Zweiten Welt­krieg auf die aller­blu­tigste Art und Weise, während die Augen des Westens auf hei­mische Ange­le­gen­heiten gerichtet waren, und Auf­merk­samkeit für das nicht­west­liche Ausland allen­falls Russland galt. Die „Guten“ hatten in China gewonnen – so wurde es uns zumindest erzählt, als Kom­mu­nismus noch in Mode war.
Die Kol­lek­ti­vierung Chinas lief in den drei üblichen Phasen ab: Säu­be­rungen, Zen­tral­planung und Sün­den­böcke. Als erstes kamen die Säu­be­rungen, um den Kom­mu­nismus zu erreichen. Es gab Gue­rillas, um zu töten und Land zu kol­lek­ti­vieren. Die Kirchen mussten zer­stört werden. Die Kon­ter­re­vo­lu­tionäre mussten ver­nichtet werden. Die Gewalt begann auf dem Land und breitete sich später auch in die Städte aus. Alle Bauern wurden zuerst in vier Klassen auf­ge­teilt, die als poli­tisch akzep­tabel galten: die Armen, die eini­ger­maßen Armen, der Durch­schnitt und die Reichen. Alle anderen galten als Land­be­sitzer und somit als Ziel der Ver­nichtung. Wenn man keine Land­be­sitzer finden konnte, teilte man einfach die „Reichen“ eben­falls dieser Gruppe zu. Auf die ver­teu­felte Klasse wurde Jagd gemacht, und bei lan­des­weiten „Treffen der Ver­bit­terung“ lie­ferten die Leute ihre Nachbarn für das Ver­brechen, etwas zu besitzen oder poli­tisch illoyal zu sein, ans Messer. Wer unter diese Kate­gorien fiel, wurde auf der Stelle hin­ge­richtet, und Sym­pa­thi­santen ebenso.
Es galt die Regel, dass pro Dorf min­destens ein Mensch getötet werden musste. Es wird geschätzt, dass zwi­schen einer und fünf Mil­lionen Men­schen getötet wurden. Außerdem wurden weitere vier bis sechs Mil­lionen Land­be­sitzer für das Ver­brechen des Kapi­tal­be­sitzes ermordet. War jemand ver­dächtig, Ver­mögen zu ver­stecken, wurde ihm mit glü­henden Eisen ein Geständnis abge­presst. Danach wurden die Familien der Ermor­deten gefoltert, und die Gräber ihrer Vor­fahren ver­wüstet und geplündert. Was geschah mit dem Land? Es wurde in winzige Par­zellen auf­ge­teilt, die an die über­le­benden Bauern ver­geben wurden.
Danach richtete man das Augenmerk auf die Städte. Dort ging es haupt­sächlich um poli­tische Ziele, aber auch um Ver­hal­tens­kon­trolle. Jeder, der in den Ver­dacht der Pro­sti­tution, des Glücks­spiels, der Steu­er­hin­ter­ziehung, des Lügens, Betruges, Opi­um­handels oder Verrats von Staats­ge­heim­nissen geriet, wurde als „Bandit“ hin­ge­richtet. Offi­zielle Schät­zungen gehen von 2 Mil­lionen Toten aus, und wei­teren 2 Mil­lionen, die später in Gefäng­nissen starben. Polit­kom­missare über­wachten jede Bewegung. Nächt­liche Besuche bei anderen wurden sofort gemeldet, und die Betei­ligten ein­ge­sperrt oder getötet. Die Gefäng­nis­zellen wurden kleiner und kleiner – bis auf 35 cm für eine Person. Manche Gefan­genen mussten sich zu Tode arbeiten, und alle, die an Auf­ständen beteiligt waren, wurden samt aller Kol­la­bo­ra­teure zusam­men­ge­trieben und verbrannt.
Es gab Indus­trie­be­triebe in den Städten, aber deren Besitzer und Leiter unter­lagen immer stren­geren Ein­schrän­kungen: erzwungene Trans­parenz, ständige Über­wa­chung, dras­tische Steuern und stän­diger Druck, die Betriebe kol­lek­ti­vieren zu lassen. Es gab zahl­reiche Selbst­morde unter den kleinen und mitt­leren Geschäfts­ei­gen­tümern, die sahen, was auf sie zukam. Par­tei­bei­tritte ver­schafften nur eine kurze Schon­frist, denn ab 1955 begann die Kam­pagne gegen Kon­ter­re­vo­lu­tionäre in der Partei selbst. Es galt die Faust­regel, dass eines von zehn Par­tei­mit­gliedern im Stillen ein Ver­räter sei.
Während die Blut­ströme immer mehr anschwollen, startete Mao in zwei Monaten des Jahres 1957 die Hundert Blumen Kam­pagne, deren Erbe der oft gehörte Satz ist: „Lasst hundert Blumen blühen.“ Die Men­schen wurden ermutigt, offen zu sprechen und ihre Meinung zu sagen – etwas sehr Ver­lo­ckendes für Intel­lek­tuelle. Die Libe­ra­li­sierung war aller­dings nur von kurzer Dauer. Sie war in Wahrheit ein Trick. Alle, die sich gegen die Ereig­nisse in China aus­sprachen, wurden zusam­men­ge­trieben und ein­ge­sperrt – alles in allem 400.000 bis 700.000 Leute, ein­schließlich 10 Prozent der gebil­deten Schicht. Andere wurden als Rechte gebrand­markt, unter­lagen Ver­hören und Umer­ziehung und wurden aus ihren Häusern geworfen und geächtet.
Aber all dies war noch gar nichts im Ver­gleich zu Phase Zwei – einer der größten, zentral geplanten Kata­strophen der Mensch­heits­ge­schichte. Nach der Land­kol­lek­ti­vierung ging Mao noch weiter und begann, den Bauern vor­zu­schreiben, was sie anzu­bauen hatten, wie sie es anzu­bauen hatten und an wen sie es zu liefern hatten, oder ob sie über­haupt etwas anzu­bauen hatten und nicht statt­dessen in die Industrie gehen sollten. Es han­delte sich um den Großen Sprung nach Vorne, der zur größten Hun­gersnot aller Zeiten führen sollte. Bauern wurden in Gruppen zu tausend gesteckt und gezwungen, alles zu teilen. Jede Gruppe sollte wirt­schaftlich unab­hängig sein. Die Pro­duk­ti­ons­ziele wurden höher und höher gesteckt.
Die Men­schen wurden zu Hun­dert­tau­senden aus Gegenden, in denen viel pro­du­ziert wurde, in Gegenden, in denen wenig pro­du­ziert wurde, gekarrt, um die Pro­duktion anzu­kurbeln. Sie wurden auch aus der Land­wirt­schaft in die Industrie ver­setzt. Es gab eine gewaltige Kam­pagne, in der Werk­zeuge ein­ge­sammelt wurden, um sie der Industrie zuzu­führen. Als Mittel, Hoffnung für die Zukunft zu erzeugen, wurden die Kol­lektive ermutigt, große Fest­mähler zu ver­an­stalten und alles zu essen, ins­be­sondere Fleisch. So sollte der Glaube zur Schau gestellt werden, dass die Ernte des nächsten Jahres noch reich­hal­tiger aus­fallen würde.
Mao war davon über­zeugt, er wüsste, wie man Getreide anbaut. Er ver­kündete, dass „die Saat am besten gedeiht, wenn man sie dicht bei­ein­ander sät“, und so wurde fünf bis zehnmal so viel Saat pro Fläche aus­ge­bracht, als sonst üblich. Pflanzen starben, die Erde trocknete aus und Salz kam an die Ober­fläche. Um die Vögel von der Saat fern­zu­halten, wurden Spatzen aus­ge­rottet, was zu extremer Ver­mehrung von Para­siten führte. Erosion und Über­flu­tungen nahmen Überhand. Tee­plan­tagen wurden wegen der Behauptung, Tee sei dekadent und kapi­ta­lis­tisch, in Reis­felder umge­wandelt. Hydrau­lische Aus­rüstung für die neuen kol­lek­tiven Farmen funk­tio­nierte nicht, und es gab keine Ersatz­teile. Deshalb legte Mao den Fokus ver­mehrt auf die Indus­tria­li­sierung, die an den selben Orten wie die Land­wirt­schaft erzwungen werden sollte, was zu immer mehr Chaos führte. Arbeiter wurden von einem Sektor in den nächsten ver­schoben, und Zwangs­ein­schnitte in einigen Bereichen wurden durch erzwungene hohe Quoten in anderen Bereichen ausgeglichen.
1957 war die Kata­strophe all­ge­gen­wärtig. Die Arbeiter waren zu schwach, selbst die magere Ernte ein­zu­bringen, und starben, während sie dem Reis beim Ver­rotten zusahen. Die Industrie arbeitete und arbeitete, aber pro­du­zierte nichts von Nutzen. Als Antwort darauf erzählte der Staat den Leuten, Fett und Pro­teine seien unnötig. Aber die Hun­gersnot ließ sich nicht leugnen. Der Schwarz­markt­preis von Reis stieg auf das 20 bis 30-fache. Weil der Handel zwi­schen Kol­lek­tiven untersagt war (Selbst­ver­sorgung, wir erinnern uns), waren Mil­lionen dem Hun­gertod aus­ge­liefert. Bis 1960 stieg die Todesrate von 15% auf 68% und die Gebur­tenrate brach ein. Jeder, der beim Getrei­de­horten erwischt wurde, wurde erschossen. Bauern, die nur mit der kleinsten Menge erwischt wurden, wurden ein­ge­sperrt. Feuer wurden ver­boten. Beer­di­gungen wurden als Ver­schwendung verboten.
Bauern, die ver­suchten, vom Land in die Stadt zu fliehen, wurden an den Toren erschossen. In manchen Dörfern ver­hun­gerte die Hälfte der Men­schen. Über­le­bende kochten Gras und Borke zu Suppen und trieben sich auf der Suche nach Ess­barem auf den Straßen herum. Manchmal taten sie sich zu Banden zusammen und über­fielen Häuser auf der Suche nach gemah­lenem Mais. Frauen wurden wegen der Man­gel­er­nährung unfruchtbar. Men­schen in Arbeits­lagern wurden für Lebens­mit­tel­ex­pe­ri­mente miss­braucht, die zu Krankheit und Tod führten.
Wie schlimm wurde es? 1968 flüchtete sich ein 18-jäh­riges Mit­glied der Roten Garden, Wei Jingsheng, zu einer Familie in einem Dorf namens Anhui, wo er Fol­gendes niederschrieb:
„Wir gingen an einem Dorf vorbei … Vor meinen Augen, zwi­schen Unkraut, spielte sich eine der Szenen ab, von denen uns berichtet worden war, eines der Ban­kette, bei denen Familien die Kinder tauschten, um sie gegen­seitig zu essen. Ich konnte die besorgten Gesichter der Familien sehen, während sie das Fleisch der Kinder anderer Leute aßen. Die Kinder, die in einem nahen Feld Schmet­ter­linge jagten, schienen die Reinkar­na­tionen der Kinder zu sein, die die Eltern ver­speisten. Mir taten die Kinder leid, aber nicht so sehr wie ihre Eltern. Was brachte sie dazu, Men­schen­fleisch zu essen, während andere litten und trau­erten – Fleisch, dass sie sich nicht in ihren schlimmsten Alb­träumen jemals zu schmecken hatten vor­stellen können?“
Der Autor dieser Zeilen wurde als Ver­räter ver­haftet. Sein Status schützte ihn aller­dings vor dem Tod, und er wurde schließlich 1997 entlassen.
Wie viele Men­schen starben während der Hun­gersnot von 1959–61? Niedrige Schät­zungen gehen von 20 Mil­lionen aus – hohe von 43 Mil­lionen. 1961 gab die Regierung schließlich nach und ließ Lebens­mit­tel­im­porte zu, aber es war schon zu spät. Manchen Bauern wurde wieder erlaubt, Getreide auf dem eigenen Land anzu­bauen. Einige private Geschäfte durften eröffnen. Manche Märkte wurden zuge­lassen. Schließlich ließ die Hun­gernot nach und die Pro­duktion stieg wieder an.
Aber nun kam die dritte Phase: die Suche von Sün­den­böcken. Was hatte zu der Kata­strophe geführt? Die offi­zielle Antwort lautete: alles, nur nicht der Kom­mu­nismus, nur nicht Mao. Es begannen wieder die poli­ti­schen Treib­jagden, und so kommen wir zum Herz der Kul­tur­re­vo­lution. Tau­sende Lager und Gefäng­nisse wurden eröffnet. Men­schen, die dorthin geschickt wurden, starben auch dort. In Gefäng­nissen wurden die geringsten Anlässe dazu genutzt, Men­schen los­zu­werden – was in den Augen der Macht­haber nur gut war, da die Gefan­genen schließlich nur Res­sourcen ver­brauchten. Das größte Straf­system, das jemals errichtet wurde, war mili­tä­risch orga­ni­siert, und manche seiner Lager fassten bis zu 50.000 Menschen.
Es gab das Gefühl, dass gewis­ser­maßen jeder in einem Gefängnis saß. Fest­nahmen waren all­ge­gen­wärtig und unter­schiedslos. Jeder musste stets ein Exemplar von Maos Kleinem Roten Buch mit sich führen. Eine Fest­nahme in Frage zu stellen, war schon an sich ein Zeichen der Illoya­lität, da der Staat unfehlbar war. Einmal fest­ge­nommen, war der sicherste Weg ein sofor­tiges und oft wie­der­holtes Geständnis. Den Wachen war die offene Gewalt­an­wendung ver­boten, und so zogen sich die Verhöre oft über hun­derte von Stunden hin – ein Prozess, während dem die Gefan­genen oft starben. Auf die­je­nigen, die in den Geständ­nissen erwähnet wurden, wurde anschließend Jagd gemacht. War dieser Prozess einmal abge­schlossen, wurde man in ein Arbeits­lager geschickt, wo man danach beur­teilt wurde, wie viele Stunden man mit wenig Essen arbeiten konnte. Es gab weder Fleisch noch Zucker oder Öl. Arbeits­la­ger­in­sassen wurden weiter durch die Ratio­nierung ihres spär­lichen Essens kontrolliert.
Die letzte Phase dieser unglaub­lichen Ver­brechen dauerte von 1966 bis 1976, in der die Zahl der Opfer dra­ma­tisch auf „nur“ eine bis drei Mil­lionen absank. Der Regierung, ermüdet und von ersten Anzeichen der Demo­ra­li­sierung gekenn­zeichnet, begann die Kon­trolle zu ent­gleiten – erst in den Arbeits­lagern und dann auf dem Land. Und diese Schwä­chung führte zu der letzten und in gewissem Maß grau­samsten Phase des Kom­mu­nismus in China.
Die ersten Anzeichen der Rebellion zeigten sich auf die einzig erlaubte Weise: Die Men­schen begannen, die Regierung dafür zu kri­ti­sieren, sie sei zu schwach und zu wenig auf das Ziel des Kom­mu­nismus fokus­siert. Iro­ni­scher­weise geschah dies genau während der Zeit, während der in Russland die Mäßigung immer offen­sicht­licher wurde. Neo­re­vo­lu­tionäre in den Roten Garden fingen an, die chi­ne­si­schen Kom­mu­nisten als “Kruscht­schow-artige Reformer” zu kri­ti­sieren. Ein Schreiber for­mu­lierte es so, dass die Garde „sich gegen die eigene Regierung erhob, um sie zu verteidigen“.
Während dieser Phase erreichte der Per­so­nenkult um Mao seinen Höhe­punkt und das Kleine Rote Buch erlangte einen mythi­schen Status. Die Roten Garden fielen über das Land her und ver­suchten, es von den vier alt­mo­di­schen Dingen zu säubern: Kon­zepten, Kultur, Gebräuchen und Gewohn­heiten. Die ver­blei­benden Tempel wurden ver­sperrt. Tra­di­tio­nelle Opern wurden ver­boten. Mönche wurden ver­trieben. Der Kalender wurde geändert. Das Chris­tentum wurde kom­plett ver­boten. Es durften keine Haus­tiere wie Katzen oder Vögel mehr gehalten werden. Ernied­ri­gungen waren an der Tagesordnung.
So herrschte der Rote Terror: In der Haupt­stadt gab es 1.700 Tote und 84.000 Ver­triebene. In anderen Städten wie Schanghai war es noch schlimmer. Es gab massive Säu­be­rungen innerhalb der Partei mit hun­dert­tau­senden Ver­haf­tungen und zahl­reichen Morden. Künstler, Schrift­steller, Wis­sen­schaftler, Tech­niker: sie alle waren Ziele. Gemeinde um Gemeinde wurde von Pro­gromen heim­ge­sucht – und Mao stimmte allem bis ins Detail zu, um jeden mög­lichen poli­ti­schen Rivalen zu besei­tigen. Aber unter der Ober­fläche zeigten sich überall in der Regierung mehr und mehr Risse und Bruch­stellen, während sie immer bru­taler und tota­li­tärer wurde.
Schließlich starb Mao 1976. Innerhalb weniger Monate wurden all seine engsten Berater ver­haftet. Und die Reformen begannen, zuerst langsam, und dann mit hals­bre­che­ri­scher Geschwin­digkeit. (Ver­gleichs­weise) bür­ger­liche Frei­heiten wurden wieder ein­ge­führt und die Reha­bi­li­tierung begann. Fol­terer wurden ver­folgt. Wirt­schaft­liche Kon­trollen wurden nach und nach gelo­ckert. Die Wirt­schaft erholte sich dank pri­vater Initia­tiven nach und nach.
Nun gehören Sie zu einer kleinen Elite von Men­schen, die ein bisschen über das größte Ver­nich­tungs­lager der Mensch­heits­ge­schichte Bescheid wissen, zu dem China von 1949 bis 1976 geworden war – ein Expe­riment totaler Kon­trolle, das es noch nie zuvor in der Geschichte gegeben hatte.
Erzählen Sie mir nicht, wir hätten irgend­etwas aus der Geschichte gelernt. Wir kennen die Geschichte noch nicht einmal genug, um aus ihr zu lernen.
 


Dieser Artikel erschien auf Deutsch zuerst auf der Web­seite des Ludwig von Mises Institut Deutschland.
Aus dem Eng­li­schen über­setzt von Florian Senne. Der Ori­gi­nal­beitrag mit dem Titel The Horrors of Com­munist China ist am 1.5.2017 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.