Geht’s jetzt so richtig los? Gleich mehrere Seiten von AfD-Ortsverbänden hat das soziale Netzwerk vor fünf Tagen ohne Angabe von Gründen zeitgleich vom Netz genommen. COMPACT ging der Sache auf die Spur.
Frust und Wut bei AfDlern. Über Nacht löschte Facebook die Seiten von mehr als einem Dutzend Ortsverbänden in NRW. Bis heute sind folgende Seiten nicht zu mehr erreichen.
Wie kam es zu dieser Massen-Stillegung? Es fällt auf, dass dass alle vom Netz genommenen Gruppen zum Kreivsverband Kleve gehören, dessen Vorstandsmitglied, Klaus Haefs, seit Freitagabend ebenfalls kein erreichbares Facebook-Profil mehr hat. COMPACT hat Herrn Haefs am Mittwoch telefonisch gesprochen. Was er uns schilderte, vergrößert das Ausmaß der Internetzensur, wie wir sie kannten, noch einmal um Längen.
Am Freitagabend, so erzählt uns das AfD-Mitglied, habe Haefs auf Facebook Beiträge geteilt, als die Seite urplötzlich von ihm gefordert habe, ein Foto zur Sicherheitsidentifizierung hochzuladen. Der 47-Jährige habe dies auch getan. Daraufhin sei ihm mitgeteilt worden, dass die Identität nun geprüft würde, und er sich zunächst nicht mehr anmelden könne – „aus Sicherheitsgründen“. Seit fünf Tagen ist er nun schon von Facebook ausradiert, und nicht nur er! Auch die oben benannten Ortsseiten des Kreisverbands, die Haefs als Administrator mitverwaltet!
Nachdem ein Schreiben an das Facebook-Team über das Konto seiner Frau keine neuen Informationen brachte, habe sich Haefs an insgesamt drei Anwälte gewendet. Ein Rechtsbeistand habe von „Fünftausend“ ihm bekannten Fällen gesprochen, die ähnliche Erfahrungen wie Haefs hätten machen müssen. Alle Anwälte hätten das Eine gesagt: 95 Prozent der gesperrten oder gelöschten Konten gehörten zu AfD-Mitgliedern bzw. Patrioten.
Äußerst merkwürdig: Haefs weist daraufhin, dass der Sperrung kein sogenannter Richtlinienverstoß zugrunde liegen soll, wie bei Willkürsperrungen sonst üblich. Er habe ohnehin stets nur Beiträge der AfD-Bundestagsfraktion und aus der Regionalpresse geteilt. „Hetzerisches ist nie gekommen“, versichert er uns und verweist auf beschäftigte Co-Redakteure, welche die nun vom Netz genommenen Seiten gewissentlich kontrolliert hätten.
Ist die sogenannte Sicherheitsidentifizierung nichts als ein Vorwand, um gegen Administratoren wie Haefs vorzugehen, wenn sich kein noch so ominöser Verstoß gegen die Facebook-Richtlinien herbeifabulieren lässt? Immerhin ließen sich somit mehrere Seiten auf einen Schlag ausknipsen. Derzeit erwägten Anwälte, eine Sammelklage gegen die massenhaften unrechtmäßigen Stillegungen ins Feld zu führen, sagt uns Haefs.
Zumindest dem Anschein nach müsste solch ein Unterfangen Erfolg haben. „Welche Inhalte als rechtswidrig im Rekordtempo zu tilgen sind, ist im NetzDG gar nicht ausgeführt“, heißt es in der neuen COMPACT Stasi 2.0 – Die große Säuberung.
Hasskriminalität sei ein «umstrittener politischer Begriff», monierte der wissenschaftliche Dienst des Bundestages. Falschnachrichten seien durch die «aufgeführten Strafrechtsnormen nicht erläutert», «Beispiele werden auch nicht genannt». In Verbindung mit den Bußgeldern gebe das Gesetz stattdessen «zahlreiche und nachhaltige Anreize für Diensteanbieter, als private zwischengeschaltete Instanz vorsorglich Inhalte zu löschen oder zu sperren».
Quelle: Compact & JouWatch