Der Sonne(born)könig — Politik als zyni­scher Zeit­ver­treib und Geldmaschine

Bei der Bun­des­tagswahl im letzten Sep­tember kam sie auf ein Prozent, die Sati­re­partei um den Ex-Titanic-Chef­re­dakteur Martin Son­neborn. Nun waren die Herren der Spaß­partei sogar stolz darauf, und das mit Recht, hatte doch „die Partei“ ihr Wahl­er­gebnis vom letzten Mal verfünffacht.
Die „Wahl­sieg­party“ fällt dem­entspre­chend fröhlich aus, denn mit einem Prozent der Wäh­ler­stimmen kommt auch die Glücksfee der par­la­men­ta­ri­schen Demo­kratie vor­bei­ge­huscht: Über 400.000 Euro klim­perten in die Kasse der selt­samen Spaß­vo­gel­partei, die sich gerne als zwar irgendwie lustig, aber doch irgendwie ernst­zu­nehmend und vor allem poli­tisch wirk­samer und auf­rechter als die abge­half­terten Sys­tem­par­teien sieht.
Geschmack­lo­sigkeit als poli­tische Kultur?
Was die netten, lus­tigen Jungs so alles witzig finden, stieß aber auch den Gut­wil­ligsten zum Teil sauer auf. So ver­frem­deten sie den Wahl­pla­kat­s­pruch der CDU „Für ein Land, in dem wir gut und gerne leben“ in „Für einen Strand, an dem wir gut und gerne liegen“. Gezeigt wurde im typi­schen CDU-Wahl­plakat-Design der kleine, im Mit­telmeer ertrunkene Aylan Kurdi, dessen Körper an den Strand gespült worden war. 

 
Das herz­zer­rei­ßende Bild wurde zur Ikone für die Flücht­lings­fahrten über’s Mit­telmeer, bei denen viele umge­kommen sind. Für sehr viele Bun­des­bürger war schon der Ori­gi­nal­slogan der CDU eine bit­terböse Satire ange­sichts der Zustände in einem Deutschland, in dem nur noch bestimmte Kreise gut und gerne leben, der Nor­mal­bürger aber nicht mehr. Ver­armung, Zensur, Über­wa­chung, Gewalt, Ver­ge­wal­ti­gungen, der Zusam­men­bruch der öffent­lichen Sicherheit und die knall­harte Arroganz der Eliten, die unde­mo­kra­tisch und rechts­bre­chend über die Köpfe der Bürger hin­weg­re­gieren, da fühlt sich der CDU-Wahl­spruch für den Nor­mal­deut­schen bitter sar­kas­tisch, ja, nach bei­ßendem Spott an. Da hätte es eines solchen geschmack­losen, den kleinen, toten Jungen ver­höh­nenden Pla­kates nicht auch noch bedurft.
Das Foto mit dem toten Kerlchen machte die Runde in Facebook – und wurde gelöscht. Wessen Mit­gefühl und Sinn für Anstand noch eini­ger­maßen intakt ist, kann es nur als Sakrileg betrachten, mit dem toten Kind Scherze zu treiben, auch dann nicht, wenn die Absicht in die poli­tisch kor­rekte Richtung zielen sollte. Wenn es über­haupt Gründe gibt, zu zen­sieren, dann ist dies tat­sächlich einer.
Aber siehe! Da diese bodenlos grottige Miss­achtung des Todes eines unschul­digen Kindes und der Miss­brauch seiner Leiche aus der linken, spe­ziell Anti-AfD-Ecke kam, zog das System den Schwanz ein. Auf einmal empörten sich genau die­je­nigen über Zensur, die sonst sofort in den Pet­ze­modus gehen und jeden anschwärzen, den man irgendwie in die rechts­po­pu­lis­tische Ecke drücken könnte. Aber sie selbst dürfen natürlich alles, denn sie sind ja per se die Guten. Facebook machte auch gleich einen Dop­pel­salto rück­wärts. Eine Spre­cherin von Facebook erklärte: 
„Unsere Reporting-Systeme sind dafür ent­wi­ckelt, Men­schen vor Miss­brauch, Hassrede und Mobbing zu schützen und wir bedauern, dass gele­gentlich Fehler gemacht werden, wenn solche Reports bear­beitet werden. Wir wissen, dass es frus­trierend sein kann, wenn solch ein Fehler pas­siert und ent­schul­digen uns hiermit dafür. Wir haben unsere Pro­zesse für die Prüfung gemel­deter Inhalte deutlich ver­bessert und arbeiten wei­terhin daran diese zu optimieren.“
Ja, genau darum ging es aber hier: Miss­brauch eines toten Kindes zu Pro­pa­gan­da­zwecken in wider­wär­tigster Form.
Der tote Körper Aylans ist übrigens nicht nur von den „Sati­rikern“ um Son­neborn miss­braucht worden, sondern schon vorher. Man fand ihn in einer kleinen Senke zwi­schen Felsen ange­spült, um aber den kleinen Körper für die poli­tische Agenda zu benutzen, wurde er bild­wirksam an eine andere Stelle gelegt. Dabei wurde tun­lichst ver­schwiegen, dass Aylan Kurdis Vater, Abdullah Kurdi, der Schlepper dieser Flücht­lings­gruppe war, der nach Aus­sagen von seinen Boots­in­sassen so ver­ant­wor­tungslos gefahren ist, dass es zu Toten kam, Aylan war einer davon. Eine Frau, die mit in seinem Boote saß, verlor deshalb beide Kinder. Das Leben dieser Frau ist vorbei, ihre Kinder tot. Das inter­es­sierte aber nie­manden, weil die Frau die Ver­ant­wortung für die Toten ein­deutig bei dem Rüpel­fahrer und Schlepper sah. Das passt halt nicht so gut ins Narrativ.
Der hoch­mo­ra­lische Impetus, den Herr Son­neborn als wahre, edle Absicht hinter dem üblen Plakat geltend machte, ist also auch noch zutiefst ver­logen – es sei denn, Herrn Son­neborn ging es sowieso niemals um die Wahrheit und die Hin­ter­gründe des tra­gi­schen Todes von Aylan waren ihm unbe­kannt, weil sie ihn nicht interessierten.
Und es ist nicht das einzige Mal, dass Herr Son­neborn nur noch geschmacklos und ganz und gar nicht witzig war.
Auf­grund von was, bitte, rekla­miert „Die Partei“ samt Herrn Son­neborn ihre him­melhohe mora­lische Über­le­genheit, sich der­maßen absto­ßender Satire zu bedienen, um uns allen angeblich einen Spiegel vor­zu­halten? Und wie kann es sein, dass die Facebook-Amadeu-Antonio-Zens­ur­klatsche jeden auch noch so berech­tigten Kom­mentar löscht und Seiten sperrt, sobald poli­tisch Uner­wünschtes ver­öf­fent­licht wird, in einem so ekla­tanten Fall aber sogar die Löschung rück­gängig macht und sich entschuldigt?
Was hat denn Herr Son­neborn an Leis­tungen für die All­ge­meinheit vor­zu­weisen, dass er sich dreist wie Bolle und Kraft eigener Selbst­über­schätzung rück­sichtslos über alles hin­weg­setzt, was an Resten mensch­lichen Anstands in der Politik und im gesell­schaft­lichen Umgang noch vor­handen ist? Und was, konkret, will diese Partei eigentlich an echten Bot­schaften ver­mitteln? Welche Rolle nimmt Herr Sonneborn/ die Partei für sich in Anspruch?
Will er Hofnarr sein?
Ursprünglich war der Hofnarr im 10 Jahr­hundert ein Unter­halter, der mit allerlei Späßen die Stimmung auf­lo­ckerte und dafür sorgen musste, dass es nicht lang­weilig wurde, aber er durfte eben dabei auch vieles beim Namen nennen, Scherze treiben und gekonnt an allem und jedem Kritik üben, er hatte die buch­stäb­liche Nar­ren­freiheit. Er durfte dem Herr­scher ins Wort fallen, ihn beim Vor­namen anreden und all das sagen, was alle anderen den Kopf kosten könnte. Er war ja ein Narr und nicht ver­ant­wortlich für seine Worte und Taten. Sein Wahr­zeichen war die Nar­ren­kappe, ein Stock mit Pup­penkopf und der Spiegel, den er anderen vorhält. Der Narr war unan­tastbar, aus seinen Aktionen durften ihm weder Schaden noch Nutzen erwachsen.
Diese Rolle – ver­bürgt seit dem hohen Mit­tel­alter – war also eine höchst wichtige und eminent poli­tische Rolle. Der Hofnarr durfte und musste in scherz­hafter, grotesk über­trie­bener oder bewusst naiv-dümmlich fra­gender Weise dem Sou­verän die Wahrheit sagen und dessen Ent­schei­dungen hin­ter­fragen. Es war sehr oft ein enges Bera­ter­ver­hältnis zwi­schen Narr und König. Der Narr war meist bestens infor­miert und kannte Interna, deren Kenntnis andere das Leben gekostet hätte. Doch die Nar­ren­kappe war das deutlich sichtbare Zeichen, Schutz und Ver­pflichtung zugleich, dass der kluge, „ver-rückte“ Berater niemals zum Ankläger, Intri­ganten, Erpresser oder Kon­kur­renten werden würde.
Tat­sächlich sehen viele solche Eigen­schaften an Martin Son­neborn, der den Eta­blierten scho­nungslos einen Spiegel vor­zu­halten scheint. Sprüche im Wahl­kampf, wie „Inhalte über­winden“ ent­blößen durchaus gekonnt die inhalts­leeren Wer­be­sprüche poli­ti­scher Par­teien. Als Titanic-Chef­re­dakteur hat er mit dem Papst-Cover und dem Hitler-Cover richtig böse, aber tref­fende Satire hin­gelegt. In dieser Eigen­schaft war er der Rolle des modernen Hof­narren am nächsten. Das ist aber Jahre her und offen­sicht­liche Vergangenheit.
   
Ranküne und Business in der Maske des klugen Narren
Den Adels­titel des unbe­stech­lichen Hof­narren kann er heute nicht mehr rekla­mieren. Er will die Nar­ren­freiheit, aber wahrt nicht die gebotene Äqui­di­stanz. Wer als „Hofnarr“ auf den Demos in Kandel erscheint, müsste beiden Seiten einen Spiegel vor­halten. Er müsste gerade den Herr­schenden, die sich zusammen mit poli­ti­schen Maro­deuren gegen das eigene Volk stellen, Fragen stellen, den Finger in die Wunde legen und nachbohren.
Nichts der­gleichen. Er biedert sich dort der Macht an, um sich und seine Gefolg­schaft ins rechte – nein, linke – Licht zu rücken. Ein Hofnarr ver­sucht nicht, dem Zeit­geist schön zu tun, seine eigene Meinung durch­zu­drücken, Macht­po­si­tionen zu ergattern. Son­neborn schon. Er unter­wirft sich dem Ungeist der Poli­tical Cor­rectness, befeuert ihn noch und keift höchst humorlos gegen ver­meint­liche „Rechte“. Sein Spiegel ist blind geworden.
Er betreibt seine Sati­re­partei als Geschäft und Geld­ma­schine. Als Titanic-Chef­re­dakteur war er nicht Teil des Macht­kar­tells, das er meint, anprangern zu müssen. Als Poli­tiker und Par­teichef ist er es geworden, das war sein Sün­denfall. Man kann nicht die Nar­ren­freiheit fordern, aber im Spiel der Macht, Ran­künen und Intrigen mitten dabei sein, die Mäch­tigen anpissen und selbst nach Macht, Geld und Posten greifen.
So nahm „Die Partei“ im Jahr 2014 durch die Aktion „Geld ver­kaufen“ 200.000 Euro ein, indem sie Geld­scheine ver­kauften und jeweils 5 Euro drauf­schlugen zur Par­tei­fi­nan­zierung. Eine saftige Straf­zahlung konnte „Die Partei“ abwenden, sie durften das Geld behalten. Angeblich war die „Geld kaufen“-Aktion eine Retour­kutsche gegen den Gold­verkauf der AfD, den Son­ne­borns Partei für kri­tik­würdig hielt. Selt­sa­mer­weise setzten Son­neborn & Co aber alles daran, den Gewinn der genauso kri­tik­wür­digen Geld­ver­kaufs­aktion zu behalten.
Nur noch sehr mühsam als Satire zu kaschieren war der Versuch Herrn Son­ne­borns und seiner Mannen, sich auf Kosten der euro­päi­schen Steu­er­zahler die Brief­ta­schen plat­zevoll zu stopfen. Als „Die Partei“ 2014 ins Euro­pa­par­lament gewählt wurde, kün­digte Martin Son­neborn an, dass seine Abge­ord­neten jeden Monat durch dau­ernde Rück­tritte ins­gesamt 60 Par­tei­mit­glieder in den Genuss der Abge­ord­ne­ten­diäten von 33.000 Euro bringen wolle, wobei jeder der Zurück­ge­tre­tenen überdies noch 6 Monate Über­gangsgeld kas­sieren würde.
Abge­sehen davon, dass es höchst fraglich war, ob dieses Pro­zedere über­haupt zulässig ist, fand der Abge­ordnete der Grünen, Sven Giegold denn doch, dass dies eine unge­heure Ver­schwendung von Steu­er­geldern sei, so sehr er auch ansonsten die Aktionen des Herrn Martin Son­neborn lustig finde. Diesen angeblich die Büro­kratie ent­lar­vende Plan bezeichnete Sven Giegold als Versuch, „die Euro­päische Union zu melken, wie ein kleiner süd­eu­ro­päi­scher Staat“ und ver­ei­telte das dreiste Vorhaben.
Arro­gante Coolness des Klassenbullys
Das Ver­halten des angeblich poli­ti­schen Sati­rikers erinnert eher an die Rolle des destruktiv-arro­ganten Klas­sen­clowns, der sich einfach alles erlauben kann und sich selbst dafür noch feiert. Das kennt man von teuren Inter­naten für die ver­zo­genen Söhne von Reichen. Mit einer „Mir-kann-keener-mein-Alter-zahlt-det-allet-hier-Haltung“ betrachten solche breit­spu­rigen Bullys ihre Umwelt als ihre Bühne und sammeln ihr prä­po­tentes Gefolge in der Schü­ler­schaft als applau­die­rendes Grin­se­pu­blikum um sich. Sie haben die meisten Fehl­stunden, inter­es­sieren sich für gar­nichts außer für sich selbst, und ihre einzige Kom­petenz besteht darin, sich schadlos aus jeder selbst­an­ge­rich­teten Rie­sen­kacke her­aus­zu­winden. Ent­weder durch Papas Geld, Papas Anwalt oder indem einer ihrer Cli­quen­mit­glieder die Sauerei für sie aus­badet. Sie sind her­ab­las­sende Bes­ser­wisser und zele­brieren ihre rück­sichtlose Coolness, um zu demons­trieren, wie weit sie über den Dingen stehen und unan­tastbar sind — mit zyni­scher Ver­achtung auf das Fußvolk her­un­ter­schauend, das sich da unten abwurstelt und alberner­weise noch irgend­etwas ernst nimmt.
Diese Grund­haltung ist geradezu eins zu eins in Martin Son­ne­borns Ver­halten im Euro­pa­par­lament wie­der­zu­finden. Für 160.000 Euro Grund­gehalt im Jahr (ja, dazu kommen noch ein Haufen Zuschüsse, Tages- und Sit­zungs­gelder — und nein, er trat natürlich nicht nach einem Monat zurück) spielt er den arro­ganten Spaß­vogel. Und er schwänzt und ver­weigert jede Mit­arbeit und ver­säumt keine Gele­genheit, seine Ver­achtung für das EU-Par­lament zu demons­trieren. Das kann er ja machen, aber dann darf er sich nicht auch noch fürstlich dafür bezahlen lassen.
Seine Anwe­sen­heits­quote liegt unter 50% und er mault, dass ihm lang­weilig sei. Er kann sogar einen Rekord für sich bean­spruchen: Er “arbeitet” im Aus­schuss für Kultur und Bildung, wo er eine Anwe­sen­heits­quote von 18% vor­weisen kann.
Auf diese Ver­hal­tens­weise ange­sprochen, kon­terte Herr Son­neborn: „Die Zuschriften, die ich erhalte, zeigen, dass viele junge Leute den EU-Irrsinn erstmals zur Kenntnis nehmen. Die EU kostet im Jahr 135 Mil­li­arden Euro. Da ist die eine Mil­liarde, die ich in Brüssel ein­stecke, gut inves­tiert. Kom­mentar überflüssig.
Sperr­feuer von links: „sno­bis­tisch, bour­geois und dekadent“
Martin Kaul von der TAZ nennt diese Haltung sehr zutreffend sno­bis­tisch, bour­geois und dekadent.
Wer weiß heute noch, wo das Wort „Snob“ her­kommt? Tat­sächlich passt das Wort „Snob“ genau zu dieser Rolle.
Als Teile des mer­kan­tilen Bür­gertums in Groß­bri­tannien es zu Geld brachten und ihre Spröss­linge in die feinen Schulen des Adels schickten, ver­suchten sie auch, durch klin­gende Namens­zu­sätze den Ein­druck zu erwecken, ade­liger Abstammung zu sein und ihre Nach­kommen in die vor­nehmen, alten Adels­kreise ein­führen zu können. Das Geld, was die Söhne reich gewor­dener Empor­kömm­linge mit sich brachten, konnten die feinen Col­leges schon gut brauchen, doch die Neu­zu­gänge hatten merklich nicht den Schliff und das Benehmen, was man in der bri­ti­schen Gentry (Adels­klasse) mit der Mut­ter­milch ein­ge­flößt bekam. Die Söhne der Neu­reichen fielen unan­genehm mit schlechten Manieren und Groß­spu­rigkeit auf und mussten zur Abgrenzung ihrem Namen immer noch den Zusatz S.NOB. (Sine Nobi­litate – ohne Adel) anfügen.
Es ist höchst unter­haltsam, aus­ge­rechnet in der linken TAZ die berech­tigte Phil­ippika eines auf­rechten Linken zu lesen, der exakt diese Grund­haltung beschreibt:
„Das ist eine zu ver­ach­tende Haltung. Sie ist sno­bis­tisch und dekadent und zu bekämpfen. Es ist die Welt unsym­pa­thi­scher Leute, die an einer Käse­theke so lange nach dem Lac­to­se­gehalt eines Schnitt­käses fragen, bis der Kas­sie­rerin gekündigt wird. Es ist die Welt der Ver­dros­senen. ( …) In all diesen Par­teien arbeiten Men­schen, die mehr Aner­kennung ver­dienen als die joviale Pose der Bes­ser­wisser, deren einzige Erfüllung es ist, sich über andere zu erheben. ( … ) Diese Pose eli­tärer Poli­tik­ver­dros­senheit ist gerade deshalb so bour­geois, weil sie sich nicht dafür in Anspruch nehmen lässt, relevant zu sein. Sie ist weder links noch rechts, noch unten, weil es ihr um nichts geht. Sie ist oben. In ihrem mora­li­schen Gestus ist sie letztlich amoralisch.“
Touché, kann man dazu nur sagen.
Das ist nämlich das Kern­pro­gramm dieser Partei der Snobs, sich und ihre mora­lische Über­le­genheit und Coolness zu feiern. Ohne jeden ernst­haften Ansatz, egal, welcher poli­ti­schen Pro­ve­nienz, wirklich ganz konkret etwas zu leisten, tragen die Herr­schaften ihre Ver­achtung für schlichtweg alles als Beweis ihrer intel­lek­tu­ellen Über­le­genheit vor sich her, wie ein Banner. Und dafür sacken sie Hun­dert­tau­sende an Steu­er­geldern ein, die das däm­liche Fußvolk erar­beitet. Damit ver­an­staltet man dann Abende für die elitär-zyni­schen Bes­ser­wisser aus dem Aka­de­miker- und Bil­dungs­milieu, die sich mit ihren Par­tei­ver­tretern im Bewusstsein sonnen, eine hoch­in­tel­lek­tuelle Wider­stän­digkeit zu pflegen.
Men­schen aus dem wirk­lichen Leben, Rentner am Exis­tenz­mi­nimum und mit Hunger im Bauch oder allein­er­zie­hende Mütter, die jeden Euro dreimal her­um­drehen müssen, eine junge Familie, die keine Wohnung findet, die sie bezahlen kann, Langzeit-Arbeitslose, die keine Zukunft mehr sehen, findet man auf den Ver­an­stal­tungen von “Die Partei” sicher nicht. Welche Hilfe können mit­tel­stän­dische Unter­nehmer oder kleine Selb­ständige, die ihre Existenz im Kampf gegen Steuern und Büro­kra­tismus und 80-Stun­den­wochen tag­täglich ver­tei­digen von der doch so büro­kra­tie­feind­lichen “Partei” erwarten? Wie unter­stützt “die Partei” die bet­tel­armen alten Frauen, die ihr Leben mit dem Auf­ziehen der Kinder und der Unter­stützung des Ehe­mannes ver­brachten und sich schluss­endlich jah­relang um die alten Eltern und Schwie­ger­eltern gekümmert haben – und nun fast ohne Rente dastehen? Was die von so einer Ansammlung sno­bis­ti­scher Zyniker wohl halten?