Groß gefeiert wurde der Euro-Beitritt Lettlands vor drei Jahren. Jetzt steht der Ministaat am Abgrund. Eine der größten Banken ist praktisch pleite, der Notenbankchef im Knast wegen Korruption. Lettland, das neue Griechenland?
Nur drei Jahre hat die Euro-Party in Lettland gedauert. Motto: Abkassiert, korrumpiert, pleite. Kennen wir doch irgendwoher?
Am Beispiel Lettland kann man die segensreichen Auswirkungen der Gemeinschaftswährung studieren. Zahlen muss am Ende die Gemeinschaft. Die Parallelen zu Griechenland sind in dem baltischen Entwicklungsland unübersehbar – nur hat es dieses Mal nicht so lange gedauert, bis das Ende nahte.
Und weil Lettland so nah an Russland liegt, wurde der Schuldige auch schnell gefunden: Der böse Russe, der nach Destabilisierung trachtet.
Der SPIEGEL titelt: Riga vermutet Russland hinter Notenbanker-Skandal. Moskau ist angeblich daran Schuld, die Korruption des lettischen Notenbankchefs Ilmars Rimsevics aufgedeckt zu haben. Dass der lettische Zentralbankboss sich zuvor die Euro-Taschen voll gemacht hat, spielt für das russophobe links-grüne Propagandablatt offenbar eine untergeordnete Rolle.
Doch der Hauptgrund für die Schieflage des Baltenstaates ist natürlich das Eurosystem und dessen schöne Geldströme, die zum Mißbrauch geradezu einladen. So ist es auch in Lettland geschehen.
Folge: Nicht nur der Zentralbankchef vorrübergehend im Knast, sondern auch eine der größten Banken ist pleite.
Typisches Euro-Muster wie im Club Med: Banken-Tod durch exzessive Kreditvergabe – ohne Sicherheiten. Die EZB wird’s schon richten.
Nachrichtenagentur Reuters:
Die EZB hat der drittgrößten lettischen Bank ABLV Freitag als Frist für eine Schließung ihrer Finanzierungslücke gesetzt. Der Bank solle “eine Chance gegeben werden”, damit sie weiterarbeiten könne, sagte sie.
Die EZB selbst lehnte eine Stellungnahme ab. Zuvor hatte die ABLV von der lettischen Zentralbank einen Notkredit in Höhe von 480 Millionen Euro erbeten. Die ABLV sei in Lettland von systemischer Bedeutung.
Frage:
Und woher soll die Mini-Notenbank in Lettland die 0,5 Mrd. Euro haben? Natürlich nirgendwoher. Sie wird bei der EZB anklopfen. Und damit zahlen alle die Zeche. Das hat System beim Euro. Das Euro-System eben.
Ob sich aber mit den EZB-Rettungs-Milliarden in Lettland in Zukunft irgendwas ändert, bleibt zweifelhaft. Draghi wird’s schon richten.
Bankencrash in Lettland – Gefahr fürs internationale Finanzsystem?
Die lettische Regierung wird am Montag in Riga zu einer Krisensitzung zusammentreten. Der Grund: Mit der ABLV steht die drittgrößte Bank des Landes vor dem Zusammenbruch und muss daher abgewickelt werden.
Bereits am Samstag hatte die EZB bekanntgegeben, dass die ABLV auf Grund der “signifikanten Verschlechterung ihrer Liquidität” wahrscheinlich nicht mehr in der Lage sei, Schulden und andere Verpflichtungen zu bedienen.
Die Finanzaufsicht in Riga sei deshalb angewiesen worden, die Vermögenswerte der Bank einzufrieren. Damit haben die Kunden der ABLV, die der EZB seit 2014 untersteht, keinen Zugang mehr zu ihrem Geld. Die Filialen der Bank sind geschlossen, ihr Kartensystem ist abgeschaltet.
Die US-Finanzaufsicht brachte den Stein ins Rollen
Die ABLV war vor kurzem ins Visier der US-Finanzbehörden geraten – die für Finanzkriminalität zuständige Abteilung des US-Finanzministeriums, das Financial Crimes Enforcement Network (FinCEN), hatte ihr vorgeworfen, Geldwäsche zu betreiben und ihren Kunden die Umgehung von US-Sanktionen gegen Nordkorea zu ermöglichen.
Obwohl die ABLV die Anschuldigungen zurückgewiesen hatte, wurde sie wenige Tage später vom Zugang zum US-Finanzsystem abgeschnitten.
Daraufhin zogen Anleger rund 600 Millionen Euro ab. Die EZB schritt ein und wies die lettische Finanzaufsicht Anfang vergangener Woche an, eine Auszahlungssperre zu verhängen. Die lettische Zentralbank versuchte zu helfen und stützte die ABLV mit fast 300 Millionen Euro.
Da trotzdem noch eine Lücke von etwa 180 Millionen Euro klaffte und die ABLV eine bis Freitag gesetzte Frist zur Schließung der Lücke ungenutzt verstreichen ließ, beschloss die EZB am Samstag ihre Abwicklung.
“Die lettische Regierung wird keinen einzigen Euro in die Rettung investieren”, kündigte Lettlands Regierungschef Kuckinskis an. Nach geltendem EU-Recht muss demnach die Bail-in-Regelung angewendet werden, nach der zunächst Aktionäre, Anleihebesitzer und Anleger mit Einlagen über 100.000 Euro anteilig zur Kasse gebeten werden.
Die ABLV ist nicht der einzige Krisenherd
Die ABLV ist nicht der einzige Krisenherd im lettischen Bankensystem. Bereits vor zwei Jahren waren fünf Banken wegen des Vorwurfs der Umgehung von Sanktionen gegen Nordkorea zu Geldstrafen von mehr als drei Mio. Euro verurteilt worden.
Zudem war der Gouverneur der lettischen Zentralbank, Ilmars Rimsevics, am vorletzten Samstag von der Anti-Korruptionsbehörde des Landes wegen des Verdachts auf Entgegennahme von Schmiergeldzahlungen in Höhe von mehr als 100.000 Euro verhaftet worden. Rimsevics, der dem EZB-Rat (dem obersten Entscheidungsorgan des Eurosystems) angehört, wurde am Montag wieder auf freien Fuß gesetzt, darf das Land aber vorerst nicht verlassen.
Ein weiterer Krisenfaktor im lettischen Bankensystem besteht darin, dass rund vierzig Prozent der lettischen Bankeinlagen aus dem Ausland stammen und damit eine Ansteckungsgefahr für andere Banken bedeuten.
Im Fall der ABLV, deren Bilanz sich im September 2017 auf 3,63 Mrd. Euro belief, betragen die Einlagensicherungsgarantien gegenüber ausländischen Banken immerhin 2,2 Mrd. Euro, was 7,5 Prozent des lettischen Bruttoinlandsprodukts entspricht.
Kein Wunder also, dass sich die Verantwortlichen in Riga und Frankfurt am Wochenende gegenseitig in ihren Versicherungen übertrafen, dass die Krise um die ABLV nicht überbewertet werden dürfe.
Während die EZB-Führung bemüht war, den Image-Schaden durch Korruptionsvorwürfe gegen eines ihrer führenden Mitglieder herunterzuspielen und der lettische Behördenchef Putnin von “einer Krise bei nur einer Bank” sprach, versicherte Finanzministerin Reizniece-Ozola, die ABLV sei nicht systemrelevant und stelle keine Gefahr für das internationale Finanzsystem dar.
Die wahren Gefahren sind gar nicht sichtbar
Die Aussagen der Verantwortlichen kann man getrost als Zwecklügen verbuchen. Welche Gefahren im Hintergrund lauern, können auch sie nicht absehen, denn die Deregulierung der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass der Derivate-Sektor heute zu achtzig Prozent aus Over-the-Counter-Geschäften besteht, die nicht mehr in den Bilanzen von Finanzinstituten auftauchen müssen.
Es kann daher niemand sagen, wie viele Kreditausfallversicherungen in den letzten Wochen von Insidern auf die ABLV abgeschlossen wurden und im Fall ihrer Abwicklung fällig würden. Nur zur Erinnerung: 1998 brach mit Long Term Capital Management (LTCM) ein einzelner Hedgefonds in New York zusammen, dessen Bilanz in etwa der der ABLV entsprach.
Die LTCM-Pleite zog Forderungen in Höhe von fast einer Billion US-Dollar nach sich und brachte das globale Finanzsystem fast zum Einsturz.
Selbst wenn der Fall ABLV keine derartigen Dimensionen annehmen sollte, so zeigt er doch die Anfälligkeit des europäischen Bankensystems, rückt die Vertrauenswürdigkeit von EZB-Ratsmitgliedern einmal mehr ins Zwielicht und macht vor allem die Art und Weise deutlich, wie die EZB im Fall eines Crashs auch weiterhin mit Bankkunden umzugehen gedenkt: Indem sie ihnen den Zugriff auf das eigene Geld verwehrt.
Quellen: PublicDomain/antikrieg.com und pravda-tv.com