„Revo­lution der Besitz­ver­hält­nisse“ — FAZ-Feuil­leton hofiert Ver­staat­li­chung von Grund und Boden

In der FRANK­FURTER ALL­GE­MEINEN SONN­TAGS­ZEITUNG werden im Auf­ma­cher­ar­tikel Ideen für eine Ver­staat­li­chung von Grund und Boden mit großer Begeis­terung dargestellt.
(Von Dr. Rainer Zitelmann)
„Statt Detail­ver­bes­se­rungen und leichter Ver­ord­nungs­ent­schla­ckung wird nach einer Revo­lution der Besitz­ver­hält­nisse gerufen, danach, sich die Stadt aus der Hand der Spe­ku­lanten zurück­zu­holen“, berichtet begeistert Niklas Maak, der das Kunst­ressort der FAZ leitet. Es werde „immer ener­gi­scher gefordert… Grund und Boden nicht länger unge­zü­gelten Markt­kräften aus­zu­setzen, sondern sie wie Luft und Wasser als Grund­le­bens­mittel zu betrachten“. Die „Reformer“, denen die unein­ge­schränkte Sym­pathie des FAZ-Redak­teurs gilt, „sehen die Idee des pri­vaten Grund­ei­gentums als Anomalie an… Sie fordern, dass Städte und Gemeinden Flächen auf- und zurück­kaufen“. Nur dies könne die „Stadt als Zivi­li­sa­ti­ons­modell retten“. Die Alter­native sei, dass, wenn man mit dem Porsche aus der post­for­dis­ti­schen Hoch­leis­tungs­wohn­anlage zur Oper fahre, „einem an der ersten roten Ampel einer eine Kanone an die semi-sili­zi­um­ba­sierte Cyborg­stirn hält“.
Intel­lek­tuelle haben ein Faible für Antikapitalismus
In meinem aktu­ellen Buch* habe ich ein ganzes Kapitel dem Thema gewidmet, warum Intel­lek­tuelle den Kapi­ta­lismus nicht mögen. Der Autor des FAZ-Artikels ist ein typi­scher Ver­treter, er hat in Paris stu­diert, also der Stadt, die weltweit tra­di­tionell die Hochburg der anti­ka­pi­ta­lis­ti­schen Intel­lek­tu­ellen ist. „Markt­kräfte“ sind für diese anti­ka­pi­ta­lis­ti­schen Intel­lek­tu­ellen ein Schimpfwort und werden typi­scher­weise stets – wie in diesem Artikel – zusammen mit Begriffen wie „unge­zügelt“ ver­wendet. Gewinne aus Immo­bi­li­en­in­vest­ments sind danach, so auch in diesem Artikel, „leis­tungslose Gewinne“. Und das schlimmste Schimpfwort ist natürlich das von der „neo­li­be­ralen Wende der Woh­nungs­po­litik“. Begriffe wie „neo­li­beral“ oder „Markt“ jagen einem anti­ka­pi­ta­lis­ti­schen Intel­lek­tu­ellen das markt­kalte Schaudern über den Rücken. Und wenn man nach Alter­na­tiven fragt, dann ist man schnell wieder beim Ruf nach dem Staat.
Schon ver­gessen?
Gemein­ei­gentum an Grund und Boden – das hatten wir in Deutschland schon einmal aus­pro­biert, und zwar in der DDR. Obwohl der Woh­nungsbau ein wesent­licher Schwer­punkt in der Hon­ecker-Ära in der DDR war, zeigte sich hier am deut­lichsten der Unter­schied zwi­schen einem plan- und einem markt­wirt­schaft­lichen System. Die Mieten in der DDR waren zwar sehr günstig, aber Bürger mussten viele Jahre warten, bis sie eine der begehrten Plat­ten­bau­woh­nungen zuge­teilt bekamen. Die Alt­bau­sub­stanz in Mehr­fa­mi­li­en­häusern in Leipzig, Dresden, Ost­berlin, Erfurt und anderen ost­deut­schen Städten war so zer­fallen, dass nach der Wie­der­ver­ei­nigung mit einem mas­siven Steu­er­pro­gramm – dem soge­nannten För­der­ge­biets­gesetz – viele Mil­li­arden Euro in die Sanierung gesteckt werden mussten. Doch nicht nur alte Gebäude, sondern auch die DDR-Plat­ten­bauten mussten im großen Stil von pri­vaten Inves­toren aus West­deutschland saniert werden. Zusätzlich war ein erheb­licher Neubau not­wendig, um den Woh­nungs­mangel in Ost­deutschland zu beseitigen.
Ins­gesamt wurden in den 90er-Jahren mit­hilfe steu­er­licher För­de­rungen 838.638 Woh­nungen in den neuen Bun­des­ländern und Ost-Berlin fertig gestellt. Die Kosten beliefen sich auf 84 Mil­li­arden Euro.
“Dies ist umso bemer­kens­werter, wenn man bedenkt, dass gerade der Woh­nungsbau ein Schwer­punkt der Hon­ecker-Ära war”.


Dr. Rainer Zitelmann für TheEuropean.de