Das Wort Preis kommt wie das Verb aus dem Mittelhochdeutschen „ prīs“ und „ prīsen“. Dies leitet sich wiederum aus dem altfranzösischen Verb „ preisier“ her, was soviel heißt wie: schätzen, taxieren, hochschätzen, wertschätzen (preisen, Lob- und Preisgesang, Preisgeld). Das altfranzösische „Pris“ bedeutete Lob, Ruhm, Herrlichkeit, Belohnung und stammt seinerseits aus dem Lateinischen „Pretium“ (Kaufpreis). Das Wort „Preziosen“ für Kostbarkeiten rührt ebenfalls daher. Im Deutschen erhielt der Wortstamm später auch wieder die lateinische Bedeutung des “Kaufpreises”.
Die Janusköpfigkeit des Wortes „Preis“, das sowohl die wirtschaftliche, berechnende zweckgebundene Komponente, als auch das Hochachtungsvolle und Bewundernde beinhaltet, zeigt sich auch in dem Umgang mit solchen Auszeichnungen und Preisen, weist aber in letzter Zeit deutliche Tendenzen zur berechnenden und wirtschaftlich ausgerichteten Absicht auf.
Noch hat sich der Pulverdampf nicht verzogen und das „Echo“ des Schlachtenlärms um die beiden edlen Laureaten Kollegah & Farid Bang ist noch nicht verhallt. Die Empörungswelle hatte die Preisverleiher „Deutsche Phono-Akademie“ und das „Kulturinstitut des Bundesverbandes Musikindustrie“ kalt erwischt. War man doch überzeugt, mit den zwei vollgut, ey, megacoolen Typen, einer davon noch echt megakrass erfolgreich integriert, die idealen Kandidaten zu Ehrung „herausragendster Leistungen nationaler und internationaler Künstler“ gefunden zu haben. Ob die Laudatoren sich den Text des dann dargebotenen Stücks vorher eigentlich mal angehört haben? Die Geehrten, Kollegah und Farid Bang, haben – auf offener Bühne — mit der Zeile „Mein Körper definierter als der von Auschwitzinsassen“, gehässiger Frauenverachtung, Homophobie und Gewaltverharmlosung dermaßen mit der flachen Hand in den Breiteller gehauen, dass die gesamte Preisverleihung versaut war.
Auf die fassungslose Frage an die Jury, wie man denn umgotteswillen dazu kam, so etwas mit einer Ehrung zu versehen, lautete nach Abzug des Relativier-Geschwafels die Netto-Aussage: Es waren die hohen Verkaufszahlen. Wobei wir wieder bei dem Verständnis des Wortes „Preis“ wären. Hätte es in Frankreich in den Jahren 1789 bis 1799 (französische Revolution) einen Musikpreis aufgrund des Kriteriums der Verbreitung gegeben, wäre es sicher der beliebte Musiktitel gewesen „Ah! ça ira, ça ira, ça ira, Les aristocrats à la lanterne!“ (Jetzt geht’s los! Jetzt geht’s los! Aristokraten an die Laterne!)
Anscheinend tritt der Gedanke, welche Verdienste – außer den des wirtschaftlichen Erfolgs — der Laureat denn erworben hat, um des Preises würdig zu sein, zunehmend in den Hintergrund.
Die diesjährige Gewinnerin des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises ist Frau Anja Reschke. Der jährlich zu vergebende Preis wurde nach dem Tode des allseits geachteten Tagesthemen-Moderators Hanns Joachim Friedrichs gestiftet. Als Leitspruch und Messlatte schmückt Herrn Friedrichs’ berühmter Ausspruch
„Einen guten Journalisten erkennt man daran,
dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache,
auch nicht mit einer guten Sache.“
die Homepage des gemeinnützigen Trägervereins. In der Ankündigung für den Preis, der im November verliehen werden wird, ist über Frau Reschke Folgendes zu lesen:
„Als Moderatorin der Fernsehsendungen Panorama und Zapp zeigt sie Haltung ohne Arroganz, Toleranz ohne Beliebigkeit und Stehvermögen ohne Sturheit. Ihre Kommentare in den Tagesthemen sind klar, unmissverständlich und nicht belehrend. Sie mutet den Zuschauerinnen und Zuschauern Meinung zu. Und sie begründet sie auch.“
Nicht nur, dass schon diese Würdigung im krassen Gegensatz zum Leitspruch des Herrn Friedrichs steht. Was Frau Reschke in die deutschen Wohnzimmer trägt, ist zum Teil lupenreine Propaganda. Nichts anderes. Es ist einem Journalisten auch durchaus erlaubt, Meinung zu haben und diese zu begründen. Der Zuschauer muss aber die Distanz wahren können, diese Meinung auch kritisch zu hinterfragen. Der Unterschied zwischen Meinung und Propaganda ist der, dass Propaganda eben keine erkennbare und begründete Meinungsäußerung ist, sondern mit Mitteln arbeitet, die die rezipierenden Menschen mithilfe von Psychologie und dem Triggern von Emotionen – eben vorwiegend irrational – in die gewünschte Richtung lenkt und dabei die Empfänger der Botschaft manipuliert.
Schauen wir doch einmal eine der journalistischen, preiswürdigen Meisterleistung von Frau Reschke an. Da müssen wir gar nicht tief in der Vergangenheit wühlen. Nehmen wir einen Abend Anfang April 2018. Hier wird thematisiert, dass syrische Flüchtlinge zum Teil wieder zurück wollen und illegal in die Türkei gehen, um dort ihre Familien wiederzusehen. Dass die Erwartung, die ganze Sippe mit nach Deutschland zu holen, doch nicht so einfach in Erfüllung geht, und die Sehnsucht nach Hause doch recht groß ist.
Der Bericht endet auch noch mit dem impliziten Vorwurf, dass die bösen Deutschen nicht genug getan haben, um die Syrer hier glücklich zu machen und ihnen alle Wünsche zu erfüllen. Die düster-schluchzende Geige des deutschen Schuldbewusstseins beherrscht Frau Reschke virtuos. Und vor allem: Deutschland hätte die Grenzen kontrollieren sollen und die Syrer daran hindern müssen, auszureisen. Für alle, die illegal hier hereinströmen gilt: Kein Mensch ist illegal, Grenzen sind unmenschlich, jeder muss frei entscheiden können, wo er sein möchte. Nur wieder raus aus Deutschland, das darf er nicht. Dazu gibt es ja Grenzen, die dann dicht gemacht werden müssen (siehe auch: “Toleranz ohne Beliebigkeit”).
Auch das Demokratieverständnis der Dame ist bemerkenswert. Wer natürlich denkt wie Frau Reschke, dass das Volk eh zu dumm ist, die komplexen Zusammenhänge von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu durchblicken, dann braucht man dem Pöbel auch ehrlicherweise nicht mit Sachargumenten zu kommen. Da ist Psycho-Propaganda wahrscheinlich besser, um die dumme Masse in die richtige Richtung zu lenken. „Mal ehrlich“: Wir Dummies können wichtige Sachen gar nicht so richtig entscheiden, oder? (siehe auch: “Haltung ohne Arroganz, … und nicht belehrend.”)
Vielleicht wäre ja der richtige Preis für Frau Reschke der Pippi-Langstrumpf-Preis unter der Maxime „Ich mach mir die Welt, widdewiddewie sie mir gefällt“. Das ist Meinung. Die mute ich Ihnen zu. Und begründe sie. Ganz ohne Arroganz.
Demokratie ist super, nur der Bürger stört und Fakten lenken nur von der richtigen Meinung ab: