Ein Beitrag in der Washington Post sorgt für Irritation und sehr kontroverse Reaktionen. Der US-amerikanische Präsident Donald Trump zieht einen Truppenabzug aus Deutschland in Erwägung. Trump soll ziemlich verblüfft gewesen sein, wie groß die Anzahl der in Deutschland stationierten Armeeangehörigen ist. Er soll eine Analyse der Kosten/Nutzenrelation des jetzigen Status angefordert haben und einen Vergleich mit einem Truppenabzug im großen Stil, als auch eine Verlegung der US-Truppen nach Polen.
Noch spricht man von einer üblichen Routineüberprüfung, die das Pentagon von Zeit zu Zeit vornimmt, um die Kosten, die geostrategische Entwicklung und die Erfordernisse der Nationalen Sicherheit, die Vor- und Nachteile des Standortes abzuwägen.
Trotzdem ist jetzt schon von einer „Large-Scale-Operation“ die Rede, also einer im großen Stil angelegten Operation. Der Grund, warum die Washington Post aus einer Routine-Analyse einen möglichen Gesamt-Truppenabzug herauslesen will, ist die Reaktion von europäischen Politikern. Man habe in Europa noch keine klare Vorstellung, ob Trump wirklich die US-Truppen abziehen will oder ob er damit seine Position gegenüber der EU stärken will, die ihm nach seinem Geschmack zu viele Scherereien macht und widerspenstig ist. Außerdem will Trump durchsetzen, dass die Europäer mehr Geld in ihre Rüstung und Wehretats stecken. Seiner Meinung nach profitieren die Europäer von der Gratis-Schutzmacht USA und beteiligen sich zu wenig an den Kosten einer NATO, auf deren Schutz sie aber zählen.
Es ist also durchaus denkbar und würde auch zu den Verhaltensmustern von Präsident Trump passen, die Europäer ein wenig zu erpressen, indem er durchscheinen lässt. Dass ihm die US-amerikanische Truppenpräsenz zu teuer ist.
Überdies ist das Verhältnis zwischen Herrn Präsident Donald Trump und Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel bekanntermaßen nicht das herzlichste. Frau Merkel gehört zu den europäischen Politikern, die von Anfang an und ganz vorne beim „Trump-Bashing“ dabei waren. Das schlechte Verhältnis der beiden Regierungschefs ist eines der vielen, wichtigen Gebiete, auf denen Frau Bundeskanzlerin Merkel verbrannte Erde und großen Schaden angerichtet hat. Es würde nicht überraschen, wenn US-Präsident Trump auf diese Weise die übrigen EU-Staatschefs zu der Überzeugung brächte, man könne das schwierig gewordene Verhältnis zur USA verbessern, indem man die deutsche Bundeskanzlerin zum Rücktritt bewegt.
US-Politiker sollen laut der Washington Post – allerdings anonym – die bisher unveröffentlichte Kosten-Nutzen Analyse dahingehend kommentiert haben, dass es sich um eine interne Ausarbeitung handle, und ein Ausloten der Optionen sei. Die hochrangigen Militärs (top military brass) seien bisher noch gar nicht hinzugezogen worden. Auch habe das Pentagon noch keinen Auftrag erhalten, die Abläufe und Verfahren für eine der möglichen Optionen zu erarbeiten.
Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates (NSC) im Weißen Haus gab bekannt, dass der NSC keine Analyse des Verteidigungsministeriums in dieser Sache (Truppen aus Deutschland abzuziehen) angefordert habe. Es sei aber so, dass das Pentagon ständig und regelmäßig US-Truppen-Verlegungen evaluiere. Solche Ausarbeitungen von Analysen seien nichts, was außerhalb der Norm liege. Ob in der Rechnung der Kosten auch die 598 Millionen Euro enthalten sind, die Deutschland an die USA als Besatzungskosten zu zahlen hat, ist nicht bekannt.
Seltsam mutet aber der Satz in der Washington Post an, die sich auf „einige Politiker“ beruft, die angedeutet haben sollen, dass die leitenden Beamten im Pentagon diese Ausarbeitung möglicherweise vorangetrieben haben, um den Wert des gegenwärtig in Deutschland stationierten Truppenkontingents zu belegen und Trump davon abzubringen, seine Abzugspläne weiter zu verfolgen:
„Several officials suggested that Pentagon policymakers may have moved ahead with the assessment to prove the worth of the current basing arrangement and dissuade Trump from carrying the thought of withdrawal any further.“
Damit wird – noch nicht einmal zwischen den Zeilen, sondern ganz offen — deutlich, dass Präsident Donald Trump offenbar tatsächlich konkret die Absicht hegt, die US-Truppen aus Deutschland abzuziehen.
Die Washington Post führt einen ebenfalls anonymen, hochrangigen NATO-Vertreter an, der berichtet, Polen bewerbe sich darum, eine US-Basis im Land zu haben und biete eine großzügige Förderung von zwei Milliarden US-Dollar an. Von Abzugsplänen aus Deutschland wisse man im NATO-Hauptquartier aber nichts.
Dazu passt, dass der Sprecher des Pentagon jede Überlegung eines vollen oder teilweisen Truppenabzuges aus Deutschland weit von sich wies und stellte ebenfalls eine solche Kosten-Nutzen Analyse als reine Routine dar. Dies sei nichts Neues. Deutschland beherberge die größte US-Militärpräsenz in Europa. Das Statement ist gefolgt von einem sehr nachdrücklichen Bekenntnis zu der „tiefen Verwurzelung in den gemeinsamen Werten und einer starken Beziehung zwischen den Ländern. Man bleibe voll und ganz den NATO Alliierten und der NATO Allianz verpflichtet.
Tatsächlich ist es weniger eine Verpflichtung für die Deutschen, als eine militärisch und geostrategisch wichtige Position für die Weltmacht USA, die die US-Streitkräfte in Deutschland ausüben. So schreibt auch die Washington Post:
„Since the end of World War II, the U.S. troop presence in Germany has been viewed as a bulwark against a potential Russian invasion of Europe and a staging ground for U.S. operations in Africa and the Middle East.“
Seit dem Ende des zweiten Weltkriegs wird die Präsenz der US-Truppen in Deutschland als ein Bollwerk gegen eine potenzielle, russische Invasion in Europa gesehen und als Brückenkopf und Basis für Operationen in Afrika und dem Mittleren Osten.
Das ist der eine Grund, warum das Pentagon, die US-Army und der nationale Sicherheitsrat und andere US-Amerikanische Institutionen den Standort Deutschland auf keinen Fall aufgeben wollen. Damit direkt zusammen hängt der zweite Grund. Deutschland ist ein besetztes Land und, wie Wolfgang Schäuble sagte, seit 1945 nie mehr „voll souverän“ gewesen.
Ein Truppenabzug aus Deutschland wäre in seinen Auswirkungen aber letztlich ein Ende der Besatzung oder zumindest der Anfang des Endes derselben. Ein nicht mehr US-amerikanisch besetztes Deutschland würde aber die Dynamik in Europa verändern. Jetzt schon fühlen sich andere EU-Länder von der größten Wirtschaftsmacht und dem an Kopfzahl stärksten Volk in der Mitte Europas gegängelt. Das Spannungsverhältnis zu Staaten wie Griechenland, Ungarn, Italien würde sich wahrscheinlich verschärfen. Deutschland wäre überdies als Partner für die Neue Seidenstraße (One Belt One Road) und die Eurasische Union noch wichtiger und interessanter. Ein aufeinander Zugehen und das Hineinwachsen der aufstrebenden Eurasischen Union tief nach Europa und ein Anschluss an die Neue Seidenstraße ist überhaupt nicht im Interesse der Supermacht USA.
Ist dieser Vorstoß Präsident Trumps zum Truppenabzug im Zusammenhang mit dem Treffen mit Putin in Helsinki zu sehen? Präsident Donald Trump liefert in Syrien keine Waffen mehr an die “Rebellen” und bezahlt sie auch nicht mehr. Er zeigt sich verhandlungsbereit, was die “Annexion” der Krim betrifft. Er bringt Süd- und Nordkorea an den Verhandlungstisch. Was ist sein Plan? Es bleibt spannend.