Der Fall erschütterte im Januar 2018 ganz Europa. Eine Freiburger Mutter und ihr Lebensgefährte boten den Sohn der Frau im Darknet zum Vergewaltigen Kinderschändern an. Neun Jahre lang musste der Bub die grauenhaften Quälereien über sich ergehen lassen, bevor das Landeskriminalamt ihn befreite – und es war im letzten Moment. Ein „Kunde“ interessierte sich sehr für den Jungen. Er hatte Tötungsfantasien mit dem Kind, die er offenbar in die Tat umsetzen wollte. Die Kripobeamten nahmen ihn fest, als er zum „Date“ mit dem Jungen kam. Der Kinderschänder und mögliche Mörder führte einen Rucksack mit den dazu nötigen Utensilien mit sich.
Der Fall wird nun Stück für Stück vor den Gerichten aufgearbeitet. Ende Juni wurde einer der Kinderschänder zu acht Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Im Verlauf der Prozesse wird aber die Rolle des Jugendamtes Freiburg ebenfalls hinterfragt und dessen Verhalten erscheint immer obskurer.
Am 5. Juli kam nun vor Gericht heraus, dass das Jugendamt durchaus nicht vollkommen ahnungslos war. Eine Lehrerin und auch der Schulleiter des Jungen hatte mehrfach Hinweise gegeben, dass sie den Verdacht haben, der Junge werde daheim misshandelt und möglicherweise sogar missbraucht. Das Jugendamt stufte diese Hinweise jedoch als „vage“ ein, gab der zuständige Sachbearbeiter vor dem Landgericht Freiburg zu Protokoll. Man habe daher weder Gespräche mit dem Jungen oder der Schule geführt, noch eine Überprüfung veranlasst. Auch der Polizei oder den Gerichten gab das Jugendamt Freiburg keine Informationen. Dabei war die „Familie“ des Jungen keineswegs unbescholten und unauffällig gewesen.
Der 39jährige Lebensgefährte der Mutter des Opfers war bereits wegen schweren Kindesmissbrauchs vorbestraft und war erst kürzlich, bevor er bei der Mutter des Jungen einzog, aus dem Gefängnis entlassen worden. Der Mann stand unter „Führungsaufsicht“ und durfte sich Kindern nicht nähern und keinen Kontakt zu ihnen haben. Trotzdem lebte er jahrelang mit der Frau und ihrem Sohn wie eine „Familie“ zusammen.
Das sei spätestens 2015 so gewesen, stellte das Gericht fest, jedoch reagierte das Jugendamt erst 2017, indem es den Jungen aus der Familie herausnahm und das zuständige Gericht informierte. Das Jugendamt hatte, wenn auch zu spät und halbherzig, zwar endlich reagiert, das Gericht schickte den Buben aber einen Monat später wieder zurück in die Missbrauchshölle. Jedoch ganz pflichtbewusst: Nicht ohne dem Mann jeden Kontakt mit dem Kind zu untersagen. Die Mutter und ihr stark rückfallgefährdeter, wegen schweren Kindesmissbrauchs vorbestrafter Lebensgefährte hielten sich überraschenderweise aber nicht an die Auflagen.
Die Einhaltung der Auflagen wurde auch nicht kontrolliert, stellte sich vor Gericht nun heraus. Nun schieben sich Jugendamt und Gericht gegenseitig die Verantwortung zu. Man habe nicht für möglich gehalten, dass die Mutter ihr eigenes Kind missbrauche und fremden Männern zum Vergewaltigen vermiete. Man habe den Beteuerungen der Mutter geglaubt. Dass auf die mehrfachen Hinweise des Schulleiters und der Lehrerin des Buben hin ein Kinderpsychologe sich das Kind zumindest einmal genauer hätte anschauen müssen, ist den Behörden ebenfalls nicht in den Sinn gekommen.
Der Bub ist ungefähr neun Jahre lang durch die Hölle gegangen und wird diese traumatische, entsetzliche Kindheit wahrscheinlich niemals verkraften können. Er kann nur froh sein, dass er überhaupt überlebt hat. Neun Jahre, in denen erst die Mutter und der Vater das Kind missbraucht haben und dann der Vater (ebenfalls wegen Missbrauch eines kleinen Mädchens verurteilt) durch den Lebensgefährten der Mutter ersetzt wurde. Das Martyrium des Kindes verschärfte sich noch durch seine Vermietung an Vergewaltiger und Lustmörder im Darknet. Und das alles unter den Augen der Justiz und des Jugendamtes, das ansonsten bekanntermaßen sehr schnell dabei ist, Familien zu zerreißen und Kinder zu entziehen.
Es scheint, dass die Grenze der Geduld bei den Bürgern überschritten ist. In Freiburg jedenfalls gehen viele Strafanzeigen gegen die Zuständigen in Jugendamt und Justiz ein, sagte der Sprecher der Freiburger Staatsanwaltschaft. Die Anzeigen der Bürger werfen den Behörden Rechtsbeugung und Beihilfe zum schweren Kindesmissbrauch vor. Die Staatsanwaltschaft müsse nun prüfen, ob es in diesem Fall zu „strafrechtlich relevanten Versäumnissen gekommen ist.
Man darf gespannt sein. Wer informiert ist, wird diese Ankündigung mit Skepsis betrachten. Zu oft schon wurden grobe Fehlleistungen, ungerechtfertigter Kindesentzug und Willkür des Jugendamtes von Gerichten gedeckt.
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