Die Abweisung der Klage gegen den Rundfunkbeitrag hat ein übles Geschmäckle. Das gestern von Verfassungsrichter Ferdinand Kirchhof verkündete Urteil dreht sich um ein Gesetz, das auf ein Gutachten seines Bruders Paul Kirchhof zurückgeht. Wie eine „jouwatch“-Analyse ergibt, ähneln sich sogar Formulierungen im Urteil sowie im Gutachten.
(Von Wilhelm Schulz)
Rückblende: 2010 überlegten die öffentlich-rechtlichen Anstalten, wie sie aus der Rundfunkgebühr eine Quasi-Steuer machen konnten, um alle Haushalte abzukassieren – auch diejenigen, die kein Empfangsgerät besaßen. Das entscheidende Gutachten dafür verfasste Paul Kirchhof. Daraus entstand der sogenannte „Rundfunkbeitrag“ und ersetzte die GEZ-Gebühr.
Ob das Gesetz darüber verfassungskonform ist, musste nun gestern der Erste Senat unter Führung von Ferdinand Kirchhof entscheiden. Und er kam – oh Wunder – zu dem Ergebnis, dass alles bis auf die Belastung von Zweitwohnungen okay ist. Pauls Bruder Ferdinand verlas das Urteil, das bei den Staatsfunkern so viel Freude auslöste. Überraschung kann es indes nicht verursacht haben.
An die Illegalität gewöhnt
Schließlich hätte sich der Verfassungsrichter dann gegen seine eigene Verwandtschaft stellen müssen. Paul Kirchhof hatte im Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen in seinem Gutachten vom April 2010 die damals geltende Regelung, wonach ein Empfangsgerät für die Gebühr entscheidend sei, im Sinne seiner Auftraggeber als „verfassungswidrig“ bezeichnet: „Das Empfangsgerät ist ein ungeeigneter Anknüpfungspunkt, um die Nutzer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks tatbestandlich zu erfassen und die Nutzungsintensität sachgerecht zu unterscheiden. Wegen dieser fehlerhaften Bemessungsgrundlage erreicht die Rundfunkabgabe nicht mehr alle Rundfunkempfänger, gewöhnt viele – auch jugendliche – Menschen an die Illegalität, schafft Ungleichheit unter den Nutzern. Sie ist deshalb rechtstaatlich bedenklich.“
Paul Kirchhof schlug die Haushaltsabgabe vor. Nur ein paar Wochen später, am 9. Juni 2010, beschlossen die Ministerpräsidenten der Länder, genau dieses Gebührenmodell ab 2013 einzuführen. Das gesamte Paul-Kirchhof-Gutachten mit dem Titel „Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – erstattet im Auftrag der ARD, des ZDF und D‑Radio“ können Sie ganz offiziell auf der Internetseite der ARD herunterladen.
Berufliche und private Verbundenheit
Die Verbundenheit der Kirchhof-Brüder geht weit über das gemeinsame Aufwachsen hinaus. Auch beruflich sind beide ähnliche Wege gegangen. Paul, 75 Jahre alt, war von 1987 bis 1999 Verfassungsrichter. Der 68-jährige Ferdinand übt dieses Amt seit 2007 aus. Er ist Vizepräsident des BVG. Beide sind damit in die Fußstapfen ihres Vaters Ferdinand senior getreten, der von 1959 bis 1979 Richter am Bundesgerichtshof war.
Auffällige Formulierungs-Ähnlichkeiten
Ferdinand junior sagte in seinen Urteil über den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk gestern: „Auf dieser Basis kann und soll er durch eigene Impulse und Perspektiven zur Angebotsvielfalt beitragen und unabhängig von Einschaltquoten und Werbeaufträgen ein Programm anbieten, das den verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenständlicher und meinungsmäßiger Vielfalt entspricht.“
Es liest sich für Böswillige ein bisschen so, als hätte er einfach Sätze aus dem Gutachten seines Bruders umgeschrieben. Dort heißt es: „Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist andererseits so zu gestalten, dass der Finanzertrag weitgehend vom ökonomischen Markt abgekoppelt und dadurch gesichert ist, ‚dass sich das Programm an publizistischen Zielen, insbesondere an dem der Vielfalt, orientiert, und zwar unabhängig von Einschaltquoten und Werbeaufträgen‘.“
Noch ein schönes Beispiel gefällig? Paul Kirchhof schrieb vor acht Jahren: „Der Abgabentatbestand muss deshalb grundsätzlich auf den Menschen, nicht das Empfangsgerät ausgerichtet werden.“
Im Urteil von Ferdinand Kirchhof heißt es: „Auf das Vorhandensein von Empfangsgeräten oder einen Nutzungswillen kommt es nicht an.“
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Quelle: Journalistenwatch.com