Deutschland kennt nur staatlich regu­liertes Glück

Wo kämen wir auch hin, wäre das Glück in Deutschland womöglich unre­gu­liert? Unvor­stellbar! Hier­zu­lande braucht alles seine Ordnung, ansonsten ist der Deutsche in seiner men­talen Existenz gefährdet. Unre­gu­lierte Zustände lösen beim Deut­schen angeblich post­wendend diffuse Ängste aus. Neben dem Glück wird unter anderem auch die “freie Infor­mation” staatlich geregelt. Das steht schon so im Grund­gesetz Artikel 5 drin. Genau dafür gibt es einen Staats­vertrag, den soge­nannten “Rund­funk­staats­vertrag”. Viel­leicht ist genau aus diesem Grunde das Wort “Staats­vertrag” beim Bürger so unbe­liebt. Er kann das immer nur mit einer harten Zah­lungs­pflicht in Ver­bindung bringen.

Um es jetzt vor­weg­zu­nehmen: Genau das Glück, besser das Glücks­spiel in Deutschland, wird eben­falls über einen Staats­vertrag geregelt. Das kann man an dieser Stelle nach­lesen: GlüStV, aus­ge­schrieben bedeutet das “Glücks­spiel­staats­vertrag”. Da haben sich dann alle deut­schen Bun­des­länder zusam­men­getan und das Glücks­spiel bun­desweit ein­heitlich geregelt. Die Ambi­tionen gehen aber noch deutlich weiter. Nicht dass die Welt am “deut­schen Wesen” genesen sollte, das geht ver­ständ­li­cher­weise aus his­to­ri­schen Gründen heut­zutage besser mit dem “euro­päi­schen Wesen”.

Im Rahmen der Euro­päi­sierung bemüht sich seither die EU, einen direk­teren Zugriff auf das Glück der in ihrem Gel­tungs­be­reich lebenden Men­schen zu ergattern. Völlig klar ist, dass das Glück auf Dauer EU-ein­heitlich zu gestalten ist. Es muss so har­mo­nisch werden wie Vieles andere auch, was die EU in die Hand nimmt. Ob es sich um Gurken- und Bana­nen­krüm­mungs­grade handelt oder unzeit­gemäße Natur­ge­setze, die es nach mensch­licher Ein­sicht zu regu­lieren gilt, die EU macht immer alles frisch. Mal sehen, ob nach den ent­spre­chenden EU-Rege­lungen noch irgendein legales deut­sches online-Casino übrig bleibt.

Glücks­spiel und Vertragsverletzung

Offen­sichtlich waren die Mit­glied­staaten der EU noch nicht fleißig genug bei der Anpassung ihrer natio­nalen Glücks­spiel­re­gu­lie­rungen, sodass die EU-Kom­mission zunächst ent­spre­chende Ver­trags­ver­let­zungs­ver­fahren auf den Weg brachte. Oder war die EU-Kom­mission einfach nicht kreativ genug? Wer auch immer die Kom­mission in der Folge, mit welchen Mitteln auch immer, zur Abkehr davon bewegte, sei dahin­ge­stellt. Hier der Hinweis dazu: Kom­mission stellt Ver­trags­ver­let­zungs­ver­fahren gegen Glücks­spiel­sektor und Behandlung dies­be­züg­licher Beschwerden ein. Es bleibt fest­zu­halten: “die Lobby funk­tio­niert”! Und das nicht nur in Sachen Glücks­spiel. Denken wir daran, es gibt noch wich­tigere Themen, wie bei­spiels­weise die all­jähr­liche Zeit­um­stellung, die eben­falls seit Jahren die EU beschäftigt.

Immerhin war man auch in Deutschland inzwi­schen sehr fleißig und hat bereits einen ersten “Glücks­spie­län­de­rungs­staats­vertrag” auf den Weg gebracht, kurz GlüÄndStV. Wie dem auch sei, damit sind wohl immer noch nicht alle Par­teien glücklich geworden, weshalb man weiter hart an ent­spre­chenden Ände­rungen arbeitet. Um das UNglück nicht her­auf­zu­be­schwören, hat man eine weitere Bremse betätigt: 2. Glücks­spie­län­de­rungs­staats­vertrag tritt nicht in Kraft. Na, da haben die Spieler ja noch mal Glück gehabt.

Glück ist eine Sache der Definition

Immerhin hat die EU-Kom­mission im Verlauf dieser unse­ligen Rechts­po­ker­runde einmal ein Gut­achten in der Schweiz beauf­tragt, wie sich das mit dem Glücks­spiel in Europa über­haupt verhält. Viel­leicht wurde der Auftrag in die Schweiz ver­geben, weil die dies­be­züglich als neutral ein­ge­stuft wird. Hier kann man 30 Seiten PDF-Zusam­men­fassung dazu lesen: Recht­liche Regelung des Glücks­spiels in den EU-Mit­glied­staaten. Es liest sich ähnlich spannend wie viele andere Gesetze und Ver­ord­nungen der EU. Inter­essant dabei sind die unter­schied­lichen Defi­ni­tionen von Glücks­spiel, hier nur mal die deutsche Variante:

Ein Glücks­spiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinn­chance ein Entgelt ver­langt wird und die Ent­scheidung über den Gewinn ganz oder über­wiegend vom Zufall abhängt. Die Ent­scheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der unge­wisse Ein­tritt oder Ausgang zukünf­tiger Ereig­nisse maß­geblich ist.

In diesem Sinne möchte man von ganzem Herzen nach Brüssel rufen, dass man sämt­liche von Deutschland an die EU gezahlten Bei­träge als “Spiel­einsatz” ver­steht. Anders als nach dem zuvor defi­nierten Zufalls­prinzip, sind die Bei­träge aber garan­tiert weg, sodass man hinter die 100 Prozent nur das Wort “Ver­lust­chance” anbringen müsste. Auf lange Sicht gilt das für die gesamte Insti­tution EU, da die anvi­sierten Zwangs­ver­ein­heit­li­chungen am Ende nicht unbe­dingt den jewei­ligen natio­nalen Lebens­prak­tiken ent­sprechen. Zuge­geben, das hat die EU auch noch nie wirklich interessiert.