Die Welt leidet unter Fiat-Geld

Stellen Sie sich einmal vor, Sie geben einem Bau­un­ter­nehmer den Auftrag, Ihnen ein Haus zu bauen. Die Bau­ar­beiten sind schon fort­ge­schritten, da defi­niert plötzlich der Bau­un­ter­nehmer die Maße neu: 1 Meter sind nicht mehr 100 cm, sondern nur noch 75 cm. Der rechte Winkel ist nicht mehr 90 Grad, sondern nur noch 84 Grad. 1 Kilo­gramm ist nicht mehr 1.000 Gramm, sondern nur noch 750 Gramm. Wie das Haus am Ende aus­sieht, kann man sich an drei Fingern abzählen. Überall gibt es Mängel: Das Haus ist wind­schief, Wände sind instabil, Decken ein­sturz­ge­fährdet, durch den Kel­ler­boden dringt Wasser ein. Es ist lebens­ge­fährlich das Haus zu betreten, geschweige denn darin zu wohnen.
Sehr ver­ehrte Damen, sehr geehrte Herren: Das wind­schiefe, instabile, undichte und ein­sturz­ge­fährdete Haus steht sinn­bildlich für unsere heu­tigen Volks­wirt­schaften, in denen die Men­schen Fiat-Geld ver­wenden (müssen), um ihre Käufe und Ver­käufe abzu­wi­ckeln, ihre Inves­ti­tionen zu kal­ku­lieren, ihre Kredite auf­zu­nehmen bezie­hungs­weise zu ver­geben und ihre Erspar­nisse anzulegen.
Konkret und nicht-meta­pho­risch lässt sich sagen: Der chro­nische Kauf­kraft­verlust des Geldes, die vie­lerorts zuneh­mende Spreizung zwi­schen Arm und Reich, das Auf­blähen und Platzen von Spe­ku­la­ti­ons­blasen, die Wirt­schafts­stö­rungen in Form von Boom und Bust, die stei­gende welt­weite Ver­schuldung und der immer größer wer­dende, aus­wu­chernde Staat – das alles sind unmit­telbare Folgen des Fiat­Geldes. Aber auch das gesell­schaft­liche und poli­tische Mit­ein­ander, das Moral- und Wer­te­system und die Kultur der Gesell­schaften erleiden Bles­suren durch das Ver­wenden von Fiat-Geld.
Fiat-Geld
Sie werden nun fragen: Was ist Fiat-Geld? Der Begriff „fiat“ leitet sich vom latei­ni­schen ab und bedeutet „so sei es“ oder „es finde statt“. Fiat-Geld ist also „ver­ord­netes Geld“ oder „auf­ge­zwun­genes Geld“ oder „Zwangsgeld“. (Zur Illus­tration: Wenn Sie gezwungen werden, einen Hund als Katze zu bezeichnen und zu behandeln, dann ist der Hund eine Fiat-Katze.)

Fiat-Geld – man kann es auch als „unge­decktes Papiergeld“ bezeichnen – zeichnet sich vor allem durch drei Eigen­schaften aus: (1) Fiat-Geld ist staatlich mono­po­li­siertes Geld. Die staat­lichen Zen­tral­banken haben das Pro­duk­ti­ons­mo­nopol des Geldes. (2) Fiat-Geld wird in der Regel durch Kre­dit­vergabe geschaffen, der keine echte Ersparnis gegen­über­steht. Es wird aus dem Nichts geschaffen, oder ex nihilo, wie der Lateiner sagt. Und (3): Fiat-Geld ist ent­ma­te­ria­li­siertes Geld. Es hat die Form von bunt bedruckten Papier­zetteln (genauer: Baum­woll­stücken) und Ein­trägen auf Com­pu­ter­fest­platten (Bits und Bytes). Ob US-Dollar, Euro, chi­ne­si­scher Ren­minbi, japa­ni­scher Yen, Bri­ti­sches Pfund oder Schweizer Franken: Sie alle sind Fiat-Geld.
Aus der Geld­theorie wissen wir, dass das Fiat-Geld kein “natür­liches”, kein “unschul­diges” Geld ist. Es ist vielmehr durch einen unrecht­mä­ßigen Akt auf die Welt gekommen. Ich darf die Erklärung dazu abkürzen, denn viele von Ihnen werden sie ver­mutlich kennen: Im System von Bretton Woods, der inter­na­tio­nalen Wäh­rungs­ordnung nach Ende des Zweiten Welt­krieges, ist der US-Dollar die Anker­währung des Systems: 35 US-Dollar ent­sprachen 1 Feinunze Gold (also 31,1034768 Gramm).
Alle übrigen Wäh­rungen – wie Fran­zö­si­scher Franc, Bri­ti­sches Pfund und D‑Mark – sind mit einem festen Wech­selkurs an den US-Dollar gebunden und können in den US-Dollar umge­tauscht werden. Auf diese Weise sind auch sie indirekt – über den US-Dollar – an das Gold gebunden.
In den 1950er und 1960er Jahren beginnen die USA, gegen die Regeln des Systems von Bretton Woods zu ver­stoßen. Sie betreiben eine zuse­hends infla­tionäre Geld­po­litik, erhöhten die US-Dollar-Geld­menge, ohne für eine ent­spre­chende Gold­de­ckung zu sorgen. Einige Nationen, allen voran Frank­reich, beginnen dar­aufhin, ihre US-Dollar-Bestände, die sie durch Export­über­schüsse erzielt haben, in phy­si­sches Gold bei der US-Zen­tralbank einzutauschen.
Die Gold­be­stände der Ame­ri­kaner beginnen abzu­schmelzen, und zwar in einem Ausmaß, dass eine Zah­lungs­un­fä­higkeit der USA in Gold zu befürchten ist (denn es wurden ja viel mehr US-Dollar aus­ge­geben, als Gold in der ame­ri­ka­ni­schen Zen­tralbank vor­handen ist). US-Prä­sident Richard Nixon ver­kündet dar­aufhin am 15. August 1971, dass fortan der US-Dollar nicht mehr in Gold ein­lösbar sei.
Durch diesen „mone­tären Ent­eig­nungsakt“ – der in der Lite­ratur beschö­nigend auch als das “Schließen des Gold­fensters” bezeichnet wird – ver­lieren der US-Dollar und damit auch alle übrigen Wäh­rungen die Anbindung an das Gold, ihnen wird sprich­wörtlich die Gold­de­ckung entzogen.
Durch diesen uni­la­te­ralen Hand­streich der US-Admi­nis­tration werden alle wich­tigen Wäh­rungen der Welt zu Fiat-Geld, und dadurch wird ein welt­weites Fiat­Geld­system aus der Taufe gehoben. 
Es waren nicht etwa öko­no­mische, sondern poli­tische Gründe, die für den Wechsel von Goldgeld zum Fiat-Geld ver­ant­wortlich waren. Regie­rungen wollen die Hoheit über die Geld­pro­duktion, um nach Gut­dünken in das Wirt­schafts- und Gesell­schafts­gefüge ein­greifen zu können, um zum Bei­spiel die Kon­junk­turen oder die Ein­kommens- und Ver­mö­gens­ver­teilung zu beein­flussen. Das Warengeld bezie­hungs­weise das Goldgeld steht solchen Machen­schaften im Wege – und musste weichen.
Geld ist ein Marktphänomen
An dieser Stelle ist es sinnvoll, dass wir uns eine wichtige geld­theo­re­tische Ein­sicht in Erin­nerung rufen: Dass nämlich das Geld – das all­gemein akzep­tierte Tausch­mittel – ein Phä­nomen des freien Marktes ist. Geld ent­steht im freien Markt, und zwar spontan und aus einem Sachgut. Das erklärt der öster­rei­chische Ökonom Carl Menger (1840 – 1921) bereits 1871 in seinem Buch Grund­sätze der Volks­wirt­schafts­lehre. Mengers Theorie wird von Ludwig von Mises (1881 – 1973) im Jahr 1912 mit einer logi­schen Begründung versehen.
Der Blick in die Wäh­rungs­ge­schichte zeigt in der Tat, dass Geld stets ein Sachgut war: in Form von Vieh, Muscheln, Salz, Ziga­retten, vor­zugs­weise aber in Form von Edel­me­tallen wie Gold und Silber. Denn Edel­me­talle, allen vor das Gold, haben die phy­si­schen Eigen­schaften, die es zu einem per­fekten Geld machen. Und deshalb wurden sie auch stets, wenn es den Men­schen frei­stand, als Geld ausgewählt.
Mit Mengers Theorie der Geld­ent­stehung können wir wissen, dass Fiat-Geld, oder: unge­decktes Papiergeld, nicht in einem freien Markt durch frei­willige Trans­ak­tionen ent­stehen kann. Der Ökonom Jörg Guido Hülsmann bemerkt dazu:
„Papiergeld ist niemals durch frei­willige Koope­ration zustande gekommen. In allen bekannten Fällen wurde es durch Zwang und Nötigung ein­ge­führt, manchmal unter Androhung der Todesstrafe.“
Als Fiat-Wäh­rungen haben folglich US-Dollar, Euro, chi­ne­si­scher Ren­minbi, japa­ni­scher Yen, Bri­ti­sches Pfund oder Schweizer Franken keinen legi­timen Ursprung. Ihre Ent­stehung ist alles andere als eine zivi­li­sa­to­rische Meisterleistung.
Dunkle Seiten des Fiat-Geldes
Viel­leicht denken Sie jetzt: Die Ent­stehung des Fiat­Geldes liegt ja schon lange zurück, warum sollte man den Fall nicht zu den Akten zu legen? Das aber wäre kein umsich­tiges Urteil. Denn die Ver­wendung von FiatGeld ist überaus fol­gen­reich: Diese Geldart leidet unter öko­no­mi­schen und ethi­schen Defekten, von denen viele Men­schen häufig wenig oder gar nichts wissen. Ich darf daher im Fol­genden auf einige dieser Defekte hinweisen.
(i) Fiat-Geld ist infla­tionär. Es ver­liert seine Kauf­kraft im Zeit­ablauf, weil seine Menge von den staat­lichen Zen­tral­banken unab­lässig und nach poli­ti­schen Erwä­gungen ver­mehrt wird. Infla­tio­näres Geld ist jedoch schlechtes Geld, weil es die Wirt­schafts­rechnung erschwert und viele Men­schen um die Früchte ihrer Arbeit und Spar­samkeit bringt.
(ii) Fiat-Geld begünstigt einige auf Kosten vieler. Es sorgt für eine Umver­teilung von Ein­kommen und Ver­mögen, indem es die Erst­emp­fänger des neuen Geldes begünstigt auf Kosten der­je­nigen, die die neue Geld­menge erst später erhalten oder gar nichts von ihr abbe­kommen (das ist der „Can­tillon Effekt“).
Zwar führt jede Erhöhung der Geld­menge zu einer Umver­teilung von Ein­kommen und Ver­mögen, und zwar not­wen­di­ger­weise. Das ist beim Warengeld wie auch beim Fiat-Geld der Fall.
Die Umver­teilung fällt jedoch beim Fiat-Geld besonders stark aus – und das ist ja auch der Grund, warum der Staat das Warengeld durch sein eigenes, beliebig ver­mehr­bares Fiat-Geld ersetzt hat: Der Staat und die ihm besonders nahe­ste­henden Gruppen pro­fi­tieren vom infla­tio­nären Geld auf Kosten der übrigen.
(iii) Fiat-Geld sorgt für Wirt­schafts­stö­rungen, für Boom-und-Bust. Denn die Ver­mehrung der Geld­menge durch Bank­kre­dit­vergabe senkt die Markt­zinsen künstlich ab. Die Ersparnis nimmt dadurch ab, und Inves­ti­tionen und Konsum nehmen zu. Die Volks­wirt­schaft beginnt über ihre Ver­hält­nisse zu leben. Früher oder später zer­platzt der monetär ange­zet­telte Schein­auf­schwung, und aus dem Boom wird ein Bust.
(iv) Fiat-Geld treibt die Volks­wirt­schaft in die Über­schuldung. Die künstlich gesenkten Zinsen ver­leiten Private, Unter­nehmen und Staaten zur Schul­den­wirt­schaft. Die Schul­den­lasten wachsen dabei im Zeit­ablauf stärker an, als die Ein­kommen zunehmen.
(v) Fiat-Geld lässt den Staat aus­wu­chern – zu Lasten der Freiheit der Bürger und Unter­nehmen. Das Fiat-Geld erlaubt es dem Staat, seine Finanz­kraft gewaltig aus­zu­weiten, und damit kann er sich im wahrsten Sinne des Wortes eine wach­sende Gefolg­schaft erkaufen, die Wähler bestechen.
(vi) Das Fiat-Geld beschädigt die Moral- und Wer­te­vor­stel­lungen der Men­schen, die mit Fiat-Geld tag­täglich umgehen.
Das Fiat-Geld ver­lockt zum Leben auf Pump, befördert Konsum zu Lasten der Erspar­nis­bildung, erhöht die Gegen­warts­ori­en­tierung der Men­schen zu Lasten ihrer Zukunfts­ori­en­tierung. Das Leben wird kurz­at­miger, weniger reflek­tiert und weniger verantwortungsvoll.
Wer sich in Fiat-Geld ver­schuldet, ent­wi­ckelt rasch eine geradezu skla­vische Treue zu dem vor­herr­schenden Wirt­schafts- und Poli­tik­system, in dem er die benö­tigten Ein­kommen erzielt, um seinen Schul­den­dienst leisten zu können.
Je länger Fiat-Geld ver­wendet wird, desto mehr Arbeit­nehmer und Unter­nehmer werden abhängig von der Fort­führung des Fiat-Geld­systems. Arbeits­plätze, Alters­vor­sorge, Auf­träge und Gewinne, die beruf­liche Kar­riere und der soziale Status vieler Men­schen – alles steht und fällt mit dem Wirt­schafts- und Gesell­schafts­system, das vom Fiat-Geld mit­ge­formt wird.
Eine wach­sende Zahl von Men­schen wird auf­grund des Eigen­nutz­kalküls zum wil­ligen Unter­stützer des Fiat­Geldes. Das eröffnet in Krisen den poli­ti­schen Spielraum, um „Ret­tungs­maß­nahmen“ in großem Stile auf den Weg zu bringen – in Form von zum Bei­spiel Kre­dit­ga­rantien, Nied­rig­zinsen, Geld­spritzen et cetera –, um das Fiat-Geld vor dem Zusam­men­bruch zu bewahren.
Es sind vor allem die Krisen, für die das Fiat-Geld sorgt, die sich als ein Wachs­tums­elixier für den Staat erweisen. Denn in der Krise werden regel­mäßig und fälsch­li­cher­weise die freien Märkte als Schuldige an den Pranger gestellt – nicht aber das staat­liche Fiat-Geld.
Dem Staat eröffnen sich so Mög­lich­keiten, neue Ge- und Verbote, neue Gesetze zu erlassen, durch die die frei­heit­liche Wirt­schafts- und Gesell­schafts­ordnung immer weiter aus­ge­höhlt, durch die sie nach und nach in eine Befehls- und Zwangs­wirt­schaft umge­formt wird. Das Fiat-Geld lässt folglich die Frei­heits­grade der Bürger und Unter­nehmer schwinden, es unter­gräbt sie zusehends.
Behar­rungs­kräfte des Fiat-Geldes
Letz­teres ist eine ganz wichtige Ein­sicht, weil eine Volks­wirt­schaft das Fiat-Geld, wenn es erst einmal eine Zeit lang in der Welt ist, nicht so ohne wei­teres wieder loswird.
Das Fiat-Geld zer­stört sich nämlich nicht not­wen­di­ger­weise selbst. Wer meint, man bräuchte nur warten, bis die Sache sich von selbst erledigt, könnte ent­täuscht werden. Den Grund will ich kurz aufzeigen.
In der reinen Theorie ist es so, dass ein Aus­weiten der Fiat-Geld­menge durch Kre­dit­vergabe einen künst­lichen Boom in Gang setzt, der not­wen­di­ger­weise in sich zusam­men­brechen und in einen Bust führen muss. Das haben die Arbeiten zur mone­tären Kon­junk­tur­theorie, wie sie ins­be­sondere von Ludwig von Mises und Friedrich August von Hayek vor­gelegt wurden, abschließend erklärt.
Dazu ein Zitat von Ludwig von Mises:
„Früher oder später muss es zum Zusam­men­bruch des durch die Kre­dit­aus­weitung aus­ge­lösten Auf­schwungs kommen, und der Anpas­sungs­prozess, den man Nie­dergang der Kon­junktur nennt, wird umso schmerz­licher sein und umso mehr Zeit bean­spruchen, je länger die Kre­dit­aus­weitung fort­ge­setzt worden war … .“
Die Aussage, dass der Boom in einen Bust umschlägt, gilt aller­dings nur unter „sonst gleichen Bedin­gungen“, also nur unter der “ceteris paribus”-Klausel.
Wendet man die reine Theorie auf die reale Welt an, muss man Fol­gendes berück­sich­tigen: Solange es ein gewisses Maß an (Wirtschafts-)Freiheit gibt, bringen Unter­nehmen Produkt- und Pro­zess­in­no­va­tionen hervor, und das lässt die Volks­wirt­schaften wachsen, es erhöht ihre Leistungsfähigkeit.
Und solange es pro­duktive Fort­schritte gibt, werden auch die nega­tiven Folgen des Fiat-Geldes abge­mildert, weil sich vor allem die Schul­den­trag­fä­higkeit der Volks­wirt­schaften ver­bessert. Auf diese Weise kann ein Boom länger dauern, als man viel­leicht zunächst denken könnte.
Es ist sogar denkbar, dass der Boom lange anhält, bezie­hungs­weise dass es nur hier und da kleine Busts gibt, der große Bust aus­bleibt, weil es der Volks­wirt­schaft gelingt, ihre pro­duktive Basis trotz des Fiat-Geldes weiter zu verbessern.
Das schließt natürlich nicht den Extremfall aus, dass das Fiat-Geld die pro­duktive Leis­tungs­fä­higkeit der Volks­wirt­schaft so stark schädigt, dass sie schluss­endlich unter ihrer Schul­denlast kollabiert.
Ist die Schul­denlast irgendwann zu groß geworden, werden Regierte und Regie­rende ver­suchen, ihr zu ent­kommen: durch Schul­den­schnitte und/oder durch die Ent­wertung des Geldes, also durch eine Politik der hohen Inflation.
Doch auch dadurch muss das Fiat-Geld nicht unter­gehen. Es kann selbst Hyper­in­flation über­leben – man blicke nur einmal nach Latein­amerika. Der Untergang der deut­schen Papiermark im November 1923 war so gesehen ein Son­derfall: Die Hyper­in­flation war hier so stark, dass die Mark auf­hörte, als Geld zu dienen.
Nein, das Fiat-Geld schafft sich nicht not­wen­di­ger­weise selbst ab. In diesem Sinne schrieb auch der US-ame­ri­ka­nische Ökonom Murray N. Rothbard 1962:
„[I]f fiat money could not con­tinue inde­fi­nitely, I would not have to come here to plead for its abolition.“
Über­setzt: „Wenn das Fiat-Geld nicht unbe­grenzt fort­ge­führt werden könnte, wäre ich hier nicht erschienen, um für seine Abschaffung zu plädieren.“
Doch bevor wir auf die Frage nach der Mög­lichkeit, sich vom Fiat-Geld abzu­kehren, zu sprechen kommen, möchte ich auf die euro­päische Ein­heits­währung, den Euro, ein­gehen. Denn der Euro ist eine besonders pro­ble­ma­tische Fiat-Währung.
Folgen des Fiat-Euro
Wie Sie alle wissen, wurde der Euro 1999 durch den Zusam­men­schluss, durch ein Ver­schmelzen, von natio­nalen Fiat-Wäh­rungen geschaffen: Aus vielen ein­zelnen Fiat-Wäh­rungen wurde eine große Fiat-Währung gemacht.
Dass dem Fiat-Euro damit natürlich alle Defekte anhaften, unter denen jede Fiat-Währung leidet, ist unmit­telbar ein­sichtig. Ich will nun einige Folgen des Fiat-Euro illustrieren.
Seit seiner Ein­führung hat der Euro (soweit er unver­zinslich gehalten wurde) fast 30 Prozent seiner Kauf­kraft ver­loren (gemessen an den Kon­su­men­ten­preisen). Es ist also eine Illusion, ein fal­sches Ver­sprechen, der Euro könne den Bürgern zur Wertauf­be­wahrung dienen. Legt man die Häu­ser­preise zugrunde, beträgt die Kauf­kraft-Ent­wertung des Euro 44 Prozent.
Der öffent­liche Schul­den­stand im Euroraum betrug 1999 70,6 Prozent des BIPs im Euroraum, heute sind es knapp 87 Prozent – und liegt damit deutlich über der ursprünglich anvi­sierten Höchst­grenze des Maas­tricht-Ver­trages von 60-Prozent. Der Euro hat die Ver­schuldung also weiter ansteigen lassen.
In der Zeit von 1999 bis Anfang 2018 hat die reale Wirt­schafts­leistung um 30,5 Prozent zugelegt, die Geld­menge ist hin­gegen um 168 Prozent gestiegen (also fünf­einhalb Mal so stark!).
Die Bilanz des Euro-Ban­ken­ap­pa­rates wurde durch die EZB-Geld­po­litik von 14,7 Bil­lionen Euro auf 30,8 Bil­lionen Euro auf­ge­bläht – das ent­spricht etwa 268 Prozent des Euroraum-Bruttoinlandsproduktes.
Die faulen Kredite der Euro-Banken werden aktuell auf knapp 760 Mrd. Euro geschätzt – und belaufen sich damit auf ungefähr 30 Prozent des bilan­zierten Eigen­ka­pitals der Euro-Banken.
Doch die unheil­vollen Effekte des Fiat-Euro zeigen sich nicht nur in harten Zahlen. Sie treten auch in wach­senden Unstim­mig­keiten, in Zwist und Zank zwi­schen den Euro-Teil­neh­mer­ländern zutage.
Viele Men­schen bemerken, dass die Dinge sich für sie nicht so ent­wi­ckeln, wie sie es ihnen vor der Euro-Ein­führung ver­sprochen wurde; sie rea­li­sieren, dass sie abge­hängt werden.
Bei­spiels­weise beklagt man in Italien sich lauthals über das stran­gu­lie­rende Diktat aus Brüssel, Paris und Berlin. In Deutschland fühlen sich hin­gegen viele als Melkkühe. Im kleinen Grie­chenland scheint man hin­gegen auf­gehört zu haben mit dem Aufbegehren.
Eine Fiat-Währung für viele Nationen, die unter­schied­liche Kul­turen, Sprachen und Tra­di­tionen haben, ist ganz besonders pro­ble­ma­tisch. Die Kon­flikte, die sie her­vor­bringt, ent­stehen nicht nur innerhalb der teil­neh­menden Nationen, sondern auch zwi­schen ihnen.
Den Fiat-Euro als frie­den­stiftend zu glo­ri­fi­zieren, ist eine ideo­lo­gische Ver­brämung, sie ver­kennt die geld­theo­re­ti­schen und natio­nal­öko­no­mi­schen Erkennt­nisse. Eine Fiat-Währung, die unter­schied­lichen Nationen über­stülpt wird, erweist sich vielmehr als ein Spaltpilz.
Zwangs­um­ver­teilung
Der Euro wäre – und das ist ver­mutlich nicht über­trieben zu sagen – längst gescheitert, hätte die EZB die Zinsen nicht auf bezie­hungs­weise unter die Null­linie gedrückt.
Es ist eine Mischung aus Zins­narkose und Kredit- und Geld­men­gen­ver­mehrung, mit der die EZB Staaten und Banken im Euroraum über Wasser hält.
Die supra-nationale EZB – fernab von jeder effek­tiven par­la­men­ta­ri­scher Kon­trolle – ist zur Macht­zen­trale im Euroraum auf­ge­stiegen. Sie ist es, die über Wohl und Wehe von Staaten und Banken und damit auch über Pro­duk­tions- und Beschäf­ti­gungs­struktur in den Volks­wirt­schaften maß­geblich mitentscheidet.
Sie hat zwar den „beschei­denen“ Auftrag, den Euro stabil zu halten. De facto betreibt sie jedoch eine Umverteilungspolitik.
Durch die künst­liche Absenkung der Euro-Zinsen erschwert bezie­hungs­weise ver­un­mög­licht die EZB es den Sparern, für ihr Alter anzu­sparen. Und auch wenn die Sparer die Folgen noch nicht heute spüren, sie werden sie künftig noch schmerzlich zu spüren bekommen, wenn die Pen­sionen kleiner als erwartet ausfallen.
Begünstigt werden bei all dem Kre­dit­nehmer: denn sie werden mit nied­rigen Kre­dit­kosten sub­ven­tio­niert. Die künstlich gesenkten Zinsen halten die wenig pro­duk­tiven Unter­nehmen künstlich am Leben. Den bes­seren Anbietern wird es dadurch erschwert, Markt­an­teile hin­zu­zu­ge­winnen. Die Aus­le­se­funktion des Marktes wird gestört, und die künftige Wohl­stands­mehrung leidet.
Kurzum: Mit der Null­zins­po­litik ent­wertet die EZB die Zukunft zu Gunsten der Gegenwart.
All diese erzwun­genen Umver­tei­lungen spielen sich national wie grenz­über­schreitend ab. Wer dabei was bekommt, und wem was genommen wird, lässt sich aus Sicht vieler ver­mutlich gar nicht genau beziffern.
Und wenn niemand so genau weiß, ob er zu den Geschä­digten oder den Gewinnern des Umver­tei­lungs­ka­rus­sells gehört, schwächt das natürlich auch den Wider­stand in der Öffent­lichkeit – und das erlaubt der EZB, unge­niert weiterzumachen.
Unüber­sehbar sind jedoch die berühmt-berüch­tigten Target-2-Salden. Derzeit beläuft sich der deutsche Target-2-Saldo auf 956,2 Mrd. Euro – das sind fast 30 Prozent des deut­schen BIPs – ein Betrag, der den deut­schen Steu­er­ein­nahmen für 1,4 Jahre ent­spricht. Dieser Betrag steht im Feuer.
Hinter dem Target-2-Saldo ver­birgt sich eine unbe­si­cherte, unver­zins­liche Kre­dit­ge­währung der Deut­schen Bun­desbank an andere Euro-Zentralbanken.
Der Target-2-Saldo reprä­sen­tiert nicht nur ein Kre­dit­aus­fall­risiko, das die deut­schen Steu­er­zahler zu tragen haben.
Er reflek­tiert auch eine Umver­teilung von Ein­kommen und Ver­mögen in einem gewal­tigen Ausmaß. Denn die chro­nisch unaus­ge­gli­chenen Target-2-Salden bewirken das Folgende:
Ländern, die noch ver­hält­nis­mäßig gut dastehen, wird die Sub­stanz ent­zogen, und sie wird an die Länder wei­ter­ge­reicht, die ver­gleichs­weise schlecht dastehen. (Das schwört Erin­ne­rungen zur frü­heren Sowjet­union herauf, die eben­falls ihren wirt­schaftlich in der Regel besser daste­henden Sate­lit­ten­staaten Tribute abver­langte und sie dadurch wirt­schaftlich schwächte.)
Welt­währung
Bis hierin ist die Bilanz zum Euro nicht positiv aus­ge­fallen. Der Grund dafür ist, dass der Euro Fiat-Geld ist.
Die Ent­ste­hungs­ge­schichte des Fiat-Euro hält aller­dings eine weitere, wichtige Lehre – ver­mutlich sollte man besser sagen: Warnung – bereit.
Wir haben bereits gehört, dass jeder Staat die Geld­pro­duktion mono­po­li­sieren will, und dass der Staat ein Interesse daran hat, sein eigenes Fiat-Geld herauszugeben.
Ein Staat hat kein Interesse an einem Wäh­rungs­wett­bewerb: dass also die Bürger die Mög­lichkeit haben, sich ihr Geld frei auszuwählen.
Denn dann sind die Mög­lich­keiten für den Staat, seine Aus­gaben durch die Noten­presse zu finan­zieren, begrenzt; er kann dann nicht durch schlei­chende Inflation die Ein­kommen seiner Bürger enteignen.
Infla­tio­niert ein Staat seine Währung stärker als die anderen Staaten, muss er Kapi­tal­flucht und damit Steu­er­aus­fälle befürchten, und auch eine für alle sichtbare Abwertung seiner Währung auf den Devi­sen­märkten, die eben­falls die Nach­frage nach seiner Währung beeinträchtigt.
Der Staat ver­sucht daher, in seinem Gebiet den Wäh­rungs­wett­bewerb auszuschalten.
Poli­tisch gleich­ge­sinnte Staaten schließen sich sogar zu einem Feldzug gegen den Wäh­rungs­wett­bewerb zusammen.
In Europa begann dieser Feldzug bereits in den 1970er Jahren, ins­be­sondere ab 1979 mit dem Euro­päi­schen Wäh­rungs­system (EWS). Was lange währte, ist 1999 geglückt: 10 nationale Wäh­rungen wurden durch den Euro ersetzt. Damit war der Wäh­rungs­wett­bewerb in Europa beendet.
Zumal der Euro prin­zi­piell als Mau­se­fal­len­währung kon­zi­piert ist: Man kommt hinein, aber nicht mehr hinaus.
Für das, was sich „im kleinen“ in Europa zuge­tragen hat, gibt es auf glo­baler Ebene eine Entsprechung.
Die Agenda der “poli­ti­schen Glo­ba­listen” strebt bekanntlich eine immer engere Koope­ration der Ein­zel­staaten an mit dem Fernziel, eine ein­heit­liche Welt­re­gierung, einen Welt­staat, zu schaffen, ein­schließlich einer Welt-Fiat-Währung, die von einer Welt-Zen­tralbank her­aus­ge­geben wird.
Es bedarf nicht vieler Worte, um sich diese Dys­topie aus­zu­malen. Die Bürger hätten beim Geld keine Wahl- und Aus­weich­mög­lich­keiten mehr – und der Welt­staat hätte einen sehr großen Spielraum, sein Geld­pro­duk­ti­ons­mo­nopol für eigene Zwecke einzusetzen.
Die mone­tären und wirt­schaft­lichen Ver­wer­fungen, für die das Fiat-Geld sorgt, würden alle Volks­wirt­schaften der Welt heim­suchen, keine Volks­wirt­schaft könnte mehr einer mone­tären Fehl­ent­wicklung entkommen.
Auch die Abschaffung des Bar­geldes ließe sich weltweit per Hand­streich durch­führen. Genauso wie ein Nega­tivzins, durch den die Schulden der Banken ent­wertet werden können.
Derzeit scheint aller­dings dem poli­ti­schen Glo­ba­lismus die Luft aus­ge­gangen zu sein, er hat einen schweren Rück­schlag erlitten: Die Ver­ei­nigten Staaten von Amerika unter Prä­sident Donald J. Trump haben dem poli­ti­schen Glo­ba­lismus den Rücken gekehrt.
Doch diese Moment­auf­nahme sollte nicht darüber hin­weg­täu­schen, dass, solange es Staaten gibt (ver­standen als ter­ri­to­riale Mono­po­listen mit der Letzt­ent­schei­dungs­macht über alle Kon­flikte in ihrem Gebiet), auch Bestre­bungen im Gange sind, dem Wäh­rungs­wett­bewerb das Wasser abzugraben.
Ein Wett­bewerb zwi­schen staat­lichen Fiat-Wäh­rungen, wie es ihn derzeit gibt (zwi­schen US-Dollar, Euro, chi­ne­si­schem Ren­minbi, Bri­ti­schem Pfund etc.), ist daher nur eine Zwi­schen­stufe – hin zu einer ein­heit­lichen Weltwährung.
Lösungen
Sehr geehrter Damen, sehr geehrte Herren,
öko­no­mische und ethische Über­le­gungen führen uns zur Schluss­fol­gerung: Das Fiat-Geld ist schlechtes Geld. Ein staat­liches Fiat-Geld ist eine akute Bedrohung für eine frei­heit­liche Wirt­schafts- und Gesellschaftsordnung.
Man kann daher sagen: Die Welt leidet unter Fiat-Geld. Doch welche Alter­native gibt es denn zum Fiat-Geld? Und wie kann das gelingen?
Friedrich August von Hayek (1899 – 1992) erinnert uns daran, dass das Geld in den Händen des Staates nicht gut auf­ge­hoben ist, und er plä­diert für einen freien Markt für Geld, also für ein „natür­liches Geld“:
„Die Geschichte staat­lichen Umgangs mit Geld ist, mit Aus­nahme einiger kurzer glück­licher Perioden, eine Geschichte von unab­läs­sigem Lug und Trug. In dieser Hin­sicht haben sich Regie­rungen als weit unmo­ra­li­scher erwiesen, als es je eine pri­vat­recht­liche Kör­per­schaft hätte sein können, die im Wett­bewerb mit anderen eigene Arten von Geld auf den Markt bringt.”
Gutes Geld, so Hayek, ent­steht im freien Markt, und zwar durch die freie Nach­frage nach und das freie Angebot von Geld.
Ein freier Markt für Geld funk­tio­niert wie jeder andere Markt auch: genauso wie die Märkte für Sport­schuhe, Urlaubs­reisen, Bücher, Unter­hal­tungs­elek­tronik – durch die ja bekanntlich die Kun­den­wünsche best­möglich bedient werden.
In einem freien Markt für Geld bildet sich gutes Geld heraus: Die Geld­nach­frager wählen nämlich das Gut als Geld, das ihren Anfor­de­rungen und Wün­schen am besten erfüllt; schlechtes Geld fragen sie nicht nach.
Doch wie kann ein freier Markt für Geld ent­stehen? Im Grunde ist das ganz einfach: Um einen freien Markt für Geld zu schaffen, müssen bei­spiels­weise die Zahl­kraft­ge­setze und die steu­er­liche Benach­tei­ligung von Gütern, die zu Zah­lungs­zwecken ver­wendet werden können, abge­schafft werden.
Doch gerade das mag ja kein Staat, werden Sie nun ent­gegnen! Und damit haben Sie grund­sätzlich Recht.
Wenn es aber Wett­bewerb zwi­schen Staaten um inter­na­tio­nales Kapital und Talente gibt, wenn die Staaten nicht im Gleich­schritt mar­schieren, sondern im inter­na­tio­nalen Stand­ort­wett­bewerb stehen, ändert sich das Bild.
Unter diesen Bedin­gungen kann es für ein Land durchaus sinnvoll sein, alter­native Zah­lungs­mittel zuzu­lassen und sich dadurch einen inter­na­tio­nalen Stand­ort­vorteil zu verschaffen.
Ich möchte an dieser Stelle unsere Vor­stel­lungs­kraft nicht über­stra­pa­zieren, sondern nur darauf hin­weisen, dass die Bedin­gungen für die Mög­lichkeit, dass ein freies Marktgeld spontan ent­steht, nicht uner­reichbar sind, wenn zwei Hürden über­wunden werden.
(1) Die erste Hürde ist ein Erkenntnis- und Auf­klä­rungs­problem: Das Wissen um die schäd­lichen Folgen des Fiat-Geldes ist bei den Betrof­fenen in der Regel immer noch nicht allzu groß.
Ein Grund ist, dass die moderne Volks­wirt­schafts­lehre keinen Anstoß am Fiat-Geld­system nimmt. Sie pro­ble­ma­ti­siert nicht die öko­no­mi­schen und ethi­schen Folgen des Fiat-Geldes.
Nam­hafte Öko­nomen emp­fehlen bei­spiels­weise unver­drossen, den Euro zu retten mit neuen Regeln, Gesetzen, Garantien, einem Euro­päi­schen Wäh­rungs­fonds oder einer Ban­ken­union – obwohl das nur an den Sym­ptomen der Miss­stände her­um­ku­riert, die Ursachen aber unan­ge­tastet bleiben.
Man muss sich in der Tat fragen, ob die vielen “Hauptstrom”-Ökonomen tat­sächlich nicht um die Fiat-Geld-Pro­ble­matik wissen, oder ob sie sie sehr wohl kennen, sich aber scheuen, Ross und Reiter zu nennen, um bei der Politik nicht in Miss­gunst zu geraten und ihre Kar­riere zu gefährden.
Doch im Zeit­alter des Internets, der Social Media bestehen mitt­ler­weile sehr gute Chancen, das Erkenntnis- und Auf­klä­rungs­problem zu lösen: Viele Men­schen lassen sich auf diese Weise auf­klären über die Defekte des Fiat-Geldes und die Mög­lich­keiten, es durch gutes Geld zu ersetzen.
(2) Die zweite Hürde ist das Eigen­nutz­problem. Natürlich halten viele Men­schen am Status quo fest – weil sie sich vom Fiat-Geld­system als begünstigt ansehen, oder weil sie die Vor­teile, die ein Wechsel zum freien Marktgeld bringen würde, nicht abschätzen können.
Ob sich das Eigen­nutz­problem poli­tisch lösen lässt, ist fraglich – und das gilt gerade für Volks­wirt­schaften, in denen der Staat bereits eine große Rolle im Wirt­schafts- und Gesell­schafts­leben spielt.
Was es braucht, ist zumindest ein erfolg­reiches Refe­renz­projekt, ein Zah­lungs­mittel mit einem prak­ti­kablen Zah­lungs­ab­wick­lungs­system, das die Geld­ver­wender als attraktive Alter­native zum Fiat-Geld erblicken – weil es zum Bei­spiel schneller, sicherer und bil­liger ist.
Der Markt bringt bereits solche Angebote hervor. Stich­worte sind hier die Block­chain, Cyber­ein­heiten wie Bitcoin & Co sowie gold­ge­deckte Spar- und Zahlungssysteme.
Der­artige Angebote lenken die Geld­nach­frage um, vom Fiat-Geld weg, hin zum freien Marktgeld. Das würde anfänglich ver­mutlich mit Klein­zah­lungen beginnen, aber auch das Motiv, die Erspar­nisse nicht mehr dem Fiat-Geld anzu­ver­trauen, sondern auf zum Bei­spiel Gold und Silber oder auch auf Aktien zu setzen, senkt die Fiat-Geld­nach­frage zu Gunsten der Nach­frage nach dem bes­seren Geld.
Nach und nach kann sich dann auch ein Kredit- und Kapi­tal­markt in der neuen Währung her­aus­bilden. Damit wird das Fiat-Geld “dis­zi­pli­niert”, mög­li­cher­weise auch schritt­weise aus dem Markt gedrängt.
Würde man einen freien Markt für Geld zulassen – hier und jetzt in Europa oder in der gesamten Welt –, so wäre meine Ver­mutung, dass sehr rasch, viel­leicht schon binnen weniger Tage oder Stunden, das Gold – in Form eines digi­talen Gold­geldes – zum Grundgeld des mone­tären Systems gewählt würde.
Wie gesagt, eine per­sön­liche Spe­ku­lation, die aller­dings auf zeitlose geld­theo­re­tische Über­le­gungen zurück­greift, und die in einem Zitat von Ludwig von Mises ihre Grundlage finden:
„Man hat an der Gold­währung manches aus­zu­setzen gewusst; man hat ihr den Vorwurf gemacht, dass sie nicht voll­kommen sei. Doch niemand weiss anzu­geben, wie man an Stelle der Gold­währung Voll­kom­me­neres und Bes­seres setzen könnte.“
Vor­schläge
Wie sähe denn, konkret gesprochen, ein freier Markt für Geld aus? Hier gäbe es keine Zen­tral­banken, keine Zins­po­litik, keine poli­tische ver­ordnete Geldmengenvermehrung.
Banken sind aktiv als Lager­stätten und würden Ver­wahrund Zah­lungs­dienst­leis­tungen für das Grundgeld anbieten.
Jeder könnte wei­terhin wie gewohnt mit Bargeld, Schecks, Last­schrift, Kre­dit­karten etc. bezahlen, könnte elek­tro­nische Zah­lungen per PayPal und anderen Anbietern abwickeln.
Es gäbe auch Banken, die Kredite ver­geben – indem sie vor­han­denes Geld vom Sparer zum Investor wei­ter­leiten. Durch ihre Kre­dit­vergabe würden sie jedoch kein Geld mehr produzieren.
Es gäbe wei­terhin Aktien- und Anlei­he­märkte, Deri­va­tiv­märkte, Märkte für Schuldpapiere.
Die chro­nische Geld­ent­wertung – die Plün­derung der breiten Bevöl­kerung – wäre gestoppt; Boom und Bust gehörten der Ver­gan­genheit an; die Ver­schuldung könnte nicht mehr sys­te­ma­tisch aus­ufern; und die Herr­schafts­macht bliebe beschränkt.
An dieser Stelle ist es wichtig zu betonen: Es gibt Lösungswege, die vom Fiat-Geld weg und hin zu bes­serem Geld führen.
Und mit den tech­no­lo­gi­schen Neue­rungen, die mitt­ler­weile ver­fügbar sind, sind die Chancen für das Ent­stehen eines freien Markt­geldes besser denn je.
Was nach wie vor erfor­derlich ist, das ist die Auf­klä­rungs­arbeit: Dass das heutige Fiat-Geld schlechtes Geld ist; dass gutes Geld möglich ist, dass der freie Markt bes­seres Geld bereit­stellt; und dass es keine über­zeu­genden öko­no­mi­schen und ethi­schen Gründe gibt, warum Staaten und Regie­rungen die Geld­pro­duktion mono­po­li­sieren sollten.
Spä­testens im Zuge einer neu­er­lichen Erschüt­terung des mone­tären Systems – und das Fiat-Geld wird sie her­bei­führen – wird ver­mutlich die Suche nach bes­serem Geld Fahrt auf­nehmen – denn dann wird die öko­no­mische Bereit­schaft der Geld­nach­frager steigen (weil die Wech­sel­kosten sinken), nach bes­serem Geld Aus­schau zu halten.
Wie der Prozess aus­sehen wird, lässt sich vorab natürlich nicht sagen. Was sich aber schon jetzt sagen lässt, ist das Folgende:
Sparer und Inves­toren sollten nicht darauf ver­trauen, dass die Kauf­kraft des Fiat-Geldes – ob US-Dollar oder Euro – erhalten bleibt, wie es ihnen von Main­stream-Öko­nomen, Zen­tral­bank­räten, Regie­rungs­ver­tretern, dem poli­ti­schen Estab­lishment erzählt wird.
Schon heute ist das Fiat-Geld ein Ver­lust­ge­schäft für die, die ihm ihre Erspar­nisse anver­trauen, und die Ver­luste werden ganz sicher zunehmen, wenn der Wäh­rungs­wett­bewerb an Fahrt gewinnt.
Und dass der Wäh­rungs­wett­bewerb einen Schub erhält, dazu sollten meine Aus­füh­rungen einen Beitrag leisten.
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, ich bedanke mich für Ihre Auf­merk­samkeit und hoffe, dass meine Aus­füh­rungen für Sie anregend und auch etwas auf­regend waren.

Dieser Vortrag wurde am 14. Juni 2018 im Baye­ri­schen Hof bei den Münchner Wirt­schafts­ge­sprächen, ver­an­staltet von der Stiftung für Freiheit und Ver­nunft, gehalten.
Thorsten Polleit, 50, ist seit April 2012 Chef­volkswirt der Degussa Gold­handel GmbH. Er ist Hono­rar­pro­fessor für Volks­wirt­schafts­lehre an der Uni­ver­sität Bay­reuth, Adjunct Scholar am Ludwig von Mises Institute, Auburn, US Alabama, Mit­glied im For­schungs­netzwerk „Research On money In The Economy“ (ROME) und Prä­sident des Ludwig von Mises Institut Deutschland. Er ist Grün­dungs­partner und volks­wirt­schaft­licher Berater der Polleit & Rie­chert Investment Management LLP. Die private Website von Thorsten Polleit ist: www.thorsten-polleit.comHier Thorsten Polleit auf Twitter folgen.