Kramp-Karrenbauer fordert „Soziales Jahr“ für seit Kurzem hier Lebende
(Von Meinrad Müller)
Auf deinem Mist gewachsen?
Wer mit dieser Frage konfrontiert wird, der hört den Zwischenton und fühlt sich oder eine seiner Handlungen erst einmal in Zweifel gezogen. Um dies richtig verstehen zu wollen, analysieren wir zunächst die biologischen Grundlagen.
Wer in den Augen Dritter Mist „gebaut“ hat, scheint ein Werk vollbracht zu haben, das in seiner Güte von der erwarteten Qualität abzuweichen scheint.
Zunächst: Was wird unter dem Begriff Mist landläufig verstanden? Wer selbst noch Bürger mit “deutschen Wurzeln“ ist und aus Erzählungen seiner autochthonen Vorfahren weiß, dass dieser biologische Stoff ein unvermeidbares Nebenprodukt der Nahrungsmittelerzeugung ist, kommt der Sache schnell näher.
Während Stadtkinder Milch nur aus dem Supermarkt kennen und eine Kuh noch nie weder von vorn, geschweige denn von hinten sahen, zeigt der Landmann vertieftere biologische Kenntnisse. Kühe, so will es die Natur, geben erstmal keine Milch, sie muss ihnen gewaltsam abgesaugt werden. Darüber erbost rülpst das Vieh auch noch und stößt Unmengen von Methangas aus. Auch das in Milch (und Steak, Salami, etc.) verwandelte Gras und Heu tendiert dazu, nur geringem Anteil umgewandelt zu werden, weshalb die Verdauungsnebenprodukte schnell danach trachten, die Kuh wieder verlassen zu wollen.
Diese Endprodukte (pastös resp. flüssig), volumenmäßig die Milchmenge um Faktor vier übertreffend, wird im Gegensatz zur Milch nicht präzise quantitativ erfasst. Verständlich, wird hier doch nicht in 20 Cent pro Liter oder Kilo gemessen.
Wie es auch sei, dieses Nebenprodukt muss weg. Auch kann von „gewachsenem“ Mist keine Rede sein. Billionen von Bakterien in den Gedärmen unserer Kuh haben das Wunder vollbracht Milch und Nebenprodukte parallel und gleichzeitig zu produzieren, und diese unter dem behaarten schwarz‑, rot‑, braun und weiß geflecktem und behaartem Ledermantel entstehen zu lassen und dabei nicht zu vermischen. Trennung von Werten und Müll, dies innerhalb einer intellektuell wenig erfahrenen Kuh, scheint im Tierreich, im Gegensatz zu anderen politischen Bereichen, bestens zu funktionieren.
Nun, die Eigenschaften von Milch sind bekannt, wollen wir uns nun besagtem biologischen Nebenprodukt, das den Titel dieses Aufsatzes hergibt und dessen vielfältigen Funktionen zuwenden. Der Autor dieser Zeilen erinnert sich, wie die physikalischen Eigenschaften eines Kuhfladens mitten auf einer kurvigen Alpenstraße, die Auswirkungen der Zentrifugalkräfte unmittelbar zeigten. Mit dem damaligen Traditionsmotorrad (250 Kubikzentimeter BMW R12) in Schräglage die kurvenreiche Berglandschaft genießen wollend, landete er spontan nahe am Abgrund und wäre um ein Haar in die Tiefe gestürzt.
Wir lernen daraus, dass der von Dritten „gebaute“ Mist, an der falschen Stelle hinterlassen, unsere Lebensplanung maßgeblich und überraschend mitgestalten kann. „Fremder Mist“, und sei dieser auch von höchster Stelle „wir schaffen das“ vordergründig illegitim in unseren Lebensweg gestellt, irritiert nicht nur sondern verlangt, dass wir freudiges Fahren auf Alpenpässen und gemeinen Wegen reduzieren, mithin ein eingeengteres Leben zu unserer Sicherheit vorziehen.
Ungewollt sehen wir uns heute zwar seltener diesen „biologisch abbaubaren“ überraschenden Gefahren ausgesetzt, die tellergroßen, rundlichen, schwarzen und mit Fliegenschwärmen umtanzten Hinterlassenschaften von Kühen, wie der beinahe zu Tode gekommene Motorradfahrer der Wirtschaftswunderszeit.
Die entsprechenden Lenkungsdirektiven aus Brüssel müssen damals noch gefehlt haben, denn Erna, Laura, Lisa und Kolleginnen (ja, unsere Tiere trugen Namen, nach denen Sie gerufen kamen) durften morgens zur und abends von der Weide nach Hause trotteln und den Wanderpfad über die pittoreske Alpenszenerie, und sei es quer über Bundesstraßen, ungeniert und großflächig „markieren“.
An der Milchsammelstelle — Urlaubern mögen zuweilen die vielen im Sonnenlicht glänzenden Aluminiummilchkannen aufgefallen sein — wurde zuweilen Milch von 12-jährigen Beauftragen mit 100 kg schweren Kannen auch unabsichtlich Milch verschüttet. Die durch „verschüttete Milch“ versehentlich benässte Autostraße erzeugte damit jedoch keine Rutschgefahr.
Hohe Güter wie Milch und Geld tendieren dazu, schnell zu versickern, sei es auf Straßen oder Flughäfen. Mist hingegen, ob biologisch oder intellektuell defizitär entstanden, der weder ansehnlich noch olfaktorisch oder geistig anregend wahrzunehmen ist, bewirkt lang anhaltende unangenehme Nebeneffekte für alle Betroffen*innen.
Während wir Neuzeitmenschen das Geklapper der wöchentlichen Müllabfuhr kennen, die uns vom Verpackungsmüll (inkl. Milchtüten) befreit, kennt der Landmann keine kommunale Mistabfuhr, sieht man von gut dotierten Posten auf welchen verdiente Parteigenossen entsorgt, aber tröstend alimentiert werden einmal ab. Daraus folgt uns der volkswirtschaftlichen Bedeutsamkeit der universellen Mistproblematik näher hinwenden zu müssen.
Wurde zu Jugendzeiten des Autors die Größe eines Bauernhofes gerade an der Größe des Misthaufens vor dem mit Balkongeranien farbenfroh geschmückten Bauernhof erkannt, der die Bauern in Klein‑, Mittel- oder Großbauern einteilte, so lagert Mist heute meist wie im tiefen Staat unterirdisch, quasi im Verborgenen.
Die Größe des dampfenden Misthaufens vor der eigenen Türe, sei dieser aus profanem Kuhdung oder politischen Fehlentscheidungen (siehe Bildung) bestehend, scheint die Besitzer auch heute sofort nach Größe und somit Bedeutung einordnen zu lassen. Dieses Maßnehmen an der Bedeutung von Persönlichkeiten scheint geradezu nahtlos aus der Landwirtschaft übernommen worden zu sein.
Während moderner Müll ordnungsgemäß nach DIN-Norm kostenpflichtig „entsorgt“ zu werden hat, wird das Endprodukt von Raufutter verzehrenden Großvieheinheiten seitens der Lebensmittel erzeugenden Traktorfahrenden als Konjunkturdellen überdauerndes Energiedepot eingeschätzt.
Doch weit gefehlt, es ist mehr als nur eine bloße Schätzung. Es gelten nicht erst seit Leibniz biologische Erfahrungsgesetze, wonach Mist, der wieder dem Acker oder der Wiese zurückgegeben wird, die Fruchtbarkeit und Biodiversität erhöht. Der Mist von 50 Kühen reicht eben gerade so weit aus, um die Futtermittelflächen mit diesem Biodünger bedienen zu können, damit Gras für 50 Kühe auch im nächsten Jahr wieder in ausreichender Menge gedeihlich nachwächst und wir auch künftig bei Aldi entrahmte Milche zum sozialverträglichen Preise erstehen können.
„Auf deinem Mist gewachsen“ heißt demnach, dass das neue Gras besser wuchs, wenn es im Frühling mit dem eigenem Mist aus dem eigenen Stall des Vorjahres gedüngt wurde. Wer nun zu wenig eigenen Mist hatte (respektive weitere (Aufgaben)-Felder zugepachtet hatte oder güldene geschenkt bekam), der musste sparsam mit seinem viskosen Nitratdünger umgehen. Das Ausbringen mittels Mistgabel, der Autor erinnert sich, war echte Knochenarbeit. Zudem war die gleichmäßige Verteilung der stinkenden Masse auf den endlosen Flächen (aus Sicht eines Schülers) eine wahre Kunst.
Äcker und Wiesen, welche zu wenig Mist abbekamen, waren am helleren Grün der Halme und Blätter zu erkennen. Wer ertragsteigernd nachhelfen wollte, und wer wollte das nicht, griff zu fremdem Mist und somit zu teuren künstlichem in 50-kg Säcken feilgebotenen Mistderivaten von chemischen Werken aus deutschen Landen und streute, damals mit einer 30-Liter Wanne vor dem Bauch, diese mit schweren Schultergurten befestigt, handweise, durch die Finger rinnend, blaue Kunstdüngerkügelchen gleichmäßig auf die jungen zarten Pflänzchen.
Ein Zuviel des Guten, wie dem damals noch jugendlichen Autor widerfahren, verbrannte die jungen Triebe und zerstörte die erhoffte Ernte, die er als „guter Mensch“ (damals noch in zwei Worten geschrieben) zu planen gedachte.
Eigener Mist und fremder Mist, derzeit in unseren Landen auf höchster Ebene in nahezu beliebiger Menge produziert, verlangt nach weisem Einsatz. Wollen wir doch nach Jahren beruhigt sagen können unsere Heimat wäre auf unserem eigenen Mist gewachsen und von uns weise behütet erhalten geblieben.
Ein einjähriges freiwilliges Jahr für wohlhabende Afrikaner, die vermögens- und einkommensbedingt einen libyschen Traktor (vulgo Schlepper) engagieren konnten, wird von Kramp-Karrenbauer (es strotzt auch hier vor Bezügen zur Landwirtschaft) angeregt. Auf wessen Mist das wohl gewachsen sein mag?
Flurfrevel nennt man den Diebstahl von landwirtschaftlichen Gütern vom Acker. Hier scheint eine neue Qualität eingekehrt zu sein, der gemeine Mistdiebstahl. Offensichtlich sollen damit die eigenen darbenden Brachflächen aufgehübscht werden. Nicht auszudenken wie viele „Spezial“-GEZ Sendungen über uns hereingebrochen wären, wäre dieser Vorschlag von der Gegenseite erfolgt. Wir schließen daraus: Auch hier kommt es darauf an wer den Mist „baut“.
Zu Beginn des unrühmlichen tausendjährigen Reiches wurde jungen weißen Männern millionenfach Schaufeln in die Hand gedrückt. Wollen wir diesen Mist nochmals wiederholen?
Mit freundlicher Genehmigung durch Meinrad Müller übernommen von mmnews.de