Gedanken zum schweizerischen Nationalfeiertag 1. August 2018 von Alt-Nationalrat und Alt-Bundesrat Dr. Christoph Blocher, Gründungspräsident der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS): “Wollen wir freie Schweizer bleiben?”
Liebe Miteidgenossinnen
Liebe Miteidgenossen
Liebe Geburtstagsgäste
Liebe Frauen und Männer
Warum feiern wir heute?
Wir feiern den Nationalfeiertag in gut freundeidgenössischer Art. Hier auf dem Flumserberg (SG), auf der Alp Tannenboden und in Kyburg (ZH), aber auch an unzähligen andern Orten und Örtchen der Schweiz.
In gut freundeidgenössischer Weise heisst bescheiden, in kleiner Gemeinschaft, stellvertretend für das ganze Land.
Unsere Gründungsurkunde
Der Tag der Geburt der Schweiz ist der Bundesbrief von 1291. Dieser ist Bekenntnis und Ausdruck des Willens zur schweizerischen Unabhängigkeit und zur Selbstbehauptung.
- Er beginnt mit der Anrufung Gottes: Man stellt sich damit unter Gottes Schutz.
- Die Eidgenossen beschliessen, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen: „Wir wollen keine fremden Richter haben.“ Wobei mit Richter damals die Regierenden allgemein gemeint waren.
- An diese Richter – also an alle Behördenmitglieder – stellt man hohe charakterliche Anforderungen.
- Man verspricht, sich gegenseitig Hilfe zu leisten.
- Man weiss, dass das Vorhaben schwierig ist und schwört, für die Freiheit notfalls das Leben zu opfern.
Am Anfang unseres Landes steht also ein Stück Pergament. Ein Schriftstück! Nur 20 cm breit und 32 cm hoch und 17 Zeilen umfasst es! Wenig im Vergleich zu unseren vielen tausend Gesetzesseiten, die wir heute kennen. Aber das Wenige hatte den Wert, die Kraft und die Substanz, über Jahrhunderte zu bestehen – «ewig» zu bestehen, wie es schon 1291 festgelegt wurde.
Nun nicht allen gefällt die Geburtsurkunde unseres Landes.
- Vor 50 Jahren behaupteten linke Historiker, der Bundesbrief von 1291 im Bundesarchiv in Schwyz sei unecht. Alle wissenschaftlichen Prüfungen konnten aber das Jahr 1291 bestätigen.
- Heute versuchen andere Historiker, denen die Unabhängigkeit nicht passt, zu sagen, dieser Freiheitsbrief sei nicht wichtig. Klar, wer auf die Unabhängigkeit der Schweiz pfeift, findet ein solches Dokument nicht
Und es ist klar, wer auf eine freie, unabhängige Schweiz keinen Wert legt, den kann dieses Dokument nicht freuen.
Willenserklärung zum Anfang
Am Ursprung der Schweiz steht nur eine
- Willenserklärung von einfachen Landsleuten, die bereit sind und sich verpflichten, das Schicksal selber in die Hand zu nehmen und sich den Pflichten zur Erhaltung dieser Selbständigkeit im Interesse von “Land und Lüüt” zu unterziehen!
- Die Macht soll in die Hände dieser Landsleute gelegt werden. Kurz ausgedrückt: In die Hand des Volkes.
Dieser Grundgedanke der Eidgenossen hielt sich im Wesentlichen 727 Jahre, obwohl seither viel geschehen ist.
“Mir händ’s doch guet!”
Wir stehen und sitzen heute an dieser Feier friedlich beieinander.
Die Schweiz ist – wenn wir hinaus in die Welt blicken – wie man sagt: “In guter Verfassung”.
Schön immer wieder zu hören: “Mir händ’s doch guet!”
Warum ist die kleine Schweiz eigentlich nicht untergegangen in den letzten 727 Jahren?
Der Grund muss in etwas Besonderem liegen!
Was ist denn das Besondere? Wer Ohren hat, der höre. Und wer Augen hat, der sehe – und der wird feststellen:
Der Erfolg ist eindeutig auf die Besonderheit des Landes zurückzuführen. Es ist der Sonderfall Schweiz.
Aber was ist denn da so besonders – im Vergleich zu anderen Staaten?
Die Schweiz achtete seit 727 Jahren eifersüchtig auf ihre Eigenständigkeit, ihre Unabhängigkeit und ihre Freiheit. Hier auf diesem kleinen Teil der Welt, wollen die Schweizer und nicht ausländische Politiker und Experten das sagen haben!
Das heisst konkret: Wir wollen keine fremden Richter, keine fremde Obrigkeit haben!
1848 raffte sich die Schweiz dazu auf, von allen Mächten unabhängig zu sein und unabhängig zu bleiben, weltoffen zwar, aber ohne sich einbinden zu lassen. Das ist heute noch so geschrieben in der heutigen Bundesverfassung, auf die die Politiker den Amtseid ablegen!
Zum Sonderfall gehört auch die “dauernd bewaffnete Neutralität”, um nicht in Kriege gezogen zu werden.
Direkt demokratisch, damit der Bürger und nicht die Politiker im Mittelpunkt stehen.
Dieser Sonderfall wurde nicht ohne Drohungen seitens anderer Staaten verwirklicht.
Nein, der Druck auf die Schweiz war schon damals stark.
Druck auf die Schweiz ist der Normalfall in der Schweizer Geschichte.
Dieser Druck ist auch heute unverkennbar vorhanden – komme er von der Europäischen Union, von internationalen Organisationen, von den USA usw.
Dieser Druck braucht nicht zu beunruhigen, solange die Kraft zum Widerstand vorhanden ist.
Aber — so fragen viel besorgte Bürger — ist diese Kraft zum Widerstand heute noch da?
Bedrohungen der heutigen Zeit
Jede Zeit kennt ihre besonderen Gefahren. Oder ihre «Arglist der Zeit», wie es im Bundesbrief heisst. Jede Zeit hat ihre – oft selbsternannten – Vögte, welche die Macht an sich reissen möchten. Obrigkeiten neigen dazu, zum Nachteil von Volk und Land ihre eigene Macht auszudehnen. Es winken Ansehen, Ruhm, Ämter, Geld und vielerlei mehr!
Oft nennen sich die modernen Vögte “Visionäre”, “weltoffen” oder “vorwärtsgewandt”. Aber sie rauben den Menschen nur allzu oft ihre Selbstbestimmung, ihre Freiheit.
Es ist unverkennbar, dass heute Regierende in der ganzen Welt nach Grösse streben.
Sie möchten überall da, wo Ansehen, Glanz der Macht winken, dabei sein. Unsere Regierenden machen da keine Ausnahme – leider!
Weil die Bürger und Bürgerinnen ihnen oft gewisse Schranken auferlegen, um damit internationale Abkommen zu verhindern, begrenzen sie hinterrücks die internationalen Gesetze, die vom Volk gesetzten Gesetze «überzuordnen».
Mögen sie noch so gepflegt, gebildet, sanft und wohlwollend ihr «übergeordnetes Recht» verkünden, es ist genau das Gegenteil von dem, was in der Geburtsstunde der Eidgenossenschaft geschworen wurde.
Man nennt dieses fremde Recht internationales Recht. Am liebsten redet man von «Völkerrecht», als hätten es alle Völker demokratisch eingesetzt. Schon der Name ist ein Schwindel.
Wer dieses Recht setzt, weiss man nicht genau. Nur eines weiss man: Vom Schweizer Volk selber ist dieses Völkerrecht sicher nicht gesetzt worden!
Sicher gelten alle Schöpfer als ehrenwerte Leute! Aber eben, es sind nicht die “Landsleute”, wie sie 1291 genannt wurden. Es sind nicht die schweizerischen Landsleute als die, die heute noch gültige Bundesverfassung als den schweizerischen Gesetzgeber bezeichnet.
Seit wenigen Jahren haben Regierung, Parlament und sogar einzelne Bundesrichter still und leise die Volksrechte leichtfertig durch sogenanntes übergeordnetes Recht ersetzt. Meine Damen und Herren, das ist die Abschaffung der direkten Demokratie. Gesetzgeber werden irgendwelche ausländischen Gesetzestechnokraten und ihre gleichgesinnten Interpreten, sowie an Universitäten zuhause. Das ist gegen “Land und Lüüt”, gegen die eigene Bundesverfassung. Das hat Folgen: Es schränkt unsere schweizerische Freiheit ein. Es schiebt die Schweizer Bürger, die Frauen und Männer des schweizerischen Alltags beiseite. Die Sorgen der Bürger, ihr Wille, ihr Wohlbefinden sind nicht mehr Wegleitung, sondern ausschliesslich der Eigennutz.
Eine Mehrheit in Bundesrat und Parlament sind heute bereit, die Forderung der EU zu erfüllen und einen Vertrag abzuschliessen, gemäss dem die Schweiz verpflichtet wird, in Zukunft fremdes Recht – d.h. EU-Recht – zu übernehmen und fremde Richter – den EU-Gerichtshof – zu akzeptieren.
Das ist die Lahmlegung und Umgehung der Stimmbürger und ist der schleichende Weg in die EU! Das bedeutet das Ende der schweizerischen Freiheit, das Ende des Sonderfalls und das Ende unseres bewährten Weges.
Kurz: Das bedeutet das Ende der 727-jährigen Eidgenossenschaft.
“Hütet Euch am Morgarten”
Meine Damen und Herren, erinnern wir uns an jene mutigen Eidgenossen, die wenige Jahre nach dem Rütlischwur, vor den fremden Habsburgern warnten, die die Unabhängigkeit der Schweiz rückgängig machen wollten. Sie warnten in dem sie die Botschaft: “Hütet auch am Morgarten” durch einen Pfeil sandten, und so den Sieg der Eidgenossen ermöglichten.
So ist dem Schweizer Volk auch heute zuzurufen: “Hütet Euch! Vor stillen Vögten auf leisen Sohlen!”
Ja, vor was konkret sollen wir uns hüten?
Eine Mehrheit in Bundesrat und Parlament ist heute bereit, die Forderung der EU zu erfüllen und einen Vertrag abzuschliessen, gemäss dem die Schweiz verpflichtet wird, in Zukunft fremdes Recht – d.h. EU-Recht – zu übernehmen und fremde Richter – den EU-Gerichtshof – zu akzeptieren, ohne das die Schweizer Bürger und Bürgerinnen noch etwas zu sagen haben. Nein, bleiben wir dem Bundesbrief treu: Wir wollen keine fremden Richter haben.
Dieser Knechtschaftsvertrag wäre die Lahmlegung und Umgehung der Stimmbürger und der schleichende Weg in die EU! Das bedeutet das Ende der schweizerischen Freiheit, das Ende der schweizerischen Sicherheit, das Ende des Sonderfalls Schweiz und das Ende unseres bewährten Weges.
Das gilt es zu verhindern
Das gilt es zu verhindern. Ich rufe Sie auf, dem gefährlichen Treiben entgegenzuwirken.
Schon diesen November können Sie mit der Selbstbestimmungsinitiative dafür sorgen, dass unser eigenes Landesrecht wieder über dem internationalen Recht steht. Wie es bisher selbstverständlich war. Wir dürfen heute in Dankbarkeit 727 Jahre die schweizerische Freiheit und Unabhängigkeit feiern. Wir sind aber auch — meine Damen und Herren und meine verehrten Mitlandsleute — gleichzeitig aufgerufen, den Geist der Freiheit in der Zukunft zu wahren.
In Dankbarkeit wollen wir dies feiern, aber auch in der festen Entschlossenheit, dass dies so bleibe! Damit wir auch in Zukunft wie unsere Vorfahren sagen können: «Herrgott, ist es schön, ein Schweizer zu sein.»
Damit wir frei bleiben und damit auch in Zukunft in ehrlicher Überzeugung unsere Landeshymne singen können: “Betet, FREIE Schweizer, betet!”
Oder, mit Gottfried Keller gesprochen:
“Dieses Land ist eben recht,
Ist nicht zu gut und nicht zu schlecht,
Ist nicht zu gross und nicht zu klein,
Um drin ein FREIER Mensch zu sein.”
Mit dieser Botschaft, liebe Mitlandleute, wollen wir auch die nächsten 365 Tage, das 727. Lebensjahr unseres Landes, in Angriff nehmen.
Rede von Christoph Blocher (pdf-file):
Wollen wir freie Schweizer bleiben — Christoph Blocher