UN Vollversammlung, New York: Präsident Emanuel Macron und Präsident Donald Trump beim Fototermin, gemeinfrei (via Flickr.com)

Macron vs. Trump: Patrio­tismus gegen Glo­ba­lismus — oder: Wer zuletzt lacht…

Der Franzose liebt den großen Auf­tritt und er hat ihn auch bitter nötig. In seinem eigenen Land hat er seine Beliebt­heits­werte so schnell rui­niert, wie noch kein fran­zö­si­scher Prä­sident vor ihm. Schon Ex-Ex-Prä­sident Sarkozy stellte einen Rekord in Unbe­liebtheit auf, den ihm Ex-Prä­sident Hol­lande recht bald abgejagt hat. Doch Prä­sident Emanuel Macron toppt die beiden ver­hassten Ex-Prä­si­denten noch.
Nun bot sich also die große Welt­bühne, um sich dort als weit­bli­ckender Wel­ten­führer zu prä­sen­tieren, wenn er in seinem eigenen Land schon zugeben muss, dass er die gefürch­teten Ban­lieus, die für die Polizei nicht mehr zugäng­lichen, mus­li­mi­schen Vor­städte, end­gültig auf­geben musste und vor der mus­li­mi­schen Gewalt kapi­tu­liert. Doch von keiner Blässe des Selbst­zweifels ange­kränkelt, rollte er in New York selbst seinen roten Teppich aus, auf dem er die Straß-Dia­manten seiner glo­balen Agenda im Schein­wer­fer­licht glitzern ließ.
Wohl wissend, dass die offi­zielle Welt­elite dem regie­renden US-Prä­si­denten Trump nicht wohl­ge­sonnen ist, konnte er unter großem Applaus seine welt­um­span­nende Vision des Mul­ti­la­te­ra­lismus schwungvoll und pathe­tisch aus­breiten. An Prä­sident Trump tropfte der Pathos gleichwohl spurlos ab.
Man feiert sich als Eine-Welt Familie und Frau Bun­des­kanz­lerin Dr. Angela Merkel kann einmal aus­nahms­weise in Zustimmung baden. Tou­risten rufen „Angie! Angie!“ und schießen mit ihren Handys Bilder. Das ist doch mal schön für sie, statt daheim ständig „Hau ab! Hau ab!“-Rufe zu kas­sieren und sich ihre Gefolgs­leute weg­wählen zu lassen.
Nachdem zwi­schen Frau Bun­des­kanz­lerin und US-Prä­sident Donald Trump ja auch keine Liebe ver­loren ist, dürfte sie die feurige Rede Prä­sident Macrons gegen Prä­sident Trump auch genossen haben. So, wie die Main­stream­m­edien auch. Spott und Häme wurde über den ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­denten Trump aus­ge­schüttet, der erstaun­li­cher­weise ja immer noch im Amt ist, obwohl die­selben Medien ihn schon kurz nach der Wahl stürzen und mehr oder weniger schon in einem Irrenhaus weg­ge­schlossen gesehen haben.
Für Fein­ge­schlif­fenes und Flo­rett­fechten ist Prä­sident Trump nicht berühmt. Eher für das Breit­schwert. Das packte er auch gleich aus: »In weniger als zwei Jahren hat meine Admi­nis­tration mehr erreicht als fast alle Admi­nis­tra­tionen in der Geschichte unseres Landes.« Lacher aus dem Publikum. Prä­sident Trump meint, er habe diese Reaktion zwar nicht erwartet, sie sei aber in Ordnung. Lautes Gelächter.
Dann knallt Prä­sident aber Fakten auf den Tisch des Hauses, dass er die in der Tat restlos kaputt­ge­wirt­schaf­teten USA ein ganzes Stück aus dem Sumpf gezogen hat. Der Wohl­stand in den USA ist deutlich gestiegen, der Akti­en­markt auf All­zeithoch, die Arbeits­lo­sen­zahlen auf einem 50-Jah­restief, die Arbeits­lo­sen­quote unter den Afro‑, Asia‑, und Latino-Ame­ri­kanern auf dem nied­rigsten Stand seit Beginn der Auf­zeich­nungen. Vier Mil­lionen Arbeits­plätze, so sagt er, sind neu geschaffen worden. Die Grenz­si­che­rungs­maß­nahmen wie ver­sprochen gestärkt und die Steu­er­re­formen durch­ge­drückt. Das US-Militär werde, so Prä­sident Trump, bald mäch­tiger sein als je zuvor. Eine Leis­tungs­bilanz, die sich sehen lassen kann. Genau das hatte er im Wahl­kampf und bei seiner Antrittsrede ver­sprochen und umge­setzt: To make America great again. Er ist Patriot und hat nie etwas anderes behauptet.
Er legt in meh­reren Bereichen die Außen­po­litik dar, die er zu ver­folgen gedenkt. Das kann man groß­artig finden oder ver­teufeln, aber er wird genau das tun, was er dort ankündigt. Er wollte von vor­ne­herein die USA re-indus­tria­li­sieren und dafür wurde er von den Ame­ri­kanern gewählt. Das führt aber unver­meidlich in eine Aus­ein­an­der­setzung mit anderen großen Export­na­tionen, ins­be­sondere China, das der US-Industrie enorme Welt­markt­an­teile abgejagt hat. Prä­sident Trump agiert genau entlang der großen Linie, für die er gewählt wurde. Das kann eigentlich nie­manden wundern. Er ist der Macher und er hat Erfolg. Und er steht immer noch — und seine Wähler hinter ihm. Trotz einer jah­re­langen, welt­weiten Schmähkampagne.
Was bietet Prä­sident Macron, dass er auf einer Welle von bran­dendem Applaus getragen wird?
Inter­es­san­ter­weise mühen sich die Welt­leit­medien Tag für Tag daran ab, der Leser­schaft zu erklären, dass Prä­sident Trump auf dem abstei­genden Ast ist, ja eigentlich schon so gut wie weg ist. Doch Prä­sident Macron geißelt das „Recht des Stär­keren“, das Prä­sident Trump so gewis­senlos nutze. Es werde, so Macron, sich eines Tages gegen ihn selbst wenden. Ist Donald Trump also nun doch der Stärkere, wäre daraus zu folgern?
Dann kommen schön klin­gende, aber sub­stanzlose Schein­wahr­heiten. Doch Prä­sident Macrons Argu­mente gegen die in Nationen lebenden Völker sind dürftig und hohl:
„Ich über­lasse die Sou­ve­rä­nität der Völker nicht den Natio­na­listen, denn ihre Sou­ve­rä­nität kann die Uni­ver­sa­lität unserer Werte, die Men­schen­rechte, nicht infrage stellen.“
Die Sou­ve­rä­nität der Völker äußert sich ja gerade in der Nation und nicht in einem dif­fusen glo­balen Mul­ti­la­te­ra­lismus oder einer nir­gends fest­zu­ma­chenden Uni­ver­sa­lität. Die Charta der Men­schen­rechte ist eine Errun­gen­schaft der Über­ein­kunft von Natio­nal­staaten und Völkern, die ihre Vor­läufer in Geset­zes­werken im Vor- und Früh­mit­tel­alter finden, wie in der “Graugans”, der “Magna Charta” oder der “Haager Land­kriegs­ordnung”. Die globale Welt­ordnung hat noch nichts her­vor­ge­bracht, was diese Errun­gen­schaften ersetzen könnte.
Dieses nationale Denken müsse ver­gangene Unzu­läng­lich­keiten ein­räumen, die heute zu einer Krise der libe­ralen Welt­ordnung geführt haben.“
Welche Unzu­läng­lich­keiten meint Herr Prä­sident Macron? Viel­leicht Kriege? Die Kriege, die ein glo­baler Welt­bully wie “der liberale Westen” an allen Ecken und Enden der Welt ange­zündet hat, sind das Zig­fache der Kriege, die es vor dem Zeit­alter des Glo­ba­lismus gab. Die stän­digen Ein­mi­schungen von NGOs in die inneren Ange­le­gen­heiten von Ländern? Frank­reichs und Groß­bri­tan­niens Krieg und Beu­tezug in Libyen, die das einst reiche und blü­hende Land in einen explo­die­renden Hexen­kessel ver­wandelt hat?
Prä­sident Macron, der sich als Füh­rungs­figur der Anti-Trump-Weltliga und Retter des glo­balen Libe­ra­lismus und Mul­ti­la­te­ra­lismus insze­niert, hat außer schön tönenden Worten nichts zu bieten. Frank­reich unter seiner Führung schwächt die EU. Er mimt den revo­lu­tio­nären Visionär und bekommt seinen eigenen Stall “Frank­reich” nicht unter Kon­trolle. Weder die gesell­schaft­lichen Pro­bleme, noch die wirt­schaft­lichen, noch die finan­zi­ellen. Nicht einmal seinen eigenen Freund und Leibwächter.
Daheim holt man den selbst ernannten Prinzen auch stante pede vom Thron: „Als Kon­trahent zu Trump insze­niert sich Macron als globale Füh­rungs­figur. Doch Frank­reich taugt auf der Welt­bühne nur als intel­lek­tuelle Gegen­stimme“, kon­sta­tiert Ulysse Gosset, ein sehr bekannter fran­zö­si­scher Jour­nalist, poli­ti­scher Analyst, Buch­autor („Der Hillary-Clinton-Komplex“, „Die geheime Geschichte eines Staats­streiches“), Autor einiger Doku­men­ta­tionen (z. B. „Die sowje­tische Nomen­klatura“), Nach­rich­ten­kom­men­tator und Fernsehpräsentator.
Der Spiegel sieht durch das ganze Getöse aber doch eines der Kernprobleme:
„Doch was wäre die Uno-Voll­ver­sammlung in diesem Jahr ohne Macron gewesen? So frech wie Trump trat dort noch kein US-Prä­sident auf. Das Gelächter, das er von den Dele­gierten stel­len­weise erntete, konnte kaum ver­bergen, wie brutal Trump den Ein­fluss der Welt­or­ga­ni­sation beschneiden will. Unesco, Men­schen­rechts­kom­mission, Inter­na­tio­naler Gerichtshof — Macron fiel die Aufgabe zu, laut­stark jene Welt­in­sti­tu­tionen zu ver­tei­digen, die Trump abschaffen will.“ 
Touché, Mon­sieur le Pré­sident Macron, touché. Prä­sident Trump ist eben gerade nicht der „jeden Zen­ti­meter seiner schwin­denden Über­macht ver­tei­di­gende US-Prä­sident“, wie der Spiegel ein­gangs schreibt. Es sind die mul­ti­la­te­ralen Glo­ba­listen, die täglich zen­ti­me­ter­weise an Boden ver­lieren, und zwar überall — weil die Men­schen die glo­ba­lis­tisch-groß­ka­pi­ta­lis­tisch-mul­ti­la­terale-no-borders Suppe, die ihnen ein­ge­brockt wurde, gekostet und für unge­nießbar befunden haben.