Abschied auf Raten: Der Springer-Konzern bereitet das Ende Merkels vor

Seit der Bun­des­tagswahl dümpelt Angela Merkel als “lahme Ente” herum. Nichts hat sie in den letzten zwölf Monaten zuwege gebracht. Den ver­sem­melten “Jamaika”-Verhandlungen folgte nach langem Hin und Her die Flucht in die Arme der SPD, die ihr noch wenige Wochen zuvor richtig was “auf die Fresse” geben wollte. Dazwi­schen trug Merkel eine herbe per­sön­liche Schlappe davon, als sie ihre Ver­traute Annette Schavan nicht auf den Chef­sessel der Konrad-Ade­nauer-Stiftung zu bug­sieren ver­mochte. Und auch danach agierte sie mehr als glücklos: Ob beim Staats­besuch in den USA, im Ringen mit Frank­reichs Prä­sident Macron oder in Brüs­seler Ver­hand­lungs­runden, in denen ihre Kon­tra­henten sie über­deutlich spüren ließen, dass auch ihre außen­po­li­tische Zeit abge­laufen ist. Niemand nimmt Angela Merkel mehr ernst, in Europa so wenig wie hier­zu­lande. Nur mit der Hilfe ihrer öffentlich-recht­lichen Medien konnte sie sich über­haupt über den Sommer retten, um nach dem Maaßen-Desaster nun den wohl schwersten Nacken­schlag ihrer vierten Amtszeit ein­zu­stecken: Ihr treuer Akten­ta­schen­träger Volker Kauder wurde von der eigenen Fraktion kalt­ge­stellt. Und so sehr sich Regie­rungs­sprecher Seibert sowie all die anderen Adju­tanten und bezahlten Hof­be­richt­erstatter Mühe geben, einen anderen Ein­druck zu erwecken, spürt jeder, dass Kauders Abgang Merkels Ende ein­ge­läutet hat. Als bedürfe es dazu noch einer Bestä­tigung, hat der Springer-Konzern beschlossen, seine schüt­zende Hand über der Kanz­lerin wegzuziehen.

Wenige Getreue ver­bleiben als Kulis­sen­schieber einer Macht­ver­ses­senen, die nur noch zum Schein ihre Hosen­anzüge durchs Kanz­leramt tragen darf

Angela Merkel wollte den Moment ihres Abgangs immer selbst bestimmen. Doch diesen Punkt hat sie längst ver­passt. Ein wür­de­volles Ende ist schon lange nicht mehr möglich. Immer noch klammert sie sich an ihr Amt, obwohl alle sehen können, dass sie und ihre Koalition nicht mehr regie­rungs­fähig sind. Sie spielt weiter eisern die Rolle der Kanz­lerin, so wie ein ent­las­sener Büro­an­ge­stellter, der sich jeden Morgen dennoch in den Anzug wirft und pünktlich aus dem Haus geht, um seiner Familie vor­zu­gaukeln, alles wäre in bester Ordnung, während er tagsüber ziellos umherirrt. Immer adrett im Hosen­anzug, irrt Merkel durch die Politik. Ihren Stuhl räumt sie nicht, teils aus Starrsinn, teils aber auch, weil eben kein anderer Posten frei ist, auf den sie sich retten könnte. Doch ihre Getreuen murren. Sie wollen nicht mehr die Kulis­sen­schieber einer Macht­ver­ses­senen sein, die nur noch zum Schein ihre Hosen­anzüge durchs Kanz­leramt tragen darf. Vor allem der mächtige Medi­en­konzern ihrer Freundin Friede Springer, in dessen Stif­tungs­ku­ra­torium einst Merkels Ehemann instal­liert worden war, zieht offenbar nunmehr die Reiß­leine. Spä­testens seit dem BAMF-Skandal setzt es regel­mäßig Prügel. Zwar darf die WELT immer mal wieder mit den Wölfen heulen, wie zuletzt beim Pro­pa­gan­da­stück zum Stolz der Deut­schen auf ihre Poli­tiker, doch gibt die ungleich auf­la­gen­stärkere BILD-Zeitung die Richtung vor. Sie lässt kaum noch ein gutes Haar an der Kanz­lerin und rechnet scho­nungslos mit den Regie­renden ab.

Noch folgen andere nur zaghaft, weil man es sich mit keinem Mer­ke­listen ver­derben möchte, der viel­leicht künftig das Kanz­leramt besetzen könnte

Im Kiel­wasser des Springer-Kon­zerns trauen sich auch die ersten Jour­na­lis­ten­kol­legen, schärfere Töne anzu­stimmen. Zaghaft zwar, weil niemand vor­her­zu­sagen wagt, ob mit dem Abgang der Kanz­lerin auch das “System Merkel” hin­weg­gefegt werden wird, und man es sich mit keinem Mer­ke­listen ver­derben möchte, der künftig das Kanz­leramt besetzen könnte. Doch der Her­den­trieb hat ein­ge­setzt. Einer, der stramm an der Seite der Kanz­lerin steht, macht hin­gegen mobil: Michael Spreng nutzte einen Talkshow-Auf­tritt in der ver­gan­genen Woche zu einem Rund­um­schlag gegen seinen frü­heren Arbeit­geber, mit dem der Ex-Chef der BILD AM SONNTAG seit seinem Raus­schmiss offenbar noch eine saftige Rechnung offen hat. Mehr als zwei Jahr­zehnte lang war der Hesse bei Springer beschäftigt, bevor er die lukrative Poli­tik­be­ratung für sich ent­deckte und 2002 Edmund Stoibers legendär geschei­terte Kanz­ler­kan­di­datur ver­ant­wortete. “Ziemlich furcht­erregend” sei die aktuelle Bericht­erstattung mit dem angeb­lichen “Anti-Merkel-Kurs”. BILD mache die Insti­tu­tionen und Reprä­sen­tanten des Staates ver­ächtlich und treibe das Land weiter nach rechts, glaubt Spreng fest­zu­stellen. Er wittert einen “Feldzug gegen Merkel” und sieht “eine Gruppe von Kriegern” am Werk, die sich zur “Vor­feld­or­ga­ni­sation der AfD” machten. Fast scheint es, als stehe der 70-Jährige inzwi­schen bei der Kanz­lerin in Brot und Arbeit. Er wird sie aber nicht retten können. Das hat schon bei Edmund Stoiber nicht geklappt. Und dessen Mission war um einiges leichter.
 

 
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