Die britische Mail online haut mit der flachen Hand in den Breiteller. Es sei eine geheime Verschwörung innerhalb der Deutschen Bundeswehr aufgedeckt worden. 200 Elite-Nazisoldaten innerhalb der „German SAS“ sollen sich zu einer Mission mit dem Codenamen „Tag X“ zusammengetan haben. An jenem „Tag X“ sollten Bundesaußenminister Heiko Maas, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck und Grünen-Fraktionschefin Claudia Roth nebst vielen anderen Linken exekutiert werden. Natürlich auch die einskommasoundsoviel Millionen Flüchtlinge soll die Elitetruppe zu „schlachten“ beabsichtigt haben.
Mit „German SAS“ ist das Pendant zur britischen SAS (Special Air Service, eine Spezialeinheit der britischen Armee) gemeint, das KSK (Kommando Spezialkräfte) des Deutschen Heeres.
Und wenn man die Daily Mail liest, dann sind die Behörden gerade noch rechtzeitig gekommen, bevor der Plan umgesetzt werden konnte. Den zu allem entschlossenen „Todessschwadronen“ ist man — der Daily Mail zufolge – gerade um Haaresbreite zuvorgekommen. (Was in den Kommentaren unter dem Artikel übrigens teilweise sehr bedauert wird.)
Der „German SAS“-Haufen habe geplant, die Anführer von Asyl-Gruppen auf‘s Korn zu nehmen, weil dies die Leute seien, die für Vergewaltigung, Terror und soziale Unruhen verantwortlich seien. Die Polizei, so der Bericht, habe anfangs gedacht, es handle sich bei der ganzen Sache nur um eine im besoffenen Kopf entworfene Gewaltphantasie, doch dann erfuhren die Vernehmungsbeamten angeblich von einem ehemaligen Luftwaffenmajor, dass die Sache durchaus ernstgemeint sein soll.
Die Verschwörer gehörten alle zu einer Gruppe namens „Uniter“, die bereits 1996 gegründet wurde, um sich um Bundeswehrsoldaten zu kümmern, die in Afghanistan und Afrika gedient haben. Diese Gruppe Uniter hat aber bestritten, überhaupt je von einer Elite-Killertruppe gehört zu haben.
Laut Daily Mail sollen die deutschen Behörden „Trainingslager“ an der Grenze zu Österreich und der Schweiz nach Waffen, Munition, Benzin und Nahrungsmitteln durchsucht haben. Was für ein Trainingslager, wird nicht erläutert. Eines der Bundeswehr? Ein privat erbautes der Verschwörer? Und wie strafbar ist das Bevorraten von Nahrungsmitteln und Benzin eigentlich? Offenbar wurden ja keine Waffen gefunden, denn das stünde in dicken Lettern in der Überschrift.
Im Focus liest sich das alles ein bisschen anders. Da steigt man noch einmal auf den völlig überzogen aufgebauschten Fall Franco A. ein, wo man ein paar unbescholtene Bürger mit einem irren Polizeiaufgebot nächtens überfallen und die Tür eingetreten hat, nur um festzustellen, dass an der ganzen Sache letztendlich nichts dran war.
Und so fragt man sich auch verblüfft, warum denn jetzt noch einmal die Mär von den „radikalen Preppern“ aufgewärmt wird. Dann kommt die Erklärung:
„Bei den Ermittlungen im Fall Franco A. hat das Bundeskriminalamt (BKA) offenbar Hinweise auf ein größeres konspiratives Netzwerk von radikalen Preppern, also Menschen, die sich auf einen eventuellen Weltuntergang vorbereiten, innerhalb der Bundeswehr gefunden. Das berichtet FOCUS und beruft sich dabei auf Ermittlungsakten des BKA.“
Das heißt eigentlich gar nichts. Innerhalb der Bundeswehr gibt es Leute, die Lebensmittel und Benzin lagern, weil sie mit einer massiven Krise rechnen. Und auch das wird nur durch „Hinweise“ belegt.
„Danach soll es zahlreiche Verbindungen zu einem Verein für Elitesoldaten und zu Angehörigen des Kommando Spezialkräfte (KSK) geben. In Chatgruppen und bei realen Treffen der Prepper gab es laut Zeugenaussagen konkrete Planungen für einen sogenannten „Tag X“, missliebige Politiker „zu einem Ort mit Tötungsabsicht zu verbringen. Außerdem seien geheime Waffendepots und Treibstofflager angelegt worden, schreibt FOCUS weiter.“ Lustigerweise zitiert der Focus sich hier selbst ständig.
Und dann kommts:
„Auf einer bis heute nicht gefundenen Todesliste soll der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Dietmar Bartsch, ganz oben gestanden haben. Im Rahmen der Ermittlungen war im vergangenen Jahr auch das Haus eines Rostocker Lokalpolitikers und Anwaltes durchsucht worden.“
Diese Todesliste wurde schon damals durch die Medien gehechelt und entpuppte sich schnell als Rohrkrepierer:
Die Presse überschlug sich mit hysterischen Terrormeldungen, weil angeblich eine Todesliste mit Namen von Politikern bei den Zeugen gefunden wurde. Panorama machte eine ganze Sendung zu dieser angeblichen Todesliste, die Moderatorin verkündet unter dramatischer Musik, man habe quasi ein rechtes Terroristennest ausgehoben, das vor allem linke Politiker liquidieren wollte. Bewaffnet seien sie auch noch gewesen.
Nachdem der Ruf und die Existenz der überfallenen Prepper ruiniert war, kam dann nach der ersten Septemberwoche der Rückzug: Es gab keine „Todesliste“, niemand sei gefährdet gewesen, der Waffenbesitz war vollkommen legal, es gab keine Strafregister, keine Vorgeschichte von Gewalt, keine Verbindungen in eine rechte Szene, keine Affinität zu „Reichsbürgern“. Es handle sich um „Prepper“.
Diese ganze, längst erledigte, komplett überzogene Räuberpistole wird also noch einmal aufgewärmt. Ein paar neue Zutaten gibt es aber doch.
Gegen einen 42-jährigen Oberstleutnant des MAD (Militärischer Abschirmdienst, der Geheimdienst der Bundeswehr) habe die Staatsanwaltschaft Köln unter dem Aktenzeichen 539 Ds 297/18 beim Amtsgericht Köln Anklage erhoben. Der Oberst habe die Ermittlungen des BKA massiv behindert. Der Mann soll Angehörige des KSK, die als Führungsmitglieder der Survival-Szene fungierten, unter anderem vor Durchsuchungen gewarnt haben. Möglicherweise fand der Oberstleutnant, dass man dem Mummenschanz nicht noch Vorschub leisten müsse.
Weiterhin bestehen offenbar enge Verbindungen zwischen den Survival-Fans und Mitgliedern eines Vereins für Elitesoldaten mit dem Namen „Uniter e.V.“, in dem sich vornehmlich Angehörige der Spezialkräfte von Militär und Polizei sammeln. So wurden die Chatgruppen von mehreren damaligen Hauptfeldwebeln des KSK geleitet (OH! MEIN! GOTT!). Einer von ihnen ist der heutige Vorsitzender des Vereins. Gleichzeitig fungierte der Mann laut Vernehmungen als „Auskunftsperson“ des MAD zum Uniter e.V. und stellte „den einzigen glaubwürdigen Auskunftsgeber zu internen Prozessen des KSK“ für den Militärgeheimdienst dar.
Ja? Und wo bitte ist jetzt das Problem? Die Tötungsliste wurde als Unsinn entlarvt, der Oberstleutnant hat bei der Farce nicht mitgespielt, die „radikale Preppertruppe“ hatte Vorräte und Klopapier gebunkert, diejenigen unter ihnen, die Waffen hatten, besaßen diese als Sportschützen legal und konnten sie auch unangefochten behalten. Und warum darf ein Hauptfeldwebel keine Chatgruppe leiten? Und wer glaubt denn allen Ernstes, dass Spezialkräfte so bodenlos blöd wären, sich im Chat zu einem Umsturz mit Exekutionen zu verabreden? Und warum darf der Hauptfeldwebel keine Auskunftsperson für den MAD sein? Und „Uniter“ hat nichts von einem Killerkommando mitbekommen.
Was sollen wir aus der ganzen Schaumschlägerei eigentlich entnehmen? Das erweckt den unguten Eindruck, dass hier bewusst mit propagandistischen Mitteln ein Feindbild aufgebaut werden soll, das, wenn es sich erst einmal gefestigt hat, Verhaftungen Missliebiger und Kritiker vereinfacht und keinen Widerstand mehr hervorruft. Die Bevölkerung soll irre gemacht und eingeschüchtert werden. Darum geht‘s, so scheint es.
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