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Die üblen Folgen von Staats­ein­griffen in die Wirtschaft

Von Andreas Tögel — Schenkt man den Aus­sagen linker Poli­tiker und Intel­lek­tu­eller Glauben, ist der Kapi­ta­lismus – bald 30 Jahre nach der sowje­ti­schen Plan­wirt­schaft – gleich­falls am Ende. Krisen, wohin das Auge blickt, dazu Ungleichheit, Unge­rech­tigkeit und Aus­grenzung Unter­pri­vi­le­gierter. Die Behauptung, der ent­fes­selte Neo­li­be­ra­lismus, unre­gu­lierte Finanz­märkte und ein eis­kalter Tur­bo­ka­pi­ta­lismus habe die Welt 2007/2008 in die größte Wirt­schafts­krise seit 1929 gestürzt, wird von allen staatlich sub­ven­tio­nierten Main­stream­m­edien bei jeder sich bie­tenden Gele­genheit unhin­ter­fragt wie­derholt. Poli­tiker, von Steu­ergeld lebende Intel­lek­tuelle und allerlei andere vom Schweiß pro­duktiv arbei­tender Men­schen lebende Zeit­ge­nossen, haben es ver­standen, ein System, das jede unter­neh­me­rische Initiative zu Tode regu­liert, Faulheit belohnt, Leistung bestraft und das seinen Bürgern darüber hinaus Steuern auf einem bisher noch nie dage­we­senen Rekord­niveau abpresst, als Kapi­ta­lismus zu eti­ket­tieren. Das ist – so sehr es auch von der Wahrheit ent­fernt ist – keine geringe Leistung.
An dieser Stelle seien die ent­weder jeg­lichen Sach­ver­stands ent­beh­renden oder schlicht infamen Anklagen linker Eta­tisten gegen den freien Markt einer kri­ti­schen Wür­digung unter­zogen. Wahr ist: Wir stehen mitten in einer Krise, deren Dauer und Ausgang kein seriöser Kom­men­tator vor­her­sagen kann und die vom poli­tisch-geld­in­dus­tri­ellen Komplex seit vielen Jahren mittels der Pro­duktion aber­wit­ziger Geld- und damit Schul­den­berge not­dürftig ein­ge­dämmt wird. Das Spiel gleicht einem Hoch­seilakt, der in immer grö­ßerer Höhe mit einem immer klei­neren Sicher­heitsnetz voll­führt wird. Struk­turell hat sich nämlich seit den 2007/2008 in den USA offenbar gewor­denen wirt­schaft­lichen Ver­zer­rungen weltweit nichts geändert. Einige Para­meter geben vielmehr zur Befürchtung Anlass, dass die ab 1929 über die Welt her­ein­ge­bro­chene Depression gegenüber dem, was uns in den kom­menden Jahren ins Haus stehen könnte, ver­gleichs­weise ein Picknick gewesen sein wird.
Die von den Apo­lo­geten einer staats­ge­lenkten Plan­wirt­schaft, also der poli­ti­schen Kaste und den von dieser abhän­gigen Intel­lek­tu­ellen und „Wirt­schafts­experten“ mit schöner Regel­mä­ßigkeit erhobene Behauptung, der Mangel an Koor­di­nation, ein gna­den­loser, geradezu zer­stö­re­ri­scher Wett­bewerb und das Fehlen voll­stän­diger Infor­mation über den Markt, wäre ein dem Kapi­ta­lismus imma­nenter Kri­sen­garant, ermangelt jeden Belegs. Dass es eine für die Markt­wirt­schaft sys­tem­be­dingte Schwäche sei, „zyklische Krisen“ zu pro­du­zieren, wird ebenso ste­reotyp, wie gleich­falls ohne jeden Beleg wiederholt.
Selbst­ver­ständlich ist es in jedem freien Markt unver­meidlich, dass immer wieder unter­neh­me­rische Fehl­ent­schei­dungen getroffen werden, die im Extremfall zu Fir­men­pleiten führen. Das liegt daran, dass nicht alle Unter­nehmer und/oder Manager, die all­ge­meine Nach­fra­ge­ent­wicklung – den künf­tigen Bedarf der Kon­su­menten – richtig ein­schätzen und daher feh­ler­hafte Pro­duk­tions- oder Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dungen treffen, die zu Ver­lusten oder sogar zum Untergang des Betriebes führen können. Stra­te­gisch nach­teilige, viel­leicht sogar fatale unter­neh­me­rische Ent­schei­dungen zu treffen, hat indes weder mit der Unfä­higkeit der han­delnden Per­sonen oder kri­mi­nellen Machen­schaften, noch mit einer inhä­renten Schwäche des kapi­ta­lis­ti­schen Systems zu tun, sondern liegt in der Natur der Sache: Im Zustand der Unge­wissheit Ent­schei­dungen zu treffen und zu handeln, birgt unver­meid­liche Risiken.
Der US-ame­ri­ka­nische Ökonom Murray N. Rothbard (1926–1995) for­mu­lierte es so:
„No Busi­nessman in the real world is equipped with perfect fore­sight; all make errors.“
Das trifft aller­dings in noch weit grö­ßerem Ausmaß auch auf die hohe Politik und die in deren Dunst­kreis lebenden Sym­bi­onten, die Intel­lek­tu­ellen und „Experten” zu, die, frei von jedem per­sön­lichen Risiko und ohne jeg­liche recht­liche Ver­ant­wortung und Haftung, die Menschheit mit ihren kon­struk­ti­vis­ti­schen Welt­ver­bes­se­rungs­pro­grammen beglücken.
Poli­tiker, Intel­lek­tuelle und Büro­kraten, kurz: Gesell­schafts­klempner aller Art maßen sich an, von der Zahl der zu errich­tenden Woh­nungen bis zur Höhe der Gehälter in allen Branchen, alle wirt­schafts­re­le­vanten Fak­toren planen und ver­ordnen zu können. Dass es dennoch immer wieder aus­ge­rechnet Mus­ter­be­triebe der sowje­tisch inspi­rierten Staats­wirt­schaft à la DDSG, AUA; Voest-Alpine, Noricum, ÖBB und Post sind, die ent­weder durch spek­ta­kuläre Pleiten auf­fallen oder unaus­ge­setzt mit leuchtend roten Bilanz­zahlen auf­warten, wird gerne aus­ge­blendet. Dass staat­liche Wirt­schafts­ak­teure so häufig Mist bauen, ist indes kein Zufall.

Machen Pri­vat­un­ter­nehmer Fehler, bezahlen sie selbst dafür – mit dem Verlust ihres Ver­mögens, ihres Pres­tiges, viel­leicht sogar mit dem Verlust ihrer Freiheit. Machen dagegen das „Politbüro“, das sich anmaßt, die gesamte Wirt­schaft kom­man­dieren zu können und die von ihm ein­ge­setzten Betriebs­führer Fehler, bezahlen allen anderen dafür. Ein ent­schei­dender Unter­schied! Dazu kommt, dass von Miss­griffen pri­vater Unter­nehmer immer nur ver­hält­nis­mäßig wenige Men­schen betroffen sind. Unter Irr­tümern von Zen­tral­planern dagegen leiden alle glei­cher­maßen. Die Bedeutung dezen­traler Struk­turen liegt eben nicht zuletzt in ihrer macht­li­mi­tie­renden Wirkung. Begrenzt wird dadurch auch die Macht, Unheil zu stiften.
Zurück zu den angeblich vom Kapi­ta­lismus ver­ur­sachten zykli­schen Krisen: Für kein Unter­nehmen exis­tiert eine Erfolgs- oder Bestands­ga­rantie, da auf eine unge­wisse Zukunft gerichtete, betrieb­liche Ent­schei­dungen eben falsch sein können. Es ist daher unver­meidlich, dass immer wieder Betriebe unter­gehen, andere dafür neu ent­stehen. Die einzige stabile Kon­stante im Bereich der Wirt­schaft ist die Ver­än­derung. Nun aber zur ent­schei­denden, die Zyk­li­zität von Krisen betref­fende Frage: Warum sollten – gleich­zeitig – seri­en­weise Betriebe in Schwie­rig­keiten geraten und sich zur selben Zeit anderen Unter­nehmen dennoch keine neuen Chancen bieten? Was löst Wel­len­be­we­gungen dieser Art aus? Keine der Haupt­strom­theorien der Wirt­schafts­wis­sen­schaften bietet eine plau­sible Erklärung für dieses Phänomen.
Dass über viele Jahre hin­durch bedacht han­delnde, die künf­tigen Kon­su­men­ten­er­war­tungen korrekt anti­zi­pie­rende und daher erfolg­reiche Unter­nehmer – zur selben Zeit – allesamt ver­gleichbare Fehler begehen, die sie in eine exis­ten­zielle Notlage bringen, ist nur dann plau­sibel zu erklären, wenn es einen für alle rele­vanten Anlass zum kol­lek­tiven Fehl­ver­halten gibt. Der bereits weiter oben zitierte M. Rothbard, ein Prot­agonist der „Öster­rei­chi­schen Schule der Öko­nomik“, sprach vom „Sudden general cluster of business errors“. Der gegen­wärtig an der Uni­ver­sität von Angers in Frank­reich Volks­wirt­schaft leh­rende Jörg Guido Hülsmann, eben­falls ein „Aus­trian“, nennt „Error Cycles“ als Grund dafür. Der dafür ent­schei­dende Aspekt ist offen­sichtlich die Mani­pu­lation des Zinses durch das staatlich beherrschte Geldsystem.
Der Zins ist, anders als nicht wenige Kle­riker und so gut wie alle Linken meinen, weder eine Aus­geburt der Hölle, noch von der im Kapi­ta­lismus angeblich herr­schenden Gier bestimmt, sondern dem Umstand geschuldet, dass der Mensch die Mög­lichkeit zur augen­blick­lichen Ver­fügung über ein Gut, der zukünf­tigen vor­zieht. Anders aus­ge­drückt: Heu­tiger Konsum gilt ihm mehr als künf­tiger Konsum. Dieses Phä­nomen hört auf den Namen „Zeit­prä­ferenz“. Je höher sie ist, desto mehr ist man bereit, für den augen­blick­lichen Konsum zu bezahlen. Anders for­mu­liert: Ein umso höheres Entgelt wird für den momen­tanen Kon­sum­ver­zicht gefordert. Kon­kreten Nie­der­schlag findet die Zeit­prä­ferenz in der Höhe eines Zuschlags zum Preis – im Zins. Dass es sich beim Zins um ein Natur­phä­nomen handelt, lässt sich im prak­ti­schen Versuch leicht nach­weisen: Einem kleinen Kind, das von öko­no­mi­schen Gesetzen nicht die geringste Ahnung hat, wird ein Stück Scho­kolade ange­boten, das es sofort kon­su­mieren darf. In aller Regel wird es das auch tun. Stellt man ihm aller­dings für den Fall des momen­tanen Kon­sum­ver­zichts ein wei­teres Stück in Aus­sicht, wird es geneigt sein, seinen Appetit für den Augen­blick zu zügeln. Je mehr weitere Scho­ko­la­de­stücke man dem Kind offe­rieren muss, um es zum Warten zu bewegen, desto höher ist seine Zeit­prä­ferenz. Ohne zusätz­liche Angebote wird es kaum möglich sein, es zum Kon­sum­ver­zicht zu bewegen.
Der Zins ist also ein natür­liches Phä­nomen, das in einer freien Wirt­schaft von den kumu­lierten Zeit­prä­fe­renzen der Kon­su­menten bestimmt wird. Seine auf dem Markt gebildete Höhe bildet ein ent­schei­dendes Signal für die Inves­ti­ti­ons­planung der Unter­nehmer. Niedrige Zeit­prä­fe­renzen der Kon­su­menten – und damit geringe Kon­sum­nei­gungen – führen zu hohen Spar­quoten und haben niedrige Zinsen zur Folge. Das Signal an die Unter­nehmer lautet: Die Kon­su­menten ver­fügen über große Erspar­nisse und sind bereit, ihre Kon­sum­wünsche erst später zu rea­li­sieren. Dies wie­derum bedingt eine Kon­zen­tration unter­neh­me­ri­scher Inves­ti­tionen in Güter höherer Ordnung. Das sind solche, die nicht dem augen­blick­lichen Konsum dienen, sondern etwa Fabriken und Anlagen, die nach län­gerer Vor­laufzeit den Konsum von durch ihren Einsatz erstellten Gütern in der Zukunft möglich machen werden. Dem Kon­su­menten können erst nach dem Bau ent­spre­chender Werke, der Ent­wicklung neuer Pro­dukte, etc., Güter ange­boten und ver­kauft werden.
Anders aus­ge­drückt: Es kommt zu einer Ver­la­gerung der Inves­ti­tionen von der Konsum- zur Kapi­tal­gü­ter­in­dustrie. Die in Hoch­kon­junk­tur­phasen zu beob­ach­tende, deutlich stei­gende Bewertung der Aktien ent­spre­chender Indus­trie­be­triebe gegenüber jenen in der Kon­sum­gü­ter­in­dustrie oder die all­ge­meine Stei­gerung von Grund­stücks­preisen, sind typische Sym­ptome dieser Entwicklung.
Das alles wäre unbe­denklich, wenn die Kon­junktur durch real gebildete Erspar­nisse ange­trieben wäre und damit tat­sächlich die Kon­su­men­ten­prä­fe­renzen abbilden würde. Dann nämlich hätten die Unter­nehmer richtig gehandelt, die künftig ange­bo­tenen Güter träfen auf kauf­kräftige Nach­frage, und alles wäre in Butter! Ist der niedrige Zins aber nicht die Folge real gebil­deter Erspar­nisse, sondern von Zen­tral­banken dik­tiert und auf aus dünner Luft geschaf­fenes Geld und Kredite gegründet – und exakt das ist spä­testens seit 1971 der Fall, dem Jahr, in dem der letzte Rest einer Gold­bindung der Papier­geld­wäh­rungen ent­sorgt wurde -, ver­halten sich Unter­nehmer immer wieder auf breiter Front feh­lerhaft, weil sie Pro­duk­tions- und Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dungen auf Grund unrea­lis­ti­scher Vor­aus­setzung treffen.
Die Inves­ti­tionen in Güter höherer Ordnung gehen dann vielfach ver­loren, weil die nach Fer­tig­stellung der Fabriken pro­du­zierten Güter auf keine kauf­kräftige Nach­frage treffen. Die Erspar­nisse zum Kauf dieser Güter wurden ja schließlich niemals gebildet. Über­ka­pa­zi­täten in Indus­trie­zweigen (oder Gewer­be­im­mo­bilien), die unmit­telbar keiner alter­na­tiven Ver­wendung zuge­führt werden können, sind die unver­meid­liche Folge. Bei­spiele: Unfertige Indus­trie­ruinen und nicht abge­schlossene Bau­pro­jekte. Das bedeutet fak­tisch eine Ver­nichtung von Werten. Im Klartext: Nach Abschluss eines Kon­junktur-Rezes­sions-Zyklus, der stets mit einer künstlich ent­fachten Kon­junktur beginnt und mit einer die gebil­deten Ver­zer­rungen kor­ri­gie­renden Rezession endet, befindet sich das Wohl­stands­niveau einer Volks­wirt­schaft – dank des Ver­lustes der pro­vo­zierten Fehl­in­ves­ti­tionen – auf einem nied­ri­geren Niveau, als wenn dieser Kreislauf nie in Gang gesetzt worden wäre.
Die in der Haupt­sache von Ludwig von Mises (1881–1973) vor rund 100 Jahren ent­wi­ckelte „Kon­junk­tur­zy­klus­theorie“, die der Bedeutung eines vom mono­po­lis­ti­schen Geld­pro­du­zenten mani­pu­lierten Zinses höchste Bedeutung zumisst, ist bis heute nicht widerlegt. Poli­tisch moti­vierte Inter­ven­tionen in die Wirt­schaft – namentlich Zins­ma­ni­pu­la­tionen -, führen zu Ver­zer­rungen, die Fehl­al­lo­ka­tionen nach sich ziehen.
Während der bis heute wir­kungs­mächtige Brite John Maynard Keynes (1883–1946) in seiner „General Theory“ die „Unter­kom­sumption“ als Kri­sen­ur­sache iden­ti­fi­ziert, der mit Staats­ein­griffen begegnet werden soll, läuft die Theorie der Öster­rei­chi­schen Schule auf die Kritik staat­lichen Inter­ven­tio­nismus´ hinaus, der Fehl­in­ves­ti­tionen und damit Wohl­stands­ver­luste zur Folge hat. Letztere wurde, so wenig sich an ihrer Plau­si­bi­lität zweifeln lässt, schlicht ver­gessen oder zumindest niemals nach­haltig umge­setzt. Das mag – ange­sichts der Tat­sache, dass nur sie jene Mecha­nismen zu erklären vermag, denen wir die anhal­tende Wirt­schafts- und Schul­den­krise ver­danken – erstaunen. Betrachtet man die Sache aller­dings aus dem Blick­winkel von Poli­tikern, Intel­lek­tu­ellen und „Wirt­schafts­experten“, schwindet das Erstaunen schlag­artig. Denn dass jede zen­tral­pla­ne­rische, sozia­lis­tische Utopie, wie der (Neo-)Keynesianismus, ihre Macht weiter steigert, macht sie für die an den Schalt­hebeln sit­zenden Ober­tanen so attraktiv. Warum sollten sie statt­dessen Gefallen an der Theorie der „Öster­rei­chi­schen Schule“ finden, die sie ihrer Macht und der Mög­lichkeit beraubt, Gott zu spielen und sich selbst auf Kosten arbei­tender Men­schen zu bereichern?
 

Quelle: Ludwig von Mises Institute