Plattenbau-Tristesse in Halle - So sieht staatlicher Wohnungsbau aus - CC BY-SA 3.0, Link

Rund 30% der Deut­schen können sich bald ihre Miete nicht mehr leisten

Der Vor­sit­zende des Mie­ter­vereins Hamburg schlägt Alarm. Die Lage auf dem Woh­nungs­markt werde immer dra­ma­ti­scher: „30 Prozent der Ham­burger werden sich in den nächsten Jahren ihre Miete nicht mehr leisten können.“ Bezahl­bares Wohnen ist die unge­löste Frage dieser Zeit, beklagt der Vor­sit­zende Chychla in der „Welt“. In Hamburg gibt es etwa 720.000 Miet­woh­nungen. Die durch­schnitt­liche Kalt­miete beträgt 8,50 Euro pro Qua­drat­meter. Doch durch Gebäu­de­sa­nie­rungen wollen Ver­mieter die Mieten in die Höhe treiben. Für viele ist das nicht bezahlbar.
2017 wurden in Hamburg rund 7.900 Woh­nungen gebaut. Davon waren gerade mal 2.300 Sozi­al­woh­nungen. 1985 gab es in Hamburg noch mehr als 350.000 Sozi­al­woh­nungen. Heute sind es weniger als 80.000, beklagt der Vor­sit­zende des Mie­ter­vereins. Jährlich müssten min­destens 10.000 neue Woh­nungen in der Stadt gebaut werden, fünfzig Prozent davon müssten Sozial- oder preis­werte Woh­nungen sein. Die Auf­wertung von Quar­tieren dürfe die Alt­ein­ge­ses­senen nicht ver­treiben, denn ansonsten könnten sich 30 Prozent der Ham­burger bald ihre Miete nicht mehr leisten.
Auch in anderen Städten Deutsch­lands sieht das Bild ähnlich düster aus, sagt Franz-Georg Rips, Prä­sident des Deut­schen Mie­ter­bundes. Zwar sei die Auf­sto­ckung der Bun­des­mittel für den sozialen Woh­nungsbau lobenswert. Doch in Deutschland brauche es 100.000 neue Sozi­al­woh­nungen pro Jahr und nicht alle vier Jahre. In den letzten beiden Jahren seien gerade mal 27.000 Sozi­al­woh­nungen gebaut worden. Das reiche nicht einmal aus, um den Schwund von bis zu 50.000 Sozi­al­woh­nungen pro Jahr auszugleichen.
Der Woh­nungs­markt in Deutschland ist de facto kaputt. Nicht nur in Hamburg oder München ist der Woh­nungs­markt voll­kommen rui­niert. Die Immo­bilien- und Miet­preise sind in den ver­gan­genen Jahren in vielen deut­schen Städten explo­diert und haben das Wohnen zum großen sozialen Problem unserer Zeit gemacht: Junge Eltern müssen ihre Kinder in einer WG auf­ziehen, Rentner können sich die Miete nach dem Tod des Partners nicht mehr leisten. Allein­er­zie­hende Mütter leben am Exis­tenz­mi­nimum, weil mehr als die Hälfte des Ein­kommens für die Miete draufgeht.
Men­schen mit nied­rigem Ein­kommen müssen über­durch­schnittlich viel ihres Ein­kommens für Miete aus­geben. Es findet kein gerechter Aus­gleich über geringere Mieten statt. Liegt das ver­fügbare Haus­halts­ein­kommen unter 4.000 Euro, müssen schon mehr als 44 Prozent für Miete bezahlt werden. Damit liegen viele oberhalb der 30-Prozent-Schwelle. Doch die Fehl­ent­wick­lungen der ver­gan­genen Jahre sind nicht unum­kehrbar. Zwar unter­stützt der Bund jetzt die Länder und Kom­munen stärker mit Geldern, um Sozi­al­woh­nungen zu bauen. Doch die Mie­ter­bünde sagen zu Recht, dass die Maß­nahmen ein Tropfen auf den heißen Stein sind.