Stefan Gleason
Zu Beginn 2019 haben die Edelmetallmärkte eine Chance, ihren Glanz zur Schau zu stellen. Eine Vielzahl bullischer Treiber scheint sich zu Beginn des neuen Jahres anzusammeln — einschließlich technischer, fundamentaler, geldpolitischer und politischer Treiber.
Bevor wir uns mit diesen beschäftigen, betrachten wir die Entwicklungen der letzten 12 Monate.
Um ehrlich zu sein, war 2018 kein gutes Jahr für Gold- und Silberpreise. Gold beendet das Jahr mit einem geringen Verlust; Silber mit einem größeren Minus von fast 10%.
Es hätte schlimmer sein können.
Die Stimmung gegenüber den Metallen fiel zur Mitte des Jahres hin extrem negativ aus. Spekulanten erwarben rekordverdächtige Short-Positionen an den Futures-Märkten. Währenddessen fielen die Verkäufe von American Eagles und anderen beliebten Bullionprodukten. Im September jedoch ging die Fed eine Zinserhöhung zu weit.
Nachdem der US-Leitzins über 2% (“neutral”) gedrückt wurde, begannen Investoren die hereinbrechenden negativen Auswirkungen im Immobilien‑, Industrie- und Verbrauchersektor zu fürchten.
Diese Angst — und der Rückzug aus dem Aktienmarkt — half dabei, die Käufe von Edelmetallen als sichere Häfen wiederzubeleben.
Seit Ende November und bis Ende des Jahres stiegen Gold- und Silberpreis auf mehrmonatige Hochs. Das Momentum könnte für ein starkes erstes Quartal 2019 sorgen.
Die technische Startrampe des Silbers
Silber sieht vor allem in den Charts interessant aus. Die Preise bildeten ab August und bis zur Weihnachtswoche einen langwierigen Double-Bottom. Dann brach Silber stark über sein Widerstandsniveau bei 15,00 Dollar je Unze aus.
Die Preisbewegung ähnelt dem Sprung von einer Startrampe. Silber ist bekannt für seine vertikalen Entwicklungen, sowohl aufwärts als auch abwärts.
Es besteht die Möglichkeit, dass seine Abwärtsbewegungen 2018 bereits vollständig ausgeschöpft wurden.
Ein Hinweis darauf, wie flau die Silberpreise ausfielen: Das Silber-Gold-Verhältnis erreichte seinen niedrigsten Punkt in einem Vierteljahrhundert. Silber fiel sogar für einen kurzen Zeitraum auf das 1/86stel des Goldpreises.
Ein Trend, den man 2019 im Auge behalten sollte, ist eine Verengung der Preisdifferenz zwischen Gold und Silber.
Das passiert üblicherweise, indem Silber während Rallys stärker steigt als Gold. Silber stellt somit für die meisten Investoren eine gute Möglichkeit dar. Anspruchsvollere Trader können versuchen, sich auf Long-Silber/Short-Gold-Transaktionen zu verlassen oder ihr physisches Gold im Austausch gegen Silber verkaufen.
Angebots- und Nachfragefundamentaldaten
Die Bergbaubranche erlitt in den letzten Jahren einen Rückschlag nach dem anderen. Grund dafür waren niedrige Metallpreise (manchmal unter den durchschnittlichen All-In-Produktionskosten) und schlechte Entscheidungen des Managements. Die robusten Unternehmen waren in der Lage zu überleben und machten 2018 sogar Gewinn.
Doch in ihrem geschwächten Zustand fehlt es der Branche im Allgemeinen an Kapazität, die Produktion 2019 anzukurbeln.
Analysten bei Refinitiv GFMS (ehemals Thomson Reuters) prognostizieren, dass die Goldbergbauproduktion in diesem Jahr etwas zurückgehen wird — von etwa 3.282 Tonnen 2018 auf 3.266 Tonnen 2019.
Die Silberproduktion ist schwieriger zu prognostizieren, da zwei Drittel der Fördermenge aus dem Bergbau anderer Primärmetalle entstammt (größtenteils Kupfer, Blei und Zink). Die Aktienkurse der Basismetallunternehmen wurden in der zweiten Hälfte 2018 stark getroffen, demnach ist es möglich, dass große und kapitalintensive Expansionsprojekte verworfen werden müssen.
Der physische Silbermarkt wurde in den letzten Jahren reichlich von einer wachsenden Produktion aus Mexiko versorgt. Doch nun könnte diese ihr Fördermaximum erreicht haben. Wir werden im Laufe des Jahres herausfinden, ob die neue, linkspolitische Regierung Mexikos bergbaufreundlich ist.
In anderen Teilen der Welt steigt das politische Risiko, vor allem in Südafrika — ein wichtiger Goldproduzent und der weltweit führende Produzent von Platin und Palladium. Doch dort sieht sich die Bergbaubranche eskalierenden politischen Bedrohungen gegenüber, während die Regierung damit droht, Grundstücke von Weißen ohne Kompensation zu konfiszieren und lähmende Regulierungen über Unternehmen zu verhängen.
Die Nachfrage nach Edelmetallen und Basismetallen wird 2019 höchstwahrscheinlich etwas zunehmen, außer im Falle einer großen und weltweiten Wirtschaftskontraktion. Investitionsnachfrage könnte Gold- und Silberpreise umschwenken.
Die Leute tendieren zum Kauf von Edelmetallen, wenn sie sich davor fürchten, konventionelle Finanzvermögenswerte zu halten.
Wenn Investoren weiterhin den Aktien und Kryptowährungen entfliehen, dann wird sich bald nur noch die Frage stellen, ob Hartwährung oder US-Dollar letztlich als primärer sicherer Hafen gelten wird. Es braucht nur einen kleinen Anteil an Investoren, der auf Edelmetalle vertraut, um eine große Wirkung auf diese relativ engen Märkte zu haben.
Die Zentralbankkäufe werden ebenfalls weiterhin eine signifikante Quelle der Goldnachfrage darstellen.
Laut dem World Gold Council fiel die Zentralbankennachfrage nach Gold im dritten Quartal 2018 22% höher aus als im Vorjahr.
Im Jahr 2018 tauchten neue Quellen offizieller Käufe auf. Beispielsweise erwarb die ungarische Nationalbank 28,4 Tonnen Gold — ihr erster große Goldkauf seit 1986.
Die polnische Zentralbank sammelte im letzten Jahr ebenfalls stetig Gold an und hielt somit Reserven von über 117 Tonnen. Die Türkei war ebenfalls involviert und kaufte im dritten Quartal 18,5 Tonnen.
Russland bleibt währenddessen weiter der weltweit aggressivste Goldkäufer. Die Russen erhöhen ihre Reserven jeden Monat um etwa 20 Tonnen, während sie ihre Bestände an US-Staatsanleihen liquidieren.
Ein weiterer großer Goldkäufer ist China — und das Land kauft höchstwahrscheinlich mehr, als es öffentlich meldet. Zeitgleich mit dem Wachstum der Shanghai Gold Exchange fließen immer mehr Edelmetalle nach Asien, um die zunehmende Geld‑, Investitions- und Schmucknachfrage in der Region zu befriedigen.
Wildcard: Wird die Fed aufgeben und den Zinskurs umkehren?
Entgegen beliebter Fehlannahmen sind steigende Zinsen nicht notwendigerweise bärisch für die Edelmetallpreise; noch sind fallende Zinsen zwangsläufig bullisch.
Andere Faktoren, wie Inflations‑, Wirtschafts- und Finanzmarkttrends können Metallmärkte beeinflussen — wie auch die eigenen Angebots- und Nachfragefundamentaldaten der Metalle.
Wenn die geldpolitischen Zaren der Federal Reserve im Frühjahr 2019 eine Kehrtwende machen würden, was die Zinsen angeht, dann würde der US-Dollar höchstwahrscheinlich abverkauft werden. Das würde zu Aufwärtsdruck für harte Vermögenswerte führen, zumindest in Dollar.
Geldpolitische Planer der USA wollten den US-Leitzins auf 4% bringen, bevor eine Kursänderung durchgeführt wird. Stoppen sie kurz vor den 3%, dann werden sie mit einer reduzierten Anzahl an konventionellen Werkzeugen arbeiten müssen, um die Wirtschaft aus der nächsten Rezession zu navigieren.
Während eines Abschwungs reduziert die Fed die Zinsen typischerweise um vier ganze Prozentpunkte. Wenn sie vor dem Nullpunkt nicht genügend Raum hat, um dies zu tun, muss man eventuell negative Zinsen, quantitative Lockerung oder andere unkonventionelle und liquidierende Programme in Betracht ziehen.
Die Fed wird sich einem enormen Druck in den kommenden Monaten und Jahren gegenübersehen; nicht nur, um Zinsen künstlich niedrig zu halten, sondern auch, um die steigenden US-Schulden zu monetisieren.
Politische Fehlfunktion löst Abwärtsdruck auf US-Dollarwert aus
Während ein neuer und von den Demokraten kontrollierter Kongress vor dem Hintergrund einer teilweisen Regierungsstilllegung an die Macht kommt, wird das politische Theater in den Schlagzeilen vielmehr eine Ablenkung der viel größeren Tragödie darstellen, die hinter den Kulissen ihren Lauf nimmt: die Staatsschulden.
Die Staatsregierung soll 2019 damit beginnen, Haushaltsdefizite über Billionen von Dollar zu unterhalten. Ebenfalls wird sie sich in einigen wenigen Jahren einer Finanzierungskrise gegenübersehen, in deren Mittelpunkt die Sozialhilfe und Medicare stehen werden. Und da Washington derzeit in Fehlfunktionen verstrickt ist, gibt es wenig Chancen auf irgendeine parteiübergreifende Lösung.
Präsident Donald Trump bewarb sich selbst als Außenseiter, der versprach, “den Sumpf trockenzulegen”. Diese Rolle hat er bisher noch nicht vollständig angenommen. Erst in den letzten Tagen, in denen die Republikaner den Kongress noch kontrollierten, wehrte er sich gegen die Haushaltsplanung — und nur bezüglich der Finanzierung der Grenzsicherheit.
Wenn Trump die Defizitausgaben nicht in den Griff bekommt, dann werden steigenden Kreditkosten den Steuerkürzungen und anderen wachstumsfördernden Maßnahmen, für die er sich eingesetzt hat, entgegenwirken. Der Trump-Boom am Aktienmarkt mag schon längst wieder abgeflaut sein.
Ja, er kann die Fed zwar sehr wohl als Spielverderber beschuldigen, doch der nächste geldpolitische Anreiz wird nicht notwendigerweise einen weiteren Boom an der Wall Street auslösen. Sie könnte zu einem Boom der Rohstoff- und Verbrauchpreise führen — d.h. die “schlechte” Art von Inflation.
Die Fed befindet sich in der Klemme. Sie kann den Kongress nicht dazu zwingen, ausgeglichene Haushalte zu verabschieden oder das Kreditbedürfnis zu verringern.
Da die Mitglieder des Kongresses wissen, dass alle neuen Schulden mithilfe einer Erhöhung der Geldmenge übertüncht werden können, gibt es für sie keinerlei Anreiz fiskalpolitisch verantwortungsbewusst zu sein.
In unserem Fiat-Geldsystem ist das “Endergebnis” kein Zahlungsausfall. Stattdessen ist es eine allmähliche und in Zeitlupe stattfindende Wertminderung der Währung, in der die Schulden ausgezeichnet sind.
Ein schwächerer Dollar ist auf dem Vormarsch. Den können Sie gerne zur Bank bringen — oder eben klüger investieren: in einen Safe für die Edelmetalllagerung.
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