„Jetzt geht der Blase end­gültig die Luft aus“

Die „Alles-Blase“ dürfte 2019 (weiter) platzen. Eine Ein­schätzung, die Leser von Stelter so schon länger von mir kennen. Dennoch fand ich das Interview in der FINANZ und WIRT­SCHAFT mit Kevin Duffy, einem erfah­renen Leer­ver­käufer, durchaus interessant:

  • „Meine Top-Pro­gnose ist, dass der Blase jetzt end­gültig die Luft ausgeht. Weltweit sind viele Börsen bereits in eine Baisse gefallen. Auch die ame­ri­ka­ni­schen Akti­en­märkte sind unter Druck geraten, konnten einen Crash bisher aber ver­hindern. Ver­meiden lässt er sich jedoch bald nicht mehr. 2019 wird ein Jahr, in dem Anleger Risiken scheuen und US-Aktien in einen Bären­markt mit Ver­lusten von 20% oder mehr geraten. Anders als die meisten Inves­toren heute glauben, wird das keine kurze Delle. Vielmehr steht den Börsen ein langer, zer­mür­bender Abwärts­trend bevor.“
    Stelter: Die meisten Märkte befinden sich mit Kurs­rück­gängen von über 20 Prozent bereits in einer Baisse.
  • „Nach all den Jahren mit rekord­tiefen Zinsen und stei­genden Kursen hat sich Sorg­lo­sigkeit breit­ge­macht. Der letzte grosse Ein­bruch liegt so weit zurück, dass Inves­toren darauf kon­di­tio­niert sind, Warn­zeichen zu igno­rieren und Rück­schläge als Chance zum Ein­stieg zu inter­pre­tieren. (…) Das ist ein Rezept für ein Desaster.“
    – Stelter: Was auch damit zu tun hat, dass die Erin­nerung an 2008 verblasst.
  • „Ein klares Signal dafür ist, dass die Zug­pferde an den US-Börsen ins Strau­cheln kommen. Der Leit­index S&P 500 konnte im Sep­tember zwar die Best­marke vom Januar über­treffen. Diese Avance war aber nur einigen wenigen Aktien zu ver­danken, wogegen die meisten Titel auf der Stelle getreten sind. Seit dem All­zeithoch vom 20. Sep­tember hat der S&P 500 nun 13% kor­ri­giert. In den Abwärtssog geraten sind dieses Mal auch die scheinbar unzer­stör­baren FAANG-Aktien (…).“
    Stelter: Vor denen ich – wie immer zu früh! – gewarnt habe.
  • „Im Kre­dit­zyklus hat eine neue Phase begonnen, in der die Zinsen steigen und die Finan­zie­rungs­be­din­gungen sich ver­härten. An Wall­street herrscht die Meinung vor, dass die Zen­tral­banken dafür ver­ant­wortlich seien, weil sie eine weniger lockere Geld­po­litik betreiben. Die Rea­lität ist aber, dass sie zu spät gehandelt haben und bloss auf das Geschehen an den Märkten reagieren.“
    – Stelter: Gut möglich, dass die Zinsen steigen, weil das Risi­ko­be­wusstsein zurück­kehrt und die Inves­toren erkennen, dass es erheb­liche Risiken gibt, für die nicht aus­rei­chend bezahlt wird. Ich denke da bekanntlich an die Unternehmensschulden.
  • „Es gibt zwei Haupt­pro­bleme. Erstens sind das die Schulden. Als die Inter­net­blase im Jahr 2000 platzte, beliefen sie sich weltweit auf rund 70 Bio. $. Auf dem Zenit der Exzesse im Häu­ser­markt waren es schon 150 Bio. $. Heute sind es 250 Bio. $. Hatten sich im letzten Jahr­zehnt vor allem die Haus­halte über­schuldet, spielen sich die Über­trei­bungen dieses Mal im öffent­lichen Sektor ab. Wegen der tiefen Zinsen schien das kein Problem. Es ist ein fal­sches Gefühl von Sicherheit ent­standen, dass dem Staat unend­liche Mittel zur Ver­fügung stehen und Defizite keine Rolle spielen. Das ist ein Trug­schluss. Ich kann mich etwa noch gut an die Neun­zi­ger­jahre erinnern, als das Bud­get­de­fizit in den USA ein bri­santes Thema an den Märkten war.“
    – Stelter: Und wie ich am Bei­spiel des Artikels in der SZ dis­ku­tiert habe, gibt es bereits die Kam­pagne für die Haltung, dass die Staats­schulden ohnehin keine Rolle spielen, weil der Staat ja die Noten­presse besitzt.
  • Die Demo­grafie. Weil die Baby­boomer zu wenig gespart haben, sind sie nicht auf den Ruhe­stand vor­be­reitet. (…) Die ultra­lo­ckere Geld­po­litik hat sie jedoch ermuntert, noch mehr Risiken ein­zu­gehen; sowohl bei direkten Invest­ments wie auch bei der Pen­si­ons­kasse. Ent­spre­chend ver­heerend wird dieser Crash. Rund die Hälfte der Rentner wird von Sozi­al­werken leben müssen, was die Staats­kasse extrem belastet und stei­gende Zinsen zu einem Rie­sen­problem macht. Klettern sie bis 2028 nur schon auf 5%, muss die US-Regierung 20% des Budgets für die Bedienung der Schulden ausgeben.“
    Stelter: Und genau deshalb wird die Fed es finan­zieren. Wir werden alle wie Japan und die Frage, die sich mir stellt, ist: Spielt das wirklich keine Rolle?
  • „Das Klima an den Bond­märkten war lange sehr freundlich. Wir blicken auf eine 35-jährige Hausse zurück, in der die Ren­diten stetig gefallen und die Preise für Anleihen gestiegen sind. (…) Im Sommer 2016 hat ein Bären­markt in Bonds begonnen. Die ersten Risse im Fun­dament sind bereits ersichtlich, wie die stei­genden Ren­diten auf ita­lie­nische Staats­an­leihen und US-Ramsch­pa­piere zeigen. Die Zen­tral­banken werden dagegen nicht viel aus­richten können. Deshalb wetten wir gegen Staats­an­leihen aus Italien, Japan und Deutschland, die besonders über­be­wertet sind.“
    Stelter: Ich denke, er irrt. Die Noten­banken werden alles kaufen und dabei alle bis­he­rigen Grund­sätze so noch nicht geschehen, über Bord werfen. Es wird eine Flucht in Qua­lität geben und da sind dann (wit­ziger Weise) Japan und Deutschland wieder vorne… (was natürlich zu Unrecht geschieht).
  • „Die besten Chancen (für Short­seller) ergeben sich in Bereichen, in denen sich die Anhäufung von Schulden, Blasen in Ver­mö­gens­werten und man­gel­hafte Geschäfts­mo­delle über­schneiden. Bildlich gesprochen suchen wir nach den Stroh­hütten am Strand, bevor der Hur­rikan dar­überfegt. Das sind meist Unter­nehmen, die von güns­tigen Kre­diten abhängen, den Launen der Kon­su­menten aus­ge­setzt sind und aus zykli­schen, kapi­tal­in­ten­siven Branchen mit tiefen Ein­tritts­bar­rieren stammen.“
    Stelter: Weil es eben auch eine Rezession geben wird.
  • „Wir bewirt­schaften in unserem Port­folio rund fünfzehn Invest­ment­themen. Dazu gehört die Kre­dit­blase in China, spe­ziell bei Finanz­ge­sell­schaften. Ebenso wetten wir gegen den kana­di­schen Häu­ser­markt, wo Institute wie Canadian Imperial Bank of Com­merce ihre Bilanz stra­pa­ziert haben. In unserem Fokus ist auch der Boom in pas­siven Anlagen. Seit 2010 sind rund 2,5 Bio. $ in ETF und andere passive Instru­mente geströmt, während rund 2 Bio. $ aus Fonds mit aktiver Akti­en­se­lektion abge­flossen sind. Das wird böse enden, wenn dieser Trend dreht.“
    Stelter: Was aller­dings schwer ist, dagegen zu wetten.

Richtig dürfte sein, dass mit der gezielten Wette auf Pro­bleme und fal­lende Kurse 2019 mehr zu gewinnen ist.
→ fuw.ch: „Jetzt geht der Blase end­gültig die Luft aus“, 20. Dezember 2018


Dr. Daniel Stelter — www.think-beyondtheobvious.com