Facebook wächst weltweit weiter, in Europa jedoch wird das Geschäft deutlich schwieriger. Die neue Datenschutz-Grundverordnung mit ihren drakonischen Strafen erforderte viel Aufwand und kostete Nutzer. Der von der EU aufgezwungene Zensurkrieg ist nicht nur kostenintensiv, er vergrätzt auch noch eine Menge User und beschädigt das fröhlich-freie Image. Der Datenskandal um Cambridge Analytica tat ein weiteres. In Europa hat Facebook eine Million Nutzer dadurch verloren. Das hatte auch seine Auswirkungen an der Börse.
Die Werbung auf Facebook wurde intensiviert und der Gewinn klettert in immer weitere Höhen, obwohl die Kosten für Überwachung und Zensur und das Personal zum Weglöschen unliebsamer Inhalte immer weiter steigen. Im Jahr 2018 stiegen die Ausgaben von Facebook daher um 50 Prozent und sollen 2019 noch einmal um weitere ca. 40 Prozent ansteigen. Diese Nachricht sorgte sofort für ein Absacken der Facebook-Aktie an den Börsen. Erst die Veröffentlichung der Gewinnzahlen ließ die Anleger wieder aufatmen und den Kurs steigen.
Doch damit sind die Probleme noch lange nicht gelöst. Das Augenmerk der Welt richtet sich immer mehr auf den Giganten unter den sozialen Medien. Wer soviel Einfluss hat wie Facebook, wird auch von allen Seiten für die Auswirkungen, die das hat, kritisiert.
Die einen geißeln Zuckerbergs globale Monsterschwatzbude als riesigen Verstärker für „Hass- und Hetze-Postings“, die anderen als schikanösen Zensuristen, der die Meinungsfreiheit de facto abschafft. Auch die Mainstreammedien, die ihren unaufhaltsamen Niedergang gern öffentlich beschluchzen, sehen in Facebook einen bedeutsamen Faktor dafür. Anstelle zu begreifen, dass ihnen die Leser und Zuschauer davonlaufen, weil sie von den Mainstreammedien bevormundet, beschimpft, erzogen und belogen werden, verlegen sich die an Leserschwindsucht sterbenden Medien darauf, Facebook vorzuwerfen, die Menschen mit viralen Stories und minderwertigen Geschichtchen, mit populistischen Memes und massenhaften Postings effekthascherischer Amateurvideos zu fesseln und von den pädagogisch wertvollen Qualitätsmedien fernzuhalten.
Was die klassischen Medien in Bedrängnis bringt, ist aber in Wirklichkeit, dass das Geld ausgeht. Den Volksgouvernanten wäre es ja noch relativ egal, dass die Leserschaft davonläuft, solange sie alle ihr Auskommen haben. Dass aber die Menschen in Scharen ihre Abos kündigen und sich den kostenlosen Angeboten im Netz zuwenden, schneidet ihnen die Lebensader ab. Da bietet sich Facebook als Sündenbock geradezu an.
Facebook reagiert. Der Social-Media Riese will in den nächsten drei Jahren lokale Medien im In- und Ausland mit 300 Millionen US-Dollar fördern. Damit sollen kleine Lokalredaktionen weltweit in die Lage versetzt werden, „nachhaltige Geschäftsmodelle zu entwickeln und beizubehalten“. Man will Hilfe beim Einsatz neuer Technologien leisten und die Ausbildung von Lokalredakteuren fördern. Dabei sollen diese Zuwendungen ausdrücklich nicht an eine Zusammenarbeit mit Facebook gebunden sein.
Hört sich gut an? Das könnte es auch durchaus werden. Aber nicht für die bestehenden, größeren Zeitungen, die im Niedergang sind. Der wird dadurch eher beschleunigt werden. Denn neue Lokalredaktionen mit jungen, begeisterten Leuten, die jetzt von Facebook auch noch gesponsert werden – und natürlich mit Facebook zusammenarbeiten! — werden schnell Erfolg haben und mit ihren wendigen Schnellbooten die alten, schwerfälligen Raddampfer der klassischen Medien weit hinter sich lassen. Ähnlich wie es damals mit „Radio Luxemburg“ losging, das die fossilen Verlautbarungsradiosender alter Machart mit seinen frech-fröhlichen Moderatoren, Improvisationen, unkonventionellen Sendeformaten und fetziger Musik abgeschlagen dastehen ließ. Die etablierten Sender mussten nachziehen und mittlerweile haben fast alle Radiosender mindestens einen solchen Kanal.
Facebooks Engagement für Lokalredaktionen könnte also durchaus die Mainstreammedien noch weiter in Bedrängnis bringen. Daher hält sich deren Begeisterung auch durchaus in Grenzen und nun werden folgerichtig Stimmen laut, die das wahre Anliegen der Qualitätsmedien offenbaren. Das Problem ist die „Umsonst-Kultur im Netz“, heißt es nun. Alles, was man wissen, finden, erfahren will, kann man im Netz schnell und fast immer kostenlos. Die Plattformen und Webseiten, die das bieten, was der Leser und Zuschauer will, bekommen hohe Zugriffe, die wiederum die Werbetreibenden anlocken und Geld einbringen. Das ist freie Marktwirtschaft und funktioniert. Ohne die erzieherische Beklugscheißerung des Nanny-Staates hat sich im Netz eine freie Informations-Angebotswirtschaft entwickelt, wo es ständig Neuerungen, Aufsteiger, Trends, Wortschöpfungen, Diskussionen, neue Produkte und eine rege Beteiligung und Beachtung der Rezipienten gibt… mit allen Licht- und Schattenseiten. Da können die Online-Ausgaben der etablierten Medien nicht wirklich mithalten.
Das passt dem etablierten politisch-medialen Komplex natürlich nicht. Als Vorreiter meldet sich nun „Virtual-Reality-Pionier und Internetkritiker“ Jaron Lanier und will als Lösung für das “werbungsverseuchte, konstant überwachte” Netz die „totale Kommerzialisierung“ als Lösung. Die andere Möglichkeit ist seiner Meinung nach, das Internet zu einer öffentlich-rechtlichen Institution zu machen, wahrscheinlich noch mit GEZ-Gebühr für alle.
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