Aus­höhlung der Demo­kratie: Manfred Weber will härter gegen Abweichler wie Polen und Ungarn vorgehen

Brüssel — Der EVP-Spit­zen­kan­didat für die Euro­pawahl, Manfred Weber (CSU), will den Mecha­nismus ändern, mit dem die Euro­päische Union die Rechts­staat­lichkeit von Mit­gliedern prüft. Das bis­herige soge­nannte Artikel-7-Ver­fahren, das gegen Polen und Ungarn ein­ge­leitet worden ist, sei zwar ein starkes Signal, gleiche in der Anwendung aber “einem sehr großen Geschütz, das wenig ziel­genau und schwer zu bedienen ist”, schreibt Weber in einem gemein­samen Beitrag mit dem frü­heren Bun­des­ver­fas­sungs­richter Udo Di Fabio für die “Frank­furter All­ge­meine Sonn­tags­zeitung” (FAS). Es bestehe außerdem die Gefahr, dass Rechts­staat­lich­keits­ver­fahren in poli­tische Aus­ein­an­der­set­zungen gezogen würden.Weber und Di Fabio schlagen statt­dessen einen “unab­hän­gigen Exper­tenrat” vor, der die Ver­hält­nisse in allen Staaten regel­mäßig über­prüft und eine “objektive Beur­teilung” für Sank­ti­ons­maß­nahmen liefert. Dazu soll die Kürzung zuge­sagter Mittel aus dem EU-Haushalt gehören. Die beiden Autoren schlagen einen Exper­tenrat mit nicht mehr als neun Mit­gliedern vor: frühere Richter an höchsten natio­nalen Gerichten oder am Euro­päi­schen Gerichtshof. Das Gremium soll poli­tisch “plural aus­ge­wogen” zusam­men­ge­stellt sein und für eine längere Amts­pe­riode gewählt werden. Alle zwei Jahre soll es sämt­liche Mit­glied­staaten hin­sichtlich der Unab­hän­gigkeit ihrer Justiz, ihrer Kor­rup­ti­ons­an­fäl­ligkeit und Medi­en­freiheit eva­lu­ieren. Es soll Ver­bes­se­rungen vor­schlagen, aber auch Kon­se­quenzen, wenn diese scheitern. Bei “ernst­haften, schweren Ver­let­zungen” soll der betref­fende Mit­glied­staat vor den Euro­päi­schen Gerichtshof gebracht werden. Im Fall einer Ver­ur­teilung soll die EU-Kom­mission Sank­tionen vor­schlagen, die nur durch eine Mehr­heits­ent­scheidung von Par­lament oder Rat gestoppt werden könnten. Ein solches Ver­fahren würde erheblich vom derzeit vor­ge­sehen Pro­zedere abweichen. Bis dato können Sank­tionen im Rat nur ein­stimmig (ohne den betrof­fenen Staat) beschlossen werden.
Das würde es Polen und Ungarn ermög­lichen, jeweils per Veto den anderen zu schützen. Diese Aus­sicht lähmt das Ver­fahren schon im frühen Stadium — bislang hat sich der Rat mit keinem der beiden Länder in der Sache aus­ein­an­der­ge­setzt. Weber und Di Fabio schreiben über ihren Vor­schlag in der FAS: “Ein solch wir­kungs­voller Kon­troll­me­cha­nismus würde der EU ein Werkzeug geben, der Erosion rechts­staat­licher Struk­turen zügig wie auch wir­kungsvoll zu begegnen — ent­po­li­ti­siert und auf fes­terem juris­ti­schem Grund im Rahmen der euro­päi­schen Werte und Grundrechte.”

(dts Nach­rich­ten­agentur) Foto: Manfred Weber (CSU), über dts Nachrichtenagentur