Vera Lengsfeld: Der Globale Migra­ti­onspakt wird verbindlich!

Erinnern Sie sich noch an den Glo­balen Migra­ti­onspakt, der Ende letzten Jahres klamm­heimlich an der Öffent­lichkeit vorbei in Mar­ra­kesch ver­ab­schiedet werden sollte? Als das nicht klappte, weil der Text doch in die Öffent­lichkeit gelangte und dort erheb­liche Wider­stände aus­löste, wurden wir mit dem Hinweis beruhigt, es handle sich lediglich um eine unver­bind­liche Absichts­er­klärung. Nun arbeitet die EU daran, diesen Pakt ver­bindlich zu machen, auch für alle euro­päi­schen Länder, die ihn abge­lehnt haben. Wie der Globale Pakt für Migration für alle Staaten der EU ver­bindlich werden soll, beschreibt unser Gast­autor M.M.:

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Die Antwort der Bun­des­kanz­lerin auf die Frage des AfD-Abge­ord­neten Martin Hebner war schon im Dezember letzten Jahres ein­deutig. Sie sagte im Zusam­menhang mit der Rechts­ver­bind­lichkeit des „Glo­balen Paktes für Migration“: „ …und diese Abstimmung muss dann so sein, dass zwei Drittel der ver­tre­tenen Länder der Ver­einten Nationen dem zustimmen, und dann ist es für alle gültig. Das ist nun mal so, wenn es um Mehr­heits­ent­schei­dungen geht“.

Bis dahin hatte niemand ein­dring­licher als Merkel betont, dass der Pakt nicht bindend sei. Der Bun­destag hatte dies gerade nochmals fest­ge­stellt. In einem Nachhall von Ver­wirrung fragten sich viele Beob­achter, ob die Wörter „gültig“ und „ver­bindlich“ wirklich seman­tisch so weit aus­ein­an­der­liegen? So geht Glaub­wür­digkeit also: Der Pakt ist nicht bindend aber er ist für alle gültig.
Ein paar Tage später sorgte der UN-Sprecher für den nächsten Riss im Nar­rativ der Unver­bind­lichkeit. Er stellte in Mar­ra­kesch klar: “Due to the legally binding nature of the document it’s for the par­ti­ci­pating states to implement the GCM at the national level. (Wegen der rechtlich bin­denden Natur des Paktes ist es jetzt an den Mit­glieds­staaten, den GCM auf natio­naler Ebene umzu­setzen.“) Selt­sa­mer­weise haben die Medien das wenig regis­triert, mehr­heitlich war man geradezu froh, das Thema GCM nun im sicheren Hafen zu wissen. Warum also nochmals Wasser in den Wein gießen?
Letzte Woche nun tauchte – zuerst in Ungarn – ein ver­trau­liches Rechts­gut­achten der EU-Kom­mission, datiert vom 1. Februar 2019, auf, welches den Glo­balen Pakt mit allerlei Kniffen und Hebeln in euro­päi­sches Recht umzu­setzen gedenkt. Gegen die voll­mun­digen Erklä­rungen, er sei „rechtlich nicht bindend“ und vor allem auch an jenen Staaten vorbei, die ihn defi­nitiv nicht ange­nommen haben. Wir erinnern uns: Am 19. Dezember hatten nur 152 Staaten in der UN-Gene­ral­ver­sammlung positiv votiert, 24 waren der Abstimmung fern­ge­blieben, 17 waren dagegen oder ent­hielten sich. Alles in allem waren vor allem poten­zielle Ziel­länder und solche mit jahr­zehn­te­langer Expertise in Sachen Migration und Zuwan­derung dagegen.
In der Zusam­men­fassung des ver­trau­lichen EU-Papiers heißt es nun: „In Über­ein­stimmung mit dem Grundsatz der loyalen Zusam­men­arbeit sollten die Mit­glied­staaten die Ver­wirk­li­chung der Ziele der Union, ein­schließlich der Umsetzung des GCM, erleichtern. Gleich­zeitig sollten sie von Maß­nahmen absehen, die die Errei­chung dieser Ziele gefährden könnten.“ Des wei­teren „hat die Ver­ab­schiedung des GCM Aus­wir­kungen auf die finan­zielle Unter­stützung der Euro­päi­schen Union an Dritt­länder. Dies bedeutet, dass der GCM ein fester Bestandteil der Posi­tionen der Union in der Ent­wick­lungs­zu­sam­men­arbeit ist.“
Es geht um sehr kon­krete Rechts­folgen des GCM für das EU-Recht und es fällt gleich auf, dass der Text einen merk­wür­digen Schlenker macht zu der Fest­stellung in Art. 208 Abs. 1, das Ziel der EU-Ent­wick­lungs­hil­fe­po­litik sei die Bekämpfung und „auf längere Sicht“ Besei­tigung der Armut. Aber: über „Armut“ steht ja eigentlich im GCM nicht viel, dort steht eher, Migration habe es schon immer gegeben, sie sei für alle Seiten gut und die
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Migranten müssten überall im Wesent­lichen die gleichen Rechte haben wie Einheimische.
Hier wird also unter der Hand einfach so getan, als habe die EU den Global Compact in New York ange­nommen – was schon formal nicht stimmt – und die Tat­sache, dass einige ihrer Mit­glied­staaten ganz demo­kra­tisch den Pakt ablehnen, spiele nur eine zu ver­nach­läs­si­gende Rolle. Weil der GCM Teil des gel­tenden Euro­pa­rechts sei, auch im Hin­blick auf Mit­glied­staaten, die dagegen gestimmt oder sich ent­halten haben, ist dieses Dage­gensein und selbst eine Ent­haltung ein Verstoß gegen das Gebot der Uni­ons­treue.  Demo­kratie als feind­licher Akt gewissermaßen.
Der Völker- und Euro­pa­rechtler Ulrich Vos­gerau erklärt dazu: „Juris­tisch gesehen ist dieses Dokument voll­kommen wahnhaft und metho­disch nicht nach­zu­voll­ziehen. Es handelt sich um keine fachlich ver­tretbare oder auch nur nach­voll­ziehbare Aus­legung oder Anwendung des gel­tenden Unionsrechts.“
Das Außenamt der Republik Öster­reich reagierte am 18. März mit einer Pro­testnote an die EU. Sie stellt klar, dass die EU nicht das Recht besitzt, sich gegen die öster­rei­chische Ent­scheidung der Nicht­an­nahme des Glo­balen Paktes zu stellen. „Das Prinzip der Koope­ration kann nicht so inter­pre­tiert werden, dass inter­na­tionale Texte auch für die Länder imple­men­tiert werden, die diesen aus­drücklich nicht zuge­stimmt haben.“ Eine weitere Selbst­ver­ständ­lichkeit findet sich am Schluss: Die UN-Gene­ral­ver­sammlung hat keinen rechts­set­zenden Charakter.
Es bleibt abzu­warten, wie sich andere EU-Länder dem Versuch, sou­veräne nationale Ent­schei­dungen zu unter­laufen, ent­ge­gen­stellen werden. Im Vorfeld der Wahlen zum Euro­päi­schen Par­lament brauchen die Bürger Klarheit. Die EU verhält sich einst­weilen so, wie Kri­tiker ihr immer wieder vor­halten: undemokratisch.

Vera Lengsfeld — www-vera-lengsfeld.de