In dieser Welt gebe es nur zwei Sorten Menschen, intelligente Menschen ohne Religion und religiöse Menschen ohne Intelligenz, meinte der arabische Dichter und Philosoph Abu’l‑Ala-Al-Ma’arri (973 – 1057). Nun bin ich ja bekanntlich ein durchaus scharfer Kritiker all der religiösen Illusionen und Verblendungen, gleichwohl muss ich hier Abu’l‑Ala-Al-Ma’arri widersprechen. Ganz so einfach sind die Zuordnungen und die Dinge nicht. Entscheidend ist letztlich etwas anderes und es gibt nicht nur zwei, sondern vier Sorten von Menschen.
Die Erbauer, die Erhalter und die Verluderer
Vier Sorten von Menschen gibt es in Bezug auf die Gesellschaft: Erstens diejenigen, die etwas aufbauen, die Neues schaffen können, die etwas erfinden, entdecken oder erbauen, was auch andere voranbringt, im Extremfall nicht nur das unmittelbare Umfeld, sondern die Gesellschaft als Ganzes. So zum Beispiel, wenn jemand eine neue Technologie entwickelt, eine neue wissenschaftliche Theorie, ein neues Weltbild oder im Kleinen einfach nur eine Brücke, einen Wasserspeicher oder ein Haus baut.
Zweitens gibt es solche, die zwar nicht selbst etwas erbauen können, zum Beispiel das Haus, eine Brücke oder ein neues Weltbild, die aber fähig sind, es zu erhalten, zu pflegen, weil sie sich darin oder damit wohl fühlen, weil sie Gefühle wie Dankbarkeit und Wertschätzung empfinden, und weil sie wissen, dass man Dinge pflegen muss, so man sie erhalten möchte. Da nicht alle Erfinder, Entdecker und Erbauer sein können, sind auch diese äußerst wichtig, denn ohne sie ginge das, was die Einser entwickelt und erbaut haben, schnell wieder verloren.
Drittens haben wir diejenigen, die weder etwas Großartiges erbauen, erschaffen noch es erhalten können. Übergibt man ihnen solches, übergibt man ihnen überhaupt irgendetwas besonders Wertvolles, wo viel Arbeit hinein investiert wurde, so richten sie es innerhalb weniger Jahre oder Jahrzehnte zu Grunde. Das aber nicht, weil sie es zu Grunde richten wollen, nein, ihnen fehlen einfach die Eigenschaften, die Fähigkeiten, Dinge langfristig am Leben zu erhalten. Das ist keine Bösartigkeit, sondern ein Manko, das bei einigen behoben werden kann, bei anderen aber nicht.
Eine humane Gesellschaft wird versuchen, diese Liederlichen irgendwie in die Gemeinschaft einzubinden, sie so gut als möglich unterstützen. Sie muss aber unbedingt darauf achten, dass diese nicht zu viele werden, denn ansonsten ist die Gesellschaft dem Untergang geweiht.
Was macht den Erfolg und das Niveau einer Gesellschaft aus?
Im Idealfall bringt eine Gesellschaft einige Erbauer (1) hervor, sehr viele Erhalter und Bewahrer (2) und möglichst wenige Verluderer (3). Und kluge Herrscher fördern zumindest die Erbauer, so sie selbst keine solchen sind, und setzen viel daran, dass es kaum noch Verluderer gibt, was nur durch hohe Bildungsanstrengungen erreicht werden kann.
Eine gesunde Gesellschaft hat also eine breite Basis an Erhaltern, so wenig wie möglich Verluderer (auf Null bringt es man es nie, aber man kann es sehr weit herunterschrauben) und schafft ein Klima, das immer wieder neue Erbauer – Erfinder, Entdecker, Pioniere, Abenteurer, Vordenker – hervorgebracht werden können.
Das Maß, in dem ihr das gelingt, entscheidet langfristig maßgeblich über den Erfolg der Gesellschaft. Kollektive, die ihre Zweier-Basis zu schmal werden lassen und ihre Einser als Bedrohung ansehen und sie bekämpfen, zensieren, malträtieren etc., stagnieren zunächst und fallen dann unweigerlich zurück, wenn sie nicht gar verelenden, so wie wir das in einem bestimmten Kulturkreis, der einmal weltweit ein sehr hohes, ja überragendes Niveau hatte, seit fast tausend Jahren sehen. Und dort ist es, wie Abu’l‑Ala-Al-Ma’arri formulierte, tatsächlich die religiös-politisch-totalitäre, intellekt- und bildungsfeindliche Weltanschauung, die diesen Niedergang verschuldete, was er wohl schon vor tausend Jahren hat kommen sehen. Das muss aber nicht für alle Religionen so gelten. Hier gibt es in Bezug auf das Wohl und die Entwicklung der Gesellschaft offenbar sehr große Unterschiede.
Und nun können Sie selbst überlegen, was für welche mehrheitlich und das in zigmillionenfacher Zahl gerne zu uns dazu stoßen wollen oder die letzten Jahre und Jahrzehnte schon zu ins immigriert sind, aus welchen Kulturräumen diese kommen und was von diesen Kulturräumen zu halten ist, wie es dort um die Anzahl der Erbauer in einem Fall seit jeher in dem anderen seit fast tausend Jahren aussieht.
Die Zerstörer
Ja und dann gibt es noch viertens diejenigen, die das Erbaute nicht nur nicht erhalten können, sondern die es – sei es bewusst oder unbewusst – gar nicht erhalten möchten, die es regelrecht zerstören wollen. Dies kann unterschiedliche Gründe haben, die aber alle irgendwie zusammenhängen.
Es kann sein, dass sie zum Beispiel unter der weltweiten Ungleichheit psychisch so sehr leiden, dass sie danach trachten, diese mit allen Mitteln abzubauen. Sie können es nicht ertragen, dass andere Menschen in anderen Ländern, Kontinenten und Kulturen nicht so schöne Häuser haben, keine so gute Versorgung mit Lebensmitteln, keine so gute Gesundheitsversorgung, kein so leichtes Leben usw. Und sie überlegen auch gar nicht großartig, woran das liegt, dass diese Gesellschaften das nicht in einem ähnlichen Grade haben. Das interessiert sie eigentlich auch nicht wirklich. Sie empfinden die Unterschiede einfach als ungerecht, das heißt, sie leben sehr stark aus dem Gefühl heraus, weniger aus qualifizierten Urteilen und Einsichten in Zusammenhänge auf Grund von sauberen und ehrlichen Analysen.
Manche hassen oder verachten auch einfach das von ihren Vorfahren Erbaute insgeheim, von dem sie einerseits enorm profitieren und in dem errichteten Haus quasi fürstlich leben, es aber gleichwohl nicht so richtig wertschätzen können, keine Liebe dafür aufzubringen imstande sind. Was ihnen fehlt, ist: Dankbarkeit.
Wenn die eigenen Zerstörer sich mit fremden Bewahrern verbünden, die das ihnen Fremde ebenfalls zerstören wollen
Wehe der Gesellschaft, in der die immanenten Zerstörer an die Herrschaft kommen! Und wehe, wehe der Gesellschaft, in der diese sich mit fremden Bewahrern verbünden, welche das ihnen Fremde von innen heraus zerstören wollen, um das ihnen Bekannte, das keine Erbauer kennt, in der Fremde einzupflanzen, welches sie dann dort bewahren wollen!
Jürgen Fritz — Erstveröffentlichung auf dem Blog des Autor www.juergenfritz.com