By MOs810 - Own work, CC BY-SA 4.0, Link

Vera Lengsfeld: Das Chaos durch die Unfä­higkeit in der EU

Immer wieder wird uns ein­ge­hämmert, die EU sei unsere Zukunft und die Lösung aller Pro­bleme. In Wahrheit ist die EU in ihrer gegen­wär­tigen Ver­fasstheit das Problem. Einer­seits fasst sie Beschlüsse, die geeignet sind, Europa als Indus­trie­standort zu demon­tieren, wie das mit den beschlos­senen Abgas­werten für Autos der Fall ist, ande­rer­seits kann sie sich bei ein­fachen Fragen, wie der Abschaffung der Zeit­um­stellung, nicht auf ein gemein­sames Vor­gehen einigen.
Vor wenigen Wochen hat erst die EU-Kom­mission, dann das Euro­pa­par­lament beschlossen, dass es künftig keine Winter- und Som­merzeit mehr geben soll. Das war durchaus ver­nünftig. Eine Ener­gie­ein­sparung, die man sich erhofft hatte, hat es nie gegeben. Die Kosten für die Zeit­um­stellung machten das Ganze zum Ver­lust­ge­schäft. Abge­sehen davon, ist auch nach fast 40 Jahren Zeit­um­stellung den meisten Men­schen nicht klar, ob die Uhr jeweils vor- oder zurück­ge­stellt werden muss.

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Der Abschaf­fungs­be­schluss war also richtig, aber die EU war nicht in der Lage, ihn auch ver­nünftig aus­zu­führen. Warum wird die Zeit­um­stellung noch bis min­destens 2021 fort­ge­setzt? Weil sich die EU nicht auf Winter- oder Som­merzeit einigen konnte. Jedes Land soll selbst ent­scheiden, welche Zeit es wählt. Das Ergebnis wäre schlimms­ten­falls ein Zeit­fli­cken­teppich in Europa. Das bemerkten die Mit­glieds­staaten eben­falls und for­derten mehr Zeit für Ver­hand­lungen, die eine Einigung her­bei­führen sollen.
Und wenn diese Einigung nicht gelingt? Dann wird aus der beschlos­senen Zeit­um­stellung eine ewige Geschichte, wie der Brexit, der zwar beschlossen wurde, den die Politik mit ihrer Unfä­higkeit, sich kon­struktiv zu einigen, sabotiert.
Das EU-Par­lament wird im Mai neu gewählt. Ob mit oder ohne Gross­bri­tanien, steht noch nicht fest. Wenn das König­reich bis zu den Wahlen nicht aus­ge­treten ist, worauf alles hin­deutet, muss es sich daran betei­ligen. Wie das so kurz­fristig sicher­ge­stellt werden soll, weiß zwar kein Mensch, aber viel­leicht macht ja das gegen­wärtige Par­lament einfach weiter, bis alle Brexit-Pro­bleme gelöst sind, also bis zum Sankt-Nimmerleinstag.
Bei der kürz­lichen Abstimmung zum höchst umstrit­tenen EU-Urhe­ber­recht wurde das Gesetz ohne Ände­rungen, also Upload-Filter inclusive, mit einer knappen Mehrheit von fünf Stimmen ange­nommen. Aller­dings mel­deten sich, kaum war die Abstimmung vorbei, an die zehn Euro­pa­ab­ge­ordnete mit der Behauptung, sie hätten sich ver­wählt, weil sie sich im Gestrüpp der vor­lie­genden Anträge verirrt hätten.
Das sind keine Abge­ord­neten, sondern Schmie­ren­ko­mö­di­anten, wenn sie nach vielen Jahren im EU-Par­lament eine Geset­zes­vorlage von Ände­rungs­an­trägen nicht unter­scheiden können. Die Betref­fenden durften ihre Stimm­abgabe nach­träglich kor­ri­gieren. Das ist aber eine reine Kos­metik zur Täu­schung der Wähler, denn auf das Ergebnis hat diese nach­träg­liche Kor­rektur keinen Ein­fluss. En passant erfuhren wir bei dieser Gele­genheit, dass ver­se­hent­liches Falsch­wählen im EU-Par­lament häu­figer vor­kommen soll.
Die Frage, die sich daraus ergibt, ist, wie viele Beschlüsse auf diese Weise durch­ge­bracht wurden, obwohl sie keine Mehrheit hatten?
Diese drei Bei­spiele sind nur die oberste Spitze des Eis­bergs zwei­fel­hafter EU-Ent­schei­dungen. Der Wan­der­zirkus zwi­schen Strassburg und Brüssel nutzt den darin Beschäf­tigten. Für ein zukunfts­fä­higes Europa ist er über­flüssig wie ein Kropf.
 

Vera Lengsfeld — www.vera-lengsfeld.de