Mueller-Bericht und 9/11 – Über gute und böse Verschwörungstheorien

Die Main­stream-Medien machen sich über „Ver­schwö­rungs­theorien“ gerne lustig, dabei sind sie selbst momentan die größten Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker. Die aktuell popu­lärste Ver­schwö­rungs­theorie der Medien betrifft die angeb­liche rus­sische Ein­mi­schung in die US-Wahlen von 2016.
Zunächst zur Defi­nition. Eine Ver­schwörung liegt dann vor, wenn zwei oder mehr Per­sonen etwas gegen jemand anderen planen. Im Duden steht zur Defi­nition des Wortes „Ver­schwörung“: „Gemeinsame Planung eines Unter­nehmens gegen jemanden oder etwas (besonders gegen die staat­liche Ordnung)“
Und wenn jemand eine solche Ver­schwörung ver­mutet, dann ist er ein „Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker“. Das trifft derzeit auf die Main­stream-Medien zu. Sie ver­muten eine rus­sische Ver­schwörung gegen die US-Demo­kratie. Nun ist das Problem, dass spä­testens seit dem Mueller-Bericht diese Sache im Grunde tot ist, wenn man die Fakten betrachtet.
Das hindert die Medien aber nicht daran, auch wei­terhin fast täglich darüber zu berichten. Jetzt haben sie der Ver­schwö­rungs­theorie ein neues Element hin­zu­gefügt: Angeblich hat US-Jus­tiz­mi­nister Barr Teile des Berichts geschwärzt, um Trumps Behin­derung der Ermitt­lungen zu ver­schleiern. Auch hier ist das Problem, dass nicht einmal Mueller, der seinen Bericht ja kennen sollte, diese Behauptung auf­stellt. Sie kommt nur von den Gegnern Trumps in Politik und Medien. Daher fordern sie, die geschwärzten Pas­sagen des Berichts eben­falls zu veröffentlichen.
Dabei sind geschwärzte Stellen in solchen Berichten nichts Unge­wöhn­liches. Im Unter­su­chungs­be­richt zu 9/11 sind bis heute weite Pas­sagen geschwärzt, vor allem bei der Frage der Finan­zierung der Ter­ro­risten sind aus uner­find­lichen Gründen Infor­ma­tionen bis heute als geheim ein­ge­stuft. Das stört aber nie­manden in der US-Politik, obwohl bei 9/11 erstens tau­sende Men­schen gestorben sind und zweitens alle US-Kriege seit 2001 mit Mil­lionen Toten und noch viel mehr Flücht­lingen mit 9/11 und dem „Krieg gegen den Terror“ begründet werden.
Man fragt sich schon, was wich­tiger ist. Mil­lionen von Men­schen­leben oder eine ver­mutete Behin­derung der Justiz.
Für die Medien ist die Antwort ein­deutig. Nach 9/11 fragen sie nicht, aber sie berichten täglich über die Ver­schwö­rungs­theorie der US-Demo­kraten. Im Spiegel kann man heute unter der Über­schrift „Streit über Mueller-Bericht – „Wir befinden uns jetzt in einer Ver­fas­sungs­krise“ lesen:
„Das Weiße Haus hatte wenige Stunden vor dem Votum im Jus­tiz­aus­schuss ange­kündigt, dass Trump dem Gremium den kom­pletten Mueller-Bericht unter Berufung auf das soge­nannte Exe­ku­tiv­pri­vileg ver­weigern will. Laut diesem Pri­vileg hat der Prä­sident das Recht, dem Kon­gress oder auch Gerichten bestimmte Infor­ma­tionen oder Doku­mente vorzuenthalten.“
Ich kann mich nicht erinnern, im Spiegel ähn­liche Schlag­zeilen oder For­mu­lie­rungen zu 9/11 und den geschwärzten Pas­sagen gelesen zu haben.
Aber der Begriff „Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker“ wird seit Jahr­zehnten benutzt, um poli­tische Gegner zu dis­kre­di­tieren und unbe­queme Fragen im Keim zu ersticken. Er wurde dazu von der CIA extra erfunden. Und gerade heute fand ich ein Interview der NZZ mit dem ehe­ma­ligen Prä­si­denten des Ver­fas­sungs­schutzes, der ganz offen sagte:
„Der Aus­druck «Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker» ist von bestimmten aus­län­di­schen Geheim­diensten erfunden und ver­wendet worden, um poli­tische Gegner zu diskreditieren.“
Dabei gibt es zu 9/11 durchaus berech­tigte Fragen, wenn das für Sie neu ist, können Sie es hier nach­lesen. Aber wer diese Fragen stellt, ist ein „Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker“. Und das ist für die Medien gleich­be­deutend mit „Spinner“.
Aber was sind dann die Main­stream-Medien, die eine längst wider­legte „Ver­schwö­rungs­theorie“ über die rus­sische Wahl­ein­mi­schung künstlich am Leben erhalten?


Thomas Röper – www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“