Vor­ge­burt­liche Kinds­tötung: Bun­des­re­gierung mit kleinen Schritten auf dem Weg zur totalen Freigabe

Die Bun­des­re­gierung beab­sichtigt, Abtreibung weiter zu ent­ta­bui­sieren. Das geht aus der Antwort einer kleinen Anfrage zur recht­lichen Dimension des Schwan­ger­schafts­ab­bruchs hervor. In seiner Antwort betont das Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­terium lediglich die grund­sätz­liche Straf­barkeit von Abtreibung. Ein grund­sätz­liches Unrecht aber stellt die vor­ge­burt­liche Tötung offenbar nicht mehr dar.
Man muss die Antwort auf die kleine Anfrage zum »Rechts­ver­ständnis der Bun­des­re­gierung zum Schwan­ger­schafts­ab­bruch« mehrmals lesen, um dem leisen Tabu­bruch auf die Schliche zu kommen. Denn die recht­liche Posi­ti­ons­ver­schiebung, die das Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­terium unter Fran­ziska Giffey (SPD) vor­nimmt, voll­zieht sich nicht in dem, was es tat­sächlich schreibt, sondern in dem, was es offenbar nicht mehr klar aus­zu­drücken bereit ist. Die Fra­ge­steller bekommen vielmehr einen ten­den­ziösen Pot­pourri aus Aus­wei­chungen und Aus­las­sungen ser­viert, der die wesent­lichen Argu­mente aus dem Grund­satz­urteil des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts zum Schwan­ger­schafts­ab­bruch (BVerfGE 88, 203) absichtlich ver­kürzt und damit verfälscht.
Auf die Frage, ob der »Schwan­ger­schafts­ab­bruch nach Rechts­auf­fassung der Bun­des­re­gierung für die ganze Dauer der Schwan­ger­schaft als Unrecht ange­sehen« werden muss, ant­wortet das Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­terium mit einer Rück­zugs­po­sition. Ob es sich um Recht oder Unrecht handelt, wird gar nicht erst erwogen. Lediglich, dass »ein Ver­halten, das den Tat­be­stand des § 218 StGB (Schwan­ger­schafts­ab­bruch) ver­wirk­licht« grund­sätzlich strafbar sei, erfahren die Fra­ge­steller. Damit ist deren Frage, die übrigens fast wort­gleich die Position des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts lediglich zur Frage gewendet wie­dergibt, aber nicht hin­rei­chend beant­wortet. Kann man daraus schließen, dass allein die Straf­barkeit der Abtreibung diese als Unrecht qua­li­fi­ziert, die Nicht­s­traf­barkeit dagegen das grund­sätz­liche Unrecht gegen das Leben des Unge­bo­renen in ein grund­sätz­liches Recht ver­wandelt? Immerhin defi­niert das Gesetz zum Schwan­ger­schafts­ab­bruch Aus­nah­me­tat­be­stände, die Abtreibung für die Frau straflos machen. Diese Tat­be­stände sind groß­zügig gefasst, denn bis zum dritten Lebens­monat ist das unge­borene Kind fak­tisch vogelfrei im Mut­terleib. Dank einer nach­ge­wiesen ein­seitig am soge­nannten Selbst­be­stim­mungs­recht der Frau ori­en­tierten Schwan­ger­schafts­be­ra­tungs­praxis hat sich die ver­pflich­tende Bera­tungs­re­gelung, die eigentlich regu­lierend wirken sollte, längst als Frei­fahrt­schein zur Abtreibung eta­bliert. Die ein­seitig an der »Grund­rechts­po­sition der Frau« aus­ge­richtete Antwort der Bun­des­re­gierung bildet quasi nur den vor­läu­figen Höhe­punkt einer sich seit Jahr­zehnten abzeich­nenden Ent­wicklung, das Unrecht der vor­ge­burt­lichen Kinds­tötung in das soge­nannte »Recht auf repro­duktive Gesundheit« umzuetikettieren.
Da diese ver­deckt geäu­ßerte Rechts­po­sition der Bun­des­re­gierung aller­dings nicht mit dem Grund­satz­urteil des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts konform geht, wird eben mit der Wahrheit gelogen. Und das solange, bis die sich aktuell in den höchsten Spitzen der Bun­des­re­gierung abzeich­nende radi­kal­fe­mi­nis­tische Trend­wende auch das Tabu Abtreibung erfasst. Gern wird von Abtrei­bungs­be­für­wortern das Sze­nario der ver­ge­wal­tigten Frau beschworen, die man doch nicht zur Aus­tragung des gewaltsam gezeugten Kindes zwingen könne. Oder das Bilder der Mutter, deren Gesundheit durch Schwan­ger­schaft einem unver­tret­baren Risiko aus­ge­setzt sei. Diese ethische Dimension gibt es durchaus, doch sie ver­fängt ange­sichts der Zahlen nicht: Laut sta­tis­ti­schem Bun­desamt machen die kri­mi­no­lo­gisch wie medi­zi­nisch indi­zierten Abtrei­bungs­fälle lediglich 3 Prozent aus. 97 Prozent und damit eine über­wäl­ti­gende Mehrheit der Abtrei­bungen sind psy­cho­sozial indi­ziert und unter­liegen damit einer ver­pflich­tenden Beratung durch ent­spre­chende Anlauf­stellen. Als Haupt­grund Nummer eins für eine Abtreibung nennt der christ­liche Bera­tungs­verein Birke e.V. Pro­bleme mit dem Partner. Meistens ist es der Mann bezie­hungs­weise Vater, der das Kind nicht will und seine Part­nerin unter Druck setzt, abtreiben zu lassen. Grund Nummer zwei ist der falsche Zeit­punkt der Schwan­ger­schaft. Ein Kind passt gerade nicht in die Lebens­planung und wird als Belastung emp­funden. Spe­ku­la­tionen über die psy­chische Untiefen dieser Pro­ble­matik sind indi­vi­duell ver­schieden. Viele Frauen sind ver­zweifelt und – auch das belegt Birke e.V. – sehnen sich weniger nach einem Men­schen, der ihnen zur Abtreibung rät als zu einem Partner an ihrer Seite, der sie bestärkt und sie ermu­tigend auf dem Weg bis zur Geburt begleitet. Tau­sende von Kindern wurden auf diese Weise schon gerettet. Ange­sichts dieses Lage­bildes stellt sich die Frage, ob die Praxis der ver­pflich­tenden Beratung in Kon­flikt­schwan­ger­schaften ihrem gesetz­lichem Auftrag, das Leben des Kindes zu schützen, in der vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts zuge­dachten Weise über­haupt noch nachkommt.
Die Bun­des­re­gierung ver­folgt einen anderen Weg. Schon proben SPD-Femi­nis­tinnen und ihnen ver­wandte Lob­by­gruppen den recht­lichen Befrei­ungs­schlag zum Thema Abtreibung: Sie soll uns nicht mehr als Unrecht gelten. Von der recht­lichen Ent­ta­bui­sierung bis zur Inthro­ni­sierung von Abtreibung als glo­bales Men­schen­recht bedarf es dann nur noch eines kleinen Schritts.


Ein Gast­beitrag der Initiative Familien-Schutz — zuerst ver­öf­fent­licht auf freiewelt.net