Wie SPD und Kühnert Politik für Reiche, Besit­zende und Alte machen

Bekanntlich ist das Gegenteil von „gut“, „gut gemeint“. Keine Partei führt das gerade so vor, wie die SPD und ihr Nach­wuchsstar Kevin Kühnert.
Was erwartet man von der SPD und von ihrem Reprä­sen­tanten der Par­tei­jugend Kevin Kühnert? Unter anderem, dass sie sich um die Belange der Armen, Besitz­lo­senden und Jungen kümmert. Genau diesen Ein­druck ver­mitteln die Genossen in Inter­views und Talkshow-Auf­tritten. Und sicherlich meinen sie das auch so. 
Das Problem dabei: Die Welt ist deutlich kom­plexer als sie von Poli­tikern der SPD, aber auch anderer Par­teien wahr­ge­nommen wird. Sie reden immer von „kom­plexen Pro­blemen“, für die es „keine ein­fachen Lösungen“ geben darf. Das tun sie dann besonders gern, wenn es ein­fache Lösungen gäbe, diese ihnen aber nicht ins poli­tische Konzept passen. Bei den wirklich kom­plexen Themen wie der Schaffung und Ver­teilung von Wohl­stand in diesem Lande haben sie kei­nerlei Hem­mungen, mit Ein­zel­maß­nahmen in das System ein­zu­greifen und damit immer mehr Schaden anzurichten. 
Die Folge: Wenn es gut läuft, nutzt die Maß­nahme den Begüns­tigten nicht. Wenn es schlecht läuft, pro­fi­tieren jene, um die es den Poli­tikern der SPD nicht geht: die Reichen und Besit­zenden. Bei­spiele dafür gibt es reichlich. Hier eine Auswahl. 

Min­destlohn und Minijob

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Die Idee hinter der Ein­führung des Min­dest­lohns ist bekannt. Es geht aus Sicht der Politik darum, nach Jahren rück­läu­figer Ein­kommen und eines stark wach­senden Nied­rig­lohn­be­reichs den unteren Ein­kom­mens­gruppen zu helfen. Seither wird der Min­destlohn tur­nus­mäßig über­prüft und erhöht. So weit, so gut. Was aller­dings nicht pas­siert, ist eine zeit­gleiche Anpassung der Mini­job­grenze. Zuletzt wurde die Ein­kom­mens­grenze für Minijobs von 400 auf 450 Euro ange­hoben. Das war im Jahr 2013. Danach schlägt der Staat mit Abgaben uner­bittlich zu. 
Mini­jobber haben ver­gleichs­weise viel Netto vom Brutto, weil die Abga­benlast deutlich geringer ist. Kein Wunder also, dass viele Men­schen ver­suchen, unter der Grenze zu bleiben. Das mag viele Gründe haben, im Kern liegt hinter diesem Ver­halten aber das Ver­meiden der Abgaben. Gäbe es einen sanf­teren und vor allem spä­teren Übergang in das Ent­richten von Abgaben, wäre es sicherlich anders. 
Als der Min­destlohn ein­ge­führt wurde, betrug er 8,50 Euro und ein Mini­jobber konnte 53 Stunden im Monat arbeiten, ohne über die kri­tische Grenze zu kommen. Heute, nach der letzten Erhöhung des Min­dest­lohns, sind es nur noch 49 Stunden. Und genau dieser Rückgang der offi­zi­ellen Arbeits­zeiten lässt sich beob­achten. Arbeit­geber und Arbeit­nehmer einigen sich auf eine Reduktion der Arbeitszeit, wobei offen­bleibt, ob diese auch in der Praxis sinkt. Letz­teres führt dann zu Rufen nach mehr „Kon­trollen“.
Richtig wäre es natürlich, die Mini­job­grenze direkt anzu­heben, wenn der Min­destlohn steigt. Dann hätten die Betrof­fenen, um die es der Politik ja nach eigener Aussage geht, mehr in der Tasche. Doch nein, das SPD-geführte Arbeits­mi­nis­terium sträubt sich, ist es doch das erklärte Ziel, die Anzahl der Mini­jobber klein zu halten. Man will, dass mehr Men­schen sozi­al­ver­si­che­rungs­pflichtig werden und in die Kassen ein­zahlen – offi­ziell, um für das eigene Alter vor­zu­sorgen (was nicht stimmt, ergeben die geringen Bei­träge doch keine Alters­vor­sorge), fak­tisch natürlich, um die heutige Finan­zierung des Systems zu ver­bessern. Auch die Gewerk­schaften sind gegen eine Anhebung, weil sie befürchten, dass noch mehr Men­schen aus dem System der Zwangs­ab­gaben fliehen. 
Gewinner: niemand 
Ver­lierer:
  • Mini­jobber (bekommen nicht mehr Gehalt),
  • Arbeit­geber (zahlen wei­terhin hohe Bei­träge und finden schwerer Mitarbeiter),
  • All­ge­meinheit (Durch­läs­sigkeit Arbeits­markt verringert).

Miet­preis­bremse

Ein wei­teres schönes Bei­spiel für das Gegenteil von „gut“ ist die Miet­preis­bremse. Das offi­zielle Ziel ist klar: den Anstieg der Mieten in Bal­lungs­räumen zu bremsen. Maß­nahmen wie Fördern und Erleichtern des Baus neuer Woh­nungen werden in vielen Städten aus poli­ti­schen Gründen nicht rea­li­siert. Da bleibt Bauland unge­nutzt, da dürfen Dach­ge­schosse nicht aus­gebaut werden und Gebäude eine bestimmte Höhe nicht überschreiten. 
Mit der Miet­preis­bremse soll das Ver­sagen der Politik auf diesem Gebiet kaschiert werden. Doch wie wirkt diese Bremse? 
  • Da der Ver­mieter die Miete innerhalb eines Zeit­raums von drei Jahren nur um 15 Prozent erhöhen kann, ist er gezwungen, mög­liche Miet­erhö­hungen schnell vor­zu­nehmen. Wartet er zu lange, kann es sein, dass er zu einem spä­teren Zeit­punkt an die Kap­pungs­grenze stößt. Rational betrachtet, erhöht der Ver­mieter also sofort, sobald er auch nur ein kleines bisschen erhöhen kann. Damit wird die Miet­preis­bremse zu einem Miet­erhö­hungs­be­schleu­ni­gungs­gesetz.
  • Ver­mieter, die sich durch die Begren­zungen der Miet­preis­bremse und andere Maß­nahmen des Mie­ter­schutzes zu sehr ein­ge­schränkt sehen, ver­mieten nur noch möblierte Woh­nungen und dies befristet. In Berlin wird der Anteil der so ver­mie­teten Woh­nungen bereits auf fünf bis zehn Prozent geschätzt. Aus Sicht der Ver­mieter höchst attraktiv und vor allem rational, da für das Ver­mieten von möblierten Woh­nungen die Miet­preis­bremse nicht gilt.
  • Aber selbst wenn der Ver­mieter sich an alle Regeln hält, pro­fi­tieren nicht die Armen und Bedürf­tigen, sondern jene, die es am wenigsten brauchen. Dies erläutert fol­gendes Bei­spiel: Eine Wohnung kostet ohne Miet­preis­bremse bei­spiels­weise 15 Euro/qm. Wenn sich drei Inter­es­senten beim Ver­mieter melden, nimmt dieser jenen, der ihm am sol­ven­testen erscheint. Wird die Miete durch die Miet­preis­bremse unter den Markt­preis auf bei­spiels­weise 10 Euro gedrückt, bewerben sich nicht drei, sondern 103 Inter­es­senten. Der Ver­mieter jedoch nimmt den­selben Miet­an­wärter. Gewinner der Aktion ist also der Inter­essent, der auch 15 Euro gezahlt hätte (er spart fünf Euro/qm). Ver­lierer sind der Ver­mieter und die 100 Inter­es­senten, die sich Hoff­nungen gemacht haben.
  • Die feh­lende Mög­lichkeit für die Ver­mieter, die Miete nach­haltig anzu­heben, führt dazu, dass Mieter, die in einer Wohnung bereits seit Langem sitzen, deutlich unter Markt­preis bezahlen. Zu langsam erfolgt hier der Anpas­sungs­prozess. Die Folge ist, dass lang­jährige Mieter, zum Bei­spiel nach Auszug der Kinder oder Tod des Partners trotzdem in einer viel zu großen Wohnung bleiben, weil diese güns­tiger pro Qua­drat­meter ist als eine kleinere Wohnung. In der Folge fehlt Wohnraum für junge Familien und Ein­zel­mieter belegen Flächen, die sie weder benö­tigen noch nutzen. Damit schützt die Politik die Besit­zenden gegen die­je­nigen, die noch keine Wohnung haben.
Diese kei­neswegs voll­ständige Auf­zählung macht klar, die Inter­ven­tionen im Immo­bi­li­en­markt dienen genau jenen, denen sie keinen Nutzen bringen sollen. 
Gewinner:
  • Eigentümer/Vermieter (weniger neuer Wohnraum, schnellere Miet­erhö­hungen, Aus­weichen auf möblierte Wohnungen),
  • gut ver­die­nende Mieter (mieten güns­tiger, als sie ohne Miet­preis­bremse mieten könnten, dank Deckelung),
  • Alte/Besitzende (zahlen weniger als die markt­üb­liche Miete).
Ver­lierer:
  • nicht so gut ver­die­nende Mieter (bekommen trotzdem keine Wohnung, ver­schwenden Zeit, erleben ent­täuschte Hoffnungen),
  • junge Menschen/Familien (finden keinen Wohnraum, weil dieser durch Alte/Besitzende blo­ckiert wird).

Migration

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Unab­hängig davon, wie man zum Thema Migration steht, muss man fest­stellen, dass diese vor allem die unteren und mitt­leren Ein­kom­mens­gruppen der Gesell­schaft trifft. Dies erklärt auch, weshalb sich so viele Wähler aus dem eigentlich „linken“ Spektrum in Richtung von Par­teien umori­en­tieren, die sich für eine Begrenzung der Migration aus­sprechen. Die Folgen der Migration sind vielfältig: 
  • Studien zeigen ein­deutig, dass Migration zu Lohn­druck in den unteren und mitt­leren Ein­kom­mens­gruppen führt. Es gibt mehr Men­schen, die ein­fache und unge­lernte Tätig­keiten ausüben können. Das führt, allen Begren­zungen mit Min­destlohn etc. zum Trotz, zu einer Dämpfung des Lohn­an­stiegs. Ver­lierer sind die bereits im Lande lebenden Men­schen mit geringer Qua­li­fi­kation. Gewinner sind Arbeit­geber und Kunden, zum Bei­spiel die Bes­ser­ver­diener, die so güns­tiger an Putzfrau und Kunden kommen.
  • Die Zuwan­derer drängen darüber hinaus vor­wiegend in den unteren Bereich des Woh­nungs­marktes und ver­stärken damit die Woh­nungsnot in diesem Segment. Zwar haben Men­schen, die schon länger hier leben, erfah­rungs­gemäß bessere Chancen als Zuwan­derer, dennoch führt das zu ent­spre­chendem Preis­druck, der sich auch nach oben durch­schlägt, kann man doch davon aus­gehen, dass die Mieten relativ zuein­ander bestimmt werden. Die Politik denkt derweil darüber nach, die Benach­tei­ligung von Aus­ländern auf dem Woh­nungs­markt zu bekämpfen. Instrument ist das Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­gesetz. Es wird auch darüber nach­ge­dacht, die Bewer­bungen zu anony­mi­sieren. Damit wächst der Druck auf die hei­mische Bevölkerung.
  • Unstrittig kommt es zu einer Kon­zen­tration der Zuwan­derung in einigen Stadt­vierteln. Die Folge ist dann auch in Kin­der­gärten und Schulen zu besich­tigen. In Berlin gibt es Schulen, in denen der Anteil der deutsch­stäm­migen Kinder in der ersten Klasse bei unter einem Prozent (!) liegt. Dies führt dazu, dass immer mehr in der Gegend woh­nende Men­schen umziehen wollen. Dies können sich nicht alle leisten und führt so oder so zu höheren Kosten.
  • Auch bei den Sozi­al­leis­tungen führt die Zuwan­derung zu einer Ver­schiebung. Da wohl kein Land so sehr wie Deutschland eine Zuwan­derung in das Sozi­al­system anzieht, ist eine Über­lastung des Staates die zwangs­läufige Folge. Nach Studien beziehen Zuwan­derer in Deutschland nicht nur mehr als die Bevöl­kerung erwartet, sondern sogar mehr als die schon hier ansässige Bevöl­kerung. Schon früher habe ich an dieser Stelle vor­ge­rechnet, dass der gesamte Anstieg der Armut in Deutschland schon vor der Flücht­lings­krise mit dem gestie­genen Anteil der Migranten an der Bevöl­kerung erklärt werden kann:
  • Als „arm“ gilt, wer weniger als 60 Prozent des Medi­an­ein­kommens verdient.
  • Laut OECD ist Deutschland das Land mit dem geringsten Armuts­risiko.
  • Laut Sta­tis­ti­schem Bun­desamt ist die Armuts­quote von 12,6 Prozent (2005) auf 13,9 Prozent (2014) gestiegen.
  • Bei der Bevöl­kerung ohne Migra­ti­ons­hin­ter­grund liegt das Risiko bei 11,3 Prozent.
  • Bei Men­schen mit „direktem Migra­ti­ons­hin­ter­grund“ liegt das Risiko bei 22,2 Prozent.
  • Bei jenen mit „indi­rektem Migra­ti­ons­hin­ter­grund“ liegt das Risiko bei 16,1 Prozent.
  • Bei Annahme gleicher Armuts­quoten der Bevöl­ke­rungs­gruppen wie im Jahre 2014 genügt ein Anstieg des Anteils der Bevöl­kerung mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund von 22 auf den heu­tigen Wert von 25,6 Prozent, um den Anstieg der Gesamt-Armuts­quote seit 2005 zu erklären.
In der Folge fehlt natürlich Geld für die schon länger hier lebenden Bedürf­tigen. Zum einen drückt die Zuwan­derung das ver­fügbare Ein­kommen im Durch­schnitt und macht damit früher als „arm“ Defi­nierte „reicher“. Die Politik hat darauf zwar mit dem Aus­weiten der Sozi­al­leis­tungen reagiert – noch nie wurde in Nicht-Rezes­si­ons­zeiten so viel Geld für Soziales aus­ge­geben wie heute –, dennoch führt es zu einer Ver­rin­gerung der Leis­tungen gegenüber dem Zustand ohne Zuwan­derung in das Sozialsystem. 
Die Zuwan­derung hat erheb­liche Ver­tei­lungs­wir­kungen, die aller­dings nicht für eigentlich linke Politik stehen. 
 Gewinner:
  • Ver­mieter (mehr Nach­frage nach Wohnraum, stei­gende Mieten),
  • Arbeit­geber (Lohn­druck im unteren Segment),
  • Kunden (bil­ligere Dienstleistungen),
  • private Bil­dungs­an­bieter (Flucht aus dem öffent­lichen Schulsystem),
  • Inte­gra­ti­ons­sektor (Sprach­schulen etc.),
  • Migranten (leben deutlich besser als in ihren Herkunftsländern).
Ver­lierer:
untere Ein­kom­mens­gruppen (mehr Wett­bewerb um Arbeit, Wohnung, weniger Sozi­al­leis­tungen, schwie­ri­geres Wohnumfeld/Schulen).
Man fragt sich, wie da SPD-Poli­tiker wie Heiko Maas im Fern­sehen behaupten können, dass durch die Zuwan­derung in diesem Land „niemand etwas weg­ge­nommen“ würde. 

Bil­dungs­po­litik

„Gute Bildung darf nichts kosten“, pla­ka­tierte die SPD vor einigen Jahren im Ber­liner Wahl­kampf. Klingt gut, deckt sich aber nicht mit der Rea­lität, wo eine Politik die Stan­dards ständig senkt und unzu­rei­chend in die öffent­lichen Schulen investiert: 
  • Nicht nur der stei­gende Aus­län­der­anteil – dem mit der Ein­stellung von deutlich mehr Lehrern begegnet werden müsste! –, sondern gerade auch die feh­lenden Inves­ti­tionen und poli­tisch beab­sich­tigten Sen­kungen der Leis­tungs­stan­dards führen zu einer Flucht aus dem öffent­lichen Schul­system, den sich natur­gemäß nur jene leisten können, die über aus­rei­chende finan­zielle Mittel ver­fügen. Erst geht es in private Schulen im Inland, wer es sich leisten kann, schickt seine Kinder gleich in aus­län­dische Internate. Die stark stei­genden Zahlen sprechen für sich. In der Folge fehlen viele leis­tungs­starke Schüler, was das Niveau der Bildung zusätzlich senkt.
  • Kein Wunder, dass die OECD fest­stellt, dass Deutschland das Land mit der geringsten sozialen Mobi­lität ist. Nir­gendwo bestimmt das Elternhaus das künftige Ein­kommen so sehr wie hier. Der Versuch der linken Politik, die Aka­de­mik­erzahlen durch Senkung der Stan­dards nach oben zu treiben, funk­tio­niert eben nur vor­der­gründig. Auf dem Papier ist es leichter, nach oben zu kommen. Fak­tisch pas­siert das Gegenteil: Statt auf dem Niveau der Schule erfolgt die Dif­fe­ren­zierung zu einem spä­teren Zeit­punkt in der Uni­ver­sität oder spä­testens bei der Suche nach einem Arbeits­platz. Wie schon beim Bei­spiel Miet­preis­bremse werden hier Hoff­nungen geweckt, die nachher zwangs­läufig ent­täuscht werden müssen.
  • Bei­spielhaft seien die Abitur­er­geb­nisse ange­führt: Der Anteil der Einser-Abitu­ri­enten hat sich seit 2006 ver­doppelt. 53 Prozent der 20- bis 24-Jäh­rigen haben eine Hoch- oder Fach­hol­schul­reife. Zum Ver­gleich: Bei den 40- bis 44-Jäh­rigen haben diese nur 39 Prozent. In Berlin, Bran­denburg und Thü­ringen gab es in den letzten zehn Jahren eine wahre „Intel­li­genz­schwemme”. Der Anteil der Einser-Abitu­ri­enten stieg dort von einem Prozent auf 4,7 (Berlin), von 1,8 auf 5,3 (Bran­denburg) und von 2,8 auf 5,3 Prozent in Thüringen.
  • Par­allel dazu steigt jedoch der Anteil der Lehr­amts­stu­denten für Deutsch, die an der Uni erst Nach­hilfe in Recht­schreibung brauchen, und der Inge­nieur­stu­denten, die an der Uni erst noch die Grund­lagen der Mathe­matik nach­holen müssen. Ähn­liches zeigen die Ergeb­nisse der inter­na­tio­nalen PISA-Studie, wo die Gruppe der Spit­zen­schüler ständig schrumpft: So ist der Anteil der 15 Jahre alten Schüler, die das Höchst­niveau im PISA-Test in Mathe­matik erreichten, seit 2006 von 4,5 Prozent auf 2,9 Prozent gesunken. Dabei sind es gerade diese Spit­zen­leister, die für die künftige Inno­va­ti­ons­fä­higkeit eines Landes stehen.
Die Politik bekämpft feh­lende soziale Mobi­lität mit dem erleich­terten Zugang zu höherer Bildung durch Absenken der Leis­tungs­stan­dards, statt durch bessere und höhere Inves­ti­tionen in Bildung. Sie folgt damit einem „Aka­de­mi­sie­rungswahn“ (NZZ), der zugleich den Mangel an Fach­kräften in der Zukunft ver­schärft. Ein wei­teres „schönes“ Bei­spiel für das Gegenteil von „gut“ ist „gut gemeint“. 
Gewinner:
  • Pri­vat­schulen im In- und Ausland (mehr Schüler),
  • Kinder aus wohl­ha­bendem Hause (Sicherung sozialer Status durch bes­seren Zugang zur Bildung),
  • das Ausland (Zuwan­derung künf­tiger High Poten­tials, die nach der Aus­bildung nicht nach Deutschland zurückkehren).
Ver­lierer:
  • Kinder aus tie­feren sozialen Schichten (abneh­mende Qua­lität Bildung, unzu­rei­chende Investitionen),
  • Kinder mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund (noch deutlich weniger Chancen als Kinder aus deutsch­spra­chigen Haushalten),
  • der Standort Deutschland (weniger gut aus­ge­bildete Arbeits­kräfte, Verlust von High Poten­tials an das Ausland, Fach­kräf­te­mangel verstärkt),
  • die alternde Bevöl­kerung (künftig geringere Ein­kommen pro Kopf und damit weniger Finanz­kraft zur Deckung der stei­genden Kosten für Renten, Pen­sionen und Gesundheit).

Sozi­al­staat-Ausbau

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Rente, Kranken- und Pfle­ge­ver­si­cherung, Hartz IV, BAföG, Kin­dergeld – alles zusam­men­ge­rechnet erreichten die Sozi­al­aus­gaben 2017 den Rekordwert von 965,5 Mil­li­arden Euro. Die Sozi­al­aus­gaben betragen damit 29,6 Prozent des Brut­to­in­lands­pro­dukts (BIP). Die Bun­des­re­gierung will den Anteil der Sozi­al­aus­gaben am Bun­des­haushalt weiter deutlich aus­weiten. Konkret sollen die Sozi­al­aus­gaben von 179,5 Mil­li­arden Euro im lau­fenden Jahr auf 198,3 Mil­li­arden Euro im Jahr 2023 steigen. Damit würde die Sozi­al­aus­ga­ben­quote des Bun­des­haus­halts von derzeit 50,4 Prozent auf dem­nächst 52,9 Prozent steigen. In den Aus­gaben ist dabei noch nicht das Vor­haben zur Ein­führung einer Grund­rente berücksichtigt. 
Ein offen­sicht­liches Gewin­ner­thema für die SPD könnte man meinen. Denn damit würde genau jenen geholfen, die es benö­tigen und soziale Unge­rech­tigkeit bekämpft. Doch auch hier sind Zweifel angebracht: 
  • Zunächst die Fest­stellung: Umver­teilung funk­tio­niert. Nach Daten der OECD ist Deutschland – wie schon erwähnt – das Land mit dem geringsten Armuts­risiko und die Ein­kom­mens­ver­teilung liegt nach der Umver­teilung seit Langem stabil bei einem Gini-Koef­fi­zi­enten von 0,29. Damit ist Deutschland eines der „gerech­testen“ Länder der Welt. Zugleich ist in den letzten zehn Jahren vor allem das Ein­kommen der untersten zehn Prozent gewachsen, deutlich schneller als die Ein­kommen der Mittelschicht.
  • Auch die weitere Fest­stellung, dass die Bürger Umver­teilung wollen passt ins Bild. Aller­dings stellt sich bei ver­tie­fenden Umfragen heraus, dass die tat­säch­liche Umver­teilung heute schon über der gewünschten liegt. Nur fehlt den Bürgern die Trans­parenz bei dem Thema.
  • Die Frage ist jedoch: Wer zahlt denn für den Sozi­al­staat? Es sind genau jene, die von der SPD und anderen Par­teien des linken Spek­trums geschützt werden sollten: die Bürger/-innen mit kleinen und mitt­leren Ein­kommen. Laut OECD ist Deutschland das Land mit der zweit­höchsten Abga­ben­be­lastung. Musste man in den 1960er-Jahren noch das 15-fache des Durch­schnitts­ein­kommens bezahlen, um zum exklu­siven Kreis der Spit­zen­steu­er­zahler zu gehören, so genügt heute bereits das 1,3‑Fache. Jeder zehnte Deutsche zahlt den Spit­zen­steu­ersatz. Anders kann die Finan­zierung der immer grö­ßeren Umver­tei­lungs­ma­schine nicht funk­tio­nieren. Man braucht einfach die Masse der Steu­er­zahler, die im Ver­hältnis gesehen wenigen wirklich „Reichen“ genügen da lange nicht. Die Politik spricht zwar immer von den „Reichen“, aber da ist in Summe gar nicht genug zu holen.
  • Pro­fi­teure sind – wie bereits oben gezeigt – zunehmend die Zuwan­derer nach Deutschland. Diese dürften sich ange­sichts der hie­sigen Sozi­al­leis­tungen hier kei­neswegs als „arm“ emp­finden, vor allem, wenn man das hiesige Leis­tungs­niveau mit dem BIP pro Kopf der Her­kunfts­länder ver­gleicht. Selbst kauf­kraft­be­reinigt lebt es sich bei uns nicht nur finan­ziell, sondern auch mit Blick auf Sicherheit und Gesund­heits­ver­sorgung, deutlich besser.
  • Dabei haben die Poli­tiker Sozi­al­leis­tungs­ver­sprechen abge­geben, die in Zukunft nicht zu halten sind. Schon heute müssten wir nach Berech­nungen des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­riums jährlich zwi­schen 36 und 115 Mil­li­arden zusätzlich sparen, um für die künf­tigen Lasten vor­zu­sorgen. Das bedeutet, dass es in Zukunft noch deutlich höhere Abga­ben­lasten geben wird, oder aber es kommt zu dras­ti­schen Leistungskürzungen.
Gerade beim Thema Sozi­al­staat zeigt sich die fatale Ver­tei­lungs­wirkung der Eingriffe. 
Gewinner:
  • heutige Rentner (beziehen eine hohe Rente, dank Belastung der Bei­trags­zahler und obwohl sie das
    geringste Armuts­risiko tragen),
  • Migranten (erhalten Leis­tungen, ohne selbst einen Beitrag geleistet zu haben),
  • Arbeitslose.
Ver­lierer:
  • heutige Bei­trags­zahler (hohe Abgaben heute, keine Mög­lichkeit zur Ver­mö­gens­bildung, Aus­sicht auf deutlich schlechtere Ver­sorgung und Leis­tungs­kür­zungen im Alter),
  • Standort Deutschland (unzu­rei­chende Inves­ti­tionen in Infra­struktur, Digi­ta­li­sierung, Inno­vation, Bildung).

Euro­rettung durch Transferunion

Die SPD tritt ein­deutig für eine Trans­fer­union in der EU ein. Sie begrüßt die Abschaffung des Ein­stim­mig­keits­prinzips bei Ent­schei­dungen zur Steuer- und Sozi­al­po­litik, wohl­wissend, dass nach dem Aus­tritt Groß­bri­tan­niens die Emp­fän­ger­länder die Mehrheit haben. Sie begrüßt die Ideen einer euro­päi­schen Arbeits­lo­sen­ver­si­cherung und einer voll­stän­digen Ban­ken­union. Dabei spielt es keine Rolle, dass durch eine Trans­fer­union die Eurozone nicht zu retten ist, wie ich bereits mehrfach erklärt habe. 
Viel ent­schei­dender ist ein anderer Punkt. Warum sollen die deut­schen Pri­vat­haus­halte, die nach allen Daten die Ärmsten der Eurozone sind, für die Kosten auf­kommen? Nach Daten des fran­zö­si­schen Reich­tums­for­schers Thomas Piketty lag die Ver­mö­gens­quote – also das Ver­mögen relativ zum Volks­ein­kommen im Jahre 2015:
  • in Spanien bei 659 Prozent (2014),
  • in Frank­reich bei 591 Prozent,
  • in Italien bei 587 Prozent,
  • in den Nie­der­landen bei 530 Prozent (2014),
  • in Grie­chenland bei 499 Prozent,
  • in Deutschland bei 446 Prozent.
Die Deut­schen besitzen also im Durch­schnitt weniger Ver­mögen als Ita­liener, Fran­zosen und Spanier, die im Rahmen der euro­päi­schen „Soli­da­rität“ eine größere Anstrengung von uns ver­langen und nur gering­fügig mehr als die Griechen. 
Die Euro­päische Zen­tralbank (EZB) erhebt regel­mäßig Daten zum Median­ver­mögen im Euroraum. Das Ergebnis deckt sich mit den Daten von Piketty und zeigt, dass wir Deut­schen, obwohl wir viel ver­dienen, nur über ein geringes Ver­mögen ver­fügen: konkret rund 60.000 Euro, während der ent­spre­chende Wert in Italien, Frank­reich und Spanien bei min­destens dem Dop­pelten liegt. 
Die SPD, offi­ziell immer laut nach einer Umver­teilung von „reich“ zu „arm“ rufend, will hier genau das Gegenteil. Sie will, dass die ärmeren deut­schen Haus­halte den rei­cheren in anderen Ländern helfen. 
Gewinner:
  • die Pri­vat­haus­halte (mehr Ein­kommen, weniger Beitrag zur Lösung der natio­nalen Probleme)
  • und die Poli­tiker (höhere Popu­la­rität im Inland) in den Kri­sen­ländern der Eurozone.
Ver­lierer: die hiesige Bevölkerung.

Ent­eignung von Immo­bilien und Unternehmen

Kommen wir zum Abschluss noch zur neu­esten Idee von SPD und Linken, der Ent­eignung von Immo­bi­li­en­be­sitzern und Unter­nehmen. Auch hier sind es die Besit­zenden und „Reichen“, die davon profitieren: 
  • Niemand, der ver­nünftig ist, wird ange­sichts der Ent­eig­nungs­dis­kussion in Deutschland in neuen Wohnraum inves­tieren. In der Folge wächst das Angebot bei weiter stei­gender Nach­frage noch lang­samer. Damit steigen die Mieten schneller und es gibt eine bessere Ver­zinsung bestehender Immo­bi­li­en­in­vest­ments. Die abseh­baren wei­teren Ein­griffe der Politik (Ver­schärfung Miet­preis­bremse etc.) werden sich wieder umgehen lassen und zusätzlich die Dis­krepanz zwi­schen Angebot und Nach­frage ver­schärfen. Damit wachsen die Mieten noch schneller.
  • Alle Ver­mö­genden und auch die Fami­li­en­un­ter­nehmen wurden aus ihrer Illusion, dass es in Deutschland auf Dauer so gut wei­tergeht, erweckt. Jetzt wissen sie, dass es in dem Land ange­sichts der demo­gra­fi­schen Ent­wicklung nur eine Richtung geben wird: hin zu mehr Regu­lierung, mehr Umver­teilung, weniger Inves­ti­tionen und damit immer klarer in Richtung DDR 2.0 (wie hier erklärt).
Gewinner:
  • Ver­mieter (länger höhere Mieten),
  • die Ver­mö­genden (Weckruf, können noch recht­zeitig ihr Geld in Sicherheit bringen).
Ver­lierer: alle jene, die nicht die Mög­lichkeit haben, aus­zu­wandern (Wohl­stands­verlust, weniger Wachstum, klei­nerer Umverteilungskuchen). 

Kom­plexe Systeme erfordern intel­li­gente Antworten

Die Auf­zählung ist sicherlich nicht voll­ständig. Sie soll nur illus­trieren, wie die Politik genau das Gegenteil von dem bewirkt, was sie vorgibt, erreichen zu wollen. In der Praxis nutzt die Politik der SPD vor allem jenen, denen die Partei sicherlich nicht helfen will. Kühnert und Co. beweisen, dass kom­plexe Systeme eben intel­li­gentere Ant­worten brauchen.
→ manager-magazin.de: „Wie die Große Koalition den Abstieg Deutsch­lands fördert“, 10. Mai 2019