Noch vor 30 Jahren war jemand, der über die Bilderberger gesprochen hat, ein „Verschwörungstheoretiker“. Und auch heute, wo auch die Medien bereits ein wenig über sie berichten, ist nicht viel über diese jährlichen Treffen der einflussreichsten westlichen Eliten bekannt. Die Geheimniskrämerei geht weiter.
Heute bezeichnen die Medien jemanden, der die Bilderberger als eine Art geheime Weltregierung bezeichnet, als „Verschwörungstheoretiker“. Und das ist nicht einmal falsch, denn es geht ja um eine mögliche geheime Verschwörung, über die es kaum Fakten, aber viele Theorien gibt.
Auffällig ist in jedem Fall, dass viele Personen, die in hohe Ämter kamen, kurz zuvor zu den Bilderbergern eingeladen wurden. Zum Beispiel war Merkel nur Monate, bevor sie Kanzlerin wurde, zum ersten Mal dort. Ob nun die Bilderberger ihr grünes Licht gegeben und gesagt haben, was man von ihr erwartet, wie viele meinen, oder ob sich die Bilderberger nur ein Bild von der möglichen Kanzlerin Merkel gemacht haben, wie es offiziell heißt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Fakt ist, dass viele führende Politiker vor ihrem Amtsantritt dort waren, Merkel ist ein Beispiel, Bill Clinton ein anderes und die Liste ist lang.
Dieses Wochenende ist übrigens AKK, also Annegret Kramp-Karrenbauer, zum ersten Mal bei den Bilderbergern eingeladen. Nachtrag: Am folgenden Tag ist AKK von der Teilnehmerliste verschwunden.
Und auch die Themen der Treffen sind interessant. Ob die Bilderberger nur einen „guten Riecher“ haben oder selbst den Weg der Politik beeinflussen, muss jeder für sich entscheiden. Vor einem Jahr war übrigens das Thema „Saudi-Arabien und Iran“ ein Thema. Die Gegnerschaft der beiden Golfstaaten ist nicht neu, aber es ist bemerkenswert, dass das Thema dort behandelt wurde und heute, ein Jahr später, stehen die Länder am Rande eines Krieges.
Das ist keine „Verschwörungstheorie“, sondern Information von der offiziellen Seite der Bilderberger. Dort veröffentlichen sie die Themen und die Teilnehmerlisten der Treffen.
Auch die Teilnehmerliste des aktuellen Treffens ist interessant. AKK ist wie erwähnt dabei. Auch Ursula von der Leyen, was verwundert, weil sie politisch unter Druck steht und ihre Zukunft ungewiss ist. Ihre Teilnahme weist aber darauf hin, dass man sie noch nicht abschreiben sollte. Überraschend ist, dass die Generalsekretärin der FDP, Linda Teuteberg, eingeladen ist. FDP Parteichef Christian Lindner hingegen ist nicht dabei. Aus Deutschland sind neben Dauergast Mathias Döpfner, Chef von Springer, und dem Bilderberg-Vorstandsmitglied Paul Achleitner, Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank, auch noch einige andere weniger bekannte Firmenchefs dabei, deren Firmen sich mit künstlicher Intelligenz beschäftigen. Auch Dauergast Henry Kissinger darf nicht fehlen und Trump wird durch seinen Schwiegersohn Kushner vertreten. Insgesamt sind es über 100 Teilnehmer.
Auch die Themen des Treffens sind bekannt.
Das erste Thema auf der Liste ist „Eine stabile strategische Ordnung“. Das dürfte eine Umschreibung für die „Weltordnung“ sein, die die USA als weltweites Imperium sieht und dies auch so erhalten will. Es dürfte also um die geopolitische Agenda der USA gehen. Letztes Jahr war man bei der Nennung des Themas noch ehrlicher, damals lautete es „US world leadership“.
Das zweite Thema ist „Wie geht es weiter mit Europa?“. Die Eliten machen ja sehr unverblümt deutlich, dass sie für die EU eine weitere Zentralisierung fordern, also noch mehr Abgabe von Rechten aus den Nationalstaaten an Brüssel. Es dürfte also darum gehen, wie man das erreichen kann.
Das dritte Thema ist „Klimawandel und Nachhaltigkeit“. Ich glaube kaum, dass es dort in der Art um dieses Thema geht, wie wir es in den Medien präsentiert bekommen. Greta wurde jedenfalls nicht eingeladen.
Die Themen vier und fünf auf der Tagesordnung lauten „China“ und „Russland“. Da es sich bei den Bilderbergern um ein Treffen der westlichen Eliten handelt, dürfte klar sein, in welche Richtung hier die Diskussionen gehen werden.
Unter Punkt sechs findet sich „Die Zukunft des Kapitalismus“. Bei einem Treffen der westlichen Eliten dürfte es hier nicht um Kritik am Kapitalismus gehen, sondern eher um die Frage, wie man ihn erhalten und weiterhin als „alternativlos“ verkaufen kann, obwohl in allen westlichen Staaten die Schere zwischen Arm und Reicht immer schneller wächst und immer breitere Bevölkerungsschichten verarmen.
Das siebte Thema lautet schlicht „Brexit“ und damit ist wohl alles dazu gesagt.
Auf Platz acht findet sich ein interessantes Thema: „Die Ethik der künstlichen Intelligenz“. Damit erklärt sich die Anwesenheit von Firmenchefs aus diesem Gebiet. Es wird jedoch kaum um eine philosophische Diskussion über intelligente „Helferlein“ im Haushalt gehen, sondern eher um autonome Kampfroboter, die auf dem Schlachtfeld der Zukunft ohne Einwirkung von Menschen entscheiden werden, wen sie töten und wen nicht.
Auf Platz neun findet sich das Thema „Soziale Netzwerke als Waffe“. Dabei wird es sicherlich um Propaganda und Meinungsmache über soziale Netzwerke gehen. Einerseits darum, wie man unerwünschte Informationen unterdrücken kann, andererseits darum, wie man soziale Netzwerke zur Propagandierung der eigenen Ziele nutzen kann. Hier bestätigt sich übrigens, was Russland behauptet und was westliche Medien und Politiker abstreiten: Wir befinden uns mitten in einem Informationskrieg. Und die Bilderberger sprechen über die Waffen dieses Krieges. Auch Punkt elf auf der Liste gehört in diese Kategorie: „Cyber-Berdohungen“, wobei es dabei auch noch um Hacker gehen wird.
Bleibt noch Platz zehn: „Die Wichtigkeit des Weltraums“. Auch hier wird es wohl weniger um die Wichtigkeit des Weltraums für Telekommuikationssatelliten oder die Wettervorhersage gehen, vermutlich wird man über weltraumgestützte Waffensysteme sprechen.
Die Themen der Liste habe ich von der Seite der Bilderberger, meine Spekulationen, was tatsächlich dabei besprochen wird, sind nur meine Spekulationen, Sie können dabei zu anderen Ergebnissen kommen. Aber das ist nicht so wichtig, denn wir werden nie erfahren, was tatsächlich dort besprochen wurde, denn das bleibt geheim. In diesem Jahr ist es so geheim, dass die Teilnehmer nicht einmal ihre Assistenten oder Leibwächter in das Tagungshotel mitnehmen dürfen.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“