Modern Money Theorie – die falsche Verheißung

Pro­fessor Huber, Ver­fechter der Voll­geld­ordnung dis­ku­tiert MMT auf dem Vollgeld-Blog. Inter­es­sante Betrachtung von MMT, wobei ich bei meiner Ein­schätzung bleibe, dass es sich um eine Scheindis­kussion handelt, geht es doch nur um die kon­se­quente Fort­setzung der Politik der letzten Jahr­zehnte bis zum (bit­teren) Ende.

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Doch nun zur Bespre­chung durch den Fachmann:
  • „Die (…) Modern Money Theorie – kurz MMT – (…) stellt sich (…) eher als ein Bau­kasten diverser Hypo­thesen dar. MMTer reden von diesen Hypo­thesen als seien sie ihre eigenen (…) aber das meiste davon kommt aus dem Post­keyne­sia­nismus und dem Cir­cui­tismus.“ – Stelter: Letz­terer sei kurz erläutert (auch von der Webpage): „Das Modell geht davon aus, dass Giralgeld im Ban­ken­sektor zur Kre­dit­fi­nan­zierung von Firmen geschaffen wird, wodurch Erwerbs­ein­kommen zu den pri­vaten Haus­halten fließen, die durch deren Kon­sum­aus­gaben wieder zu den Firmen, und von diesen in Tilgung der Kredite zurück zu den Banken fließen, wodurch das Geld gelöscht wird.“ Also kein ganz fal­scher Blick­winkel, nur wird in der Praxis eher auf­ge­schuldet als end­gültig getilgt.
  • „Einen aus­drück­lichen Bezug stellt die MMT zum Char­ta­lismus her. (…) Dieser Lehr­tra­dition zufolge ist das Geld­system ein Geschöpf der staat­lichen Rechts­ordnung. Die Zah­lungs­mittel in natio­naler Währung werden von der Zen­tralbank oder dem Finanz­mi­nis­terium eines Landes in Umlauf gebracht, oder durch ein öffentlich-pri­vates Misch­system – teils Zen­tral­bankgeld (Bargeld, unbare Reserven), teils Ban­kengeld (Giralgeld) – unter Kon­trolle, zumindest einem Kon­troll­an­spruch, der Zen­tralbank oder anderer staat­licher Behörden. Aktuell fort­ge­setzt wird diese Tra­dition, die sich über den mit­tel­al­ter­lichen Tho­mismus bis Aris­to­teles zurück­ver­folgen lässt, von der Voll­geld­theorie.“ – Stelter: Die Mög­lichkeit des Staates fest­zu­legen, was zur Tilgung von Steuern akzep­tiert ist, ist natürlich ein wesent­licher Bestim­mungs­faktor der Geldordnung.
  • „(…) die anfäng­lichen MMT-Schriften (beinhalten) kei­nerlei Ele­mente einer Geld­sys­tem­kritik und sahen daher auch kei­nerlei Anlass zu ent­spre­chenden Reformen. Sie beschrieben das bestehende Giral­geld­regime der Banken als eine fabel­hafte Kredit- und Schul­den­ma­schine im Rahmen staat­licher Geld­hoheit. Um eine Kredit- und Schul­den­ma­schine handelt es sich zwei­fellos, aber fabelhaft ist diese ange­sichts ihrer noto­ri­schen Insta­bi­lität und Kri­sen­an­fäl­ligkeit nicht, und eher als dass sie sich der staat­lichen Geld­hoheit unter­ordnet, hat sie diese vielmehr weit­gehend gekapert und ihren par­ti­ku­laren Finanz­in­ter­essen unter­ge­ordnet.“ – Stelter: Hier bleibt sich Huber mit seiner Kritik an der Geld­ordnung natürlich treu. Ent­scheidend ist aus meiner Sicht jedoch, dass wir in der Tat mit der bestehenden Geld­ordnung und vor allem der flan­kie­renden Mani­pu­lation durch die Zen­tral­banken eine Schul­den­ma­schi­nerie haben, die zu Krisen führen muss. Dass die MMTler diese gut finden, ist klar, wollen sie sie doch dem Staat unter­ordnen und völlig gren­zenlos gestalten.
  •  „(Sie) sahen sich mit der Frage kon­fron­tiert, warum – wenn angeblich doch staat­liche Geld­hoheit gegeben ist – es der staat­lichen Zen­tralbank ver­boten ist, direkt zur Finan­zierung des Staats­haus­halts bei­zu­tragen, während das monetäre Hoheits­recht der Geld­schöpfung sehr weit­gehend den Banken (Giralgeld) über­lassen worden ist. MMT-Autoren reagierten darauf mit der Zuspitzung ihrer These, Staats­ver­schuldung sei gleich­be­deutend mit Geld­schöpfung, wobei der Zen­tralbank die Rolle eines koope­rie­renden Regie­rungs­organs zuge­schrieben wird, während die Banken, mehr im Hin­ter­grund, als willige Helfer der Zen­tralbank und der Regierung erscheinen.“ – Stelter: Huber kri­ti­siert diese Sicht. Ich hin­gegen finde schon, dass es zutrifft, dass mehr Staats­schulden wie mehr Schulden generell zu mehr Geld im Umlauf führen.
  • „Generell lässt sich sagen, was an der MMT brauchbar ist, wurde aus dem Postkeynesia­nismus und dem Cir­cui­tismus über­nommen, während jene Ele­mente, die das spe­zi­fische MMT-Profil aus­machen, weit­gehend unhaltbar sind.“ – Stelter: Ein kri­ti­sches Feedback würde man da sagen.
  • Brauchbar ist laut Huber die Theorie der endo­genen Geld­schöpfung und die These der akkom­mo­die­renden Refi­nan­zierung der Banken durch die Zen­tralbank. Da kann man auch nur zustimmen, denke ich.
  • Kri­tisch erinnert er daran, dass auch das nicht aus­reicht zur Beur­teilung, weil wesent­liche Fehl­ent­wick­lungen aus­ge­blendet werden. So vor allem: „Grund­legend fehlt es schon an einer Unter­scheidung zwi­schen Finan­zie­rungen, die zum BIP bei­tragen, und solchen, die es nicht tun, als würden die gesamte Geld­schöpfung und alle nicht-mone­tären Finan­zie­rungen in die Real­wirt­schaft fließen. Tat­sächlich aber fließt heute das Gros aller Finan­zie­rungen in nicht-BIP-wirksame Finan­zie­rungen, vor allem in Immo­bilien, Aktien, Derivate, Fir­men­über­nahmen u. ä. – ein Sach­verhalt, der in der MMT nicht, im Post­keyne­sia­nismus selten the­ma­ti­siert wird. Statt­dessen dis­ku­tiert man lang und breit über Pro­zesse der Finan­zia­li­sierung, ohne jemals zu fragen, woher über­haupt das Geld kommt, das diese Finan­zia­li­sierung direkt und indirekt speist – als ob der Kredit sich vom Geld gelöst und ver­selbst­ständigt hätte.“ – Stelter: Das ist eine zutref­fende Kritik, die auch ich immer wieder übe. Unsere Wirt­schafts­ordnung ist mehr und mehr von der Real­wirt­schaft entfernt.
  • Dazu dann noch ergänzend: „Die Kopplung der Schöpfung von Banken- und Zen­tral­bankgeld an die Kre­dit­aus­stellung dieser Institute wurde seit der Geld­theorie des Ban­ken­kredits der 1890er Jahre sys­te­ma­tisch dar­gelegt, führte aber im Lauf der Zeit zu einer gewohn­heits­mä­ßigen Ver­kürzung (‚Kre­ditgeld‘, ‚Schul­dengeld‘). Die Theorie han­delte sich damit eine Fehl­leistung ein in Form des fal­schen Pos­tulats der Iden­tität von Geld und Kredit. Unter heu­tigen Makro­öko­nomen ist das Denken in den Kate­gorien der fal­schen Iden­tität von Geld und Kredit weit ver­breitet, allen voran im Post­keyne­sia­nismus und der MMT.“ – Stelter: Er unter­scheidet den Kre­ditakt und die daraus abge­leitete Gut­schrift von Giralgeld auf dem Konto. Es sind also zwei unter­schied­liche Dinge, auch wenn sie zeit­gleich stattfinden.
  • „Daraus folgt ein nicht nur für die MMT typi­sches, aber bei ihr extrem aus­ge­prägtes Ver­wirr­spiel bzgl. Geld und Kredit, Geld­schöpfung und Kre­dit­wirt­schaft, und das zu unguter Letzt auch hin­sichtlich der vor­sätz­lichen Ver­mi­schung von mone­tären Zustän­dig­keiten der Zen­tralbank und fis­ka­li­schen Zustän­dig­keiten der Regierung.“ – Stelter: weil, so Huber, sie nicht aner­kennen (wollen), dass man Geld schaffen kann ohne einen Ver­schul­dungsakt, so wie es ihm bei Vollgeld vorschwebt.

Doch nun zu den Punkten, wo die MMTler nach Auf­fassung von Huber richtig schief liegen:
Pos­tulat #1 – Sek­torale Bilanzen gleichen ein­ander aus (Sal­den­me­chanik). Sek­torale Ungleich­ge­wichte seien daher kein echtes Problem 

  • Leser von bto kennen natürlich die Sal­den­me­chanik. Ich habe sie immer wieder im Zusam­menhang mit den deut­schen Außen­han­dels­über­schüssen gebracht. Huber stört sich an der unsau­beren Sek­tor­de­fi­nition in der MMT: „(…), wenn MMTer von ‚the government‘ sprechen, es unklar bleibt, wer oder was gemeint ist – das Regie­rungs­ka­binett oder das President’s Office, das U.S. Tre­asury (Finanz­mi­nis­terium), Senat und Reprä­sen­tan­tenhaus, oder die Federal Reserve (Zen­tralbank der USA). Alle solche Organe unter öffent­lichem Recht werden unter­schiedslos unter die Kate­gorie ‚Regierung‘ oder ‚öffent­licher Sektor‘ sub­su­miert. Man kann dann rätseln, welche Insti­tution im Ein­zelnen gemeint ist – oder im Sinn der MMT annehmen, es sei letztlich egal wer gemeint ist. Es ist die erklärte Absicht der MMT, monetär-kre­ditäre und fis­ka­lische Funk­tionen zu ver­schmelzen (cre­ditary-fiscal syn­thesis). Dabei ist diese Unter­scheidung – nicht nur als begriff­liche, sondern als reale Gewal­ten­teilung – uner­lässlich für die weitere Ent­wicklung des frei­heit­lichen und demo­kra­ti­schen Recht­staats, nicht zuletzt auch für sinn­volle Ana­lysen und Kon­zepte der Geld‑, Fiskal- und Finanz­po­litik.“ – bto: Hier muss ich gestehen, dass ich da ver­mutlich etwas zu lax bin. Das war mir dann doch nicht so ein­deutig klar, bzw. die Kon­se­quenzen waren mir nicht bewusst. Ich denke, es geht ja zunächst mal um eine Theorie der Staatsfinanzierung.

Pos­tulat  #2 – Die Regierung erzeugt Geld in Form von Staatsanleihen 

  • Hier gehöre ich wohl zu den echten Laien. Ich habe es auch so gesehen, weil es fak­tisch ja nur über den Umweg der Banken geht. Diese schaffen das erfor­der­liche Geld im Gegenzug zur Ver­schuldung des Staates. Huber dazu aller­dings: „Wenn das Finanz­mi­nis­terium oder die staat­lichen Hypo­the­ken­fi­nan­zierer Wert­pa­piere emit­tieren, erhöht sich damit i.d.R. die Geld­nach­frage. Dies wie­derum, wenn volu­minös genug, bewirkt eine zusätz­liche Geld­schöpfung durch Banken (Giralgeld) und Zen­tralbank.“ – Stelter: Also habe ich es doch richtig ver­standen. Doch „MMT sieht staat­liche Organe nicht als Geld­nach­frager unter anderen, sondern beharrt darauf, dass die Regierung das Geld schöpft, wenn sie Anleihen begibt.“ – Stelter: Das ist natürlich so nicht richtig. Man könnte nur sagen, dass sich niemand der Geld­nach­frage des Staates ent­ziehen kann und damit eine Zwangs­schöpfung erfolgt.
  • Dazu ver­weist Huber dann aber auf die geringere Rolle des Staates ver­glichen mit den anderen Akteuren: „Die Geld­nach­frage von nicht-mone­tären Finanz­in­sti­tuten, Unter­nehmen und pri­vaten Haus­halten stellt bei weitem den größten Teil der Geld­nach­frage dar, und bewirkt damit auch den größten Teil der Geld­schöpfung von Banken und – bruch­teilig refi­nan­zierend – Zen­tral­banken. Ebenso befinden sich die meisten öffentlich emit­tierten Wert­pa­piere nicht im Besitz der Zen­tralbank, auch dann nicht, wenn man die Staats­an­leihen im Besitz aus­län­di­scher Zen­tral­banken dazu­rechnet (…).“ – Stelter: Also ist der Staat nicht dominant.

Pos­tulat #3 – Staats­aus­gaben sind gleich Geld­schöpfung. Steuern dienen nicht der Finan­zierung von Staatsausgaben

  • „Im nächsten Schritt ihrer monetär-fis­ka­li­schen Kon­fusion pos­tu­liert die MMT, Steuern würden angeblich nicht der Finan­zierung von Staats­aus­gaben dienen, vielmehr würde mit den Staats­aus­gaben jenes Geld geschöpft, mit dem Steuern bezahlt werden und damit das Geld gleichsam zu seiner Quelle zurück­kehre.“ – Stelter: was bedeuten würde, dass es eine „Tilgung“ gibt.
  • Das wider­spricht aber der Empirie: „Beim MMT-Pos­tulat  ‘Ausgabe staat­licher Schul­den­pa­piere = Geld­schöpfung = Finan­zierung der Staats­aus­gaben = Finan­zierung spä­terer Steu­er­zah­lungen’ muss man zwei Sach­ver­halte im Auge behalten. Erstens sind die in welcher Form auch immer neu aus­ge­stellten Staats­schulden nicht men­gen­gleich mit der lau­fenden Gesamt­aus­weitung des Geld­an­gebots, sondern nur der kleinere Teil davon. Zweitens pflegen die mit der Zeit ange­häuften aus­ste­henden Staats­schulden die lau­fenden Staats­haus­halte und teils auch das lau­fende Wirt­schafts­produkt zu über­steigen.“ – Stelter: Es gibt also diese Tilgung nicht.
  • „Was nun Steu­er­zah­lungen angeht, so fließen diese in den meisten Ländern zunächst auf Bank­konten des Finanzamts (Zahlung in Giralgeld). Von dort werden sie als gebün­delte Zahlung in Reserven auf ein staat­liches Trans­ak­ti­ons­konto bei der Zen­tralbank über­wiesen. So oder so bleiben die Mittel aus Steu­er­zah­lungen im Umlauf – die Reserven im Inter­banken-Umlauf, das Giralgeld im Publikums-Umlauf. Die Reser­ven­gut­haben werden nicht gelöscht, wie die MMT des Öfteren sug­ge­riert. Reserven werden nur gelöscht durch Zah­lungen von Banken an die Zen­tralbank,  ebenso wie Giralgeld gelöscht wird durch Zah­lungen von Nicht­banken an Banken.“ – Stelter: Man müsste es also explizit so orga­ni­sieren, dass das Geld verschwindet.
  • „Das aber – das Geld ein­sammeln und still legen – geschieht eben nicht, sondern das Geld zir­ku­liert immer weiter. Folglich müsste dies im Verlauf weniger Jahre in eine galop­pie­rende Inflation bzw. Asset­in­flation münden. (…) Der MMT mit ihrer erklärten Weich­wäh­rungs-Per­spektive erscheint dies will­kommen. Die bestehende Inflation und Asset­in­flation sind aber nicht auf ‚Geld­schöpfung der Regierung‘ zurück­zu­führen, sondern auf die Geld­schöpfung und Geld­zir­ku­lation des Banken- und Finanz­sektors, teils auch auf­grund der Über­schuldung der öffent­lichen Haus­halte, aber ebenso auf­grund der Über­schuldung aller anderen Gruppen von Wirt­schafts­ak­teuren, gewohn­heits­mäßig refi­nan­ziert  von den Zen­tral­banken.“ – Stelter: Damit nähern wir uns auch schon dem Haupt­kri­tik­punkt an MMT.

Pos­tulat #4 – Staats­schulden sind nicht wirklich Schulden 
Das ist schon mal ein Statement. Ich habe ja aus­führlich James Montier zum Thema Staats­schulden hier gehabt (und bringe ihn heute am Nach­mittag noch mal). Da kann man in der Tat sagen, dass sie kein Problem sind, solange der Staat über eine eigene Notenbank verfügt. Doch zu sagen, es „wären keine Schulden“?

  • „In Fort­führung des MMT-Gedankens, Staats­ver­schuldung sei mit Geld­schöpfung gleich­zu­setzen, besteht ein wei­teres MMT-Pos­tulat in der Behauptung, Staats­schulden seien eigentlich keine Schulden. Staats­schulden seien etwas anderes als andere Schulden und müssten dem­entspre­chend anders ver­standen werden – noch so eine idio­syn­kra­tische Wendung, die umso mehr irri­tiert, als sie dem von der MMT geteilten Pos­tulat der ver­meint­lichen Iden­tität von Geld, Kredit und Kre­dit­schuld wider­spricht. (…) Zuge­geben, andere hatten zuvor auch schon solche Gedanken, ein­schließlich Keynes mit seiner Kon­struktion der ‚per­petual zero-coupon consols‘, das heißt, Nullzins-Staats­an­leihen ohne Fäl­ligkeit, sozu­sagen kos­ten­loser ewiger Kredit.“ – Stelter: Damit wäre es aber schon Kredit, aber einer, der eben durch eine Buchungs­kon­vention weg­ge­rechnet wird.

Pos­tulat #5 – Defizite und Schulden sind kein Problem, sondern eine uner­schöpf­liche Quelle staat­licher Finanzierung

  • „Sollte man ent­gegen MMT’s Auf­fassung Schulden wei­terhin für Schulden halten, hat die MMT ein wei­teres Pos­tulat bereit: Die Regierung eines sou­ve­ränen Staats mit eigener Währung könne sich in dieser Währung  nicht über­schulden und müsse also nicht zah­lungs­un­fähig und damit fak­tisch insolvent werden, denn das Finanzminis­te­rium im Zusam­men­spiel mit der Zen­tralbank kann benö­tigte Gelder jederzeit erzeugen.“ – Stelter: Sie könnte dem Staat jederzeit weitere Schuld­pa­piere abkaufen oder Kredite geben. Es bliebe aber ein Verschuldungsakt.
  • „Jen­seits kri­ti­scher Grenzen der finan­zi­ellen Tra­ge­ka­pa­zität einer Wirt­schaft wird ‚too much finance‘ – das heißt zu viel Kredit und Schulden auf der Basis über­schie­ßender Geld­schöpfung – zu einer Last für die Wirt­schaft mit zunehmend dis­funk­tio­nalen Folgen. Inflation und/oder Asset­in­flation nehmen zu, die Erwerbs­ein­kommen und die Mas­sen­kauf­kraft sta­gnieren oder sinken. Die Währung wertet ab. Importe werden teurer und in hei­mi­scher Währung schwie­riger zu finan­zieren, umso mehr in aus­län­di­scher Währung. Aus­län­dische Direkt­in­ves­ti­tionen gehen zurück. Spar­zwänge (Austerität) beginnen, die öffent­lichen und pri­vaten Finanzen zu durch­dringen. Viele Ent­wick­lungs- und Schwel­len­länder machten solche Erfah­rungen in den zurück­lie­genden Jahr­zehnten. Auch manche alt­in­dus­tri­ellen Länder sehen sich mit solchen Pro­blemen kon­fron­tiert.“ – Stelter: Wenn es so einfach wäre, würden es doch alle schon längst machen.
  • Aus­nahme dürften wie Huber zu Recht aus­führt die USA sein: „Es kostet Wall Street und Washington sehr wenig, die Dollars her­aus­zu­geben, während der ‚aus­wärtige Sektor‘, auch ‚Rest der Welt‘ genannt, für jeden Dollar 100 % Gegenwert liefern muss.“ – Stelter: so wir Autos und bekommen dafür grüne Zettel.

MMT’s poli­tische Perspektiven 

  • „Was die MMT befür­wortet, ist die schon bestehende Tendenz, die Grenzen zwi­schen Geld- und Fis­kal­po­litik zu ver­wi­schen, ja auf­zu­heben. Die MMT-Sal­den­me­chanik tut ja bereits so als seien im öffent­lichen Sektor Geld‑, Steuer- und Kre­dit­wesen ver­schmolzen. Dieser Vor­stellung soll die Wirk­lichkeit näher kommen, um so die beab­sich­tigte Fort­setzung der über­schie­ßenden Geld‑, Kredit- und Schul­den­aus­weitung leichter rea­li­sieren zu können. MMTer fordern von daher monetäre Staats­fi­nan­zierung, also Geld­schöpfung der Federal Reserve gemäß der Geld­nach­frage des U.S. Tre­asury und Con­gress, zwecks direkter Finan­zierung erwünschter Staats­aus­gaben.“ – Stelter: Genau, es geht darum, das System eine Runde weiter zu bekommen. Nur darum.
  • „Gegen die laxe MMT-Haltung bzgl. des staat­lichen Geld­aus­gebens spricht außerdem das(…) Problem, dass Staats­aus­gaben – in je grö­ßerem Umfang, desto mehr – zwar im ersten Schritt real­wirt­schaft­lichen Akti­vi­täten dienen mögen, die Mittel aber in wei­teren Schritten dau­erhaft in den nicht-BIP-wirk­samen Bereichen der Finanz­wirt­schaft enden, und dass auch die­je­nigen Staats­aus­gaben, die im ersten Schritt etwas  ‚Sozialem‘ dienen, dau­erhaft den bestehenden Ein­kommens- und Ver­mö­gensbias zugunsten der Finanz­ein­kommen zulasten der Arbeits­ein­kommen ver­stärken. Sowohl der euro­päische Sozi­al­staat wie auch der ame­ri­ka­nische Rüs­tungs­staat haben den Auf­stieg des heu­tigen Finanz­markt­ka­pi­ta­lismus in for­mi­dabler Weise ali­men­tiert.“ – Stelter: eben eine aus­ge­prägte Schuldenwirtschaft.
  • „Seit kurzem haben MMTer auch die Idee eines Green New Deal auf­griffen. (…) in Anknüpfung an die staat­lichen Arbeits­be­schaf­fungs­maß­nahmen der 1930er Jahre. (…) Zu jener Zeit gab es extreme Arbeits­lo­sigkeit, Ver­armung, man­gelnde Nach­frage und stark unter-aus­ge­lastete Kapa­zi­täten. (…) die Lage heute (ist) eher von Über- als Unter­kon­sumtion geprägt (…).“ – Stelter: was aber daran liegt, dass die Blasen noch nicht geplatzt sind.
  • „(…) der Green New Deal (…) zielt auf eine öko­lo­gische Moder­ni­sierung der indus­tri­ellen Pro­duktion und Pro­dukte, auf eine öko­lo­gische Neu­an­passung des indus­tri­ellen Meta­bo­lismus, was ein Stück weit auch ver­än­derte Lebensstil-Prä­fe­renzen und Kon­sum­muster beinhaltet. (…) Ein lang­fris­tiges per­ma­nentes Enga­gement für die Öko­lo­gi­sierung des indus­tri­ellen Meta­bo­lismus benötigt dagegen etwas anderes, nämlich: erstens und vor allem die kon­se­quente Imple­men­tierung stim­miger umwelt­po­li­ti­scher Regu­lierung, ein­schließlich umwelt­re­le­vanter Tech­nik­stan­dards; mit Abstand gefolgt, zweitens, von der auf­kom­mens­neu­tralen Besteuerung von allem, was öko­lo­gisch nicht dau­erhaft trag­fähig ist; drittens schließlich gezielte Inves­ti­tionen (durchaus auch staatlich finan­zierte) in die Erfor­schung und Ent­wicklung umwelt­re­le­vanter Inno­va­tionen und in die auch öffent­liche För­derung ihrer Markt­ein­führung.“ – Stelter: Ich denke, es geht um eine radikale Ent­wertung bestehender Assets und ein mas­sives Pro­gramm zur Ent­wertung der Vermögenswerte.

Was Huber zum Fazit führt:

  • „Ent­gegen ihrem Anspruch, eine kohä­rente all­ge­meine Theorie dar­zu­stellen, handelt es sich bei der MMT um eine USA-zen­trische Zusam­men­stellung von Gefäl­lig­keits­pos­tu­laten. Diese blenden die großen Pro­bleme der Geld­ordnung, der Geld­po­litik, des Banken- und Finanz­systems weit­gehend aus und lassen in Washington und an Wall Street ebenso auf­horchen wie bei vielen ihrer euro­päi­schen und asia­ti­schen Pen­dants. Denn sie alle stecken in der Sack­gasse nicht endender Defizite und Schulden, einer sich selbst wei­ter­trei­benden Geld‑, Kredit- und Schul­den­aus­weitung, die zu einer insta­bilen und kri­sen­träch­tigen Auf­blähung der nicht-BIP-wirk­samen Bereiche der Finanz­wirt­schaft geführt hat, und zu einem Ausmaß neu­er­licher Ein­kommens- und Ver­mö­gens­un­gleichheit, das demo­ra­li­sierend und dys­funk­tional geworden ist.“ – Stelter: Das ist eine so gute Zusam­men­fassung, dass ich sie so über­nehme. Es ist das Fenster für jene, die sich in die Ecke gepinselt haben. Nun sollen sie springen.
  • „Das MMT-Pro­gramm ver­spricht, die fort­ge­setzte Aus­weitung von Geld, Kredit und Schulden zu erleichtern und bedient damit fast alle Inter­es­sen­gruppen (…) MMT ver­spricht ihnen allen, ohne Reue wie bisher wei­ter­machen zu können. Kein Wunder, dass etliche Poli­tiker in Amerika und Europa – die irgendwie ein ungutes Gefühl haben aber nicht wissen, wie weiter – dem Sire­nen­gesang der MMT Gehör schenken (…).“ – Stelter: Und es wird enden, wie Ludwig von Mieses es vor­hersagt: mit der völ­ligen Zer­rüttung des Geldwesens.

Dr. Daniel Stelter – www.think-beyondtheobvious.com