Thü­ringen: SPD droht auf Platz fünf zurückzufallen

Vier Monate vor der Land­tagswahl in Thü­ringen sieht es für die SPD dort ähnlich schlecht aus wie in Bayern und Sachsen, wo sie bereits im ein­stel­ligen Bereich ange­kommen ist, oder in Baden-Würt­temberg, wo sie es gerade noch so in den zwei­stel­ligen Bereich schafft. Die SPD, die es über Jahr­zehnte gewohnt war, immer die Nr. 1 oder die Nr. 2 zu sein, könnte in Thü­ringen sogar auf Platz 5 abrut­schen. Auf  Platz 1 liegt derzeit die CDU mit ihrem Spit­zen­kan­di­daten Mike Mohring, doch für die dürfte sich im Falle eines Wahl­sieges ein Rie­sen­problem stellen: Mit wem zusammen regieren?

Erste dun­kelrot-rot-grüne Lan­des­re­gierung in Deutschland

Die thü­rin­gische Land­tagswahl im Sep­tember 2014 hatte für einiges Auf­sehen gesorgt und führte zu einem Novum. Zum ersten Mal kam es in Deutschland zu einer Regie­rungs­bildung unter einem Minis­ter­prä­si­denten von „Die Linke“ (Links­partei / PDS / SED). Diese war zwar nicht als stärkste, sondern hinter der CDU liegend nur als zweit­stärkste Partei aus den Wahlen her­vor­ge­gangen, lag aber weit vor der dritt­plat­zierten SPD, die nicht einmal halb so viele Wäh­ler­stimmen wie jene erhalten hatte. So sah das Ergebnis 2014 aus:

  1. CDU: 33,5 %
  2. LINKE: 28,2 %
  3. SPD: 12,4 %
  4. AfD: 10,6 %
  5. GRÜNE: 5,7 %
  6. FDP: 2,5 %
  7. Sonstige: 7,1 %

Somit stellte sich für die dritt­plat­zierte SPD die Frage, wen sie zum neuen thü­rin­gi­schen Minis­ter­prä­si­denten machten sollte, die damals noch amtie­rende CDU-Minis­ter­prä­si­dentin Christine Lie­ber­knecht oder den Spit­zen­kan­di­daten der Linken. In einem Mit­glie­der­ent­scheid ent­schieden sich die Genossen mit einer klaren 70 Prozent-Mehrheit nicht für eine Fort­setzung der großen Koalition mit der CDU, sondern für die erste deutsche dun­kelrot-rot-grüne Lan­des­re­gierung unter dem neuen Minis­ter­prä­si­denten Bodo Ramelow (Die Linke). Die SPD als eine von zwei Juni­or­part­ne­rinnen der SED-Nach­fol­ge­partei! Ob das gut gehen konnte?

Linke und SPD fallen, Grüne steigen

In vier Monaten, am 27.10.2019, kommt es in Thü­ringen nun wieder zur Land­tagswahl. Thü­ringen, Lan­des­haupt­stadt Erfurt, ist mit ca. 2,2 Mil­lionen Ein­wohnern bezogen auf die Bevöl­ke­rungs­anzahl das zwölft­größte deutsche Bun­desland respektive das fünft­kleinste. INSA hat nun aktuell eine reprä­sen­tative Erhebung durch­ge­führt und dabei im Zeitraum vom 18.06. bis 24.06.1019 ins­gesamt 1.005 voll­jährige Thü­ringer tele­fo­nisch und online befragt und die Ergeb­nisse mit ent­spre­chenden Kor­rek­tur­fak­toren hoch­ge­rechnet. So in etwa würden also die Thü­ringer bei Land­tags­wahlen laut INSA im Moment wählen (in Klammern die Ver­än­de­rungen im Ver­gleich zu vor vier Wochen, so es eine gab):

  1. CDU: 26 %
  2. LINKE: 24 % (– 1)
  3. AfD: 20 %
  4. GRÜNE: 10 % (+ 2)
  5. SPD: 10 % (– 1)
  6. FDP: 5 %
  7. Sonstige: 5 %

 

Muss die CDU sich zwi­schen Links­partei und einem Vierer-Bündnis entscheiden?

Dun­kelrot-Rot-Grün hätten aktuell nur noch ca. 44 Prozent. Das würde selbst dann nicht für eine Mehrheit reichen, wenn die FDP bei­spiels­weise mit 4,99 Prozent den Einzug ins Par­lament ver­passen würde und die sons­tigen Par­teien auf 5 Prozent kämen. Gehen wir davon aus, dass die FDP min­destens 5,00 Prozent schaffen sollte und die sons­tigen Par­teien auf ca. 5 Prozent kommen, dann werden ca. 47,5 Prozent der abge­ge­benen gül­tigen Zweit­stimmen not­wendig sein, um eine Mehrheit der Sitze im Landtag zu erreichen. Welche mög­liche Koali­tionen gäbe es dann überhaupt?

  1. Schwarz-Grün-Rot-Gelb (CDU + Grüne + SPD + FDP): 51 Prozent. Wenn die FDP den Einzug in den Thü­rin­gi­schen Landtag schaffen sollte, dann hätte dieses Vie­rer­bündnis wohl eine klare Mehrheit.
  2. Schwarz-Dun­kelrot (CDU + LINKE): käme im Moment auf ca. 50 Prozent. Das würde eben­falls für eine Mehrheit reichen.
  3. Schwarz-Blau (CDU + AfD): ca. 46 Prozent. Das würde, wenn es die FDP in den Landtag schaffen sollte, nicht reichen für eine Mehrheit. Außerdem spricht sich ja der CDU-Par­tei­führung in Berlin unter Kramp-Kar­ren­bauer derzeit geschlossen gegen jede Zusam­men­arbeit mit der AfD aus, die man mit allen Mitteln klein zu kriegen versucht.
  4. Schwarz-Grün-Rot (CDU + Grüne + SPD): 46 Prozent. Auch das würde, wenn die FDP die Fünf-Prozent-Hürde nimmt, nicht für eine Mehrheit reichen.
  5. Dun­kelrot-Grün-Rot: ca. 44 Prozent, derzeit also kaum eine Chance auf eine Mehrheit.

Die gute Nach­richt für die CDU ist derzeit also, dass, so wie es im Moment aus­sieht, a) keine Mehrheit ohne sie gebildet werden könnte und b) sie, da sie stärkste Partei zu werden ver­spricht, wieder den Minis­ter­prä­si­denten stellen könnte, mithin Bode Ramelow (Die Linke) ablösen würde. Die schlechte Nach­richt für die CDU ist dagegen, dass sowohl sie selbst als auch die SPD inzwi­schen so schwach ist, dass eine Regie­rungs­bildung unter Umständen nur mit einem Vie­rer­bündnis (Schwarz-Grün-Rot-Gelb) oder einer Koalition mit der SED-Nach­fol­gerin möglich sein könnte.

Die Spit­zen­kan­di­daten der Par­teien und ihre Bewer­tungen durch die Wähler

CDU: Mike Mohring (siehe Titelbild), Bekannt­heitsgrad: 87 Prozent, Bewertung: 30 Prozent positiv– 40 Prozent negativ
DIE LINKE: Bodo Ramelow, Bekannt­heitsgrad: 97 Prozent, Bewertung: 49 Prozent positiv – 35 Prozent negativ
AfD: Björn Höcke, Bekannt­heitsgrad: 90 Prozent, Bewertung: 15 Prozent positiv – 62 Prozent negativ
GRÜNE: Anja Sie­gesmund, Bekannt­heitsgrad: 76 Prozent, Bewertung: 20 Prozent positiv – 36 Prozent negativ
SPD: Wolfgang Tie­fensee, Bekannt­heitsgrad: 92 Prozent, Bewertung: 37 Prozent positiv – 35 Prozent negativ
FDP: Thomas Kem­merich, Bekannt­heitsgrad: 51 Prozent, Bewertung: 10 Prozent positiv – 24 Prozent negativ


Quelle: JFB