Das Pentagon warnt vor russischen und chinesischen Atomwaffen. Wollen die USA neue Atomtests aufnehmen?
Der Chef des US-Militärgeheimdienstes Robert Ashley hat heute bei einem Auftritt im Hudson Institute vor russischen und chinesischen Atomwaffen gewarnt und eine Bedrohung durch diese Länder beschworen.
Die USA haben in den letzten 15 Jahren fast alle Abrüstungsverträge gekündigt. Zuerst den Vertrag über das Verbot einer Raketenabwehr (ABM), zuletzt den Vertrag über das Verbot von landgestützten Kurz- und Mittelstreckenraketen (INF). Das Muster war dabei immer das gleiche: Die USA malten eine imaginäre Bedrohung an die Wand und als Zugabe beschuldigten sie ihre Vertragspartner, vertragsbrüchig zu sein. Diese beiden „Argumente“ nahmen sie als Vorwand, um die Verträge einseitig zu kündigen.
Derzeit gibt es nur noch zwei Abrüstungsverträge. Da wäre zunächst der START-Vertrag über die Begrenzung von Atomwaffen, der demnächst ausläuft. Russlands wiederholte Bemühungen, den Vertrag zu verlängern oder zumindest über ihn zu reden, laufen weitgehend ins Leere. Die USA haben es damit anscheinend nicht eilig. Es scheint, als ob sie auch diesen Abrüstungsvertrag loswerden wollen und ihn daher einfach auslaufen lassen.
Der andere Vertrag ist der Vertrag über den Kernwaffenteststopp (CTBT). Der Vertrag wurde im September 1996 von UN-Generalversammlung angenommen, aber die USA haben ihn bis heute nicht ratifiziert.
Kernwaffentests sind der Öffentlichkeit nur schwer zu verkaufen, aber es deutet einiges darauf hin, dass die USA dies versuchen. Wieder nach der erprobten Methode: Man malt eine Bedrohung an die Wand und beschuldigt die anderen, gegen den Vertrag zu verstoßen und nimmt dies dann als Vorwand, um neue Atomtests zu begründen.
Hinweise darauf, dass die USA so vorgehen, gibt es schon länger und heute kamen neue Hinweise hinzu. Der Chef des US-Militärgeheimdienstes DIA Robert Ashley im Pentagon hat bei einem Auftritt beim Hudson Institute folgendes gesagt:
„Russland verbessert sein Atomwaffenarsenal. Nach unserer Meinung wird sich das atomare Arsenal in den nächsten zehn Jahren stark erhöhen.“
Klingt gefährlich, allerdings wäre das gar nicht möglich, wenn die USA sich endlich bereit erklären würden, den START-Vertrag über die Begrenzung von Atomwaffen zu verlängern. Wenn Generalleutnant Ashley nun vermutet, dass Russland sein Atomwaffenarsenal demnächst ausbaut, dann geht er davon aus, dass der Vertrag nicht verlängert wird. Und es sind die USA, die Gespräche über die Verlängerung des Vertrages ablehnen, nicht Russland.
China hat wesentlich weniger Atomwaffen als Russland oder die USA und ist daher, genauso die Großbritannien und Frankreich, nicht Vertragspartner im START-Vertrag. Zu China sagte Ashley heute:
„In den nächsten zehn Jahren wird China höchstwahrscheinlich sein atomares Aresenal mindestens verdoppeln. Derzeit läuft die schnellste Erhöhung und Diversifizierung des atomaren Arsenals in der chinesischen Geschichte.“
Auch hier also baut das Pentagon eine Bedrohung auf. Und dann kam er in seiner Rede zurück zu Russland und unterstellte Russland, es könnte kleine Atombomben, sogenannte „Mini-Nukes“ testen wollen:
„Ich würde sagen, dass sie (die Russen) das Potenzial haben, das zu tun.“
Auf die konkrete Frage, ob die USA unterstellen, dass Russland tatsächlich solche Waffen testen will, wich er der Antwort aus und wiederholte:
„Ich muss sagen, dass die (die Russen) das Potenzial haben, das zu tun.“
Also nichts Konkretes, aber die Meldung ist in der Welt, Russland könnte Mini-Nukes testen wollen. Mal abwarten, wie lange es dauert, bis wir das in den deutschen Medien lesen. Fakt ist, dass sowohl Russland als auch die USA, so wie jede andere Atommacht auch, „das Potenzial“ für solche Tests haben, nur sagt das noch nichts über die Absichten aus.
Jedoch passen solche Meldungen in das übliche und schon bekannte Muster. Die USA wollen, wie man in der Fachliteratur immer wieder lesen kann, gerne ihre Mini-Nukes weiterentwickeln und auch testen. Experten warnen davor, weil solche „Mini-Atombomben“ die Hemmschwelle für den Einsatz solcher Atombomben senken würden und es realistisch machen, dass die USA in einem ihrer nächsten Kriege solche Waffen einsetzen würden.
Um diese Tests zu rechtfertigen, brauchen die USA einen Vorwand, um die Öffentlichkeit von der Notwendigkeit der Tests zu überzeiugen und dafür werden Russland und China genommen, obwohl das chinesische atomare Potenzial viel kleiner ist, als das der USA und obwohl man Russlands Potenzial weiterhin begrenzen könnte, wenn man den START-Vertrag verlängert, was aber wiederum die USA offensichtlich nicht wollen, denn dann müssten auch die USA ihr atomares Potenzial begrenzen.
Bei seinem Auftritt fügte er dann hinzu:
„Die Vereinigten Staaten sind der Meinung, dass Russland sein Moratorium für den Kernwaffenteststopp umgehen. (…) Strategisch gesehen berührt das die Frage der Einhaltung des Vertrages über einen Kernwaffenteststopp“
Es ist interessant, dass Ashley Russland, ohne Belege zu nennen, derartige Vorwürfe macht und sich über die Einhaltung eines Vertrages Sorgen macht, den die USA selbst gar nicht ratifiziert haben.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“