Bevor wir uns Korruption anschauen können, müssen wir erst einmal definieren, was Korruption ist. Und schon da wird es interessant. Wikipedia definiert Korruption folgendermaßen:
„Korruption (…) bezeichnet Bestechlichkeit, Bestechung, Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung. Im juristischen Sinn steht Korruption für den Missbrauch einer Vertrauensstellung in einer Funktion in Verwaltung, Justiz, Wirtschaft, Politik oder auch in nichtwirtschaftlichen Vereinigungen oder Organisationen (zum Beispiel Stiftungen), um für sich oder Dritte einen materiellen oder immateriellen Vorteil zu erlangen, auf den kein rechtmäßiger Anspruch besteht.“
Das Zauberwort ist der „rechtmäßige“ Anspruch. Man kann also Korruption per Gesetz legalisieren. Das berühmteste Beispiel für legale Korruption ist das US-amerikanische Wahlsystem. Dort kann niemand Abgeordneter werden, der nicht Millionenspenden einsammelt. Und natürlich kommen die Spender nach der Wahl und fordern eine Gegenleistung, sei in Form von Gesetzen, die den Spendern nützen oder in Form öffentlicher Aufträge und so weiter. Das ist in den USA völlig legal, aber man stelle sich einmal vor, in Russland würde ein Unternehmen die Wahlkampagne von Putin bezahlen und anschließend Staatsaufträge und eine günstige Gesetzgebung bekommen. Die deutsche Presse hätte ein Dauerthema über das „korrupte Russland“.
In Russland ist diese US-Praxis übrigens illegal. Das ist vielleicht auch ein Grund, warum man von Russland fordert, endlich die „westliche Demokratie“ anzunehmen, denn so verschieden die Regierungsformen im Westen auch sind, sie alle haben eins gemein: Wahlspenden an Parteien werden gefördert. Diese Form der Korruption ist im gesamten Westen legalisiert, man hat sogar extra ein anderes Wort dafür erfunden, damit es besser klingt: „Lobbyismus“.
Immer, wenn wir von „Lobbyismus“ hören, müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass das eine Umschreibung für legale Korruption ist, bei der Interessenverbände Politiker und/oder Parteien finanziell unterstützen und danach Gegenleistungen einfordern. Und auch diese auch bekommen.
Bekannt ist in Deutschland zum Beispiel die Mehrwertsteuersenkung für Hotels der FDP vor knapp 10 Jahren. Die FDP hatte zuvor Spenden in Höhe von 1,1 Millionen von der Substantia AG bekommen, die Hotels betreibt. Es war die größte Spende in der Geschichte der Partei und sobald sie in der Regierung war, zeigte sie sich dankbar und erließ die Steuersenkung für Hotels.
Das ist per Definition Korruption, nur ist diese Form von Korruption in den westlichen Demokratien legal. Das Wirtschaftssystem baut darauf auf und die Macht der Lobbyisten, sorry, der Korruptionäre, wächst.
Aber Gott sei Dank gibt es ja Transparency International. Diese unabhängige Organisation überprüft die weltweite Korruption und gibt einmal jährlich einen Bericht heraus, der zeigt, wie verbreitet die Korruption in welchen Ländern der Welt ist.
Eigentlich wollte ich einen Artikel über Korruption in Deutschland schreiben, aber wie das beim Recherchieren so ist, manchmal findet man Dinge, die man gar nicht gesucht hat und plötzlich schreibt einen ganz anderen Artikel, als man ursprünglich wollte.
Transparency International ist nämlich keineswegs unabhängig. Die Organisation bekommt Ihr Geld zu ca. 88% von den Staaten des Westens, ca. 7% kommen von Stiftungen, die ihrerseits zum Teil ebenfalls von Staaten finanziert werden und natürlich gehört auch George Soros zu den Finanziers von Transparency International. Ca. 4% kommen aus dem Privatsektor, also von Konzernen wie Siemens oder Versicherungen und so weiter. Weniger als 2% machen echte Spenden aus, zu über 98% wird Transparency International von den westlichen Staaten und Konzernen unterstützt, wie diese Tabelle von Wikipedia zeigt, die die Zahlen aus den Jahresberichten korrekt wiedergibt.
Wie man im Text sieht, darf auch das Endowment for Democracy nicht fehlen, das vom US-Außenministerium finanziert wird und immer treibende Kraft ist, wenn die USA irgendwo auf der Welt einen Regimechange oder eine Farbenrevulotion organisieren.
Aber nach welcher Methodik erstellt Transparency International seinen Index der weltweiten Korruption? Das ist besonders interessant und es erinnert sehr stark an die Reporter ohne Grenzen, die ebenfalls von den westlichen Regierungen finanziert werden und uns einmal jährlich darüber informieren, wo die Presse wie frei oder unfrei ist. Reporter ohne Grenzen gibt dabei ganz freimütig zu, dass ihr Bericht keinerlei wissenschaftlichen Standards genügt und rein subjektiv ist.
Ähnlich ist es auch bei Transparency International. Auf der Seite von Transparency International kann man dazu lesen:
„Der Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) aggregiert Daten aus verschiedenen Quellen zur Wahrnehmung des Korruptionsniveaus im öffentlichen Sektor durch Geschäftsleute sowie Länderexpertinnen und ‑experten. (…) Zur Berechnung des CPI 2018 wurden 13 Datenquellen von 12 verschiedenen Institutionen verwendet, welche die Wahrnehmung von Korruption in den letzten zwei Jahren abdecken.“
Im Klartext: Man sucht sich seine Experten aus, die dann von ihrer Wahrnehmung berichten. Der Bericht basiert also auf keinerlei objektiven Daten, sondern nur auf den Wahrnehmungen ausgesuchter Experten. Und daraus wird dann etwas errechnet.
Das wäre so, als wenn der Wetterbericht nicht von Meteorologen gemacht würde, sondern der Nachrichtensprecher auf die Straße ginge und ausgewählte 12 Menschen fragt, einen davon zwei Mal, ob ihnen warm oder kalt ist und was sie glauben, ob sie morgen schwitzen oder frieren werden. Und aus diesen 13 Antworten würde dann die Wettervorhersage errechnet.
So kommt der Index von Transparency International zu Stande, auf den sich Medien und Politik immer berufen.
Unter den 13 Quellen, auf denen der Bericht aufbaut und von denen zwei von ein und der derselben Institution kommen, sind Nato-Lobbyisten wie das Freedom House und US-dominierte Förderbanken wie die Weltbank. Und die Institution, die zwei Quellen beisteuern darf, ist die Bertelsmann Stiftung.
Und was soll man für Ergebnisse erwarten, wenn die westlichen Staaten eine Organisation bezahlen? Natürlich ist im Westen in Sachen Korruption alles in Ordnung, aber in allen anderen Ländern, vor allem den Gegnern des Westens, ist alles ganz schlimm. Und man sieht sofort, dass die Weltkarte der Korruption von Transparency International praktisch genauso aussieht, wie die Weltkarte der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen. Kein Wunder, sie werden aus den gleichen Quellen bezahlt, die natürlich entsprechende Ergebnisse erwarten.
Und da die politische Korruption durch Parteispenden im Westen ja keine Korruption ist, sie ist ja legalisiert worden, werden die Effekte dieser legalen Korruption erst gar nicht berücksichtigt.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“