Bana­nen­re­publik Deutschland (BRD): Warum die Staats­an­walt­schaft nicht gegen Poli­tiker ermittelt

Annegret Kramp-Kar­ren­bauer ist Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terin geworden und beherrscht die Schlag­zeilen. Was aber nicht berichtet wird ist, wie diese Per­so­nalie den Rechts­staat weiter entkernt.
Ich habe schon über $146 Gerichts­ver­fas­sungs­gestz (GVG) berichtet. Der unscheinbare Inhalt des Para­grafen 146 GVG lautet:
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„Die Beamten der Staats­an­walt­schaft haben den dienst­lichen Anwei­sungen ihres Vor­ge­setzten nachzukommen.“
Was so unspek­ta­kulär klingt, bedeutet nichts anderes, als dass Deutschland kein Rechts­staat ist. Denn der fol­gende Paragraf 147 (GVG) regelt, wer der Vor­ge­setzte der Staats­an­walt­schaft ist: Der jeweilige Jus­tiz­mi­nister. Und das wie­derum bedeutet, dass der Jus­tiz­mi­nister ent­scheiden kann, in welchen Fällen die Staats­an­walt­schaft ermitteln darf und in welchen nicht.
Und davon wird fleißig Gebrauch gemacht. Der spek­ta­ku­lärste Fall war der Fall Bar­schel, wo heute all­gemein bekannt ist, dass die Lübecker Staats­an­walt­schaft nicht ermitteln durfte, statt­dessen machte das ein par­la­men­ta­ri­scher Unter­su­chungs­aus­schuss. Ein mög­licher Mord wurde in Deutschland straf­rechtlich nicht auf­ge­klärt, man überließ dies Poli­tikern, die weder dafür aus­ge­bildet waren, noch ein Interesse an der Auf­klärung hatten.
So etwas geschieht ständig in Deutschland, man muss nur genau hin­schauen. Im Zuge der Bera­ter­affäre im Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium wurden min­destens zwei Straf­an­zeigen gegen Ursula von der Leyen gestellt, denen die Staats­an­walt­schaft jedoch nicht nach­gehen darf. Auch hier macht das wieder ein Untersuchungsausschuss.
Der Spiegel, der selbst sowohl über die erste, als auch die zweite Straf­an­zeige berichtet hatte, schreibt heute dazu:
„Im Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium sollen mil­lio­nen­schwere Ver­träge unter Umgehung des Ver­ga­be­rechts ver­geben worden sein. Auch der Vorwurf der Vet­tern­wirt­schaft steht im Raum. Mit der Auf­klärung der Vor­gänge befasst sich ein par­la­men­ta­ri­scher Untersuchungsausschuss.“
Von den Straf­an­zeigen gegen von der Leyen wegen Untreue, über die der Spiegel selbst berichtet hat, steht in dem Artikel kein Wort mehr. Der Spiegel scheint völlig ver­gessen zu haben, dass es diese Anzeigen und Ermitt­lungs­ver­fahren gab, bevor sie still und heimlich im Schrank ver­schwanden. Statt­dessen findet man seit einiger Zeit im Spiegel das Wort „Vet­tern­wirt­schaft“. Auch kein schönes Wort, es klingt schmud­delig, aber es ist kein Straf­tat­be­stand. Untreue dagegen wird gemäß §266 StGB mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft.
Aber die Staats­an­walt­schaft ermittelt nicht, wie es in einem Rechts­staat zu erwarten wäre. Dafür sorgen die Jus­tiz­mi­nister und sie dürfen das gemäß $146 und $147 GVG. Wenn es um füh­rende Poli­tiker der eta­blierten Par­teien geht, geschieht ent­weder gar nichts oder, wenn es nicht anders geht, dürfen die Poli­tiker gegen ihre Kol­legen in einem Unter­su­chungs­aus­schuss ermitteln. Und da gilt: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Die Erfahrung zeigt, dass diese Unter­su­chungs­aus­schüsse keine prak­ti­schen Ergeb­nisse bringen und schon gar keine Kon­se­quenzen haben.
Bei Frau von der Leyen wollte man anscheinend noch sicherer gehen, dass ihr nichts geschieht. So wurde eine Frau, gegen die Staats­an­walt­schaft ermitteln würde, wenn sie dürfte, schnell nach Brüssel weg­gelobt. Und da ist sie unan­tastbar. Im Spiegel kann man heute dazu lesen:
„Ein Unter­su­chungs­aus­schuss zu der Affäre prüft, ob die frühere Minis­terin auch als EU-Kom­mis­si­ons­chefin vor­ge­laden werden kann. Der Aus­schuss­vor­sit­zende Wolfgang Hellmich (SPD) sagte den Zei­tungen der Funke Medi­en­gruppe, er lasse derzeit juris­tisch prüfen, ob die CDU-Poli­ti­kerin in ihrer neuen Funktion „als Zeugin vor­ladbar“ sei. „Einen solchen Fall gab es noch nie.“
Aber es gibt Hoffnung, wie man im Spiegel auch lesen kann:
„Von der Leyen ist aller­dings bereits für die letzte ordent­liche Sitzung des Unter­su­chungs­aus­schusses kurz vor Weih­nachten dieses Jahres als Zeugin ter­mi­niert. Diesen Termin wird sie nach eigenen Angaben auch wahrnehmen.“
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Da habe ich mir eine Notiz im Kalender gemacht. Wollen wir doch mal abwarten, ob Ursula von der Leyen im Dezember tat­sächlich dort aussagt oder ob diese Sache bis dahin bereits ver­gessen ist. Wenn für Skandale ver­ant­wort­liche Minister nicht mehr im Amt sind, wird es erfah­rungs­gemäß um ihre Skandale erstaunlich ruhig in den Medien. Viel­leicht ist die Bera­ter­affäre bis Dezember längst vergessen.
Fort­setzung folgt im Dezember.
 

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“