Die Grünen sind derzeit nach einigen Umfragen die beliebteste Partei in Deutschland, sie reiten auf der Welle der Fridays for Future und bei den Europawahlen bekamen sie kräftige Unterstützung durch das Rezo-Video aus dem Ströer-Konzern. Auch die deutsche Presse feiert den Höhenflug der Grünen.
Aber wie sieht es aus, wenn man die schönen Worte der Grünen mit dem vergleicht, was sie umsetzen und für welche Gesetze sie stimmen?
Öffentlich sind die Grünen gegen Fracking, gegen russisches Gas durch Nord Stream 2 und gegen Fracking-Gas aus den USA. Im Februar gab Katrin Göring-Eckardt der „Welt“ ein Interview, in dem sie sagte:
„Wir Grünen waren schon immer gegen Nord Stream 2. Das Projekt war von Anfang an falsch. Es bindet uns mit zusätzlichen Abnahmeverpflichtungen auf Jahrzehnte an noch mehr russisches Gas“
Die Grünen sind demnach gegen Nord Stream 2, das ist nicht neu. Sie wollen sich nicht „auf Jahrzehnte“ an russisches Gas binden. Gilt das auch für Gas insgesamt? Katrin Göring-Eckardt dazu in dem Interview:
„Es gibt keine Notwendigkeit, russisches Gas durch amerikanisches Fracking-Gas zu ersetzen. Wir brauchen es nicht.“
Eine deutliche Aussage. Und sie fügte hinzu:
„Wir steigen aus der Kohle aus und subventionieren den Import einer fossilen Energie, deren CO2-Bilanz nicht besser ist als die von Kohle? Das ist doch absurd. Das soll die Bundesregierung lassen. Zumal die bestehenden LNG-Terminals in der EU bei Weitem nicht ausgelastet sind“
Wir halten fest: Die Grünen sind gegen Erdgas in jeder Form, egal, ob aus Russland oder den USA. Und eine Subventionierung des teuren Fracking-Gases aus den USA lehnen sie erst recht ab.
Auch Fracking selbst finden die Grünen – zu recht – schrecklich. So schrecklich, dass sie sogar einen Antrag in den Bundestag eingebracht haben, der den Titel „Fracking verbieten und keine Erdgasbohrungen in Schutzgebieten zulassen“ trug.
So weit so klar. Aber wie sieht es aus, wenn es um Entscheidungen geht?
Die Grünen sind auch weiterhin strikt gegen Nord Stream 2. Aber beim viel umweltschädlicheren und teureren Fracking-Gas zeigen sie sich in aller Stille erstaunlich flexibel. Am 7. Juni wurde die „Verordnung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Aufbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland“ vom Bundesrat verabschiedet. Dort werden Netzbetreiber verpflichtet, ihre Gasnetze an die neuen Flüssiggas (LNG) Terminals anzuschließen, die in Norddeutschland gebaut werden sollen.
Und alle Bundesländer, in denen die Grünen in der Regierung sind, haben der Verordnung zugestimmt. Sie haben damit den Weg frei gemacht für amerikanisches Fracking-Gas, das sie laut Frau Göring-Eckardt „absurd“ finden. Wie geht das zusammen?
Für die Grünen ist Fracking also nur dann schlimm, wenn es in Deutschland stattfindet, wenn es woanders auf der Welt gemacht wird, ist es ihnen egal. Sie retten die deutsche Umwelt, indem sie für teueres Frackinggas sind, dass die Umwelt in den USA und anderen Ländern schwer schädigt.
Wenn es den Grünen tatsächlich um die Umwelt ginge, könnten sie für die Zeit, die Deutschland noch auf Gas angewiesen ist, russisches Gas unterstützen. Aus Sicht der CO2-Emissionen ist es egal, welches Gas man verbrennt, aber das russische Gas kommt recht umweltfreundlich ohne Fracking aus dem Boden, während die USA mit Fracking in riesigen Landstrichen ihr Grundwasser vergiften.
Und wie war das bei Frau Göring-Eckardt mit der „zusätzlichen Abnahmeverpflichtungen auf Jahrzehnte“ für Gas?
Werden LNG-Terminals und Gasnetze etwa gebaut, um nur zwei oder drei Jahre in Betrieb zu sein? Nein, allein die Bauzeit ist länger als drei Jahre. Die Terminals werden gebaut, um dann Jahrzehnte lang in Betrieb zu sein und Gas nach Deutschland zu pumpen, ansonsten würden sich die Investitionen gar nicht rechnen.
Frau Göring-Eckardt stellte ja auch ganz richtig fest, dass die bestehenden LNG-Terminals in Europa nicht ausgelastet sind. Das ist höflich ausgedrückt, die Auslastung liegt bei kaum 30%. Der Grund ist einfach: Warum sollte man Fracking-Gas aus den USA kaufen, wenn das russische Gas um ein knappes Drittel billiger ist? Daher sind die USA ja so vehement gegen Nord Stream 2, wenn die Pipeline gebaut wird, können sie die EU als Markt für ihr Fracking-Gas vergessen.
Gott sei Dank können wir uns freuen, dass Frau Göring-Eckardt uns mitgeteilt hat, dass die Grüne auf keinen Fall für neues US-Fracking-Gas sind. Und gegen Subventionen dafür sind die Grünen erst recht. Das verspricht jedenfalls Frau Göring-Eckardt .
Aber wie passt es ins Bild, dass die Grünen dann im Bundesrat für die entsprechende Verordnung gestimmt haben? Die braucht man doch nur, wenn man Flüssiggas Terminals bauen will. Und die rechnen sich bei 30% Auslastung nur mit Subventionen. Aber Subventionen wollen die Grünen doch gar nicht.
Die Grünen lullen die Deutschen mit schönen Worten ein und stimmen gleichzeitig für das exakte Gegenteil davon, was sie allen versprechen.
So dreist ist keine andere Partei, die brechen ihre Versprechen erst etwas später, die Grünen brechen ihre Versprechen schon während sie sie machen. Und das war nur ein Beispiel von vielen für die Doppelmoral der Grünen, die allen in schönen Worten alles versprechen und das exakte Gegenteil umsetzen. Und mit ein wenig Rezo und Friday-Gehüpfe lässt sich die Jugend in Deutschland von dieser Partei an der Nase herumführen und wählt sie auch noch.
Gerade heute hat der Spiegel berichtet, dass die Grünen ein Klimaschutzprogramm vorgestellt haben, das die Friday-Kids freuen wird:
„Die Grünen wollen für den Klimaschutz den Treibhausgas-Ausstoß beim Autofahren und Heizen um 40 Euro pro Tonne Kohlendioxid (CO2) verteuern. Zugleich soll die Stromsteuer so gut wie abgeschafft werden und jedem Bürger pro Jahr ein „Energiegeld“ von 100 Euro gezahlt werden. Der Staat solle mit diesem CO2-Preis keine zusätzlichen Einnahmen bekommen. Das sieht ein Programm für den Klimaschutz vor, das die Grünen vorstellten.“
Klingt gut, oder? Und so schön sozial, denn man kann dort auch lesen:
„Das Modell sei sozial ausgewogen, weil Menschen mit geringerem Einkommen in der Regel weniger Energie verbrauchten – etwa wegen kleinerer Wohnungen und Autos.“
Sozial ausgewogen?
Wenn ein Kleinverdiener in seiner Zwei-Zimmerwohnung mehr für Strom und Benzin zahlen soll, dann merkt er das deutlich im Geldbeutel. Der reiche Mensch in seiner Villa merkt aber gar nicht, dass er ein paar Euro mehr bezahlt. Und die 100 Euro „Energiegeld“ soll der Reiche auch noch bekommen.
Nicht falsch verstehen, ich habe nichts gegen Reiche, ich gönne jedem, was er hat. Aber eine „linke“ Partei, als die die Grünen sich verkaufen, sollte die Finanzierung solcher Programme doch eher so gestalten, dass die Armen nicht mehr bezahlen und die Reichen nicht noch Subventionen bekommen. Oder habe ich beim Thema „soziale Politik“ irgendwas falsch verstanden?
Die Grünen unterstützen also die US-Frackinggas-Industrie mit deutschen Subventionen für LNG-Terminals, damit die Deutschen mehr für Strom und Heizung bezahlen. Und wenn sie „Klimaschutzprogramme“ auflegen, dann lassen sie die Ärmsten im Land die Rechnung bezahlen.
Denken Sie darüber vor der nächsten Wahl doch mal nach…
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“