Am 3. Oktober 2013 war es soweit. Wir sind in den Flieger eingestiegen und haben Deutschland hinter uns gelassen, um ein neues Leben in Neuseeland zu beginnen.
Wir, das sind meine Frau, meine Tochter und unser kleiner Jack-Russel-Terrier.
von Gerd Ruschhaupt
In den Jahren zuvor war ich einmal Mitglied der Grünen, weil ich für mehr Gleichmacherei war und den Umweltschutzaspekt für wichtig empfand. Wie ich später herausfinden durfte, war mein Wunsch, die Menschen gleicher machen zu wollen – notfalls mit Gewalt und Zwang – meinem eigenen Mangeldenken geschuldet. Nach und nach habe ich mich von links und abhängig, hin zu frei bewegt – entsprechend meinem eigenen persönlichen Wachstum von unfrei zu selbstermächtigt und selbstbestimmt.
Ich hatte erkannt, dass Zwänge, Verbote und Regulierungen, wie sie die Grünen, Linken und auch viele Rechtskonservative sich vorstellen, um Probleme zu lösen, für mich die falschen Ansätze sind. Individuelle Freiheit ist für mich der ultimative Wert, den es zu schützen gilt. Und zwar individuelle Freiheit definiert durch die Abwesenheit von menschgemachtem Zwang, auf Basis des Nicht-Aggressionsprinzips. Dabei ist der wichtigste Aspekt, zu nichts gezwungen zu werden, was man nicht will.
Mein Weg führte mich dann über die FDP hin zur PDV, einer kleinen libertären Partei.
In zahlreichen Wahlkämpfen habe ich dann erleben dürfen, dass wir Libertäre als „Nazis“ beschimpft wurden, eben weil wir seinerzeit nicht den linksdominierten politisch korrekten Mainstream mitgetragen haben, sondern ganz andere Wege aufgezeigt hatten. Dass man gerade uns Libertäre, die per Selbstverständnis und Definition das absolute Gegenteil von autoritär, faschistisch, national und sozialistisch sind und einen übermächtigen Staat ablehnen, so bezeichnete, hat mich damals stark getroffen. Ich konnte seinerzeit auch nicht auf solche Äußerungen kontern.
Allerdings hatte ich gemerkt, dass Deutschland und die meisten Deutschen eine individuelle Freiheit und Selbstverantwortung nicht wirklich wollen. Anscheinend ist es bequem, von den Medien indoktriniert zu werden, seine Eigenverantwortung anderen zu überlassen, politische Korrektheit zu pflegen und sich in einem Netz von Regulierungen, die alle Aspekte des Lebens betreffen, einzurichten. Meine Frau und ich wollten das aber nicht mehr länger und hatten dann entschieden, dass wir Deutschland und EUropa verlassen wollten.
In 2011 hatte ich einen Vortrag von Günter Ederer gehört und anschließend sein Buch „Träum weiter Deutschland! Politisch korrekt gegen die Wand“ gelesen.
Durch Günter Ederer gelangte meine Aufmerksamkeit auf Neuseeland, einem wunderschönen kleinen Land am anderen Ende der Welt. Neuseeland war bis in die 1980er-Jahre nahezu sozialistisch. Alles war staatlich reguliert, die Währung war nicht frei konvertierbar, Importe aus dem Ausland mussten durch die Regierung genehmigt werden. Hohe Zölle behinderten die Einfuhr. Ohne Devisen konnten ohnehin keine Produkte aus dem Ausland bezogen werden. Bis dann das Vereinigte Königreich Mitglied in der damaligen EWG wurde. Bis dahin hatte das Vereinigte Königreich viele Lebensmittel und Agrarprodukte aus Neuseeland eingekauft und Abnahmemengen garantiert. Als Mitglied der EWG konzentrierte sich dann aber der Handel des Vereinigten Königreichs mehr und mehr auf europäische Länder und Neuseeland hatte den wichtigsten Handelspartner verloren. Ein wirtschaftlicher Niedergang war die Folge, mit Arbeitslosigkeit und Verarmung. Da die Wirtschaft staatlich durchreguliert war, war der Absturz heftig und eine Erholung aus diesem System heraus nicht möglich. Bis dann gerade eine linke Labour-Regierung – sozusagen über Nacht – die Fesseln löste, die Währung frei konvertibel machte und nahezu alle Regulierungen über Bord warf.
Seitdem hat Neuseeland einen wahnsinnigen Wachstumsprozess hingelegt, obwohl die Exportgüter zu einem Großteil immer noch nur landwirtschaftliche Produkte und Tourismus sind. Kein Hightech, kein Knowhow. Einfach nur, weil die Wirtschaft frei agieren durfte.
Diese Form der Deregulierung, diese Freiheit – das komplette Gegenteil von Deutschland und EUropa – hat eine wahnsinnige Attraktivität auf mich und meine Frau ausgestrahlt, so dass wir uns Neuseeland einmal genauer angeschaut hatten. Nach längerem Research und einem Urlaub in diesem Paradies haben wir uns dann entschlossen, hierhin umzuziehen, und wir starteten den Immigrationsprozess.
Neuseeland hat, wie die meisten Einwanderungsländer, hohe Hürden für Einwanderer aufgestellt. Entweder muss man eine hochqualifizierte Ausbildung nachweisen, einen hoch bezahlten Job oder viel Geld mitbringen. Wir haben diesen Prozess innerhalb von wenigen Monaten gemeistert, haben all unser Hab und Gut entweder verkauft oder in einen Container verpackt und sind dann im Oktober 2013 nach Neuseeland umgezogen.
Die Bevölkerungsstruktur in Neuseeland ist gut durchmischt, da Neuseeland ein Einwanderungsland ist. Insbesondere in Auckland finden sich viele Einwanderer mit chinesischen und indischen Wurzeln. Die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe ist die der Ureinwohner, die Maori. Die Einwanderer mit europäischem Hintergrund bilden die größte Bevölkerungsgruppe.
In den letzten Jahren, insbesondere nach dem Regierungswechsel zu Labour-Green-NZFirst, haben sich viele Entwicklungen, die wir in Deutschland beobachten durften, auch hier gezeigt:
- Die Political Correctness gewinnt immer mehr an Bedeutung und dominiert mehr und mehr die politische Auseinandersetzung bis hinein ins Private.
- Die Idee des menschgemachten Klimawandels wird nicht hinterfragt, Fridays-for-Future-Aktionen finden auch hier zunehmend statt.
- Nach dem abscheulichen Christchurch-Attentat werden die Bestrebungen lauter, die Meinungsfreiheit, insbesondere in den sozialen Medien, weiter einzuschränken. Argumentiert wird hier wie anderswo mit der Notwendigkeit, Hass-Rede unterbinden zu wollen.
- Ich durfte nach dem Christchurch-Attentat erfahren, dass Neuseeland einen Chief Censor hat, der allen Neuseeländern verboten hat, das Video des Attentäters und/oder das Manifest des Attentäters anzuschauen, zu besitzen oder zu teilen. Es wurden Menschen aufgrund dessen – unter anderem ein 17jähriger – verhaftet, der sich immer noch in Haft befindet.
- Rufe nach linker, übergriffiger, verbietender Politik, Umverteilung und Steuererhöhung werden mehr.
- Indoktrination der Schüler und Studenten in Schulen und Universitäten mit linkem Gedankengut, was sich dann in Fridays-for-Future-Demonstrationen äußert und in der Behinderung bzw. Verhinderung von Veranstaltungen mit Stefan Molyneux und Lauren Southern in Auckland im Jahr 2018.
- Die Macht der Mainstreammedien ist auch hier groß. Die Vielfalt ist eingeschränkt, da es sich hier um ein gut organisiertes Oligopol von (internationalen) Medienkonzernen handelt. Sie versuchen die offizielle Meinung hin zu mehr linker, staatgläubiger Politik zu manipulieren.
- Trump-Bashing wurde durch die Medien inszeniert und trägt sich in der Bevölkerung fort.
Unter dem Strich ist das in Bezug auf diese Entwicklungen dann auch nicht anders als in EUropa, Deutschland oder anderen westlichen Ländern. Es hat mich allerdings überrascht, mit welcher Geschwindigkeit in der Nachfolge des abscheulichen Christchurch-Attentats hier Entwicklungen nachgeholt wurden. Städte wie Auckland, Christchurch und Wellington sind die Hochburgen linker Wähler. Da Neuseeland aber immer noch ein Flächenland ist und viele Menschen in der Fläche leben, gibt es immer noch eine große konservative, bodenständige, freiheitliche denkende Bevölkerungsgruppe, von der ich mir erhoffe, dass sie den „linken Vormarsch“ noch stoppen können wird – anders als in Deutschland, wo wir demnächst einen grünen Bundeskanzler erwarten werden können.
Dagegen sind viele Dinge des täglichen Lebens in Neuseeland immer noch viel einfacher und freier:
- Es ist sehr einfach, eine Firma zu gründen und seine Steuererklärung abzugeben. Die Steuern sind im Vergleich zu Europa niedrig. Die Mitarbeiter des Finanzamtes (IRD) behandeln die Steuerzahler als Kunden, nicht als Zahlungspflichtige. Einer selbständigen Tätigkeit nachzugehen, ist extrem einfach, da es keine Sozialversicherungspflicht gibt. Letztendlich ist man nur verpflichtet, am Ende des Jahres Steuern zu bezahlen.
- Wir haben selber Rinder auf unserem Grundstück. Jedes Jahr lassen wir ein Tier auf der Wiese vom Homekiller schlachten und haben so unser eigenes Biofleisch. Eine Selbstverständlichkeit im ländlichen Neuseeland. Undenkbar in Deutschland.
- Es gibt keine Meldepflicht, SIM-Karten kauft man ohne Identitätsnachweis im Supermarkt.
- Energie und Autofahren ist im Vergleich zu Deutschland noch sehr billig.
- Alles ist insgesamt viel lockerer.
- Es ist unwichtig, was man für ein Auto hat oder fährt oder was man hat. Die soziale Stellung wird dadurch definiert, inwieweit man sich für andere Menschen einsetzt.
Weiterhin sind die Menschen grundlegend entspannter, weniger hektisch und man hat immer noch Zeit für ein Gespräch. Mein Pulsschlag ist hier in Neuseeland gut 10 bpm niedriger als in Deutschland. Die Mentalität ist mit den Worten „She’ll be right“ recht gut beschrieben. Das heißt soviel wie, „Wird schon gutgehen“ oder „Paßt schon!“
Was mir allerdings manchmal fehlt, sind Städte mit Geschichte, mit alten Gassen und Häusern und etwas deutsche/europäische Kultur. Das ist aber kein Grund, dauerhaft wieder nach Deutschland zurückzukehren. Mit Reisen kann man diese Sehnsucht auch sehr gut befriedigen.
Wir haben uns in knapp sechs Jahren unser kleines eigenes Paradies auf dem Land geschaffen, etwas, was in Deutschland durch Vorgaben, Regulierungen und Gesetze gar nicht möglich wäre. Wir haben unser eigenes Gemüse, unser eigenes Biofleisch von den eigenen Rindviechern, und sind, so gut es geht, autark. Neuseeländer sind ohnehin Stromausfälle gewohnt und wir können mehrere Tage ohne Strom problemlos auskommen.
Die Natur ist fantastisch, die Menschen gastfreundlich, interessiert und entspannt.
Über 2.000 Sonnenstunden im Jahr machen das Leben angenehmer und süßer, im Vergleich zu den 750 Sonnenstunden an unserem vorherigen Wohnort in Deutschland.
Zusammen mit den (noch) viel freieren Lebensumständen, ist Neuseeland ein Traum und ein Paradies und wir haben es nicht bereut, hierhin umgezogen zu sein.