"Nazis raus", "Vielfalt" und andere Kampfbegriffe ersetzen die Argumente auf der linken Seite - By Marco Verch - Say no to racism. Say yes to cultural diversity. #refugeeswelcome #nazisraus #berlikte #thisiscologne #koellelive #nopegida, CC BY 2.0, Link

Vera Lengsfeld: Wie man den rechts­extre­mis­ti­schen Popanz aufbaut

Die deutsche Bundes-und Lan­des­po­litik versagt auf ganzer Linie. Es hat sich durch Unfä­higkeit und ideo­lo­gische Ver­blendung ein wahrer Pro­blemts­unami aus ver­pfuschter Ener­gie­wende, schei­ternder Euro­ret­tungs­po­litik, unkon­trol­lierter Mas­sen­ein­wan­derung, Verlust der Sicherheit des öffent­lichen Raumes, Spaltung der Gesell­schaft, dro­henden Mas­sen­ent­las­sungen in Unter­nehmen und Banken ange­staut, bei dem nur noch die Frage ist, welche der Zeit­bomben als erste hoch­gehen wird.
Unsere „Eliten“ in Politik und Medien haben aber kei­nes­falls die Absicht, die von ihnen erzeugten Pro­bleme endlich zu ent­schärfen. Statt dessen führen sie ein hef­tiges Schein­ge­fecht, um von den dro­henden Gefahren abzu­lenken. Sie wollen offenbar einfach wei­ter­machen, bis es nicht mehr geht und alles zusam­men­bricht. Das kennt man aus der deut­schen Geschichte.
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Das Ablen­kungs­ma­növer par excel­lence ist der Kampf gegen rechts. Angeblich soll die Mehrheit der Bun­des­bürger im Rechts­extre­mismus die größte Bedrohung für unser Land sehen. Wenn das stimmen sollte, wovon ich noch nicht über­zeugt bin, wäre das ein Erfolg des medialen und poli­ti­schen Dau­er­feuers im „Kampf gegen rechts“.
In Sachsen hat der Lan­des­wahl­aus­schuss die höchst umstrittene Ent­scheidung gefällt, der AfD für die kom­mende Land­tagswahl dras­tisch die Liste zu kürzen. Ver­fas­sungs­rechtler sind sich sicher, dass die Begründung des Lan­des­wahl­aus­schusses für diesen dras­ti­schen Schritt äußerst frag­würdig ist:
“Für die Mit­glieder des Wahl­aus­schusses habe nicht sicher fest­ge­standen, so die Lan­des­wahl­lei­terin, dass es sich bei den Nomi­nie­rungs­par­tei­tagen der AfD, die jeweils im Februar und März die beiden Teil­listen beschlossen hatten, um eine ein­heit­liche Ver­sammlung gehandelt habe. Die ent­spre­chenden Zweifel begründet sie vor allem damit, dass die beiden Par­teitage von unter­schied­lichen Ver­samm­lungs­leitern geleitet wurden […] Tat­sächlich lässt sich ein ent­spre­chendes Verbot, eine Lan­des­liste suk­zessive auf zwei getrennten Par­tei­tagen auf­zu­stellen, dem gel­tenden Recht aber gar nicht ent­nehmen. […] Es ist auch schlicht kein sach­licher Grund erkennbar, warum die Zulassung des zweiten Teils der AfD-Lan­des­liste allein von der spitz­fin­digen Frage abhängen sollte, ob der Par­teitag unter­brochen und fünf Wochen später fort­ge­setzt oder abge­schlossen und fünf Wochen später die Lis­ten­auf­stellung auf einem neuen Par­teitag wie­der­auf­ge­nommen wurde.“ (Quelle: www.verfassungsblog.de)
Klar ist dagegen, dass der Lan­des­wahl­aus­schuss mit seiner Ent­scheidung die ohnehin ange­spannte Situation in Sachsen und darüber hinaus im ganzen Land weiter ver­schärft hat.
Vor­her­sehbar war, dass es zu Pro­testen kommen würde. Die wurden auch gegenüber dem Gremium geäußert. Die Aus­schuss­vor­sit­zende Carolin Schreck sagte dazu: „Es gibt in unseren Post­fä­chern die eine oder andere Kom­men­tierung des Geschehens, positiv und negativ.“ In den Medien wurde daraus umgehend eine Bedrohung des Lan­des­wahl­aus­schusses gemacht, der nun unter Poli­zei­schutz tagen müsse. Natürlich wird die Öffent­lichkeit nicht davon unter­richtet, welcher der nega­tiven Kom­mentare eine solch dras­tische Maß­nahme aus­gelöst hat. Umgehend wurde kol­por­tiert, „Rechte“ hätten diese Dro­hungen aus­ge­stossen, obwohl die Täter unbe­kannt zu sein scheinen. Jeder kann E‑Mails schreiben, die geeignet sind, die poli­tische Situation zu ver­schärfen. Erinnert sei an die grünen Lokal­po­li­tiker in Thü­ringen, die bei Haken­kreuz­schmie­re­reien erwischt wurden. Sie hätten auf die „rechte Gefahr“ auf­merksam machen wollen, lautete ihre Erklärung.
In Sachsen führte die angeb­liche rechte Gefahr zur Bildung einer neuen Soko Rex, deren Aufgabe die erwei­terte Auf­klärung im Netz aber auch ein Radi­ka­li­sie­rungs­radar Rechts­extre­mismus sein soll. Der Druck auf die Szene soll deutlich erhöht, der Schutz von Amts- und Man­dats­trägern ver­stärkt werden. Das sind Maß­nahmen, die sug­ge­rieren, dass Rechts­extre­mismus die größte Gefahr dar­stellen soll. Tat­sächlich sind daran erheb­liche Zweifel angebracht.
Vor Sachsen hat Hamburg sich dem ver­stärkten Kampf gegen Rechts­extre­mismus ver­schrieben, obwohl rechts­extre­mis­tische Straf­taten in Hamburg im ver­gan­genen Jahr leicht gesunken sind. Die Polizei regis­trierte 422 Taten, nach 428 im Vorjahr. Die meisten waren soge­nannte Pro­pa­gan­da­de­likte wie etwa Haken­kreuz­schmie­re­reien. Aller­dings ver­mutete die Polizei nur bei 284 dieser Straf­taten im Jahr 2018 (286 im Vorjahr), dass sie tat­sächlich von Rechts­extre­misten verübt wurden.
Die Zahl der rechts­extre­mis­ti­schen Gewalt­taten sank von 15 im Jahr 2017 auf 11 im ver­gan­genen Jahr. Die Gruppe der gewalt­be­reiten Rechts­extre­misten sank von 140 auf 130.
Fazit: Der leichte Rückgang rechts­extre­mis­ti­scher Akti­vi­täten ist das Alarm­signal, den Kampf dagegen zu verstärken.
Dagegen ist die links­extre­mis­tische Szene in Hamburg von 1.220 auf 1.335 Men­schen ange­wachsen. Die Zahl der gewalt­be­reiten Per­sonen von 770 auf 935. Die Straf­taten im Bereich links gingen dras­tisch von 2.157 auf 396 zurück. Ein­deutig Links­extre­misten zuge­ordnet wurden im ver­gan­genen Jahr 96 Delikte, nach 1.625 im Jahr des G20-Gipfels. Die Polizei regis­trierte 81 Gewalt­taten, nach 1.001 im Vorjahr. Das ist immer noch viermal mehr, als bei den Rechtsextremisten.
Die zah­len­mäßig stärkste Gruppe sind die Isla­misten. 1.631 Men­schen rechnete der Ver­fas­sungs­schutz 2018 zu dieser Szene, nach 1.565 im Vorjahr. Die Zahl der gewalt­be­reiten Isla­misten ist von 410 auf 480 gestiegen. Das liegt zum einen an der seit 2003 in Deutschland ver­bo­tenen Orga­ni­sation Hizb ut-Tahrir, die zur Tötung von Juden aufruft. Zum anderen wächst die Furkan-Gemein­schaft, die frei­heitlich demo­kra­tische Werte für unver­einbar mit dem Islam hält. Dazu kommen noch 50 Extre­misten von der Blauen Moschee.
Hamburg hat also ein viel grö­ßeres Problem mit impor­tiertem Extre­mismus und Anti­se­mi­tismus, macht das aber nicht zu seiner Priorität.
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Auch im Bund gingen die poli­tisch rechts moti­vierten Straf­taten leicht auf 20.431 zurück. Sie sanken damit seit 2015 zum vierten Mal in Folge. Dem stehen jedoch im Ver­gleich mit dem Jahr 2017 Zuwächse bei den Gewalt­straf­taten, anti­se­mi­ti­schen und Pro­pa­gan­da­de­likten gegenüber.
Pro­pa­gan­da­de­likte gibt es im links­extre­mis­ti­schen Straf­re­gister nicht, weil weder der Sowjet­stern, noch Par­tei­ab­zeichen kom­mu­nis­ti­scher Par­teien ver­boten sind. Deshalb hinkt der Ver­gleich von links- und rechts­extre­mis­ti­schen Straf­taten. Auch werden in Bran­denburg, einer Ein­lassung von Minis­ter­prä­sident Woitke zufolge, unauf­ge­klärte Straf­taten als rechts­extre­mis­tisch ein­ge­ordnet. In Berlin gilt ein Hit­lergruß, gezeigt im anti­se­mi­ti­schen Al-Quds-Marsch, als rechts­extreme Straftat.
Das alles zeigt den unbe­dingten poli­ti­schen Willen, den Rechts­extre­mismus als prio­ri­täres Problem erscheinen zu lassen. Dazu kommt der „Kampf gegen rechts“, der Anders­den­kende und Regie­rungs­kri­tiker als rechts, oder gar Nazi ein­stuft. Der ver­ordnete, ver­logene Anti­fa­schismus der DDR, der erfolg­reich darüber hin­weg­täuschte, wie viele ehe­malige Nazis auch in der DDR in hohe und höchste Posi­tionen auf­ge­rückt sind, feiert im ver­einten Deutschland fröh­liche Urständ. Auch hier hat er die Funktion, über Pro­bleme und Cha­rakter der Herr­schenden hinwegzutäuschen.
In Sachsen sind die eta­blierten Par­teien deutlich auf der Ver­lie­rer­straße. Der Kampf gegen Rechts soll ver­lo­renes Terrain zurück­ge­winnen. Das wird nicht gelingen. Die Spaltung der Gesell­schaft wird von den Herr­schenden ver­tieft — in der irrigen Hoffnung, dass man eine gespaltene Gesell­schaft leichter regieren kann. Statt­dessen wird das Ver­trauen in Demo­kratie und Rechts­staat gefährlich geschwächt. Das wird auf die Dauer nicht gut gehen.

Vera Lengsfeld — Erst­ver­öf­fent­li­chung auf dem Blog der Autorin www.vera-lengsfeld.de