Ende des Afgha­nistan-Krieges? — Ver­hand­lungen zwi­schen Taliban und USA kurz vor dem Abschluss

Die deut­schen Medien berichten erstaunlich wenig über die Ver­hand­lungen der USA mit den Taliban über ein Ende des Afgha­nistan-Krieges. Daher will ich über den aktu­ellen Stand informieren.
Ich gebe zu, auch bringe nicht jede Nach­richt, die ich zu den Ver­hand­lungen finde. Im März habe ich zuletzt über den Stand der Ver­hand­lungen berichtet. Unbe­merkt von der deut­schen Öffent­lichkeit gehen die Ver­hand­lungen zwi­schen den USA und den Taliban voran. Das Ergebnis wird den deut­schen Lesern schwer zu ver­mitteln sein.
Der Afgha­nistan-Krieg ist ein kom­plettes Fiasko. Nach 9/11 war der Nato-Bünd­nisfall aus­ge­rufen worden und die Nato begann einen Krieg gegen Afgha­nistan. Als Kriegsziel wurde den Men­schen im Westen ver­kauft, man wolle die Taliban besiegen, dem geschun­denen Land endlich Frieden bringen und die Rechte der Mädchen auf Schul­be­suche durchsetzen.
Hier bestellen!

Edle Ziele hat man sich 2001 gesetzt. 18 Jahre später ist keines der Ziele erreicht worden. 
Statt­dessen sterben in Afgha­nistan heute mehr Men­schen, als je zuvor seit dem Beginn des Nato-Ein­satzes „für den Frieden in Afgha­nistan“, wie man gestern im Spiegel lesen konnte:
„Nach Uno-Angaben war 2018 das bislang töd­lichste Jahr in dem seit 18 Jahren andau­ernden Kon­flikt in Afgha­nistan. 3804 Zivi­listen wurden im ver­gan­genen Jahr getötet, dar­unter 927 Kinder.“
Und ein wei­terer „Erfolg“ des Nato-Ein­satzes ist, dass Afgha­nistan zum mit Abstand größten Pro­du­zenten von Drogen weltweit wurde.
Die Erfolgs­ge­schichte dieses Ein­satzes ist also mehr als begrenzt und nun geschieht, was Experten seit 18 Jahren pro­gnos­ti­zierten: Die USA geben das Land den Taliban, die man eigentlich besiegen wollte, zurück.
Das werden die deut­schen Medien so nicht schreiben, aber darauf läuft es hinaus. Die USA ver­handeln mit den Taliban über einen Trup­pen­abzug. Ver­handelt wird dabei über 4 Themen: 1. Ter­ro­ris­mus­be­kämpfung 2. den Trup­pen­abzug 3. den Inner-Afgha­ni­schen Dialog 4. einen Waffenstillstand.
Mit den Taliban, die gemäß offi­zi­eller Version für den größten Ter­ror­an­schlag der Welt ver­ant­wortlich sind, weil sie Osama bin Laden unter­stützt haben, über die Bekämpfung des Terrors zu sprechen, ist Real­satire pur. Und auch die Punkte 3 und 4 sind Maku­latur, denn die USA lehnen einen Dialog mit der von den USA gestützten afgha­ni­schen Regierung rund­heraus ab.
Effektiv wird also eigentlich nur über den Trup­pen­abzug gesprochen.
Die Ver­hand­lungen zwi­schen den Taliban und den USA finden in Doha statt und vor der nun anste­henden „ent­schei­denden Runde“ der Ver­hand­lungen, wie sie der Ver­treter der Taliban genannt hat, hat er auch gleich mit­ge­teilt, dass die Taliban mit der afgha­ni­schen Regierung erst reden wollen, wenn die Details des Abzuges der aus­län­di­schen Truppen fest­stehen. Diese Gespräche werden zu nichts führen, die Taliban beherr­schen schon jetzt weite Teile des Landes und sie werden die rest­lichen Gebiete schnell erobern, wenn die afgha­nische Regierung die Unter­stützung der USA und ihrer Vasallen verliert.
Damit wäre auch Punkt 4 der Liste hin­fällig: Es wird keinen Waf­fen­still­stand geben, die Taliban wollen den totalen Sieg und der ist nach einem Abzug der Nato-Truppen nicht zu verhindern.
Nun können wir gespannt sein, wie die nächste und viel­leicht letzte Ver­hand­lungs­runde zwi­schen den Taliban und den USA ausgeht. Und wenn es eine Einigung gibt, können wir gespannt abwarten, wie uns die deut­schen Medien den dann für die deut­schen Leser völlig über­ra­schenden Abzug der Nato aus Afgha­nistan erklären. Wozu die Bun­deswehr dort 18 Jahre gekämpft hat und wofür dabei deutsche Sol­daten gefallen sind, wird ein Geheimnis bleiben. Erreicht wurde jeden­falls nichts, außer dem Land wei­teres Leid zu bringen.


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“