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Warum das Was­ser­stoffauto an ein Grimm-Märchen erinnert

Weil man sich in Deutschland mit Elek­tro­autos schwer tut, begibt man sich auf ener­ge­tische Um- und Abwege. Von der Energie-Effi­zienz/-Ver­schwendung des Wasserstoffantriebs: 
(Von Albrecht Künstle)
Inzwi­schen sind Mil­lionen Men­schen mit E‑Fahrrädern unterwegs, obwohl ein mit Mus­kel­kraft betrie­bener Antrieb kein Umwelt­problem dar­stellt. Nur mit E‑Autos tut man sich schwer, und seien sie auch nur für den klein­räu­migen Verkehr bis z.B. 200 km vor­ge­sehen. Die deutsche Auto­mo­bil­in­dustrie hat leider den Anschluss ver­schlafen und überlegt nun in ihrer Not, ob sie nicht beim Was­ser­stoffauto die Nase vorn haben will. Doch wenn man sich die Energie-Effi­zienz dieser Technik anschaut, erinnert der Versuch an das Märchen von „Hans im Glück“, das hier kurz in Erin­nerung gerufen sei:
Märchen-Hans hat sieben Jahre für seinen Arbeit­geber gear­beitet und will nun heim zu seiner Mutter. Er bekommt einen Klumpen Gold als Lohn und macht sich auf den Weg. Schwer an dem Klumpen tragend, trifft er einen Reiter und tauscht sein Gold gegen das Pferd ein. Das Pferd aber wirft Hans ab, und so ist er froh, es gegen eine Kuh zu tau­schen, die ein vor­bei­kom­mender Bauer vor sich her treibt. Als er ver­sucht, das Tier zu melken, gibt es dem Unge­übten einen Tritt. Da kommt ein Metzger vorbei, und Hans tauscht die uner­giebige Kuh gegen dessen Schwein.
Bisher ging alles nach Wunsch, so denkt sich Hans: Jeder Ärger ver­schwand, sobald er auftrat. Ein Weilchen begleitet ihn nun ein junger Bursch mit einer Gans. Der erzählt ihm, das Schwein könnte gestohlen sein, nach dem Dieb würde schon gesucht. Auf Hans’ Bitten tauscht der Bursche seine Gans gegen das Schwein. Als nächstes begegnet Hans einem Sche­ren­schleifer, der ihm rät, auch Schleifer zu werden, damit könne man viel Geld ver­dienen. So tauscht Hans seine Gans gegen einen Wetz­stein und einen Stein zum Klopfen. Bald wird er durstig und legt seine Steine auf den Rand eines Brunnens. Als er sich hin­ab­beugt, um zu trinken, stößt er ver­se­hentlich an die Steine, die dar­aufhin in den Brunnen fallen.
Da dankt er Gott: Die schweren Steine waren das letzte, was ihm noch hin­derlich gewesen ist. Frei von aller Last und glücklich kommt er heim zu seiner Mutter – mit leeren Händen.
Und nun zum Märchen vom Was­ser­stoffauto. Nicht mehr so oft, aber immer noch fällt Wasser vom Himmel. Als Regen, leider nicht als Was­ser­stoff. Der muss mittels Elek­trolyse erzeugt werden. Dieser Prozess erfordert Strom, von dem bei der Elek­trolyse mit 80 Prozent Wir­kungsgrad 20 Prozent flöten gehen. Von 100 kW ein­ge­setzter Leistung bleiben 80 kW übrig. Der gewonnene (?) Was­ser­stoff muss dann in einen auf­wän­digen Tank gefüllt werden und im Auto wieder in Strom umge­wandelt werden. Bei diesem Prozess geht sogar die Hälfte der Energie ver­loren, weil der Wir­kungsgrad ent­spre­chend mise­rabel ist. Von den 80 kW bleiben deshalb nur 40 übrig. Diese werden dann mit einem Elek­tro­motor wie beim E‑Auto in Bewe­gungs­en­ergie umgesetzt.
Der Wir­kungsgrad eines E‑Motors beträgt gute 90 Prozent, die effi­zi­en­teste Technik dieser Wir­kungs­kette. Von den 40 kW gehen nur 10 Prozent ver­loren, bleiben also 36 kW Leistung übrig. Aber 36 von 100 kW ursprünglich ein­ge­setztem Strom ent­spricht eben nur einem Gesamt­wir­kungsgrad der Was­ser­stoff­technik zum Auto­an­trieb von nur rund einem Drittel. Mise­rabler als jeder schlechte Ver­bren­nungs­motor, und schlechter, als wenn Pri­mär­strom zuerst in Bat­terien gespei­chert und dann wieder per Elek­tro­motor in Fort­be­wegung umge­setzt wird. Würde man tat­sächlich auf den Was­ser­stoff­an­trieb setzen, wäre das etwa so umständlich, als würde man sich mit der rechten Hand am linken Ohr kratzen, Oder, als würde man den Gebrüdern Grimm den Rang ablaufen wollen, in dem man ein modernes Energie-Märchen erfindet.
Das echte Grimm-Märchen endete so, dass der glück­liche Hans Gott dankte, dass er ihn von aller Last befreit hatte, vom Gold, Pferd, der Kuh, dem Schwein, der Gans und vom schweren Wetz­stein. Die Moral des neuen Mär­chens könnte sein, dass… jetzt fällt mir nichts ein – was daran liegen könnte, dass die Was­ser­stoff-Auto­an­triebs­technik ohne Moral bzw. ohne nen­nens­werte CO2-Ein­sparung und ohne Aus­sicht auf wirt­schaft­lichen Erfolg ist. Ende gut, alles gut? Beim Was­ser­stoff-Auto wohl eher nicht.