Dänemark: Wie soll mit Inte­gration umge­gangen werden?

von Judith Bergman

  • Wie geht eine Gesell­schaft mit reli­giösen Insti­tu­tionen um, die Werte bekennen, die das genaue Gegenteil des Wer­te­systems der west­lichen Gesell­schaft sind, in der sie leben?
  • “Als ich in der High School war, gab es in Dänemark etwa 50.000 Men­schen mit nicht-west­lichem Hin­ter­grund. Heute sind es fast eine halbe Million. In einer Gene­ration hat sich unser Land ver­ändert.” — Lars Løkke Ras­mussen, damals Pre­mier­mi­nister von Dänemark, 1. Januar 2019.
  • Das Inte­gra­ti­ons­ba­ro­meter, das den Grad der Assi­mi­lation in der Gemeinde unter Jugend­liche mit nicht-west­lichem Hin­ter­grund misst, zeigte, dass fast ein Drittel der 18- bis 29-Jäh­rigen (31%) glaubt, dass “reli­giöse und kul­tu­relle Gesetze ein­ge­halten werden müssen, auch wenn sie gegen das dänische Recht ver­stoßen”. Die Frage ist also, ob diese jungen Men­schen glauben, dass das isla­mische Scharia-Recht Vorrang vor dem däni­schen Recht haben sollte… Darüber hinaus ist die Zahl der Jugend­lichen, die die Demo­kratie positiv sehen, von 86% im Jahr 2016 auf 79% im Jahr 2018 gesunken.

Anfangs Jahr, in seiner Neu­jahrs­an­sprache, erwähnte der damalige dänische Pre­mier­mi­nister Lars Løkke Ras­mussen, dass reli­giöse Par­al­lel­ge­sell­schaften ein Problem dar­stellen und dass Ein­wan­derer lernen müssten, “welt­liche Gesetze über reli­giöse zu stellen”.
Was aber, wenn es in der betei­ligten Gemein­schaft kei­nerlei Wunsch gibt, das zu tun?
“Als ich in der High School war”, fuhr Ras­mussen fort, “gab es in Dänemark etwa 50.000 Men­schen mit nicht-west­lichem Hin­ter­grund. Heute sind es fast eine halbe Million. In einer Gene­ration hat sich unser Land verändert”.
Wie groß die Pro­bleme sind, zeigte eine aktuelle Umfrage, das Inte­gra­ti­ons­ba­ro­meter 2018, das von der Stadt Kopen­hagen ver­öf­fent­licht wurde. Das Inte­gra­ti­ons­ba­ro­meter, das den Grad der Inte­gration junger Men­schen mit nicht-west­lichem Hin­ter­grund in der Stadt misst, zeigte, dass fast ein Drittel der 18- bis 29-Jäh­rigen (31%) der Meinung ist, dass “reli­giöse und kul­tu­relle Gesetze ein­ge­halten werden müssen, auch wenn sie gegen das dänische Recht ver­stoßen” [1] Die Frage ist also, ob diese jungen Men­schen glauben, dass das isla­mische Scharia-Recht Vorrang vor dem däni­schen Recht haben sollte. Die Sta­tistik stellt einen Anstieg gegenüber 2016 dar, als eine ähn­liche Umfrage ergab, dass 24% das Scharia-Recht wollten. Darüber hinaus ist die Zahl der Jugend­lichen, die Demo­kratie positiv sehen, von 86% im Jahr 2016 auf 79% im Jahr 2018 gesunken [2].
“Es beun­ruhigt mich sehr, dass immer mehr junge Kopen­ha­gener unsere Demo­kratie nicht unter­stützen”, sagte Cecilia Lonning-Skov­gaard, Kopen­hagens Bür­ger­meis­terin für Inte­gration und Beschäf­tigung, vor TV 2 Lorry.

“Ich denke auch, dass es eine all­ge­meine Tendenz für junge Men­schen zeigt, die Demo­kratie in Frage zu stellen, und dass es in einer Groß­stadt wie Kopen­hagen einige Umge­bungen gibt, die die jungen Men­schen in eine andere Richtung ziehen und ver­suchen, sie schlecht zu beeinflussen”.

Diese “Umge­bungen” wurden mög­li­cher­weise unwis­sentlich von den däni­schen Behörden selbst auf ihrem Weg unterstützt.
So ist kürzlich ans Licht gekommen, dass ein Aus­schuss des Minis­te­riums für kirch­liche Ange­le­gen­heiten der Regierung, der für die for­melle Geneh­migung von Moscheen [3] in Dänemark zuständig ist, gross­zügig Geneh­mi­gungen erteilte, ohne zu wissen, “ob sie [die Moscheen] aus dem Ausland beherrscht werden, ob Frau­en­rechte unter­drückt werden oder ob es andere pro­ble­ma­tische Kon­stel­la­tionen gab”. Die for­melle Geneh­migung einer Moschee bedeutet, dass die Moschee steu­erlich begünstigt wird und aus­län­dische Pre­diger mit einem spe­zi­ellen Visum nach Dänemark bringen darf.
Die Imam-Ali-Moschee, die 2015 eröffnet wurde und die größte Moschee Däne­marks ist — sie wurde mit zwei 32 Meter hohen Mina­retten und mit Platz für 1.500 Men­schen für 80 Mil­lionen Kronen (1.6 Mil­lionen Euro) gebaut — stand im Mit­tel­punkt der Debatte. Die dänische Tages­zeitung Jyl­lands-Posten hat kürzlich ent­hüllt, dass sie, als der Verein hinter der Moschee, Ahlul Bait, 2002 um die Zulassung als Reli­gi­ons­ge­mein­schaft bat, in ihren Sta­tuten eine Bestimmung hatte, wonach sie unter der Auf­sicht des ira­ni­schen “Obersten Führers” Aya­tollah Ali Kha­menei arbeite. Zuerst war diese Infor­mation für den Dienst für Kir­chen­an­ge­le­gen­heiten Anlass zur Sorge, aber dann hat Ahlul Bait seine Sta­tuten einfach umge­schrieben und das Minis­terium hat seine Zustimmung gegeben.
Ein ehe­ma­liges Mit­glied des Aus­schusses, der Rechts­pro­fessor Jens Elo Rytter, der von 2013 bis 2017 Mit­glied des Aus­schusses war, verließ ihn aus Protest. “Ich saß mit dem klaren Gefühl da, dass die Ver­bände ihren Papierkram genau so erle­digten, dass die For­ma­li­täten in Ordnung waren. Aber in Wirk­lichkeit konnten wir nicht wissen, was tat­sächlich pas­siert ist”, sagte er der däni­schen Zeitung Jyl­lands-Posten.
“Tat­sächlich”, sagte der lang­jährige Prä­sident des Komitees, Pro­fessor Eme­ritus Armin W. Geertz, “sahen wir oft, dass Pas­sagen gestrichen wurden, und wir hatten einfach das Gefühl, dass einige der Orga­ni­sa­tionen ihre Sta­tuten nur geändert haben, um sie unseren Anfor­de­rungen anzu­passen”. Er betonte, dass er den Aus­schuss auch deshalb ver­lassen habe, weil das Minis­terium für kirch­liche Ange­le­gen­heiten keine gesetz­liche Ver­pflichtung auf­er­legen werde, die offi­ziell aner­kenne, dass die Gemein­schaften die Grund­sätze der Gleichheit und Demo­kratie in ihren Ver­ei­ni­gungen ein­halten müssten.
Die Minis­terin für Kirche und Kultur, Mette Bock, sagte gegenüber Jyl­lands-Posten, das 2017 geän­derte Gesetz über Reli­gi­ons­ge­mein­schaften ent­halte neue Anfor­de­rungen an die Trans­parenz. Unter anderem müssen nun staatlich aner­kannte Reli­gi­ons­ge­mein­schaften Jah­res­ab­schlüsse vorlegen.
Diese neue Anfor­derung könnte jedoch ein Fall von zu wenig, zu spät sein. Vor kurzem wei­gerte sich die Imam-Ali-Moschee, sich von einem ira­ni­schen Imam, Mansour Leghaei, zu distan­zieren, der jah­relang mit ihr in Ver­bindung stand und dort pre­digte, aber 2018 wurde die Ein­reise nach Dänemark für zwei Jahre ver­boten: Er hatte auf einer schii­tisch-mus­li­mi­schen Website geschrieben, dass Männer, die ihre Frauen und Kinder schlagen, gerecht­fertigt werden könnten und dass Ehr­ab­schaffung keine Ver­ge­wal­tigung darstellt.
Der Anführer der Imam-Ali-Moschee, Mohammad Khani, ant­wortete: “Er hat nie dazu auf­ge­rufen, in Dänemark gegen das Gesetz zu ver­stoßen, oder zu Gewalt aufgerufen”.
Im Jahr 2016 leitete Dänemark ver­schiedene Initia­tiven gegen reli­giöse Pre­diger ein, die “dänische Gesetze und Werte zu unter­graben und par­allele Rechts­systeme zu unter­stützen” suchen. Eine dieser Initia­tiven kri­mi­na­li­sierte Vor­träge in däni­schen Moscheen, die Gewalt und Ver­ge­wal­tigung fördern. “Das”, sagte der damalige Minister für Kirche und Kultur, Bertel Haarder, “wird einen Ein­fluss darauf haben, was die Men­schen von ihren reli­giösen Führern zu ertragen bereit sind.”
Was Haarder anscheinend nicht bedacht hat, war, dass “Men­schen” viel­leicht nichtmit ihren “reli­giösen Führern” uneins sind und sich daher gerne mit Pre­digten und Lehren “abfinden” würden, die tat­sächlich gegen dänische Gesetze und Werte verstoßen.
Auf eine par­la­men­ta­rische Anfrage zur Wei­gerung der Imam-Ali-Moschee, sich von den Pre­digten zu distan­zieren, die ehe­liche Gewalt und Ver­ge­wal­tigung befür­worten, sagte die Minis­terin für Ein­wan­derung und Inte­gration Inger Støjberg:

“Ich habe mehrmals gesagt, dass ich mir wünsche, dass es in Dänemark Moscheen gibt, die geschlossen werden, nämlich Moscheen, die von einer Welt­sicht ange­trieben werden, die der­maßen weit von der däni­schen [Welt­sicht] ent­fernt ist, wie dieser Fall… zeigt. Aber das Problem damit ist… wohin gehen diese Leute? Haben wir hier mehr Kon­trolle über sie, als wenn sie eine Moschee von einem Hin­terhof oder Keller aus betreiben? Wir können sie nicht für ihre Ansichten schliessen. Deshalb denke ich, dass eine der besten Mög­lich­keiten sein muss, die Spenden [für die Moscheen] unter Kon­trolle zu bringen… Ich könnte mir wün­schen, dass es hier in Dänemark Moscheen gibt, die geschlossen würden. Das Problem ist nur, was der nächste Schritt ist, ob die Ansichten weiter gedeihen werden. Ich bin besorgt, dass sie es tun werden.”

Die Wei­gerung der Imam-Ali-Moschee, sich vom pro­ble­ma­ti­schen Imam zu distan­zieren, ver­deut­licht die Schwie­rig­keiten, mit denen west­liche Gesell­schaften kämpfen: Wie geht eine Gesell­schaft mit reli­giösen Insti­tu­tionen um, die Werte bekennen, die das genaue Gegenteil des Wer­te­systems der west­lichen Gesell­schaft sind, in der sie leben? Wie geht man mit dem Ein­fluss um, den sie auf die Men­schen ausüben, die ihren Emp­feh­lungen folgen? Und wie geht man wie­derum mit diesem Ein­fluss auf den Westen um?

Judith Bergman, eine Kolum­nistin, Juristin und Poli­to­login, ist eine ange­sehene Senior Fellow am Gatestone Institute.


[1] Inte­gra­ti­ons­ba­ro­meter 2018 S. 14.
[2] Ibid., S. 13
[3] Im Jahr 2006 gab es 115 Moscheen in ganz Dänemark. Bis Ende 2017 war diese Zahl auf ins­gesamt etwa 170 Moscheen gestiegen — ein Anstieg von fast 50% in wenig mehr als einem Jahr­zehnt. Es ist unklar, wie viele dieser Moscheen vom Minis­terium für Kir­chen­an­ge­le­gen­heiten offi­ziell genehmigt wurden.

Quelle: Gatestone Institute